Seit über 40 Jahren surft Moto Guzzi auf der Easy-Rider-Welle mit. Doch die California vom Comer See war ursprünglich nicht für Captain America, sondern für Kaliforniens berittene Polizei konzipiert. Gebraucht ist sie ein Fall für Liebhaber.
Seit über 40 Jahren surft Moto Guzzi auf der Easy-Rider-Welle mit. Doch die California vom Comer See war ursprünglich nicht für Captain America, sondern für Kaliforniens berittene Polizei konzipiert. Gebraucht ist sie ein Fall für Liebhaber.
Die beiden Brüder Michael und Joseph Berliner brachten die Chopper-Welle bei Guzzi so richtig ins Laufen: Kaliforniens Polizei brauchte neue Einsatzfahrzeuge für die High- und Freeways im Golden State, und Guzzis US-Importeur, die Berliner Motor Corporation mit Sitz in New York, ergriff die Initiative. Auf Basis der 1965 vorgestellten V7 debütierte schließlich 1971 die V7 850 GT California mit Merkmalen, die US-Polizisten bereits bei ihren Harley-Davidson schätzen gelernt hatten: breiter Sattel, hoher Westernlenker, Seitenkoffer. 1974 folgte die bremstechnisch aufgerüstete 850 T3 California.
Beide Typen werden heute unter California I zusammengefasst und sind mit ihrem markanten Rundmotor selbst im Mutterland Italien mittlerweile gesuchte Liebhabermodelle. Das Gleiche gilt für die California II, die für Experten aber mit dem 948 cm³ großen Motor aus der Le Mans III die bessere Wahl ist. Deutlich lebhafter wird das Geschäft mit der dritten California-Generation: Diese startet 1987 mit der V 1000 California III; der bis dato cleane Custom-Look der Vorgänger wird durch barocke Softchopper-Optik abgelöst. Mit spürbaren Folgen: Der bislang tadellose Geradeauslauf hat deutlich nachgelassen, deutlich zugelegt hat die Numero Tre an Pfunden (zunächst 290 Kilo). Interessantestes Gebrauchtobjekt für italophile Cruiser-Fans: die California 1100i oder EV (Foto, ab Baujahr 1997) mit robustem 1064-cm³-Zweiventiler-Twin und Einspritzung.
Besichtigung
Wer sich für die älteren Calis der ersten und zweiten Generation interessiert, sollte sich vertrauensvoll an einen Old- oder Youngtimer-Händler wenden, der eine bereits restaurierte Guzzi im Angebot hat oder einen entsprechenden Kontakt vermitteln kann. Eine gute Anlaufadresse ist Stefan Leibfritz aus Balingen (Tel. 0 74 33/38 14 86, www.motostefano.de). Bis 1991 waren die großen Guzzis mit einer Kontaktzündung ausgerüstet, deren Einstellarbeiten nichts für Laien und entsprechend teuer sind. Besser: eine schon auf Kennfeldzündung umgerüstete California. Bei allen Typen der Baureihe sind gerissene Züge und Wellen keine Seltenheit, Standuhren fallen durch undichte Kurbelwellensimmerringe und entsprechend verölte Kupplungen auf, zu erkennen an Ölspuren unter dem Motorgehäuse. Nach 50000 Kilometern ist im Regelfall ein (aufwendiger und teurer) Kupplungstausch fällig. Pflicht: der Ersatzteilkatalog von Stein-Dinse (Tel. 0 53 73/9 81 00, www.stein-dinse.biz).
Marktsituation
Die Klassiker der Baujahre 1971 bis 1987 sind über die gängigen Internet-Verkaufsportale nur sehr schwer zu finden. Hier muss man eher klassische Inserate (z. B. in MOTORRAD CLASSIC) durchforsten oder die Guzzi-Spezialisten der Szene anzapfen (z. B. Jens Hofmann von Dynotec, Tel. 0 62 43/58 82, www.dynotec.de). Top gepflegte Exemplare bringen es auch bei annähernd sechsstelliger Laufleistung auf mindestens 5000 Euro - mit stark ansteigender Tendenz. Bester Tipp für Youngtimer-Fans: Die Cali II gilt bei Guzzi-Experte Hofmann als die qualitativ beste Guzzi mit robuster Le Mans III-Technik, bei der anfälligeren 850er können aufwendige Motorrevisionen die Kosten ins Uferlose treiben. Die neueren Generationen sind im Gebrauchtmarkt gut vertreten. Allerdings gilt auch hier: Augen auf!
Wer sich mit der Softchopper-Optik anfreunden kann, sollte seine Suche auf die Modelle 1100i und EV konzentrieren, die mit optimiertem Ventiltrieb robuste wie leistungsstarke Dauerläufer sind. Finger weg von den problembehafteten PI-Modellen mit Hydrostößeln!
Preisniveau in Euro | Baujahre | km-Stand
|
Niedrig (3000-4000) | 1990-1994 | 40000-60000 |
Mittel (4500-6500 | 1995-2005 | 20000-40000 |
Hoch (6500-9000) | 2006-2009 | 5000-15000 |
Modell* | im Programm | Bestand |
California II | 1982-1987 | 1717 |
California III | 1987-1994 | 782 |
California 1000i | 1994-1997 | 1216 |
California EV/PI | seit 1997 | 2751 |
* Quelle: Bestandszahlen des Kraftfahrbundesamtes, Stand 2011. Modell California I (V7 850 GT, 850 T3) wurde nicht gesondert erfasst.
Modellchronik
1971: Start der California-Baureihe mit dem Modell V7 850 GT California. Hubraum 844 cm³, Leistung 40 kW (55 PS) bei 6000/min. Preis: 7700 Mark.
