Honda Gold Wing-Historie: 50 Jahre außergewöhnliche Motorradkarriere

Honda Gold Wing-Historie
50 Jahre außergewöhnliche Motorradkarriere

ArtikeldatumVeröffentlicht am 09.08.2025
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Gratulation zu einem halben Jahrhundert konstanter Gold Wing -Geschichte! Die sanften Riesen mit ihren herrlich laufruhigen Boxermotoren, egal ob mit vier oder sechs Zylindern, polarisieren: ultimativer Komfort oder Autos mit zwei Rädern?

Großes Interesse an Hondas erster 1000er

Rund eine Million gebaute Exemplare des zumeist teuersten aller Honda-Modelle bedeuten einen Milliarden-Markt für die Marke. Stets beseelt vom Geist der Perfektion, von einer schon sprichwörtlichen, unbedingten Zuverlässigkeit – ganz egal, wie viele Schalter, Knöpfe und Ausstattungs-Gimmicks auch mit an Bord waren.

Das alles begann mit einem Paukenschlag. Damit ist jetzt nicht der Prototyp M1/AOK von 1972 mit sechs Zylindern und 1.470 cm³ gemeint. Denn auch der 1974 präsentierte Vierzylinder versetzte die Welt in Staunen: Immerhin war er die allererste japanische 1000er, Hondas erstes wassergekühltes und kardangetriebenes Motorrad. Neuland waren damals drei Scheibenbremsen, absolute technische Speerspitze.

Messehalle zeitweise wegen zu viel Andrang gesperrt

"Auf der IFMA 1974 musste zeitweise die Halle gesperrt werden, so groß war der Ansturm," erinnert sich MOTORRAD-Urgestein Franz Josef Schermer an die erste reale Begegnung mit dem Big Bike in Köln.

Die ersten Entwicklungen

82 PS leistete der 106 Kilogramm schwere Kraftwürfel von einem Boxer! Das war ja auf dem Niveau der Kawasaki Z1/Z 900, von "Frankensteins Tochter". Also ein Sportmotorrad? Nein, die Gold Wing verkörperte angesichts von 295 Kilogramm eher Bud Spencers Freundin.

Und mit nachträglich montierten Lenkerverkleidungen ereigneten sich drei spektakuläre Unfälle nach schwerem Pendeln auf deutschen Autobahnen, einer davon tödlich. Honda hatte zwar Gold Wing-Kunden vor der Verwendung der Verkleidung gewarnt, wurde aber zur Schadenersatzzahlung verurteilt. Für japanische Ingenieure ein Super-GAU![Link auf Container 14966720]

1980 erschien die 1100er. Da gab es bereits Honda Bol d’Or (CB 900 F) und CBX 1000. Also folgte die Gold Wing ihrer wahren Bestimmung als Super-Tourer. Nun gab es zwei Versionen: eine nackte GL 1100 und eine vollverkleidete für die USA, wo ab Modelljahr 1981 auch alle Gold Wings komplett gefertigt wurden. So lief auch die erste 1200er ab 1984 in Ohio vom Band – der letzte Vierzylinder. Komplette Modellhistorie siehe hier

1988 kam dann der Sixpack GL 1500. Nun punktete die Gold Wing mit einer nochmals seidigeren Laufkultur durch prima Massenausgleich. Auch bei Opulenz, Ausstattungsfeuerwerk und Gewicht sattelte die 1500er noch was drauf: 387 Kilogramm! Uff. Da war die Rangierhilfe (Rückwärtsgang) also hochwillkommen.

Luxusliner GL 1800

Na klar! Der 2001 vom Stapel gelaufene Luxusliner GL 1800 wog über acht Zentner, 402 Kilogramm, verwöhnte mit Einspritzung und G-Kat, ABS und reichlich Elektronik. 2005 wurde ein Exemplar dieses Typs die 500.000. Gold Wing. Ende 2006 gab es nach 15 Jahren Entwicklungszeit optional den ersten Motorrad-Airbag. Damit stieg das Gewicht auf stattliche 421 Kilogramm.

Seit 2012, der schnittigeren Variante SC 68, kommt die Gold Wing wieder aus Japan. Das in jenem Jahr gedrehte MOTORRAD-Video zur bisherigen Modellgeschichte brachte es bis heute auf fast 390.000 Klicks (siehe Video unter diesem Absatz)! 2014 war eine Gold Wing Hondas dreihundertmillionstes Zweirad!

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"Nur noch" 385 Kilogramm

Abgespeckt hat 2018 der komplett neue Nachfolger SC 79 mit 1830 Kubik und erstmals vier Ventilen je Zylinder. Er übernahm kein einziges Bauteil vom Vorgänger, brachte in der Tour-Version mit Airbag und Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe "nur noch" 385 Kilo auf die Waage.

Genau jenes 100.000-Kilometer-Dauertest-Exemplar von MOTORRAD zerschellte 2020 an der Seite eines Pkws, dessen Fahrer dem Kollegen die Vorfahrt nahm. Er kam dank Airbag nur leicht verletzt davon. Den Sechszylinder aber vermissen wir bis heute!

Jetzt kommt eine Newcomer-Konkurrenz!

Prototypen der Gold Wing-Generation SC 79 hatten bereits Achtzylinder-Boxer und satte zwei Liter Hubraum. Just damit kommt 2025 ein Klon aus China, die Souo S 2000 vom 1984 gegründeten Mutterkonzern GWM (Great Wall Motors) und sorgt für Aufruhr im Winger-Club: ein Stich ins Herz? Nun, selbst mit mehr Zylindern, Drehmoment und eventuell noch mehr Luxus: Kann der Newcomer auch Qualität? Wird er sich behaupten, 50 Jahre gar? Anders gesagt: Was schert es die japanische Eiche, wenn sich die chinesische Wildsau daran reibt?

Trotzdem ist das ein Weckruf an Honda. Auf seinen sehr gemächlichen Modellzyklen darf sich die Nummer eins im Luxus-Touring-Segment nicht länger ausruhen. Nur mit angepassten Ausstattungs-Features (verbesserte Connectivity, Euro 5+-Update) und feinen Lacken zur Feier des 50. Geburtstags ist es für die treue Kundschaft womöglich nicht mehr getan.

Honda ruft für die Jubiläums-Gold Wing Tour mit Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe und Airbag im Zweifarblack üppige 39.990 Euro auf. Also: Happy Birthday, großer Gleiter – die Vergangenheit im Blick, die Zukunft vor Augen.