Von der GPZ 900 R bis zur aktuellen ZX-6R hat sich in Kawasakis Sportmotorradprogramm viel getan. Allen Modellen gemeinsam ist der Beiname "Ninja" - der für Fans in 25 Jahren zu einem wahren Schlachtruf wurde.
Von der GPZ 900 R bis zur aktuellen ZX-6R hat sich in Kawasakis Sportmotorradprogramm viel getan. Allen Modellen gemeinsam ist der Beiname "Ninja" - der für Fans in 25 Jahren zu einem wahren Schlachtruf wurde.
Ein Ninja, das ist in den Legenden der japanischen Geschichte ein im Verborgenen Kämpfender, ein Krieger des Schattens, ein Partisan. Er musste sich auf seine Schnelligkeit verlassen. Und auf seine Kraft natürlich. So auch die Ninja von Kawasaki. Wie kein anderes Motorrad verkörpert sie in der Bikerszene Power und Geschwindigkeit.Bereits seit dem ersten Ninja-Modell überhaupt, der GPZ 900 R, die 1984 die Straßenlichter der Welt erblickt, ziehen die Ninjas die Sportfahrerszene in ihren Bann. Mit über 240 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit und einer Beschleunigung von Null auf 200 km/h in weniger als dreizehn Sekunden überragt die 115 PS starke GPZ die Messwerte der damaligen Big-Bike-Konkurrenten Suzuki GSX 1100 EF, Honda VF 1000 F und Yamaha FJ 1100 deutlich. Und das trotz ihres Hubraumdefizits. Auch die technischen Lösungen der 900er-Ninja begeistern die Fans. Eine Gabel mit Anti-Dive-System, Wasserkühlung und Vierventil-Technik gehören zu den Highlights der Ur-Ninja. Vom Erfolg der GPZ 900 R beflügelt, wirft Kawasaki ein Jahr später die GPZ 600 R auf den Markt. Wie schon die große Schwester setzt auch die kleine Ninja mit 216 km/h Höchstgeschwindigkeit und 75 PS Nennleistung Akzente, auch wenn von den versprochenen Pferden letztlich nur 67 den Weg auf den Prüfstand finden.
1989 präsentiert Kawasaki das erste reinrassige Superbike: die ZXR 750, Typenbezeichnung "H1". Zwei der zahlreichen Neuerungen, die mit der 750er Einzug ins Kawasaki-Modellprogramm halten, haben bis zum heutigen Tag Bestand: giftgrüne Lackteile und der Hinterradachsen-Sicherungssplint. Von anderen Lösungen kamen die Japaner – ab diesem Zeitpunkt auch gern als "die Grünen" bezeichnet – im Lauf der Jahre wieder ab. Die markanten, aber sinnlosen Staubsaugerschläuche zur "Staudruckbelüftung der Motoroberseite" beispielsweise weichen schon 1993 dem ebenfalls markanten ersten Ram-Air-System weltweit. Zwischen exklusiven Racern wie Hondas RC30 und Yamahas FZR 750 R, beide sündhaft teuer, wirkt die H1 mit einem Preis von damals 15500 Mark fast wie ein Low-Budget-Racer. 234 Kilogramm und 107 PS offen reißen nach heutigen Maßstäben niemanden mehr vom Hocker, vor 20 Jahren galten diese Werte aber noch als Sport pur. Neben der Leistung des Kawa-Motors überzeugen vor allem die tadellose Zielgenauigkeit sowie die Fahrstabilität der H1.
Bereits ein Jahr später, 1990, bringen die Grünen mit der H2 eine von Übergewicht und Kinderkrankheiten befreite zweite ZXR-Generation auf den Markt. Aus sportlicher Sicht gebührt vor allem der ZXR 750 "L" Respekt, die von 1993 bis 1995 in den Läden steht. Scott Russell wird 1993 damit Weltmeister, Jochen Schmid sichert sich, unterstützt von Tuner Kurt Stückle 1995 den deutschen Pro-Superbike-Titel. Kein Profisportgerät, aber ein Spaßmacher: die ZXR 400, die 1991 erscheint. 65 PS bei 186 Kilogramm. Die grüne Giftspritze besticht vor allem auf der Rennstrecke, allerdings nur, bis ihr Suzuki und Aprilia mit ihren starken 250er-Zweitaktbrennern RGV und RS die Daseinsberechtigung rauben.
