Gebrauchtberatung Suzuki RF 900 R
Dickes Ende

Von ihren Besitzern wird die RF 900 R geschätzt. Doch viele potentielle Käufer schreckte das fette Heck ab. So entschied Suzuki nach nur vier Jahren: Ende des Imports nach Deutschland.

Suzuki beweist mit seiner stimmigen Modellpolitik immer wieder ein geschicktes Händchen: Der bei jeder Neuauflage mit Bestnoten glänzende Evergreen GSX-R 750, die kleine und große Bandit-Reihe, die alle überraschende V2-Konstruktion SV 650. Die RF 900 R allerdings bildet eine Ausnahme. Obwohl sie Suzuki-like rund 2000 Mark billiger als die 900er-Modelle der Konkurrenz war und in der Allroundwertung klar vorn lag, ging die Meinung über das RF-Outfit so weit auseinander, dass die aufgrund des ausgewogenen Konzepts hoch angesetzten Erfolgschancen nicht eintraten. Von vorn wirkte die RF 900 schlank, in der schlichten roten Lackierung mit auffälliger Lufteinlass-Verrippung à la Ferrari Testarossa fast schon italienisch. Hinten jedoch machte eine über die ohnehin schon üppige Heckbreite ausladende Rückleuchte wie in einem US-Cop-Car den stimmigen Gesamteindruck zunichte.
Das Modell kam 1994 auf den Markt, 1995 gab es parallel eine RS 2-Variante mit verbesserter Telegabel, mit der ab 1996 auch das R-Modell ausgerüstet war. Einschließlich 1997, dem Ende des offiziellen Imports, wurden in Deutschland insgesamt xxxx Stück verkauft. Davon sind heute noch rund 2700 unterwegs.
Warum Suzuki mit der RF 900 nicht mehr Geduld hatte und das Heck der Frontpartie besser anpasste, sondern schon nach vier Jahren wieder vom deutschen Markt nahm, werden nur die Kaufleute beim deutschen Importeur schlüssig beantworten können. Die Besitzer jedenfalls lassen auf den Tourensportler nichts kommen. Seine Zuverlässigkeit, die außerordentliche Elastizität des bei höheren Drehzahlen etwas rauen Motors und das stabile Fahrwerk haben gerade die sportlich ambitionierte Tourerfraktion angezogen.
Bereits auf den ersten Metern mit der RF 900 R, Baujahr 1995 mit 32 000 Kilometern, wird klar, dass im Stadtverkehr Oberkörper und Handgelenke durch den langen Tank und die Lage der Lenkerstummel schnell verkrampfen. Erst bei freier Fahrt entspannt sich die Haltung, der aufkommende Fahrtwind richtet’s. Nur die hoch angebrachten Fußrasten stören dann etwas. Fahrer bis 1,80 Meter bauen für eine bequemere Haltung einen Superbikelenker an. Eine höhere Tourenscheibe (zum Beispiel von MRA aus dem Zubehörhandel) mildert den Winddruck auf Oberkörper und Helm effektiv.
Schon ab zirka 2000/min produziert das Triebwerk mächtig Schub. Das Getriebe muss mit etwas Nachdruck geschaltet werden, was aber kaum stört, da es bei dem durchzugsstarken Motor nur weniger Schaltvorgänge bedarf. In langsamen Kurven wirkt die RF 900 R etwas schwerfällig, hier ist ihr relativ hohes Gewicht von 237 Kilogramm spürbar. Wird das Kurvengeschlängel aber weiter und schneller, lässt sich die Maschine leichter dirigieren. Die Telegabel reagiert allerdings etwas hart und überdämpft. Ab dem 1996er-Modell ist die Zugstufendämpfung verstellbar, was für ein besseres Ansprechverhalten der Gabel sorgt. Besitzer der ersten Jahrgänge können ihre störrische Vorderradführung für zirka 450 Mark (Wilbers, Telefon 0 59 21/60 57) überarbeiten lassen. Das hintere, voll einstellbare Federbein spricht wesentlich sensibler an und führt die Heckpartie sicher ohne Nervosität.
Die meisten RF 900 R, die angeboten werden, sind auf 98 PS gedrosselt, so auch das von MOTORRAD gefahrene Exemplar. Für zügiges Vorwärtskommen durchaus genug, wer dennoch die volle Leistung von 135 PS genießen will, muss für den Umbau (andere Vergaserflansche, Düsen, Arbeitszeit plus Eintragungskosen) mit Kosten von zirka 950 Mark rechnen.
Die Lebensdauer des Vierventilmotors bis zu ersten Revision scheint außerordentlich. Bei einem bei 50 000 Kilometer zwecks Anschauungsunterricht geöffneten Triebwerk bei unserer Schwesterzeitschrift PS gab es zwar Laufspuren an der Schiene des Steuerkettenspanners und am Kupplungskorb, auch die Zahnflanken der Getrieberäder des fünften Gangs waren kariös. Aber lediglich die Ventilsitze hätten wirklich einer grundlegenden Überarbeitung bedurft.
Atmosphärische Störungen gibt es im Alltagsbetrieb mit der RF 900 eigentlich nur, wenn bei Regenfahrten Zündaussetzer auftreten. Ein selbstgebastelter Schutz zwischen Rahmen und Kühler schützt Zündspulen und Kerzensttecker vor größeren Überschwemmungen.

