Gebrauchtberatung Yamaha FZ 750

Gebrauchtberatung Yamaha FZ 750 Schnäppchen-Jäger

Die Yamaha FZ 750 startete einst als Supersportler. Heutzutage ist der Allrounder eine preisgünstige und zuverlässige Alternative zu VFR und Konsorten. MOTORRAD hat sich eine Gebrauchte näher angeschaut.

Es ist bitterkalt, als wir uns an einem sonnigen Freitagnachmittag Mitte Januar in den gemächlichen Strom des Feierabendverkehrs stadtauswärts einreihen. Das Ziel liegt am Rand des Stuttgarter Ballungsraums, wo eine gebrauchte Yamaha FZ 750 eines Käufers harrt. Erwartet uns dort tatsächlich das nach den Angaben im Inserat erhoffte Winter-Schnäppchen? Angesichts der geringen Laufleistung von lediglich 10700 Kilometern klingt die Preisforderung von 2450 Euro jedenfalls viel versprechend, zumal der Inserent, der Zeitmangel als Verkaufsgrund nennt, bereits am Telefon Verhandlungsbereitschaft signalisiert.
Am vereinbarten Treffpunkt werden wir schon erwartet, und nach einem freundlichen »Hallo« schiebt der Verkäufer die Yamaha aus der Garage. Der erste Blick gilt den am Telefon erwähnten Kratzern auf der linken Verkleidungsseite. »Der Vorbesitzer ist mal abgeschmiert«, meint der Verkäufer und versucht, die Interessenten anhand der nicht sehr tiefen Kratzspuren von der Harmlosigkeit des Malheurs zu überzeugen. Was in diesem Fall nicht schwer fällt, da die Suche nach weiteren Sturzschäden an Lenkanschlag, Fußrasten, Blinkern und linkem Spiegel negativ verläuft. Daraufhin entspannt sich die Situation, man kommt ins Plaudern. Der Verkäufer gibt sich offen und weist auf den ausgehärteten Hinterreifen, die fällige Inspektion sowie den im April anstehenden TÜV-Termin hin. Während wir das Lagerspiel von Lenkkopf, Schwinge, Hebelsystem und Rädern prüfen, erzählt der Verkäufer, warum seine Wahl nach langer Suche gerade auf diese FZ gefallen ist. »Die paar Kratzer stören mich nicht. Ausschlag gebend waren für mich die geringe Laufleistung und der gute technische Zustand. Und dann hat natürlich auch der Preis gepasst.«
Auch wir klopfen bei diesem Stichwort den Verhandlungsspielraum erstmals ab. »Etwas geht immer«, entgegnet der Yamaha-Besitzer, will jedoch zunächst nicht mehr als 100 Euro nachgeben. Schließlich gebe es kaum noch FZ mit derart geringen Laufleistungen. Den Nachweis, dass der Tachostand tatsächlich stimmt, kann er mangels Service-Scheckheft jedoch nicht führen. Da auch der erste Fahrzeugbrief nach einem Abmeldezeitraum von mehr als einem Jahr entwertet und eingezogen wurde, bleibt die Vorgeschichte etwas im Dunkeln. Also müssen wir uns selbst einen Reim darauf machen. Gemeinsam mit dem Verkäufer werden die vorhandenen Papiere durchforstet. Das für die Wiederzulassung erforderliche Vollgutachten datiert vom April 1999. Zu dieser Zeit las der Prüfer knapp 7000 Kilometer vom Tacho ab. Die Zulassung und damit die Ausstellung des zweiten Fahrzeugbriefs erfolgte jedoch erst im März 2000. Im April 2001 absolvierte die FZ laut Prüfbericht schließlich mit knapp 8500 Kilometern die letzte Hauptuntersuchung, und der derzeitige Besitzer will mit ihr nach dem Kauf im Juni 2002 nur 1800 Kilometer gefahren sein. Die Kilometerleistung scheint demnach zu stimmen.
Diesen Eindruck bestätigt auch der – bis auf die angesprochenen Mängel – sehr gute Allgemeinzustand. So präsentieren sich die Auspuffanlage sowie der Tank ohne Rost oder Kratzer. Am Motor sind keine verräterischen Öl- oder Wasserspuren zu erkennen, und auch die Bremsscheiben zeigen keine Riefen. Zum Starten des Motors ist jedoch Schieben angesagt, weil die Batterie nach der Standzeit den Anlasser nicht mehr durchdreht. Das Triebwerk springt dennoch sofort an, läuft mechanisch leise und spricht spontan auf kleinste Gasbefehle an. Die angebotene Probefahrt lehnen wir dankend ab, da das Schmelzwasser im Schatten der umliegenden Wohnblöcke bereits wieder gefriert. Für den letztlich akzeptierten Kaufpreis von 2250 Euro wäre die angebotene FZ trotz kleinerer Mängel sowie anstehender Arbeiten (Reifen, Inspektion) wegen der geringen Fahrleistung tatsächlich ein Schnäppchen. Zum Vergleich: Die Schwacke-Liste notiert als Verkaufspreis für eine 1994er-Yamaha FZ 750 mit 77000 Kilometern auf dem Tacho rund 2400 Euro.