Die erste ZX-9R muss 1994 ebenfalls Prügel einstecken. Trotz 139 PS Spitzenleistung zieht sie im PS-Vergleichstest den Kürzeren. Während der Motor auf dem der ZXR 750 beruht, stammt der Rahmen aus der schweren ZZR-1100. Resultat: 243 Kilogramm Leergewicht. Darunter leidet vor allem das Federbein, das schnell an die Grenze seiner Möglichkeiten gerät. Weitere Kritikpunkte: viel Spiel im Antriebsstrang, schwierig zu dosierender Leistungseinsatz. Es spricht für die ZX-9R, dass sie trotz dieser Mängel eine große Fangemeinde findet. Die Anhänger freuen sich über den moderaten Preis und das einzigartige Konzept. Für einen Sportler zu soft, für einen Tourer zu sportlich, besetzen alle ZX-9R-Jahrgänge eine Nische, der zahlreiche Biker zuneigen. Als Antwort auf Hondas CBR 600 F präsentiert Kawasaki 1995 die erste ZX-6R. Optisch ähnelt die Kleine stark der großen Schwester mit 900 cm³ Hubraum. Glücklicherweise gilt das nicht fürs Gewicht. Die 206 kg leichte 600er, offen 105 PS stark, glänzt mit einem durchzugsstarken Motor, tollem Handling, moderater Sitzposition und füllt dieselbe Nische wie auch die ZX-9R: für die Rennstrecke zu soft, auf der Landstraße top. Das ist bezeichnend, denn langsam verliert die Ninja-Reihe, die mit der radikalen GPZ 900 R 1984 noch eine Ära extremer Sportlichkeit und Kompromisslosigkeit ankündigte, zunehmend an Biss und dem Image des fiesen Brenners.
Kompromisslosigkeit ankündigte, zunehmend an Biss und dem Image des fiesen Brenners.
Einen deutlichen Gegentrend startet die letzte 750er Ninja, die ZX-7R. Im ersten PS-Vergleichstest fährt sie die Superbike-Krone ein und verweist die Konkurrenz von Suzuki, Ducati und Yamaha auf die Plätze. Fahrwerk, Motor, Bremse – überall vergibt PS die volle Punktzahl. Besonders das Drehmoment beeindruckt. Lediglich beim Gewicht schwächelt die Siebener: 234 Kilo waren selbst vor 13 Jahren zu viel für einen Supersportler. Betrachtet man die Entwicklung der GSX-R 750, die bis heute als eines der besten, da fahrbarsten Sportmotorräder überhaupt gilt, ist es schade, dass Kawasaki die 750er-Ära mit der ZX-7R sterben ließ. Etwas abgespeckt und mit zehn PS mehr würde die Grüne heute noch einen Riesenspaß machen. 1998 folgen die Neuauflagen von ZX-6R und ZX-9R. Besonders die große Ninja sorgt für eine positive Überraschung. Das Gewicht der Neuner sinkt um 21 auf 212 Kilogramm – eine Entwicklung, die auch der ZX-7R gut gestanden hätte. Die Motorleistung steigt auf U-Kat-bereinigte 143 PS. Damit scheint die Neuner endlich wieder einen festen Stand in der Superbikeszene zu finden – wäre da nicht Yamahas YZF-R1. Das 150 PS starke 1000er-Superbike kommt ebenfalls 1998 auf den Markt und stiehlt der ZX-9R die Show. Die ZX-6R dagegen nutzt den Kampf an der Leistungsspitze und zischt beim PS-Vergleichstest 1998 in Anneau du Rhin frech an der großen Schwester vorbei auf Platz zwei. Was ist passiert? Fahrwerk und Motor der großen Kawa sprechen schlecht an, während sich die Kleine abgesehen von der deutlich schwächeren Motorleistung keinen Fehler erlaubt. Dann kommt es fett: 1999 erfindet Suzuki mit dem ersten 300-km/h-Motorrad, der Hayabusa, die Speedbikes. 2000 zieht Kawasaki mit der 178 PS starken und ebenfalls über 300 km/h schnellen ZX-12R nach. Ein Extrembike. Sieben Sekunden von null auf 200 km/h. Leider geht der 250-Kilo-Ninja-Dampfer schlecht ums Eck und zudem hart ans Gas. Die 12er landet deshalb in PS-Tests hinter der schnellen Hayabusa.
