Gefütterte Handschuhe im Produktest
Für die kalte Jahreszeit

Wellensittiche lieben gutes Futter, mögen Kälte aber gar nicht. Motorradfahrer stehen ebenfalls nicht auf kalte Tage und brauchen deshalb auch ein gutes Futter in knackig sitzenden Winterhandschuhen. Zwölf Paare im Testflug durch die Kälte.

Für die kalte Jahreszeit
Foto: Dentges

Selbst in Australien kann es schneien. Glaubt man kaum, aber am anderen Ende der Welt frieren zur kalten Jahreszeit nicht nur die dort weitverbreiteten Wellensittiche, sondern auch Motorradfahrer. Die wären im Winter bestimmt froh, einen der zwölf hier vorgestellten Testkandidaten an der Hand zu haben, obwohl in Down Under die Temperaturen selten unter zehn Grad sinken. Verglichen mit Wintern in Mitteleuropa, ist das natürlich Pillepalle, und an dieser Stelle helfen nur klare Worte: Keiner der getesteten, als wintertauglich angepriesenen Handschuhe taugt ernsthaft für harte Winterverhältnisse mit Eis, Schnee und Minusgraden. Und bei längeren Autobahnfahrten mit mehr als Tempo 130 wärmen diese „Winterhandschuhe“ schon bei gemäßigten Temperaturen von knapp unter zehn Grad auf Dauer nur unzureichend. Aber: Erweitert man den Begriff „Winter“ auf „kalte Jahreszeit“, entstehen keine falschen Erwartungen. Schließlich kann es auch im Herbst und Frühling auf dem Motorrad ungemütlich werden.

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Dick gefütterte Handschuhe sind dann ein Muss, denn Fahren mit unterkühlten, dadurch bewegungseingeschränkten Händen erhöht das Unfallrisiko erheblich. Blöd auch, wenn die Handschuhe nicht verlässlich wasserdicht sind - bei Regenfahrten können nasse Flossen binnen wenigen Minuten auskühlen, wiederum würde Unterkühlung drohen. Beim Nässetest gaben sich die mit Klimamembranen ausgestatteten Wettbewerber zum Glück kaum eine Blöße, lediglich der IXS und der Rev’it ließen einige Federn im Wasserbad respektive beim Befüllen.

Zurück zum Punkt Sicherheit: Kommt es tatsächlich zum Sturz, ist die Wärmeleistung nämlich nicht wirklich von Bedeutung. Die Mehrzahl der Kandidaten bietet jedoch ordentlichen Schutz. Großes Lob! Grundsätzlich liegen warme, bauschig gepolsterte Handschuhe im Vergleich zu normalen Tourenhandschuhen oder sportlichen Allroundern nicht besonders knackig an - der Abstreifschutz ist häufig mäßig. Bis auf den Thermoboy und den Hein Gericke, die trotz geschlossenem Handgelenkriegel zu locker von der Hand fluppen, haben die Hersteller aber offenbar ihre Hausaufgaben gemacht: Die Teile sitzen bequem und trotzdem fest. Held und Vanucci ermöglichen durch eine spezielle Fertigungstechnologie (X-Trafit bzw. Mcfit), bei der die Klimamembran fest mit dem Obermaterial verbunden wird, zusätzlich ein wesentlich besseres Griffgefühl, das beinahe schon als sportlich einzuordnen ist. Das gefällt.

Auch der Büse, der Rev’it und der Scott wollen sich als „New-Schooler“ unter den Winterhandschuhen mit sportlich-direktem Griffgefühl beliebt machen. Sie empfehlen sich jedoch eher für australische Winter. Mit dem ganz nach alter Schule gemachten, dick gefütterten Reusch kann man hingegen auch hierzulande getrost zu kürzeren Touren im „Hochwinter“ ausrücken. Ruhig mal wagen - denn zeitgleiche Motorradreisen in den Sommer Australiens sind teurer und aufwendiger.