MOTORRAD-Checkpoint

Technische Daten (Modell 3KT)MotorWassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, fünf über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, vier Mikuni-Gleichdruckvergaser, ø 34 mm, kontaktlose Transistorzündung, keine Abgasreinigung, E-Starter, Drehstromlichtmaschine 440 Watt, Batterie 12 V/14 Ah.Bohrung x Hub 68 x 51,6 mmHubraum 749 cm³Verdichtungsverhältnis 11,2:1Nennleistung 74 kW (100 PS) bei 10250/minMax. Drehmoment 78 Nm (7,9 kpm) bei 8300/minKraftübertragungPrimärantrieb über Zahnräder, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.FahrwerkDoppelschleifen-Stahlrohrrahmen, Telegabel mit verstellbarer Federbasis, Standrohrdurchmesser 39 mm, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, über Hebelsystem angelenktes Zentralfederbein mit verstellbarer Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 298 mm, Vierkolbensättel, Scheibenbremse hinten, Ø 267mm, Reifengröße vorn 120/70 V 17, hinten 140/70 V 70.Maße und GewichteRadstand 1485 mm, Lenkkopfwinkel 64 Grad, Nachlauf 96 mm, Federweg v/h 140/132 mm, Sitzhöhe 780 mm, Tankinhalt 21 Liter, Gewicht vollgetankt 236 kg, zul. Gesamtgewicht 445 kg.Messwerte (MOTORRAD 17/1994)Höchstgeschwindigkeit solo (mit Sozius) 228 (207) km/hBeschleunigung 0–100 km/hsolo (mit Sozius) 4,1 (6,0) sekDurchzugsvermögen 60–140 km/h im letzten Gangsolo (mit Sozius) 15,7 (22,1) sekVerbrauch4,9 – 7,4 l/100 km Normalbenzin

