Cafe Racer Umbau Projekt Xpresso V4

Werner werkelt in der Classic-Werkstatt 80.000-Km-Motor von innen

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Bei mehr als 80.000 Kilometern auf dem Buckel macht man sich schon Sorgen, wie es um den V4-Motor der Honda VF 1000 F2 bestellt ist. Wir haben reingeschaut – und können Entwarnung geben.

80.000-Km-Motor von innen Werner Koch
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Für 680 Euro kauft man die Katze im Sack, da beißt die Maus keinen Faden ab. Immerhin, bei der Übergabe schnurrte der Motor der Honda VF 1000 F2 tatsächlich wie ein Kätzchen. Wie es tatsächlich um die Mechanik bestellt ist, weiß man aber erst nach einem gründlichen Technik-Check. Dabei gilt grundsätzlich: Startet ein Motor sofort, läuft dann stabil und gleichmäßig im Leerlauf und nimmt spontan Gas an, kann man davon ausgehen, dass alles, was sich im Brennraum abspielt, auch funktioniert.

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Konkret bedeutet das: Im Großen und Ganzen dichten Ventile und Kolbenringe noch gut, die Vergaseranlage ist sauber, zieht keine Nebenluft oder weist keine eingerissenen Membranen auf. Außerdem lässt so ein Laufverhalten darauf schließen, dass Zündung und Zündkerzen zumindest in lauwarmem Zustand ordnungsgemäß funktionieren und sowohl Steuerzeiten als auch das Ventilspiel korrekt eingestellt sind. Ein weiteres Indiz für eine grundsätzlich gesunde Mechanik des dohc-Vierzylinders war für mich weiterhin das unauffällige Klangbild des Honda VF 1000 F2-Motors. Demnach sollte zu großes Ventilspiel ebenso wenig ein Thema sein wie ein übermäßiger Verschleiß an Kurbel- und Primärtrieb sowie an der Kupplung. Auch eine durchgerostete Auspuffanlage oder undichte Krümmeranschlüsse – wegen eventuell abgerissener Stehbolzen – konnte ich somit ausschließen.

Check von Ölwanne und magnetischem Ablassstopfen

Obwohl an eine Probefahrt mit der verwanzten Honda VF 1000 nicht zu denken war. Das Gabelöl hatte sich auf seinem Weg ins Freie über die Bremsscheiben und Bremszangen ergossen, das Reifenprofil vorn war abhanden gekommen, und das vorn wie hinten tief eingesackte Fahrwerk machten klar: Hier ist die Luft raus. Ich hab’s also dabei belassen und auf die Honda-Qualität vertraut, auch was Antriebsstrang und Getriebe anbelangt.

Trotz der akustisch unauffälligen Mechanik sollten bei solch hohen Laufleistungen die Innereien gründlich auf Verschleiß und Schäden inspiziert werden. Das geht auch ohne komplette Demontage relativ zuverlässig, indem man sämtliche Motordeckel entfernt und die mechanischen Bauteile kontrolliert. Ganz wichtig: der Check von Ölwanne und magnetischem Ablassstopfen. Ablagerungen und Partikel im Netz des Ölansaugschnorchels genau unter die Lupe nehmen! Finden sich dabei Metallflitter oder Fremdkörper, werden diese mit einem Magneten in Stahl und Nichteisenmaterial getrennt.

Stahlpartikel lassen sich mit etwas Erfahrung auf ihre Herkunft analysieren. Scharfkantige, harte Teile mit einer glatten Seite gehen meist auf das Konto von Ausbrüchen an den Zahnrädern, dem sogenannten Pitting. Kleine Stahlblechteile könnten dagegen von einem geborstenen Kugellagerkäfig stammen, und silbriger, klebriger Aluminium-Schlamm ist oftmals ein Hinweis auf eingelaufene Nockenwellenlager oder einen losen Kugellagersitz.

Astreiner Primärantrieb mit tadelloser Ölbadkupplung

Mit einer kleinen Taschenlampe und einem Spiegel mit Stiel kann man bei abgebauter Ölwanne prima die Innereien anschauen. Sogar die Zahnflanken des Getriebes lassen sich, langsam durchgedreht, auf mögliche Schäden begutachten. Zum Reinigen der Ölwanne bitte stets die Schwallbleche entfernen und anschließend wieder mit Loctite verschrauben.

