BMW zwischen Tradition und Revolution. Mit der R 1150 RS wird Geschichte fortgeschrieben, und das »City-Bike« F 650 CS könnte mehr als nur neues Kapitel darin sein.
BMW zwischen Tradition und Revolution. Mit der R 1150 RS wird Geschichte fortgeschrieben, und das »City-Bike« F 650 CS könnte mehr als nur neues Kapitel darin sein.
Es ist einer dieser denkwürdigen Momente, denn es kommt in der Tat nicht oft vor, dass es gleich einer ganzen Gruppe deutscher Pressevertreter unisono die Sprache verschlägt. Minutenlang herrscht Stille in den geheiligten Hallen der »Mobilen Tradition«, einer mit Raritäten und Unikaten gespickten Abteilung der Münchner Motorradschmiede. Eine Art Museum, das, so waren sich die gastgebenden BMW-Oberen einig, einen würdigen Rahmen für diese unerwartete Enthüllung bietet: BMW F 650 CS, eine echte Sensation.
Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Da wäre zum einen das Konzept dieses ganz und gar ungewöhnlichen Bikes. Peppig gestylt, mit pfiffigen, multifunktionellen Lösungen im Zubehörbereich ist die Zielgruppe dieses Motorrades glasklar: die Jugend. Worunter die BMW-Strategen die Gruppe der 20- bis 30-jährigen versteht.
Dass sich ausgerechnet BMW, eine durch und durch auf Tradition bedachte Firma, so progressiv zeigt, ist ebenfalls eine kleine Sensation. Wo man sich doch mit dem bisherigen Modellprogramm nur selten als Trendsetter hervortun konnte. Und BMW wäre nicht BMW, wenn nicht zum neuen Konzept ein neuer Name ins Spiel gebracht würde: Scarver. Eine Wortschöpfung, die sich aus Street und Carver zusammensetzt.
Für Begeisterung sorgt neben dem Marketing- auch das technische Konzept. Während andere Hersteller sich dem Thema Jugend meist nur im Bereich Roller halbwegs ernstzunehmend annehmen, scheuten die Bayern keine Mühen und Kosten und setzen auf interessante, aufwendige Technik. Nimmt man die Einspritzanlage, den geregelten Drei-Wege-Katalysator und das preisgünstige BMW-ABS bei der F 650-Baureihe bereits als selbstverständlich mit einem wohlwollenden Nicken zur Kenntnis, treiben die mächtige Einarmschwinge, die neuen Dreispeichenräder und vor allem der Zahnriemenantrieb dem staunenden Fachmann ein zufriedenes Grinsen ins Gesicht. Obwohl MOTORRAD schon in Heft 5/2001 eine erste Zeichnung und einige Informationen über das Projekte veröffentlichen konnte, übertrifft die F 650 CS technisch alle Erwartungen.
Da die Neue in erster Linie auf die jüngere Kundschaft abzielt und somit preislich in einem bestimmten Rahmen bleiben sollte, ist der dafür betriebene Aufwand erheblich. Der Motor zählt zu den wenigen Bauteilen, die im Vergleich zum Basismodell F 650 GS nahezu unangetastet blieben. Dennoch soll der bewährte Einzylinder durch das neue Ansaug- und Auspuffsystem in Sachen Drehmoment spürbar erstarkt sein. Leistungsseitig bescheiden sich die Bajuwaren mit den bislang üblichen 50 PS. Wie gehabt auch die Unterbringung der 15 Liter Sprit im Rahmendreieck unter der Sitzbank und die nicht einstellbare Telegabel. Alles andere ist Geschichte.
Der Brückenrahmen erhielt dickere Profile, da aus Platzgründen der Öltank eingespart und der 2,5 Liter Ölvorrat der Trockensumpfschmierung in den Rahmenrohren untergebracht wurde. Die Auspuffführung ist jetzt geradlinig, auf einen klobigen Vorschalldämpfer verzichteten die Macher, der Katalysator ist im Schalldämpfer integriert. Alles in allem konnte etwas abgespeckt werden, das Gewicht wird mit unter 190 Kilogramm vollgetankt angegeben. In Verbindung mit dem extrem niedrigen Schwerpunkt und dem steifer gewordenen Fahrwerk soll dieser Scarver seinem Namen alle Ehre machen und mit einer bislang von BMW unbekannten Agilität glänzen.
Ganz auf den jungen Kunden zugeschnitten, bietet BMW ein umfangreiches Zubehörprogramm an. Vom Tankrucksack, der in der tiefen Aussparung in der Tankattrappe Platz findet, bis hin zum in der Größe variablen und als Rucksack verwendbaren Softback für den Gepäckträger oder den Klamotten im Jung-Fashion-Style ist alles farblich aufeinander abgestimmt. Zudem lässt sich mit einem Handgriff ein Audiosystem in der Tankmulde sicher installieren. Im Laden soll die neue CS schon Anfang nächsten Jahres stehen, der Preis ist noch offen. Es wäre allerdings verwunderlich, wenn BMW angesichts der konsequenten Umsetzung dieses jugendlichen Projekts nicht auch in dieser Hinsicht das nötige Fingerspitzengefühl zeigen würde.
Nach diesem F 650 CS-Paukenschlag fällt es der ebenfalls erstmals der Öffentlichkeit präsentierten R 1150 RS schwer, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Das mit acht Jahren dienstälteste Modell in BMWs moderner Boxer-Geschichte, die R 1100 RS, wird runderneuert mit dem hubraumstärkeren Motor der R 1150 RT, dem dazugehörigen Sechsganggetriebe mit Overdrive, der neuen EVO-Bremse optional auch als teilintegrales System und nicht zuletzt mit deutlich verbessertem Windschutz auch in Zukunft die tourensportliche BMW-Fangemeinde bedienen.
Neben den Vorzügen, den der 1150er-Motor leistungs- wie drehmomentseitig bietet, soll die neue RS deutlich von den leichten Fünfspeichen-Rädern profitieren, die bereits in den RT-, S- und R-Modellen Verwendung finden. Die Reduzierung der ungefederten Massen kommt sowohl dem Handling als auch dem Fahrkomfort zugute.
Natürlich reicht bei der RS das Zubehörangebot ebenfalls von Koffern über Heizgriffe bis zum bereits erwähnten teilintegralen Bremssystem. Anders als beim vollintegralen System wirkt hier lediglich der Handbremshebel auf beide Räder, die Fußbremse ist wie gewöhnlich nur für das Hinterrad zuständig. Ein Bremskraftverstärker sorgt dabei für reduzierte Betätigungskräfte und die adaptive Bremskraftverteilung für die optimale Verteilung der Bremskraft auf Vorder- und Hinterrad bei unterschiedlichen Beladungszuständen.
Fortschrittlich gibt sich BMW auch bei der Preisgestaltung. 11700 Euro soll die neue R 1150 RS kosten, was rund 22883 Mark entspricht und somit nur unwesentlich über dem Preis der in die Jahre gekommenen R 1100 RS liegt. Wie sich der Euro in der Zkunft schlagen wird, steht noch in den Sternen, was die neue RS wirklich kann wird ein ausführlicher Top-Test schon in der nächsten Ausgabe von MOTORRAD zeigen.