Unsere Highlights

Technische Daten - Suzuki RF 900 R

RF 900 RTechnische DatenMotorWassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, vier Mikuni-Gleichdruckvergaser, 0 36 mm, kontaktlose Transistorzündung, keine Abgasreinigung, Hubraum 937 cm3, Nennleistung 72 kW (98 PS) bei 11500/min, Fünfganggetriebe, O-Ring Kette, E-Starter.FahrwerkBrückenrahmen aus Stahlprofilen, Telegabel, Standrohrdurchmesser 43 mm, mit verstellbarer Federbasis und Zugstufendämpfung, Schwinge aus Aluprofilen, ein Zentralfederbein, über Hebelsystem angelenkt, mit verstellbarer Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse mit Vierkolbensätteln und schwimmend gelagerten Bremsscheiben, 0 310 mm, Scheibenbremse hinten, 0 240 mm, Leichtmetall-Gussräder, Federweg vorn/hinten 120/125 mm.Maße und GewichteSitzhöhe 800 mmTankinhalt/Reserve 21/5LiterGewicht vollgetankt 237 kgService-Intervalle alle 6000 km TestwerteHöchstgeschwindigkeit solo/mit Sozius 231/212 km/hBeschleunigung 0-100 km/h solo/mit Sozius 3,3/4,2 sekVerbrauch 6,5 LiterKraftstoff Normal Ersatzteil-PreiseSturzteileKupplungs-Armatur MarkLenker MarkRückspiegel MarkBlinker vorn MarkTachometer MarkGabelstandrohr MarkSchutzblech vorn MarkVorderrad MarkAuspuff MarkTank, lackiert MarkRahmen komplett MarkVerkleidung:Oberschale MarkJe Seitenverkleidung MarkScheibe MarkVerschleißteileKettenkit MarkBremsbeläge vorn, ein Satz MarkKupplungsbeläge, ein Satz MarkBremsscheibe vorn MarkLuftfilter MarkÖlfilter MarkGaszug MarkTachowelle MarkBatterie MarkGabeldichtring MarkStärken und SchwächenStärkenElastischer MotorHandliches FahrwerkÖkonomischer BenzinkonsumSchwächenUnförmiges HeckKein HauptständerGewöhnungsbedürftige SitzpositionTest in MOTORRAD1Test 5/1994Vergleichstest 7/1994Vergleichstest 2/1995Vergleichstest 12/1997Reifenfreigaben Typ GT 73Bvorn hinten120/70 ZR 17 170/60 ZR 17 Dunlop Sportmax D 203AlternativbereifungFußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.

Lesererfahrungen - Suzuki RF 900 R

Ihr Aussehen hat mich sofort begeistert. Von den angegebenen 133 PS waren auf dem Dynotec-Prüfstand knapp 129 übrig, ist. Bremsen und Fahrwerk sind ebenfalls okay. Auch mit Sozius kann man noch von bequemer Fahrweise reden. 1996 habe ich einen Superbikelenker und Stahlflex-Leitungen montiert. Ein Schalldämpfer von Shark und diverse Veränderungen (LM-Imbusschrauben, Sigma-Tacho, andere Fußrasten ) kamen mit der Zeit dazu. Einziger Kritikpunkt ist die sehr empfindliche Lackierung am Knieschluss. Klaus Rinker, Neu-AnspachSeit August 1996 bin ich stolzer Besitzer einer RF 900. Kaufentscheidend war unter anderem das von vielen als Ufo bezeichnete Aussehen. Inzwischen haben wir mehr als 25000 Kilometern abgespult. Die Suzi war bisher mit ihrer Leistung, dem Fahrwerk und der Zuverlässigkeit ein ganz feines und empfehlenswertes Moped. Einziger Negativpunkt: Bei Standzeiten von mehr als 14 Tagen hemmt Kondenswasser im Vergaser den Start. Zum Thema Bereifung: die Paarung Metzeler Z1/Z2 nutzt sich im Schulterbereich zu schnell ab, das Fahrgefühl wird unruhig. Beim Dunlop D 203ist der hintere Reifen okay, der vordere wie der Z1. Metzeler Z4 vorn und hinten sind perfekt.Gunther Tamaro, SinsheimÜber zwei RF, eine Baujahr 1995 mit 30000, die zweite Baujahr 1997 mit 10000 Kilometern, das identische Urteil in Stichworten. Bequeme Sitzposition, gute Alltagstauglichkeit, durchzugsstarker Motor, sparsam im Verbrauch, hervorragende Bremsen, problemlose Straßenlage bis zur Höchstgeschwindigkeit, gute Erfahrungen mit der Serienbereifung (Dunlop D 203) sowie der eintragungspflichtigen Alternativbereifung (Bridgestone BT 57), gute Zugänglichkeit für Wartungsarbeiten (Vergaser, Ventildeckel). Die Verkleidung bietet mit höherer Scheibe ausreichenden Windschutz. Bisher keine Pannen oder Schäden an beiden Maschinen.Veronika Petukat, Hamburg

Markt - Suzuki RF 900 R

Die Schwacke-Liste notiert für die RF 900: Baujahr 1994 (49 800 Kilometer) 7800 Mark; 1995 (41 400 Kilometer) 9100 Mark; 1996 (33 000 Kilometer) 10 100 Mark; 1997 (24 600 Kilometer) 11200 Mark. Diese Preise beziehen sich auf den damaligen Neupreis der RF 900 R von 18620 Mark. Das Modell wird aber auch heute noch neu von einem freien Importeur für 14990 Mark angeboten. Diese Tatsache lässt das Schwacke-Niveau etwas hoch erscheinen, bei den Kaufverhandlungen sollte also noch Luft drin sein. Alternativ kommt die Honda VFR in Frage, seit Jahren als der Sporttourer schlechthin gilt. Das ältere Modell mit 750 cm3 ist entsprechend günstiger als die jüngere 800er-Version mit geregeltem Katalysator. Eine weitere Alternative ist die Yamaha YZF 1000 Thunderace, die seit Erscheinen des Sportlers R1 ebenfalls zum Segment der Sporttourer zählt.

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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023