Modellgeschichte - Yamaha FZ 750

Mit einem wahren Feuerwerk technischer Innovationen startete die Yamaha FZ 750 im Frühjahr 1985 ihre Karriere. Einen wassergekühlten Vierzylinder mit fünf Ventilen pro Zylinder und der Vergaserbatterie in Fallstromanordnung hatte die Motorradwelt – zumindest in Großserie – bis dato noch nicht gesehen. Das Triebwerk mit der auffällig um 45 Grad nach vorn geneigten Zylinderbank überzeugte auf Anhieb: Leistung, Durchzugsvermögen und Laufkultur lagen seinerzeit auf höchstem Niveau. Weil auch das gleichermaßen handliche wie stabile Fahrwerk mit dem kleinen 16-Zoll-Vorderrad keine Schwäche zeigte, hatte die Konkurrenz – darunter die hoch gehandelte, ultraleichte Suzuki GSX-R 750 – beim ersten MOTORRAD-Vergleichstest deutlich das Nachsehen. Eine fast makellose Vorstellung gab die FZ 750 auch beim folgenden Langstreckentest. Abgesehen vom Defekt am Getriebeausgangslager, einem häufiger auftretenden Schaden der ersten Baureihe, der nicht besonders standfesten Kupplung sowie dem in der Dämpfung nachlassenden Federbein überstand die Yamaha den 40000-Kilometer-Marathon mit Bravour. Kein Einzelfall übrigens, wie viele Leserzuschriften zu diesem Thema belegen. Weniger zufriedenstellend hingegen verlief der Verkauf der Hightech-Yamaha. Einer der Hauptgründe für die Zurückhaltung der Käufer war sicherlich das etwas biedere Styling der ersten Baujahre. Als Yamaha 1987 der FZ 750 im Rahmen einer umfangreichen Überarbeitung auch eine sportliche Vollverkleidung spendierte, war der Zug für die FZ jedoch bereits abgefahren. Die neuen Supersportler vom Schlag einer Kawasaki ZXR 750 beschritten 1989 mit Alurahmen sowie breiten Schlappen einen Weg, dem die FZ 750 mit ihren schmalen Reifen und dem mittlerweile altbacken wirkenden Vierkant-Stahlrohrrahmen nicht mehr folgen konnte. Auf der anderen Seite zog die Yamaha mangels Hauptständer und bequemem Soziusplatz im Rennen der Allrounder gegen die mittlerweile etablierte Honda VFR 750 und deren famosen V-Vierzylinder ebenso den Kürzeren. All dies braucht Gebrauchtkäufer heute nicht mehr zu kümmern. Wer keine supersportlichen Ambitionen hegt, meist alleine unterwegs ist und dabei auch noch seine Finanzen im Auge behalten muss, macht mit einer gepflegten FZ 750 nichts falsch. Das im Vergleich zu den höher gehandelten Klassenkonkurrenten wie der VFR eingesparte Geld kann man dann in ein hochwertiges Zubehörfederbein und progressive Gabelfedern investieren, die der Yamaha zu einem auch aus aktueller Sicht passablen Fahrverhalten verhelfen.

Marktsituation - Yamaha FZ 750

Obwohl die Yamaha FZ 750 zehn Jahre lang die Modellpalette des deutschen Importeurs bereicherte, fand sie insgesamt nur rund 5300 Käufer. Heutzutage beträgt der Bestand laut Kraftfahrtbundesamt etwa 3300 Stück. Wie schon beim Neugeschäft fällt auch die Nachfrage nach gebrauchten FZ eher verhalten aus, was sich naturgemäß auf die Preise auswirkt. Konkret bedeutet dies, dass laut Schwacke-Liste Konkurrenzmodelle des Jahrgangs 1994 mit ähnlichen Laufleistungen und vergleichbarem Zustand wie beispielsweise der Sporttourer Honda VFR 750 oder die supersportliche Kawasaki ZXR 750 zirka 1000 Euro höher gehandelt werden als die Yamaha, die auf etwa 2400 Euro taxiert wird (Laufleistung 77000 Kilometer). Diese Angaben sollte man jedoch nur als Orientierungshilfe interpretieren, weil damals sowohl die Honda als auch die Kawasaki in der Neuanschaffung wesentlich teurer kamen als die FZ 750. Für ältere Exemplare der ersten Baureihe, die mittelfristig zu Liebhaberstücken avancieren könnten, gibt es ohnehin keine gelisteten Preise mehr – hier zählen einzig und allein Zustand und Laufleistung.

Besichtigung - Yamaha FZ 750

Gravierende Schwächen kennt die Yamaha FZ 750 nicht. Bei Modellen der ersten beiden Baujahre – so auch an der MOTORRAD-Dauertestmaschine – traten allerdings häufiger Defekte am Getriebeausgangslager auf, dessen Reparatur eine Zerlegung des Motors erforderlich macht. Yamaha reagierte auf diese Problematik und verwendete ab 1987 ein modifiziertes Lager. Vereinzelte Störungen an der elektrischen Benzinpumpe betreffen ebenfalls in erster Linie die Modelle des ersten Jahrgangs. Ansonsten sollten Gebrauchtkäufer bei Exemplaren ab 1989 während der Probefahrt auf verzogene Bremsscheiben achten. Höhere Laufleistungen quittiert zudem das Federbein mit deutlich nachlassender Dämpfung. Da selbst die jüngsten FZ 750 mittlerweile neun Jahre alt sind, gilt das Hauptaugenmerk bei der Begutachtung allen Teilen, die durch längere Standzeiten in Mitleidenschaft gezogen sein könnten, beispielsweise die Ansaugstutzen oder die Gabeldichtringe. Weniger begabte Hobbyschrauber ersparen sich schon mal Wartungsarbeiten wie den Wechsel der Zündkerzen, weil die FZ ziemlich verbaut ist. Ein lückenloses Scheckheft erleichtert somit nicht nur den Nachweis der Fahrleistung, sondern beugt auch unliebsamen Überraschungen vor.

