Crossover-Bike zum Bestpreis: Top-Test Triumph Tiger Sport 800

Triumph Tiger Sport 800 im Top-Test
Crossover-Bike zum Bestpreis

ArtikeldatumVeröffentlicht am 16.09.2025
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Das Konzept des flotten Crossover-Flitzers Triumph Tiger Sport 800 : Geht bedenkenlos als Empfehlung für Friseur, Schwiegermutter oder besten Freund durch. Neben dem Motorrad an sich sticht vor allem der Antrieb heraus. Ein neuer 800er-Triple. Auf der Insel hätten sie es sich einfacher machen können. Schließlich zieren 765er-Triples oder 900er-Drillinge schon seit Jahren das eigene Fahrzeugprogramm. Warum es aber partout ein neuer 800er-Dreizylinder sein musste, verrät Triumphs Pressesprecher im Interview unten.

Beim Top-Test widmen wir uns den erfahrbaren Fakten, die nach dem ersten Rendezvous bei der Präsentation in Portugal schon neugierig machten. Schon damals überzeugte das neue Crossover-Modell mit feinen Manieren und richtig guter Funktion. Die spannende Frage lautet daher: Kann die Triumph Tiger Sport 800 diesen guten Eindruck beim Top-Test bestätigen? Finden wir es heraus.

Sanfter und gleichmäßiger Schub

Für die Sitzprobe gilt das auf jeden Fall uneingeschränkt. Einmal den Hintern über die einteilige Bank in 840 Millimetern Höhe gewuchtet, und schon steht dem Vergnügen im Sattel der Triumph Tiger Sport 800 nichts mehr im Wege. Schön schmal ausgeformt empfängt der 18,6 Liter große Tank samt ebenso ausgelegtem Stahlrohrrahmen die Knie, geht formschlüssig in die Sitzbank über. Positiver Nebeneffekt: Die Schrittbogenlänge bleibt trotz der Sitzhöhe gering. Von 1,70-Meter-Normalos bis hin zum baumlangen 2-Meter-Typen finden sich alle damit zurecht.

Kurzer Druck auf den Starter und der Drilling läuft. Und zwar sofort rund. Weil gleichmäßig zündend, erspart er sich charakterbildende Nebengeräusche, spielt als Ass gleich die Karte Laufkultur. Diesen homogenen, harmonischen Auftritt legt der Drilling selbst beim Stepp durchs Drehzahlband nicht mehr ab. Bevor er aber forsch jubeln darf, muss er seine City-Tauglichkeit beweisen. 40 km/h, Gangstufe sechs, knapp unter 2.000 Umdrehungen vermeldet der Drehzahlmesser. Und der Triple nimmt das gelassen hin. Kein Kettenpeitschen, kein Rucken, kein Unmut, einfach sanfter, aber gleichmäßig zunehmender Schub. Klasse.

Triumph Tiger Sport 800 mit 119 PS

Der neue Drilling, der aus 798 Kubik mit einer 78er-Bohrung bei 55,7 Millimetern Hub laut Datenblatt 115 PS mobilisiert, kann aber auch anders. Nämlich dann, wenn sich Gangstufe sechs per Blipper in Nummer zwei wandelt und der Motor Richtung Drehzahlhimmel strebt. Erst knapp vor der 11.000er-Marke schwenkt der Begrenzer der Triumph Tiger Sport 800 das Stoppschild, da hat der Drilling seinen Leistungszenit bereits überschritten. Der fällt laut Prüfstandslauf sogar besser als die Werksangabe von Triumph aus. Forsche 119 PS presst das 800er-Aggregat bei 10.200/min Richtung 180er-Pneu hinten, würzt das Ganze mit 88 Newtonmetern bei 8.400 Touren. Auch hier übertrifft die Test-Tiger das Triumph-Versprechen leicht – plus vier Newtonmeter.

Sauberes Ansprechen und intuitive Gasannahme des Motors

Der Bereich des Newtonmeter-Topwertes gibt dabei den Wohlfühlbereich des Triples vor. Zumindest gilt das für Fahrer und optionalen Passagier. Sobald der Drehzahlmesser mehr als 8.000 Umdrehungen anzeigt, vermiesen Vibrationen den Wunsch nach mehr Drehzahl. Beim launigen Schwung über Landstraßen fällt das naturgemäß weniger auf, weil die weißen Drehzahl-Anzeigebalken im Dashboard als Kombination aus TFT- und LC-Display diese Zone nur temporär touchieren. Bei hohem Tempo auf der Autobahn sieht das indes anders aus.