Büse Narvic

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Büse Narvic

Anbieter: Heino Büse, Tel. 02471/12690, www.buese.com
Preis: 64,95 Euro
Größen: 7 bis 14
Obermaterial: Rindsleder
Lederstärke: 0,8-0,9 mm

Plus
Klasse Griffgefühl, sportlicher, knackiger Sitz wegen vergleichsweise dünnen Futters an der Innenhand; geschmeidiges Leder; Stulpe trägt unter Jackenärmel nicht dick auf und lässt sich durch effiziente Klett-Verstellung gut einpassen; Reflektoren.

Minus
Abstreifschutz nur mittelmäßig, Materialdoppelungen an Sturzzonen eher spärlich, nur dünn gepolstert, Schlagdämpfung mäßig; Innenklima tendenziell schwitzig und wenig ausgewogen;
kein Visierwischer, Ausstattung insgesamt eher bescheiden; Isolation für Temperaturen unter fünf Grad kaum ausreichend.

Fazit
Der Narvik wird als Winterhandschuh angeboten, fühlt sich mit knackigem Griffgefühl aber an wie ein normaler Tourenhandschuh. Die mittelmäßige Wärmeleistung geht zumindest für die Übergangszeit oder kurze Strecken an wirklich kalten Tagen voll in Ordnung. Angemessener Preis – empfehlenswert.

MOTORRAD-Urteil:  gut

Dane Billund

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Dane Billund.

Anbieter: Motoport, Tel. 04451/915210, www.motoport.de
Preis: 99 Euro
Größen: XS bis XXXL (Damen: LXS bis LXL)
Obermaterial: Rinds- und Ziegen-leder sowie Polyamidgewebe
Lederstärke: 0,7-0,8 mm

Plus
Wasserdicht, angenehm kuscheliges Futter; Abstreifschutz ordentlich; lässt sich gut unter Jackenärmel stecken; Gore-Tex-Membran, großflächiges Wischleder zur Visierreinigung am linken Zeigefinger, gut sichtbare Reflektoren.

Minus
Niedrigste Wärmeleistung im Test; Proportionen nur mäßig gelungen, diffuses Griffgefühl speziell beim Anbremsen durch vergleichsweise weiten Schnitt und Polsterungen am Handballen, störende Wulstbildung im unteren Daumenbereich.

Fazit
Dane ohne Sahne - die Wärmedämmung dieses Winterhandschuhs ist im Vergleich nur mäßig, und die weite Passform erzeugt ein sehr indirektes Griffgefühl. Bei Regen hält die Gore-Tex-Membran aber dicht, und der gut ausgestattete Handschuh bietet solide Verarbeitung und ordentlichen Sturzschutz.

MOTORRAD-Urteil: gut

Difi Quebec

Difi Quebec
Difi Quebec.

Anbieter: Motoport, Tel. 04451/915210, www.motoport.de
Preis: 59,95 Euro
Größen: M bis 5XL
Obermaterial: Rindsleder
Lederstärke: 0,6-0,75 mm

Plus
Tragefreundliches Futter; Wetterschutz insgesamt gut; vorbildlicher Abstreifschutz; relativ kurze Stulpe lässt sich gut enger stellen und unkompliziert unter Jackenärmel einpassen; Rauleder als Visierwischer, Reflektoren.

Minus
Mittelhand weit und bauschig geschnitten, schmale Hände verlieren sich darin etwas, am Ballen vergleichsweise eng, Proportionen passen nicht, Finger zu lang; eher schwammiges Gefühl beim Bremsen und bei Schalterbedienung; Plastikschnalle von Handgelenkriegel erzeugt Druckstelle; trocknet nur sehr langsam.

Fazit
Die einfache Ausstattung mit wenig renommierten Materialien und No-Name-Membran gibt nur wenig Anlass zum Schwärmen. Doch die Verarbeitung ist ordentlich, der Preis niedrig und fair kalkuliert. Der Gegenwert passt also, besonders für Gelegenheitswinterfahrer mit beschränktem Budget.