Ebenfalls 2000 erscheint die dritte Generation der ZX-9R. Wiederum kämpft das Modell mit schlechtem Ansprechverhalten und zeigt zudem Gabelflattern, das selbst die stumpfen Serienbremsbeläge nicht kaschieren können. Dabei waren gerade die Bremsen der Ninja-Modelle stets über jeden Zweifel erhaben. Die kleine Ninja, ebenfalls für 2000 runderneuert, macht ihre Sache besser und sichert sich die PS-Supersport-Krone. Abgesehen vom etwas unterdämpften Serienfederbein leistet sie sich keinerlei Schwächen. Handling, Motor, Bremsen – alles vom Feinsten.
2003 folgt die sportlichste ZX-6R überhaupt – ironischerweise mit einem Motor, der nicht dem Supersportreglement entspricht. Die skurrilen Verhältnisse beginnen bereits 2002, als Kawasaki die ZX-6R mit einem 636 cm³ großen Motor ausstattet. Damit verspielen sich die Grünen das Image einer "echten" 600er – just zu einem Zeitpunkt, da Andrew Pitt auf der 2001er-ZX-6R Supersport-Weltmeister ist. Für Racer gibt es eine RR-Variante mit 599 cm³ – leider streng limitiert und um einiges teurer als das hubraumstärkere Straßen-Pendant. PS freut sich über die Mischung aus landstraßenfreundlichem 636er-Motor und sportlichem Fahrwerk: die ZX-6R fährt einen Testsieg nach dem anderen ein. Im darauffolgenden Jahr ist das Sport-Image der Ninja-Modelle endgültig rehabilitiert: Die erste ZX-10R kommt auf den Markt. 174 PS bei 199 Kilo – eine Bombe! Mühelos holt sie sich den Testsieg beim Superbike-Vergleichstest und holt 2004 und 2005 die Krone beim internationalen "Masterbike" als bestes Seriensportmotorrad der Welt. Wie gut sie wirklich ist, zeigt sich vier Jahre später: PS testet die drei ZX-10R-Generationen 2004, 2006 und 2008. Das 2004er-Modell schneidet punktgleich mit der starken 2008er ab.
Die 2005er-ZX-6R führt den positiven Trend fort. Mit Underseat-Auspuff, nominell 130 PS (auf dem Prüfstand sind es derer noch 120) und tollen Bremsen gewinnt sie erneut die PS-Supersport-Krone. Im folgenden Jahr erscheint die Neuauflage der ZX-10R – und verteidigt ihren Titel auf der Rennstrecke. Fünf Sterne in drei von vier Kategorien. Auf der Landstraße folgt das böse Erwachen: letzter Platz. Während die starke Grüne auf der Rennstrecke auf Einheitsreifen umgerüstet wurde, machen ihr die Serienpneus erheblich zu schaffen und gepaart mit der Motorcharakeristik beim Landstraßentest einen Strich durch die Rechnung.
Leider folgt 2007 schon die nächste Enttäuschung. Die ZX-6R, jetzt wieder mit echtem Supersport-Motor, ist acht Kilo schwerer als das Vorgängermodell, dafür nominell fünf PS schwächer. Die Rückrüstung auf klassenkonforme 599 cm³ spart zwar Produktionskapazitäten, ist aber im Vergleich zur Konkurrenz chancenlos.
Die mit 188 PS stärkste Kawasaki aller Zeiten, die 2008er-ZX-10R, schafft trotz der hohen Leistung keine Trendwende. Bei niedrigen Drehzahlen würgen ihr Auspuff und Elektronik den Saft ab. Im Renntrimm reißt sie dafür umso brutaler vorwärts. Generell gehören Ninja-Modelle zum beliebten Spielobjekt diverser Tuner, die ihre grünen Renner jedes Jahr aufs Neue stolz und erfolgreich beim PS-Tuner-GP präsentieren.Mit der Ninja 250 R bricht Kawasaki mit der bisherigen Linie der bösen Angreifer. Klein, wenig Gewicht, billig, lautet die Devise. Das Handling ist top, Leistung, Ausstattung und eine brauchbare Erstbereifung sucht man allerdings vergeblich. 2009 schließlich folgt der nächste Anlauf der ZX-6R. Auf der Rennstrecke landet sie auf dem dritten Platz, kann aber den Landstraßentest für sich entscheiden. Der Motor macht Laune, Sitzposition und Handling gehen in Ordnung – ein echter Aufwärtstrend. So hoffen wir bei den neuen Modellen auf die Fortsetzung der faszinierenden Ninja-Story. Die ZX-10R könnte bald wieder so ein markanter Schattenkrieger sein. Kawasaki lässt sich mit der Neuen etwas mehr Zeit: 2011 hat sie dann vielleicht das Zeug dazu, wieder als markerschütternder Ninja mit mörderischer Klinge in den Kampf zu ziehen.