Für heute heißt das Revier aber Landstraße, und hier entpuppt sich der Motor als williger Spielgefährte, der in allen drei Fahrmodi (Rain, Road, Sport) sauber anspricht und so intuitiv am Gas hängt, dass die Dosierung des Vortriebs nach jeder Kurve Kinderspiel-artig gelingt. Beachtlich: Bei den Fahrleistungen liegt die Triumph Tiger Sport 800 bei allen Werten mindestens auf dem Niveau einer SMT 890 von KTM, übertrifft diese bei den Sprints bis hin zur 200er-Marke sogar.

Per Handrad einstellbare Vorspannung

Dem Drilling zur Seite steht ein Fahrwerk, das ebenso für jeden schrägen Spaß zu haben ist. Mit 150 Millimetern Federweg an der Front und am Heck bietet die Triumph Tiger Sport 800 klassenübliche Werte, wobei sich die 41er-Upside-down-Gabel nach Holmen getrennt in der Zug- und Druckstufe anpassen lässt, während das Federbein hinten Änderungen der Zugstufe und der Vorspannung erlaubt. Letzteres sogar per Handrad, was bei 220 Kilogramm Zuladung Neuabstimmungen im sprichwörtlichen Handumdrehen erlaubt. Viel wichtiger als die Setup-Spielwiese: eine gelungene Basis-Balance. Und hier hat Triumph fast alles richtig gemacht. Warum nur fast? Weil Gabel und besonders das Federbein Stöße von Fahrbahnkanten wie Belagwechseln stellenweise ziemlich ungefiltert zum Personal an Bord durchreichen. Das sorgt für ein kleines Minus im Tugendheft, das das wieselflinke Wesen und die für die Federwegklasse famose Stabilität locker wieder aufwiegen.

Fahrspaß pur mit der Triumph Tiger Sport 800

Kurz am Lenkerende gedrückt, und die Triumph Tiger Sport 800 verlässt den aufrechten Gang, folgt wie von selbst der Linienwahl ihres Dompteurs. Enger Bogen, weite Linie, klassisch aufrecht sitzend, ins Eck gedrückt oder testweise mit dem Knie am Boden: Immer bleibt die Tiger ein verlässlicher Partner, liegt satt gedämpft im Kurvigen, mag den gemütlichen Ecken-Walzer genauso wie rasanten Rock ’n’ Roll durch jeden Knick. Das Ergebnis: Fahrspaß pur. Die Mittel dafür: ein steiler Lenkkopfwinkel von 66,2 Grad, gepaart mit einem Nachlauf von 99 Millimetern und einem Radstand von 1.422 Millimetern sowie die erwähnte gelungene Abstimmung der Federelemente.

Eingeschränkter Platz für Gepäcktransport

Selbst mit Passagier an Bord bleibt die Triumph Tiger Sport 800 ihrem spielerischen Charakter treu, bietet ab dem ersten Meter Spaß für zwei. Allerdings immer mit der Gewissheit, dass nach dem Ende der Sitzbank nach hinten nichts mehr kommt. Platz zum Zurückrutschen bleibt in der zweiten Reihe nicht. Auch die serienmäßigen Gepäcktransport-Optionen können als dürftig gelten, weshalb Triumph das Testbike mit Koffern (709 Euro) lieferte. Die flutschen mit wenigen Handgriffen in die integrierten Halterungen am Heck, brauchen für den festen Sitz nur noch einen kleinen Ausleger, der an den Soziusrasten verschraubt wird.

Die Koffer glänzen mit viel Platz, fassen problemlos einen Integralhelm, schränken allerdings den Platz auf den Rasten in der zweiten Reihe ein. Und weil ein Sozius dann die Füße weiter nach vorne schiebt, stiehlt er dem Fahrer in diesem Bereich Raum nach hinten. Je nach Fußstellung und Fahrsituation kein ideales Arrangement. Ziemlich perfekt fallen dafür Position und Form der Griffe am Heck aus. Die bieten sicheren Halt beim Mitfahren, schränken zudem den Platz für den Soziushintern nicht ein.

