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Ducati V4 R (2019) im Fahrbericht

Ducati V4 R (2019) im Fahrbericht Sensationelle Superbike-Basis

Ab 2019 mischt Ducati mit der Panigale V4 in der Superbike-WM mit. Damit der Vierzylinder auch ins Reglement passt, musste er unter anderem auf maximal 1.000 cm³ zurechtgestutzt werden. Auf der EICMA 2018 präsentiert Ducati die neue R-Version. Wir konnten sie jetzt in Jerez bereits fahren.

Sensationelle Superbike-Basis Foto: Ducati
31 Bilder

Die aktuelle Ducati V4 Panigale setzt auf einen 1.103 cm³ großen V4-Motor – zu viel für einen Einsatz in der Superbike-WM, wo das Reglement maximal einen vollen Liter erlaubt. Entsprechend setzt Ducati auf eine alte Tradition und bringt auch von der neuen V4 Panigale eine R-Variante, die speziell als Homologationsmodell für die Superbike-WM ausgelegt ist. Weltpremiere feierte die Ducati V4 R im Vorfeld der EICMA 2018.

998 cm³-Motor und Flügelelemente

Die Hubraumreduzierung erreichte Ducati über einen auf 48,4 mm verkürzten Hub, die Bohrung blieb mit 81 mm unverändert. In der Panigale V4 R kommt der Desomosedici-Vierzylinder so mit 998 cm³ Hubraum zum Einsatz, dessen Drehzahllimit 2.250/min über dem der Standard-V4 liegt, die ihr Leistungslimit bei 13.000/min erreicht. Bei der V4 R sind es 221 PS Leistung bei 15.250/min, das maximale Drehmoment von 112 Nm liegt bei 11.500/min an. Der 90-Grad-V4 der R setzt auf leichtere Komponenten: Die bei der R verwendeten Titan-Pleuel sind beispielsweise jeweils um 100 Gramm leichter als die der Stahl-Pleuel der V4, die Kurbelwelle ist um 1.100 Gramm leichter. Die Aluminium-Kolben tragen nur noch einen Kompressionsring. Mit dem werkseitig angebotenen Rennkit inklusive Akrapovic-Auspuff soll die Leistung gar auf 234 PS bei 15.500 Touren steigen.

Ducati
Die Carbon-Flügel sollen noch effizienter sein als die, die damals an der MotoGP-Maschine verwendet wurden, als es das Reglement noch erlaubte.

Das Aerodynamik-Paket wurde von der Rennsportabteilung Ducati Corse für die MotoGP-Werksrenner entwickelt und von der Ducati-Motorradabteilung für die V4 R adaptiert – zu erkennen an den Carbon-Flügelelementen der Frontverkleidung und den Kiemen-artigen Öffnungen an den Seiten, die beim auf der Rennstrecke stärker belasteten Motor für zusätzliche Kühlung sorgen sollen. Auch der Windschild der R fällt etwas anders aus, er ist höher und in einem flacheren Winkel angebracht
Von Öhlins kommt das für die Rennstrecke geeignete, mechanisch voll einstellbare Fahrwerk: Die NPX 25/30-Gabel und das TTX36-Federbein. Der Anlenkpunkt der Aluminium-Schwinge im Rahmen ist in vier Höhen einstellbar, mit jeweils zwei Millimetern Unterschied. Der Hauptrahmen der Ducati V4 R wurde nochmals steifer ausgelegt. Der Tank der R-wird aus Aluminium geformt und zeigt sich offen vor dem Fahrer. Rollen wird die Ducati Panigale V4 R auf komplett schwarzen Marchesini-Rädern aus Aluminium.

Ducati Panigale V4 R ab 39.900 Euro

Michael Pfeiffer
PS-Chef Uwe Seitz ist von der V4 R begeistert.

In Sachen Elektronik kann die Ducati Panigale V4 R folgendes auflisten: Bosch-Kurven-ABS, Wheelie- und Traktionskontrolle, Slide Control, Power Launch, Quickshifter (hoch und runter) sowie Motorbrems-Kontrolle. Als Fahrmodi stehen Race, Sport und Street zur Verfügung.

Im Cockpit informiert das 5-Zoll TFT-Display der Standard-V4. Zusätzlich kommt die R mit einem Pit Limiter, der das Race Bike auf Knopfdruck für die Boxengasse drosselt sowie einem umfangreicheren Lap Timer.

Der Grundpreis für die V4 R liegt bei 39.900 Euro. (Das SBK-Reglement legt 40.000 Euro als Höchstpreis für ein Homologationsmodell fest). Eine Limitierung gibt es nicht. Erstmals zu sehen sein wird die neue Ducati Panigale V4 R auf der EICMA in Mailand. Zu den Händlern rollt sie ab Februar 2019.

Erste Fahrt mit der V4 R

Ducati

Der Tag mit der Ducati Panigale V4 R begann auf der Rennstrecke von Jerez wenig erfreulich. Mit nasser Strecke und Nebel. Und er endete mit einem Paukenschlag. Denn ab Mittag war die Strecke weitgehend aufgetrocknet und die V4 R konnte zeigen, was sie drauf hat. Und das tat sie dann auf recht beeindruckende Weise.