Tests in MOTORRAD

Test Heft 5/1985Vergleichstest Heft 6 und 7/1985Vergleichstest Heft 11/1985Vergleichstest Heft 22/1985Vergleichstest Heft 7 und 8/1986Langstreckentest Heft 9/1986Vergleichstest Heft 15/1986Vergleichstest Heft 23 und 24/1986Test Heft 2/1987Vergleichstest Heft 4 und 5/1987Vergleichstest Heft 7 und 8/1988Vergleichstest Heft 5/1989Test Heft 10/1990Vergleichstest Heft 18/1992Modellreport Heft 17/1994Impression Heft 20/2000

Links - Yamaha FZ 750

Wie bei vielen älteren Motorrädern ohne ausgeprägten Kultcharakter gibt es im Internet auch über die Yamaha FZ 750 vergleichsweise wenige Seiten in deutscher Sprache. Einen Blick wert sind jedoch auf jeden Fall zwei Adressen: Unter www.fz750.de findet man Links zu privaten Adressen von FZ-750-Fans. Informativer sind die Seiten von Matthias Hayer mit Tipps und Tricks sowie FZ-Forum unter www.zaik.uni-koeln.de/~mhayer/fz.

Modellpflege - Yamaha FZ 750

1985 Markteinführung des Urmodells mit dem Modellcode 1FN zum offiziellen Verkaufspreis von 12788 Mark1986 Leichte Stylingretuschen. Neu sind? Bugspoiler? Fassungsvermögen des Tanks um einen auf 21 Liter verkleinert? Soziushaltegriff? schmalere Blinker1987 Umfangreiches Facelift. Modellcode 2KK. Die Neuerungen im Detail:? Vollverkleidung? Vier-in-eins-Auspuffanlage, dadurch Entfall des Hauptständers? größere, gelochte Bremsscheiben (ø 267 mm) vorn und hinten ? leichtere Slipperkolben mit längeren Pleueln? digitale Zündanlage? Wasserpumpenrad aus Stahl statt Kunststoff? Kupplung mit zusätzlicher Dämpfung? Neues Federbein mit zwölf Millimeter mehr Federweg, aber ohne Ferneinstellung der Federbasis und Verstellmöglichkeit der Dämpfung? Luftunterstützung der Gabel entfällt? Soziusrasten aus Leichmetall? Neupreis: 13190 Mark1988 Übernahme der Vergaseranlage der FZR 10001989 Änderungen am Fahrwerk:? größere, schwimmend gelagerte Bremsscheiben aus der FZR 1000 vorn (ø 298 mm) mit Vierkolben-Festsätteln? Felge vorn 3.00 x 17 (Bereifung 120/70 V 17) statt 2.75 x 16; Felge hinten 3.50 x 18 (Bereifung 140/70 V 18) statt 3.00 x 18? Neupreis jetzt 13585 Mark1991 Modifikationen an der Auspuffanlage wegen neuer Geräuschbestimmungen. Neuer Modellcode 3KT1993 Auslieferung in Deutschland nur noch mit versicherungsgünstigen 98 PS (72 kW). Preis nunmehr 15150 Mark1994 Preisreduzierung auf 13700 Mark. Letztes Verkaufsjahr der FZ 750.

Zur Startseite
Yamaha
Artikel 0 Tests 0 Modelle 0 Videos 0 Markt 0
Alles über Yamaha
Mehr zum Thema Sporttourer
Aprilia Tuono V4, KTM 1290 Super Duke GT Vergleichstest
Naked Bike
Podcast MOTORRAD RIDE Folge 6
Reisen
Teaserbild Kawasaki 1400 GTR Gebrauchtkauf
Gebrauchtkauf
BMW R 1250 RS, Kawasaki Z 1000 SX
Tourer
Mehr anzeigen