Sparsamer Spritverbrauch der Tiger

Nicht ganz so gelungen in Sachen Ergonomie präsentieren sich dagegen Kupplungs- und Bremsgriff. Der Stoppverwalter lässt sich in der Weite fünffach einstellen, auf der Kupplungsseite fehlt diese Option. Trotzdem: Selbst in der dicht am Lenker stehenden Stufe fünf gelingt es XL-Händen nur in der Griffmulde, ideal zuzugreifen. Beide Hebel stehen einfach weit vom Lenker weg. Einen positiven Eindruck hinterlässt hingegen der Windschutz hinter der zwar schmalen, aber in der Höhe anpassbaren Scheibe.

Ganz hochgestellt, entlastet sie je nach Körpergröße mindestens den Oberkörper oder mehr, taugt so auch für zügige Verbindungsetappen. Dabei nuckelt die Triumph Tiger Sport 800 selbst bei durchgehend Tempo 130 sparsam am Spritvorrat im Tank. Im Schnitt 5,1 Liter auf 100 Kilometern Autobahn-Richtgeschwindigkeit schonen den Geldbeutel. Geringe 4,9 Liter bei selber Distanz auf der Landstraße ebenso. Wer gleichmäßig dahinrollt, freut sich zudem über den Support des Tempomaten, der allerdings nur eine An-/Aus-Funktion besitzt. Bei gewünschter Geschwindigkeit aktiviert, hält er diese konstant. Manuelles Nachregeln per Schalter am Lenker bietet die Tiger Sport 800 nicht.

Triumph Tiger Sport 800 mit zahlreichen Serienfeatures

Zu den weiteren Serienfeatures der Crossover-Engländerin zählen LED-Licht, Konnektivität und schräglagentaugliche Systeme fürs ABS und die Traktionskontrolle. Und bei den beiden merkt man der Triumph Tiger Sport 800 den Kostendruck schon ein wenig an. Auf Schotterpassagen regelt die TC grob und mit massiven Eingriffen, unterbindet smoothen Vortrieb. Auf der Straße agiert sie um Welten besser, nimmt der Fahrer die Eingriffe nur übers Flackern der gelben Warnleuchte im Cockpit wahr, der Fahrfluss bleibt erhalten.

Tiger Sport 800 ab 11.795 Euro

Ähnlich sieht es beim ABS aus. Wer mit der Bremse ans Limit gehen möchte, muss kräftig zupacken, etwas hölzern fällt der Druckpunkt aus. Und im Extremen gilt das auch für die ABS-Abstimmung. Mit klar spürbaren Regelimpulsen strebt die Triumph Tiger Sport 800 so dem gewünschten Stillstand entgegen. Geht das noch als Schönheitsfehler durch, weil die erzielten Werte im Idealfall bei der Verzögerung aus 100 km/h gut ausfallen, offenbart sie aber stellenweise eine nicht reproduzierbare Stoppie-Tendenz. Laut Triumphs Chefingenieur Stuart Wood nutzt die Triumph Tiger Sport 800 die eingebaute IMU (Lagesensorik) "zur Bestimmung des Abhebens des Hinterrads beim Bremsen. Die Bremsung wird moduliert, um ein übermäßiges Abheben des Hinterrads zu vermeiden."

In der Praxis sieht es in manchem Fall aber so aus, dass die Triumph Tiger Sport 800 hinten so weit hochkommt, dass der Fahrer durchs Lösen der Bremse den Druck abbauen muss, um einen Überschlag zu verhindern. Das führt im Ergebnis zu deutlich schlechteren Anhaltewegen, wie die zweite dargestellte Bremsmessung im Diagramm auf Seite 27 verdeutlicht. Per feinerer Applikation des Zusammenspiels von IMU und Bremsdruckdosierung ließe sich dieses Verhalten ausmerzen. Was vor allem deshalb ein wenig schade ist, weil die Tiger Sport 800 unter allen anderen Aspekten einen sehr guten Eindruck hinterlässt und eindrucksvoll unterstreicht, dass Vernunft als Trumpf ein toller Weg ist, um ein klasse Motorrad zu bauen. Selten hat ein Erstaufschlag vom Start weg zum kleinen Preis ab 11.795 Euro so viel so gut hinbekommen. Chapeau.