Der in die Jahre gekommenen Triumph Trophy 1200 soll ein Facelift auf die Sprünge helfen. Was hat die plastische Chirurgie dem Tourer gebracht?
Der in die Jahre gekommenen Triumph Trophy 1200 soll ein Facelift auf die Sprünge helfen. Was hat die plastische Chirurgie dem Tourer gebracht?
Cher macht es, Brigitte Nielsen macht es, halb Hollywood macht es und Triumph macht es auch. Liften liegt voll im Trend. Doch anders als bei den ewig jungen Damen, deren dauerhaftes Teenagertum normalgefaltete Mitmenschen schnell Anrüchigkeit wittern läßt, gehört Lifting beim Motorrad zum legitimen Tagesgeschäft. Und das, obwohl der Tatbestand identisch ist. Hüben wie drüben werden nicht mehr ganz taufrische Baugruppen neu verpackt.
So ging auch Triumph bei den Trophy-Modellen - neben der 1200er ist noch der 900er-Dreizylinder im Programm - den Weg der klassischen Schönheitschirugie. Geliftet wurde da, wo Falten wirklich stören. Konkret: Die Trophy bekam ein neues Gesicht. Verkleidungsfront, Scheibe, Innenverkleidung - alles überarbeitet. Nicht, um dem letzten Vierzylinder unter lauter Dreiern im Triumph-Programm sein Knutschkugelgrinsen auszutreiben. Die Trophy sollte nicht schöner, sondern vielmehr besser werden. Weniger Geräusche, weniger Turbulenzen, so die Zielsetzung, da die Vorgängerin hier durchaus Raum zur Optimierung bot. Und weil man gerade dabei war, wurden auch schnell die Vergaser anders bedüst (Ziel: weniger Verbrauch), die Sekundärübersetzung und der Seitenständer verlängert, das Verkleidungsunterteil geschwärzt, die Lenkerhälften um zwei Kilogramm erleichtert.
An dem stattlichen Gesamtgewicht ändert das nichts. 283 Kilo sind ein Wort unter Männern, erzeugen Respekt, zumal an der Trophy jedes Bauteil wie aus dem Vollen geschnitzt wirkt. Egal, ob Gepäckträger oder Fußrastenhalter: alles sehr solide, aber eben auch schwer. Wo der Schönheitschirug Fett absaugen würde, blieb die Triumph unangetastet. Der Zentralrohrrahmen aus Stahl ist nach wie vor stabil, aber nicht leicht, der Reihenvierer nach wie vor kräftig, aber schwer und die Überraschung nach wie vor groß, aber nicht unangenehm. Überraschung? Genau, denn Geschwindigkeit wirkt auf die Trophy wie das Korsett auf die Taille. Sie macht schlank.
Oder flott, wie man es nimmt. Auf jeden Fall behende angesichts der Masse. Einmal in Schwung gebracht - damit haben gemessene 109 PS und 113 Newtonmeter Drehmoment wenig Mühe -, zeigt sich dieses Trumm von Motorrad von seiner besten Seite. Schwingt gemessen an seinem Gewicht federleicht um Radien aller Art, beschleunigt und bremst, daß es eine Freude ist. Lenkt präzise ein, federt und dämpft komfortabel, aber noch ausreichend straff. So um die Ecken getrieben, kommt unweigerlich der Moment, an dem der Verkleidungskiel aufsetzt. Eine Tatsache, die für sich genommen kaum der Erwähnung bedürfte, wenn da nicht dieser voluminöse Resonanzkörper Trophy-Bodywork wäre. Der macht aus dezentem Schaben ein markerschütterndes Grollen, das dem Piloten einen gehörigen Schreck in die Glieder treibt.
Also zu bunt getrieben? Keineswegs, die Dicke kann´s, trotz dieses kleinen Schönheitsfehlers. Aber nicht nur um die Kurve wetzen. Sie kann auch geradeaus, und zwar ordentlich. Lediglich bei sich ändernden Windverhältnissen (zum Beispiel Lkw-Windschatten) ist ein leichtes, jedoch unproblematisches Rühren zu spüren. Stärker fallen bei großgewachsenen Menschen - die sich im übrigen mit dem üppigen Platzangebot komfortabel arrangieren können - die Windgeräusche ins Gewicht. Als Ausgleich dafür nimmt die neue Front ihre Aufgabe als Verkleidung ernst, schützt zuverlässig vor allem, was da anstürmt. Und auch sonst bietet Triumph allerhand, um das Reisen so angenehm wie möglich zu machen. Serienmäßige, in Fahrzeugefarbe lackierte Koffer mit Schnellverschluß (jeweils 36 Liter Stauraum), ein Federbein mit hydraulischer, per Schraubenschlüssel stufenlos verstellbarer Federbasis und zehnfacher Zugstufenverstellung und, als Zubehör, Heizgriffe und ein passendes Topcase. Alles bestens also? Nicht ganz, denn das
selbstgesteckte Entwicklungsziel wurde weder in Sachen Windgeräusche noch beim Verbrauch zu voller Zufriedenheit erreicht. Gegenüber früherer MOTORRAD-Messungen (11/1996) verbrauchte die Trophy bei 160 km/h zwar 0,3 Liter weniger (8,4 zu 8,7), packte diese aber bei 100 km/h locker wieder drauf (6 zu 5,6). Ein Teilerfolg also, ein Spiel auf Zeit. Genau wie bei den gelifteten Damen. Denn auch dort wird das Verfallsdatum nur von Mal zu Mal verlängert. Für alle, die trotzdem selber chirurgisch tätig werden wollen: Den kompletten Umbaukit (passend ab Modell 1996) gibts für 599 Mark beim freundlichen Triumph-Händler.