Kristallartig aufgehäufte Stahlpartikel auf dem Magneten der Ablassschraube, die sich beim Anfassen regelrecht in eine Metallpaste verwandeln, stammen meist aus dem Getriebe, sind als normaler Abrieb aber unbedenklich. In meiner Honda fand ich zum Glück nur viele Reste von Dichtmittel, das etwas großzügig bei den Ventildeckelgummis aufgetragen worden war. Reste davon waren auch am Grund des Kupplungsdeckels zu finden, hinter dem sich jedoch ein astreiner Primärantrieb mit tadelloser Ölbadkupplung zeigte.

Werner Koch
Nach dem Sandstrahlen bekommen die blanken Aluminiumteile mehrere Schichten seidenmatten Klarlack verpasst.

Erst ganz oben, im Zylinderkopf, wurde ich fündig. Die kleinen Oberflächenausbrüche an den Nockenwellen, ein typischer Mangel bei Hondas VF 1000-Motoren, waren im Sumpf der Ölwanne jedoch nicht nachzuweisen. Am heftigsten betroffen war der Einlassnocken des ersten Zylinders. Dennoch bleibt die Nockenwelle vorerst drin, die scharfkantigen Ausbruchstellen habe ich mit Fächerschleifer und 150er-Körnung verrundet. Diese Maßnahme verhindert, dass der Ölfilm durch die scharfen Kanten regelrecht abgeschabt wird. Eine Mangelschmierung soll das Problem an den V4-Motoren verstärken, weshalb jetzt der „Oiling-Kit“ vom VF 1000-Spezialisten Maniac-Motors in Nürnberg verbaut ist (www.maniac­motors.de, Telefon 09 11 / 969 49 83). Bei diesem Umbau wird das Öl direkt vom Ölfilter zu den Nockenwellen gepresst. Serienmäßig geht der Ölstrom einen sonderbaren Umweg über das Getriebeausgangslager und erst von dort zu den Nockenwellen. Weshalb Honda beim Ölkreislauf dem Kugellager am Getriebe den Vorrang gab, lässt sich nicht schlüssig erklären, zumal ein Wälzlager locker auch ohne Öldruck und mit geringer Spritzölmenge schadlos auskommt. Hoffen wir einfach mal, dass die direkte Ölzuleitung das Pitting an den Nocken stoppen kann. Ich werde es beobachten und berichten. Meine Diagnose nach der Untersuchung: Bis auf die Nocken macht die Honda VF 1000 F2 einen gesunden Eindruck.

Nach über 30 Jahren haben sich die Papierdichtungen an den Motordeckeln in ein knochentrockenes und hartnäckiges Material verdichtet. Wenn, wie hier, noch ein aushärtendes Dichtmittel im Spiel ist, wird das Ganze eine lästige Schrubberei mit Dreikantschaber und Messer. Besser geht es, wenn man die alte Dichtung mit dem Heißluftföhn geschmeidig macht.

Geschmeidigkeit ist ebenfalls beim Einfädeln der Vergaserbatterie in die vier Ansauggummis gefragt. Kleiner Trick: die Gummis vorher in heißem Wasser abkochen und dann hurtig die wiedererlangte Flexibilität nutzen. In unserem Fall war nix mehr zu retten, da die Gummis bis auf das Gewebe durchgerissen waren. Bei AC-Motorradteile in Worms (www.ac­motorradteile.de, Telefon 0 62 41 / 30 98 85) bestellt, lagen die Ersatzteile zwei Tage später im Briefkasten – klasse!

Sprühen und bürsten, was das Zeug hält

Nach der Kontrolle der Innereien ging es an die Peripherie des Honda-Motors, die mir bei der ersten Besichtigung doch Sorgen bereitet hatte. Rost war nicht zu übersehen, speziell an den verchromten Motorschrauben und Bolzen. Neuteile? Zu teuer, außerdem nicht immer verfügbar. Neu beschichten? Nee, wir wollen fahren, keine Customizer-Preise abräumen. Und das geht auch mit Chromoberflächen, die winzige Pickel haben. Durch die wundersame Wirkung von Messingbürste und WD-40 bekommen sie einen passablen Glanz zurück. Also habe ich gesprüht und gebürstet, was das Zeug hält.

