Wohl kaum jemand hat beim Debüt der beiden Zephyr-Modelle 550 und 750 im Jahr 1991 vermutet, dass die beiden zu Vorreitern einer Retro-Welle werden, die bis heute andauert. Luftgekühlte Zweiventiler-Vierzylinder, die in ihren Grundzügen auf den rund 15 Jahre alten, aus diversen Z-, GPZ- und GT-Modellen bekannten Triebwerke basierten, und zwei konventionelle Federbeine, das ist Technik aus den siebziger Jahren konsequent in die Neunziger transportiert. Der Klassiker-Look in Verbindung mit einem solidem Fahrwerk und einem Motor mit ziviler Leistung, wahlweise mit 27 (ab 1993 dann 34) oder 50 PS, sprach reifere Einsteiger oder Wiedereinsteiger sowie beschaulichere Tourenfahrer an. Mehr als 8000 Zephyr-550-Kunden sind ein sicherer Beweis für den Erfolg des Konzepts.
Der Name Zephyr sanfter Südwind passt auf das kleinste Modell der Reihe, die 199x? durch die große 1100er komplettiert wurde, am besten: Ohne Extravaganzen eine solide, einfache Maschine, die Fahrer und Fahrerinnen sanft und zuverlässig ans Ziel ihrer Wünsche trägt. Die Gebrauchtmaschine, die MOTORRAD unter die Lupe nahm, stammt von der Motothek in Ulm, Baujahr 1997, aus erster Hand und mit Kilometerstand 8200 für 5900 Mark offeriert. Der äußere Zustand ist makellos, frappierend frisch der Lack, an Felgen und Auspuffkrümmern keine Korrosionsspuren, selbst die Rippen des Triebwerks trocken und in glänzendem Charme penibler Pflege.
Eher abschreckend dagegen der beim Kaltstart mit Choke hochjubelnde Motor. Nervös katapultiert sich die Drehzahlmessernadel auf zirka 4000/min, der Vierzylinder kreischt los, dass es dem Piloten körperlich weh tut. Für das Innenleben des Motors aber offensichtlich keineswegs schädlich, wie Laufleistungen von mehr als 100000 Kilometern ohne entscheidende Revision beweisen. Fahrer unter 1,80 Meter Größe finden einen komfortablen Sitzplatz vor. Viele Besitzer oft Frauen schätzen die niedrige Sitzhöhe von knapp 77 Zentimetern. Größeren Menschen macht die relativ hohe Lage der Fußrasten wenig Freude, weil sie die Unterschenkel stark anwinkeln müssen.
Das luftgekühlte Triebwerk versieht seine Arbeit mit deutlich vernehmbarem Tickern im Kopf. Experten bestätigen, dass diese Geräuschkulisse durchaus normal ist und keineswegs auf zu großes Ventilspiel hindeutet. Der überraschend agile Motor gibt sich bis zu 10000/min drehfreudig. Allerdings hat man auf der Autobahn das Gefühl, dass der sechste Gang lediglich als Overdrive gedacht ist, so lang ist die Sekundärübersetzung geraten. Bei dem sehr handlichen Fahrwerk fällt auf, dass die vom Vorbesitzer montierte Scheibe zwar den Oberkörper vom Fahrtwind entlastet, aber starke Turbulenzen am Helm mit sich bringt. Außerdem erschwert der Druck auf die Vorderpartie die sonst vorhandene spielerische Leichtigkeit des Lenkens. Möglicherweise Gewöhnungssache, doch vermutlich würden die meisten den Windschutz nach dem Kauf demontieren.
Die Gabel ist eher weich abgestimmt, sie geht bei Bremsmanövern mit der effektiven Zweischeibenanlage sofort auf Block. Progressivere Gabelfedern aus dem Zubehör (zirka 200 Mark) lösen das Problem. Ähnliches gilt für die Heckpartie, die zwar vielfach einstellbar ist, aber in der Praxis bei schwereren Fahrern oder im Zweipersonenbetrieb schnell durchschlägt. Bis Baujahr 1994 gab es außerdem hin und wieder Probleme mit der Abdichtung der laschen Dämpfer, in solchen Fällen lohnt sich statt der extrem teuren Serien-Federbeine (zirka 1880 Mark) der Tausch gegen preisgünstige Restposten von Koni oder qualitativ ebenfalls ausgezeichnete Öhlins-Exemplare (Firma Zupin, Telefon 08669/8480, zirka 1250 Mark).
