Der Durchschnittsmotorradfahrer fährt im Jahr weniger als 10 000 Kilometer. Eingefleischte Tourenfahrer schaffen schon mal 20 000 Kilometer oder mehr. Der Holländer Axel Loef aber hat in neun Jahren satte 512 000 Kilometer, im Schnitt pro Jahr also knapp 57 000 Kilometer, mit seiner BMW K 100 RT zurückgelegt. Eine Laufleistung, für die der Normalfahrer mehr als 50 Jahre brauchen würde. Langstreckentests von MOTORRAD enden gemeinhin nach 50 000, in gesonderten Fällen auch mal nach 100 000 Kilometern, also lediglich einem Fünftel beziehungsweise einem Zehntel der Laufzeit von Axel Loefs Maschine. Grund genug für MOTORRAD, Fahrer und Maschine genauer unter die Lupe zu nehmen.
Der 44jährige Verwaltungsbeamte aus dem kleinen Ort Ophemert in der Nähe von Rotterdam füllt an den Wochenenden großzügig das Konto des Tachometers. Tagestouren von 700 bis 1000 Kilometer sind, mit Ausnahme von winterlichen Straßenverhältnissen, die Regel. Seine BMW führt ihn dann kreuz und quer durch Holland, Frankreich, Belgien oder auch mal in die Eifel zu Tourentreffen. Der fahrende Holländer beweist bei seinen Ausfahrten extreme Ausdauer, sitzt er doch bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 bis 80 km/h auf Landstraßen und 120 bis 130 auf Autobahnen am Wochenende locker mal 24 Stunden im Sattel.
Die Frage, was ihn an diesem Kilometermarathon so reizt, beantwortet er schlicht mit der Freude am Motorradfahren. Den Lebenslauf seiner BMW hat Axel Loef akkurat in einer 73seitigen Auswertung anhand von Tabellen und Diagrammen dokumentiert. Der Durchschnittsverbrauch, die festen Kosten, aber auch die Reparaturkosten bis zur kleinsten Glühlampe sind aufgelistet. So konsumierte die K 100 RT über die gesamte Laufstrecke nahezu konstant 5,2 Liter Kraftstoff. Größere Reparaturen hatte der Dauerläufer nur wenige. Ein neues Federbein war bei 143 000, 262 000 und 385 000 Kilometern fällig, die vorderen Bremsscheiben quittierten nach 168 000, 302 000, 408 000 und 512 000 Kilometern und die hintere bei 458 000 ihren Dienst. Auf den Vielfahrer wurde auch BMW Holland und war von der ungewöhnlichen Laufleistung so beeindruckt, daß der Importeur Axel Loef bat, das Motorrad bei 250 000 Kilometern inspizieren zu dürfen. Er zerlegte es komplett und erneuerte kostenlos die Motorinnereien.
Das Getriebe blieb unangetastet. Die teuerste Reparatur stand bei 360 000 Kilometern mit dem Austausch des Schalldämpfers an. Nach 512 000 Kilometern streikte dann die Kardanwelle. Ansonsten schlugen neben Kundendiensten und Verschleißteilen nur Kleinteile zu Buche. Das erste und einzige Mal ließ Axel Leof sein Motorrad bei Tachostand 388 000 im Stich - wegen eines Pfennigartikels. Die Kohlen der Lichtmaschine waren verschlissen. Bis 600 000 Kilometer will Axel Loef seiner K 100 RT noch treu bleiben. Danach soll’s natürlich wieder eine BMW sein, ein R 1100 RT, aber erst, wenn er mit der K 100 ein weiteres Mal den Titel des Goldenen Tourenchampions für die höchste Kilometerleistung pro Jahr in seinem Motorradclub in Ophemert geholt hat.