Sie teilt die technische Basis mit der zivileren Schwester V4 S – und ist doch ganz anders. Zum einen natürlich wegen des Motors – dank kürzerem Hub auf Superbike regelmentskonforme 998 cm3 gebracht, mit leichterer Kurbelwelle, Titan-Pleuel und –Einlassventilen drehzahlfest gemacht, dreht dieser Kraftwürfel unglaubliche 16.000/min, im letzten Gang gar noch 500/min höher. Er atmet durch Drosselklappen mit gewaltigen 56 mm Durchmesser. Und ab 13.000/min heben sich die Ansaugtrichter und verkürzen die Ansaugwege, damit die schärferen Nockenwellen ihren 2,85 (Einlass) und 1,55 (Auslass) mm größeren Hub ungehindert in Frischgas-Durchsatz umwandeln können. Derart aufgerüstet schmettert der V4 im Serientrimm 221 PS auf die rückwärts drehende Kurbelwelle. Bei schlanken 193 Kilogramm vollgetankt. Mit Akrapovic-Titan-Komplettauspuffanlage – und damit waren die vier Testmaschinen, die einem kleinen Kreis von Journalisten zur Verfügung standen – sollen es 234 PS und ein paar Kilo weniger sein. Der Hammer, wie dieses Aggregat zu Werke geht, mit enorm breitem nutzbarem Drehzahlband, das sich ab 8.000/min volle weitere 8.000/min bis zum Begrenzer erstreckt. Dabei liefert es seine Leistung sehr gleichmäßig ab, was es dem Fahrer recht einfach macht, die Leistung einzusetzen. Gut, es geht im Race Mode (es gibt noch Sport und Street, alle mit voller Leistung aber unterschiedlichem Ansprechverhalten) mit leicht harter Note, aber herrlich direkt ans Gas, Und dann dreht und dreht und dreht das Ding und liefert Leistung, Leistung, Leistung.

Die V4 R liefert ein sensationelles Feedback

Ducati

Dann ist da aber noch das Fahrwerk. Im Grunde das Chassis der V4 S, in das für etwas mehr Flex hinter dem Lenkkopf Öffnungen hinein gefräst werden (das Superbike-WM-Regularium erlaubt das Hinzufügen von Material am Rahmen, nicht aber das Entfernen) – wichtig für WM-Piloten, für uns eher weniger. Daher war es auch nicht so tragisch, dass die Testbikes noch nicht mit dieser Rahmenkonfiguration bestückt waren. Denn von den Geometriedaten gibt es keinen Unterschied zur V4 S. Wohl aber bei den Federelementen.

Die gasdruckunterstützte Öhlins-Gabel lehnt sich vom Aufbau her eng an die Gabeln der WM-Maschinen an. Und das TTX-36 Federbein, das ebenfalls die Schweden liefern, gibt den adäquaten Gegenpart. Vorne mit etwas weicheren, hinten mit einer strafferen Feder als bei der V4 S bestückt sorgen sie für beeindruckende Stabilität und sensationelles Feedback. Das Gefühl für den Grip am Hinterrad – und davon gibt es reichlich – ist enorm. Das Feedback von der Front legt noch eins drauf. Speziell wenn man mit hohem Speed in eine schnelle Kurve hinein knallt oder hart auf der Bremse einbiegt und bis zum Scheitel verzögert, man spürt bis in die Fingerspitzen, wie es um die Beziehung zwischen Vorderreifen und Asphalt steht. Das mag durchaus auch an den Winglets liegen – den ersten serienmäßigen im Motorradbau, die für mehr Anpressdruck vorne sorgen. Bei 200 km/h sollen es 16 Kilogramm sein, bei 270 gar 30. Beim Anbremsen und in Schräglage freilich deutlich weniger.

Traum Fahrwerk und Trockenkupplung

Ducati

Dennoch: Das Ding liegt beim Einbiegen wie hin genagelt, das Vertrauen in die Front ist enorm. Und damit wären wir beim Thema Aerodynamik. Denn hier habe die Techniker richtig Aufwand betrieben. Die Verkleidungsscheibe ist höher und etwas breiter, die Verkleidung ebenfalls etwas breiter. Und sie erhielt mächtige kiemenartige Öffnungen. Was zur Folge hat, dass die Kühler – dieselben wie bei der V4 S – wesentlich effizienter ihre Hitze abführen können. Dazu ist der Fahrer perfekt vom Fahrtwind abgeschirmt.

Das Elektronik-Paket mit 6-Achsen-IMU von Bosch hält von Laptimer, bis Launch Control, Kurven-ABS Pit Lane-Limiter und Wheelie-Control alles bereit, was das Herz begehrt, Vorbereitung für Data-Recording inclusive. Und eine Slide Control dazu, die wir allerdings in der Kürze der Zeit nicht wirklich ausprobieren konnten. Dass die Traktionskontrolle fantastisch funktioniert dagegen schon. Sanft greift sie ein, lässt das Heck nur ganz leicht herum kommen. Unsicherheit? Kommt zu keinem Zeitpunkt auf. Dir V4 R biegt unglaublich präzise ab, nicht hyperagil oder gar nervös, aber spielerisch. Hält mühelos die Line, auch beim harten Herausbeschleunigen, der Pilot kann sich voll und ganz auf die Suche von Einlenk- und Bremspunkten konzentrieren. Und bremsen kann sie wie der Teufel, keinerlei Unruhe lenkt von der Konzentration auf den Kurveneingang ab.

Denn – die gute Nachricht für Ducati-Fans – die Trockenkupplung ist zurück. Die STM-Anti-Hopping-Kupplung mit 48 Zähnen lässt sich nicht nur via Sekundärfeder auf die Vorlieben des Fahrers abstimmen. Zusammen mit der Engine-Brake-Control sorgt sie in der Anbremszone für absolute Ruhe im Gebälk. Außerdem kann ihr Abrieb nicht das Motoröl verschmutzen. Einzig etwas mehr Gelegenheit zum Abstützen wünscht man sich, der Tank ist schmal, heftiges Anbremsen fordert auf Dauer etwas Kondition. Aber über irgend etwas müssen wir ja meckern. Sonst gibt es nämlich nicht viel. Ein echtes Race-Bike.

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