Die Modifikationen für die Zephyr 550 hielten sich in Grenzen. Ab Fahrgestellnummer 036001 gab es eine elektrische Vergaser-Vorheizung zur Vorbeugung gegen Vereisung und geräuschminimierende Änderungen an Schalldämpfersystem und den Getrieberädern. Ab Fahrgestellnummer 037277 wurde der in der Praxis öfter schlapp machende Antriebsruckdämpfer der hinteren Radnabe verbessert, was auch das Spiel verringerte.
Wer sich für eine gebrauchte 550er interessiert, sollte eines noch wissen: Bei der letzten Verkaufsaktion 1999 wurde die kleine Zephyr offiziell für 8900 Mark angeboten. Und davon sollen heute noch welche neu, versteht sich bei Kawasaki-Händlern zu erwerben sein. Schlicht preisgünstig. Oder?
Technische Daten - KAWASAKI ZEPHYR 550
Daten
MotorLuftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende Nockenwellen, zwei über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, vier Keihin-Gleichdruckvergaser, 0 30 mm, kontaktlose Transistorzündung, keine Abgasreinigung, Hubraum 554 cm3, Nennleistung 37 kW (50 PS) bei 10000/min, Sechsganggetriebe, Kettenantrieb, E-Starter.FahrwerkDoppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Telegabel, Standrohrdurchmesser 39 mm, zwei Federbeine, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, Doppelscheibenbremse mit Doppelkolbensätteln vorn, Scheibenbremse mit Doppelkolbensattel hinten, Federweg vorn/hinten 140/88 mm.Maße und GewichteSitzhöhe 770 mmTankinhalt/Reserve 15/3 LiterGewicht vollgetankt 200 kgZul. Gesamtgewicht 380 kgService-Intervalle alle 5000 KilometerTestwerteHöchstgeschwindigkeitSolo/mit Sozius 180/158 km/hBeschleunigung 0-100 km/hSolo/mit Sozius 6,0/7,1 sekVerbrauch 6,3 Liter/100kmKraftstoff NormalErsatzteil-PreiseSturzteileKupplungsarmatur 141 MarkRückspiegel 100 MarkLenker 107 MarkBlinker vorn 66 MarkTachometer 383 MarkDrehzahlmesser 476 MarkGabelstandrohr 185 MarkVorderrad 932 MarkSchalldämpfer, komplett 1470 MarkTank, lackiert 1150 MarkSitzbank 482 MarkSchutzblech vorn 155 MarkRahmen, komplett 1606 MarkVerschleißteileFederbein links/rechts, je 939 MarkKettensatz 336 MarkBremsbeläge vorn, komplett 123 MarkBremsscheibe vorn 415 MarkKupplungsreibscheiben, Satz 106 MarkLuftfilter 44 MarkÖlfilter 9 MarkTachowelle 31 MarkTest in MOTORRADTest 2/1991; 6/1998 Vergleichstest 3/1991; 1/1992; 24/1993 Reifenfreigaben Typ ZR 550 Bvorn hinten110/80-17 57 H 140/70-18 67 Hohne Herstellerbindung
Profil - Kawasaki Zephyr 550
Profil
+
Geringer Verbrauch
Langlebiger Motor
Gute Bremsen
Handliches Fahrwerk
-
Kaltstartprobleme
Geringes Tankvolumen
Mechanisch lauter Motor
Hoher Kettenverschleiß
Weiche Gabelfedern
MarktGebaut wurde die Kawasaki Zephyr 550 von 1991 bis 1999. Allein in Deutschland wurden bis Ende August dieses Jahres 8176 Stück verkauft. Die Modifikationen beschränken sich auf die Modelle ab 1995 und umfassen eine elektrische Vergaser-Vorheizung, einen verbesserten Antriebsruckdämpfer im Hinterrad, geräuschminimierende Maßnahmen an der Auspuffanlage und den Getrieberädern sowie eine verbesserte Sicherungsbox. Die Schwacke-Liste notiert: Baujahr 1991 (82000 Kilometer) 2950 Mark; 1994 (57000 Kilometer) 3900 Mark; 1997 (31500 Kilometer) 5600 Mark; 1999 (15000 Kilometer) 7200 Mark.Zu den Konkurrenten zählen die Suzuki GSF 600 Bandit und die Yamaha XJ 600 N. Besonders die stärkere und preisgünstige Suzuki hat der Zephyr ab 1995 viele potentielle Käufer entführt. Die etwas trinkfreudige XJ 600 leidet wie die Zephyr unter einer viel zu weichen Gabel.