Die Xpresso V4 soll ja ein nackter, unverbauter Café Racer werden. Fragt sich nur, wie das mit insgesamt drei Kühlern gelingen kann? Meine Lösung: Den kleinen Wasserkühler aus dem Verkleidungsbug habe ich einfach aussortiert. Dafür fließt das Motoröl durch den doppelt so großen Radiator einer Suzuki GSX 750 F. In der Hoffnung, dass der luftige Rahmen dem Motor eine deutlich bessere Wärmeabstrahlung über die Oberfläche erlaubt und der große Wasserkühler – jetzt senkrecht und frei stehend montiert – mit effizienter Durchströmung den Hitzekollaps verhindert. Etwas gewagt, aber auch hier gilt: probieren geht über studieren.

Den neuen Ölkühler habe ich mit einem 1,5-Millimeter-Alublech an den Ventildeckel getackert und mit neuen stahlummantelten Leitungen und klassischen Goodridge-Fittings an den Ölkreislauf angeschlossen. Den serienmäßigen Anschlussröhrchen an der Ölwanne habe ich mit einem selbst gebauten Werkzeug den nötigen Wulst eingepresst, damit der Ölschlauch fest und sicher sitzt.

Hexen-Pippi und Sandstrahlkabine

Kommen wir zur Vergaserbatterie der Honda VF 1000 F2, die beim Kauf von einem fetten Kokon aus Staub, Spinnweben und Straßendreck umschlungen war. Innen präsentierte sie sich jedoch in einem erfreulich guten Zustand – alle Düsen frei, keine Ablagerungen. Nur der üble wie übliche Gestank nach altem Sprit, das gefürchtete Hexen-Pippi, machte sich breit. Auch bei den Vergasern halfen Messingbürste und WD 40 fürs Äußere. Technisch habe ich die Hauptdüsen von 116/118 auf 122/124 vergrößert, um den vier geplanten, offenen Einzelluftfiltern gerecht zu werden. Und natürlich die Anschläge an den Gasschiebern verkürzt, um die damals obligatorische 100-PS-Drosselung zu entfernen. Zudem wurden die Gummi-Lufttrichter durch schlanke Alurohre ersetzt. Mit nur noch 40 statt 48 Millimetern Durchmesser und vier unterschiedlichen Längen sollen die neuen Trichter dem V4 ein paar zusätzliche Newtonmeter an Drehmoment entlocken, selbst wenn der kleinere Querschnitt eventuell die Höchstleistung – nominell 116 PS – etwas abschnürt. Ob’s funktioniert? Der Prüfstand wird’s zeigen.

Zu guter Letzt kamen die schwarzen Motordeckel in die Sandstrahlkabine. Danach wurden die Teile ohne Verdünnung oder Bremsenreiniger, aber mit kräftigem Druckluftstrahl gereinigt und mit einer dicken Schicht farblosem Seidenmatt aus der Sprühdose lackiert. Diese Optik geht ein bisschen in Richtung Sandgussoberfläche, so wie es bei den Prototypen im Rennsport früher zu sehen war. Aber aufgepasst: Nach dem Sandstrahlen sind die Oberflächen extrem empfindlich, schon kleine Stöße oder metallische Berührungen erzeugen hässliche, glänzende Macken und Streifen. Also beim Transport alles gut in Tücher oder Folie verpacken!

Montiert wird der schöne V4 nicht ins Fahrwerk, sondern das Fahrwerk um den Motor. Das erleichtert den Einbau und verhindert Macken am Rahmen. Gabel rein, Räder rein und los – von wegen! Jetzt wird‘s nämlich schwierig, fängt die richtige und zeitraubende Schrauberei an. Mehr über den Aufbau und die Abstimmung des Fahrwerks in MOTORRAD Classic 7+8/2016.

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