Sieht fast aus wie das Dreirad meiner Tochter.« »Viel Spaß beim Test.« Schmunzelnd trollen sich die Kollegen, welche mal eben zum Van-Van-Schauen gekommen waren, in ihre Mittagspause. Da steht man nun. Im tiefsten Tal der
Tiefgarage. Choke rausfummeln, E-Starter drücken. Klingt nach Nähmaschine. Platz nehmen in 780 Millimeter Sitzhöhe. Und raus hier. Was man wissen sollte: Schon in der MOTORRAD-Tiefgarage trennt sich die Spreu vom Weizen. Drei fiese Linkskurven, die sich zuziehen, deren Radien sich ändern wie die Wetterprognose. Dazu noch sechs gefährliche Pfeiler, die es zu umzirkeln gilt. Nach 150 Meter Extremkurving hat man vorm Rolltor schon eine grobe Ahnung, wie es um Lenkpräzision und Handling einer Maschine bestellt ist. Im Fall der 129 Kilogramm leichten 125er gibt es ziemlich gute Noten. Sie lässt sich auf den grobkalibrigen Pneus fast so easy balancieren wie ein Mountainbike. Und das, obwohl die wuchtige Bereifung von 130/80 vorn und 180/80 hinten das genaue Gegenteil vermuten lässt. Nein,
die Suzuki RV 125 Van Van ist handlich. Fast schon überhandlich und deshalb ein wenig kippelig.
Draußen lockt Sonnenschein. Ran ans Gas. In nur 4,8 Sekunden stehen 50 km/h an. Das reicht allemal, um bei Ampelstarts die Nase vorn zu haben. Dabei sollte im mittleren Drehzahlbereich eingekuppelt werden. Gefühlsmäßig dreht der Motor wie ein Gummiband. Die effektivste Kraft hat er jedoch zwischen 6500 und 9000/min. Gute elf Pferdestärken reichen für eine Höchstgeschwindigkeit von 101 km/h. Das genügt gerade so, um einen Lkw zu überholen, Gegenwind kann den Versuch mitunter leicht scheitern lassen. Bei solch turbulenten Verhältnissen kommt es zudem vor, dass der Van-Van-Pilot über den breiten Lenker eine leichte Unruhe ins Fahrwerk einleitet. Trotzdem ist der Geradeauslauf in Ordnung. Bremsen? Auch problemlos. Unterstützt durch die Trommelbremse hinten, überzeugt die 220er-Scheibenbremse mit guter Verzögerung.
Verschnaufpause. Neugierig umkreisen einige Passanten die Van Van. Der Schalldämpfer sei ein gewaltiger Topf mit winziger Mündung. Übertrieben geurteilt bestünde die Van Van eigentlich nur aus einer Sitzbank und zwei fetten Reifen. Motor und Fahrwerk wirkten wie Lametta am Christbaum. Doch genau das macht die kleine Suzuki überaus symphatisch und erregt bei jedem Stopp jede Menge Aufsehen.
Vier Stunden später, 200 Testkilometer sind abgespult, rollen Mann und Maschine an die Eisdiele Pinguin, Stuttgart Ost. Zirka zwanzig Meter Menschenschlange. Jeder dreht sich um. Fragen prasseln wie Eis-
regen. Topspeed? 115 km/h meldet der Tacho, wenns bergab geht. Sozius? Von Bonsai bis Sumo eigentlich okay. Ein-
satzort? Stadtflitzer, Badeseebegleiter, Einkaufshilfe, Bauernhofmobil. Ein Spaß-
gerät pur. Der Preis? Nur 3300 Euro. So
viel wie für ein gutes Mountainbike. Dazu noch günstig im Verbrauch: 3,1 Liter auf 100 Kilometer. Ein ideales Gefährt für alle, die mal wieder ein Lächeln im Gesicht brauchen. Noch drei Kugeln Pistazieneis weiter gehts.
Auf Umwegen zurück zur Redaktion. Zwei holprige Sträßchen sind darunter. Gabel und Federbein nehmen es gelassen. Dämpfen und federn zufriedenstellend, schlagen nicht einmal durch. Noch ein kurzer Abstecher zum Jugendclub die Teenies sind ebenfalls begeistert. Warum? Weils frech ist. Unkonventionell. Eigenständig. Zudem auf eine gewisse Art respektlos. »Hat mein Vater auch noch in der Garage«, meint ein Sixpack-Träger. Falsch. Der Urahn, die zweitaktende, ballonreifige RV 125 hat mit diesem Kind nur noch die Typenbezeichnung gemein. Die viertaktende Van Van ist wesentlich leichter und dank der schmaleren Reifen viel agiler zu fahren. Und natürlich sauberer sowie deutlich sparsamer im Spritkonsum. Und: Sie ist fast überall wunderbarer Mittelpunkt in unserer Welt voller Superlative.
Auch am nächsten Tag in der MOTORRAD-Redaktion. Ein Fluchen dringt aus dem Büro von Fuhrparkleiter Gerry. Fünf Redakteure im Kampf um den Schlüssel der Van Van.
Test Suzuki RV 125 Van Van : Der Blickdieb
Was wäre, wenn eine günstige 125er so viel Aufsehen erregt wie sündteure italienische Renner? Suzuki hat das Unmögliche möglich gemacht.

Foto: fact