Lesererfahrungen - Kawasaki Zephyr 550
Erfahrungen
Im Mai 1996 kaufte ich meine 1994er-Zephyr. Ihre kleinen Macken konnte ich fast ausnahmslos beseitigen: Für eine »lochfreie« Beschleunigung und besseren Durchzug erhielt sie einen Dyno-Jet-Kit und einen K&N-Luftfilter; für eine stabilere Front einen Gabelstabi; für eine angenehmere Sitzposition, verbessertes Handling und mehr Sicht in den Spiegeln bekam sie einen Superbikelenker; eine Stahlflex-Bremsleitung sorgt für einen klaren Druckpunkt und eine Vier-in-eins-Auspuffanlage von Motad für den Sound. Freu mich schon auf die nächsten 18000 Kilometerephyr find ich gut.Heiko Dreher, MindenAussehen und Preis bewegten mich 1994 zum Kauf einer neuen 34-PS-Zephyr. Das Kaltstartverhalten war schrecklich: Entweder drehte der Motor bis 4000/min hoch oder starb gleich wieder ab. Die viel zu weichen Gabelfedern tauschte ich gegen welche von White Power. Erstaunlicherweise lag der Verbrauch nach dem Entdrosseln auf 50 PS rund einen Liter unter dem mit 34 PS. Nach 36000 pannenfreien Kilometern tauschte ich die Zephyr gegen eine ZX-7R.Marco Fiß, Rostock 1991 kaufte ich mir eine neue Zephyr. Von Anfang an störte mich der kleine Tank und der hohe Kettenverschleiß. Seit ich einen Scottoiler verwende, hält der Kettensatz 40000 Kilometer. Bei 90000 Kilometern wurde die Vergaserbatterie getauscht, da die Schieber stark verschlissen waren. Im Rahmen einer Generalüberholung baute ich die Zephyr, die derzeit 165000 Kilometer auf dem Buckel hat, zum Streetfighter um.Christian Romels, HaagAn meiner Zephyr 550 stören mich nur der unbequeme Soziusplatz und der mechanisch sehr laute Motor der aber problemlos funktioniert. Besonders positiv finde ich die Bremsen, die mit Carbone-Lorraine-Belägen noch besser funktionieren, den sehr geringen Verbrauch und die Bridgestone BT 45-Bereifung.Kay Marohn, Altenhof
Leserurteil - Kawasaki Zephyr 550
Leserurteil 2,0
Einfaches Handling, gute Bremsen und zuverlässiger Motor bringen Pluspunkte. Weniger gut gefallen die schlechte Lackqualität und der zu kleine Tank
Leseraufruf - Kawasaki Zephyr 550
Für die Artikelreihe Gebrauchtkauf in MOTORRAD sind Lesererfahrungen eine wichtige Informationsquelle. Wenn Sie also etwas über aufgetretene Schäden, Reifentipps und Zubehör an einem der unten aufgelisteten Motorräder zu berichten haben, schreiben Sie bitte an Redaktion MOTORRAD, Stichwort Gebrauchtkauf, 70162 Stuttgart. Vergessen Sie nicht, Baujahr und Kilometerstand Ihrer Maschine anzugeben.Ducati Monster (600/750/900)Kawasaki ZRX 1100Aprilia Moto 6.5 Geben Sie die Zufriedenheit mit Ihrem Bike in einer Schulnote zwischen 1 (sehr gut) und 6 (ungenügend) an auch in Kommawerten. MOTORRAD verlost unter allen Einsendern eine Uhr im Wert von 120 Mark.Das Los hat unter allen Einsendern entschieden: Die Uhr hat Elisabeth Frank-Schneider, Saarlouis, gewonnen.