1974: Präsentation der 850 T3 California mit integral wirkender (Doppel-) Scheibenbremsanlage: Beim Betätigen der Fußbremse wird hinten und vorne links verzögert. Preis: 9260 Mark.
1981: Start der zweiten Generation: Die California II ist die erste nummerierte. Aus der Le Mans III werden Kurbelwelle, Getriebe sowie Gehäuse adaptiert und Zylinderköpfe und Rahmengeometrie modifiziert. Preis: 11 990 Mark.
1987: Die California III erscheint im für die Zeit typischen Softchopper-Layout mit Tropfentank und stark gestufter Sitzbank. Preis: 14 110 Mark.
1990: California III als Standard und „Cus-tom“ ohne Windschild, Koffer und Sturzbügel erhältlich. Preise: 16 190/15 390 Mark. Parallel zur Vergaserversion wird Ende 1990 die „Injection“ mit Weber-Marelli-Einspritzanlage gegen Aufpreis (1700 Mark) angeboten.
1994: California 1100i mit Einspritzung und größerem Motor (1064 cm³). Preis: 18 095 Mark.
1997: California EV mit größeren Bremsen, Vierkolbenzangen und voll einstellbaren Federelementen. Preis: 21 900 Mark.
2003: California PI mit hydraulischem Ventilspielausgleich. Preis: 11 990 Euro.
Motor
Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-V-Motor, Kurbelwelle längsliegend, eine untenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, zwei über Kipphebel betätigte Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Saugrohreinspritzung, Motormanagement, keine Abgasreinigung, mechanisch betätigte Zweischeiben-Trockenkupplung, Fünfganggetriebe, Kardan.
Bohrung x Hub: 98 x 66 mm
Hubraum: 1064 cm³
Nennleistung: 55 kW (75 PS) bei 6400/min
Max. Drehmoment: 97 Nm bei 5000/min
Fahrwerk
Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr mit geschraubten Unterzügen, Telegabel mit verstellbarer Zug- und Druckstufendämpfung, Eingelenk-Zweiarmschwinge, zwei Federbeine mit verstellbarer Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, Integralbremse, Alu-Speichenräder.
Reifen: 110/90 V 18, 140/80 VB 17
Maße und Gewichte
Radstand 1560 mm, Lenkkopfwinkel 62 Grad, Nachlauf 98 mm, Federweg v/h 140/75 mm, Sitzhöhe* 780 mm, Gewicht vollgetankt* 268 kg, Tankinhalt** 19 Liter.
*MOTORRAD-Messungen; **Herstellerangaben
Messungen (MOTORRAD 22/1997)
Höchstgeschwindigkeit: 184 km/h
Beschleunigung: 0-100 km/h 5,5 sek
Durchzug: 60-120 km/h 9,8 sek
Verbrauch: 4,8 l/100 km (Landstraße)
Internet
Fansites: www.guzzi-forum.de (Anmeldung erforderlich); www.italobikes.com
Besichtigung
Wer sich für die älteren Calis der ersten und zweiten Generation interessiert, sollte sich vertrauensvoll an einen Old- oder Youngtimer-Händler wenden, der eine bereits restaurierte Guzzi im Angebot hat oder einen entsprechenden Kontakt vermitteln kann. Eine gute Anlaufadresse ist Stefan Leibfritz aus Balingen (Tel. 0 74 33/38 14 86, www.motostefano.de). Bis 1991 waren die großen Guzzis mit einer Kontaktzündung ausgerüstet, deren Einstellarbeiten nichts für Laien und entsprechend teuer sind. Besser: eine schon auf Kennfeldzündung umgerüstete California. Bei allen Typen der Baureihe sind gerissene Züge und Wellen keine Seltenheit, Standuhren fallen durch undichte Kurbelwellensimmerringe und entsprechend verölte Kupplungen auf, zu erkennen an Ölspuren unter dem Motorgehäuse. Nach 50000 Kilometern ist im Regelfall ein (aufwendiger und teurer) Kupplungstausch fällig. Pflicht: der Ersatzteilkatalog von Stein-Dinse (Tel. 0 53 73/9 81 00, www.stein-dinse.biz).
Marktsituation
Die Klassiker der Baujahre 1971 bis 1987 sind über die gängigen Internet-Verkaufsportale nur sehr schwer zu finden. Hier muss man eher klassische Inserate (z. B. in MOTORRAD CLASSIC) durchforsten oder die Guzzi-Spezialisten der Szene anzapfen (z. B. Jens Hofmann von Dynotec, Tel. 0 62 43/58 82, www.dynotec.de). Top gepflegte Exemplare bringen es auch bei annähernd sechsstelliger Laufleistung auf mindestens 5000 Euro - mit stark ansteigender Tendenz. Bester Tipp für Youngtimer-Fans: Die Cali II gilt bei Guzzi-Experte Hofmann als die qualitativ beste Guzzi mit robuster Le Mans III-Technik, bei der anfälligeren 850er können aufwendige Motorrevisionen die Kosten ins Uferlose treiben. Die neueren Generationen sind im Gebrauchtmarkt gut vertreten. Allerdings gilt auch hier: Augen auf! Wer sich mit der Softchopper-Optik anfreunden kann, sollte seine Suche auf die Modelle 1100i und EV konzentrieren, die mit optimiertem Ventiltrieb robuste wie leistungsstarke Dauerläufer sind. Finger weg von den problembehafteten PI-Modellen mit Hydrostößeln!
Eine Moto Guzzi California am Gebrauchtmarkt finden könnte wegen ihrer Seltenheit eine echte Herausforderung werden. Ab und zu findet man jedoch eine und die Preise sind glücklicherweise sehr fair. Hast du gerade Glück? Finde es hier heraus: gebrauchte Moto Guzzi California in Deutschland.