MOTORRAD-Urteil: gut

Held Cold Champ

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Held Cold Champ.

Anbieter: Held, Tel. 08321/ 66460, www.held.de
Preis: 139,95 Euro
Größen: 7 bis 12
Obermaterial: Rinds- und Ziegenleder sowie Polyestergewebe
Lederstärke: 0,7 mm

Plus
Sehr hohe Sicherheit, bietet festen Halt, gut sitzender, stabilisierender Knöchelprotektor, perfekter Abstreifschutz durch fest schließenden Handgelenk-Klett-riegel, abriebfestes Material (Superfabric) an Ballen; direkt und sportlich im Griff; gutes Innenklima und ordentliche Wärmeleistung; Visierwischer, Gore-Tex-Membran, solides Leder, Reflektoren.

Minus
Wischlippe am Zeigefinger streift Regenwasser nicht besonders effizient vom Visier ab; dicke Polsterung an Handballen und steife Kons-truktion (hohe Biegekräfte) zunächst sehr gewöhnungsbedürftig.

Fazit
Nicht der wärmste, aber ein absolut wasserdichter und sehr durchdachter Hightech-Handschuh mit High-End-Ausstattung und Verarbeitung. Preislich jedoch auch High-End. Insbesondere die hohe Sicherheit sowie das Top-Griffgefühl durch X-Trafit-Technologie bringen dem Cold Champ den Testsieg.

MOTORRAD-Urteil: sehr gut

IXS Nordic

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IXS Nordic.

Anbieter: IXS, Tel. 07631/18040, www.ixs.de
Preis: 89,95 Euro
Größen: XS bis 5XL
OberMaterial: Rindsleder sowie Polyester- und Polyurethangewebe
Lederstärke: 0,7-0,8 mm

Plus
Ordentliche Wärmeleistung, trocknet schnell; ex-tra Wind- und Regenschutz an Stulpen; kuscheliges Futter; Gore-Tex-Membran, wirkungsvoller Visierwischer am Daumen, Reflektoren.

Minus
Innenhand sehr weit und breit geschnitten, wirft Wülste und erzeugt ein sehr indirektes Griffgefühl am Lenker und an Schaltern; Abstreifschutz unterdurchschnittlich; deutliche Schwächen beim Befülltest; lange Stulpe mit dicken Polstern lässt sich nur sehr umständlich und fummelig unter den Jackenärmeln unterbringen.

Fazit
90 Euro für einen Gore-Tex-Handschuh mit absolut ausreichender Wärmeleistung scheinen fair. Allerdings verwehren Sicherheitslücken beim Unfallschutz, das schwache Nässetestergebnis sowie das schwammige Griffgefühl ein gutes Gesamtergebnis. Der in vielen Größen erhältliche IXS ist okay, mehr leider nicht.

MOTORRAD-Urteil: befriedigend

Hein Gericke Panthan Evo 5

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Hein Gericke Panthan Evo 5.

Anbieter: Hein Gericke, Tel. 0211/98989, www.heingericke.de
Preis: 59,95 Euro
Größen: XS bis XXL
Obermaterial: Rinds- und Ziegenleder sowie Polyestergewebe
Lederstärke: 0,6-0,65 mm

Plus
Wärmeleistung gut; sehr leichter Handschuh mit geschmeidigem Leder an Innenhand; Stulpe lässt sich gut unter Jackenärmel einpassen; gut sichtbare Reflektoren.

Minus

Sehr weite Passform, kleiner Finger und Ringfinger zu lang geschnitten, plastikhaftes Tragegefühl, schnell schwitziges Innenklima; mä-ßiger Abstreifschutz durch schlecht schließenden Handgelenk-Klett-riegel, Sturzschutz im Daumenbereich unzureichend; kein Visier-wischer, bei Ausstattung und Qualität nur Fernost-Standardware.

Fazit
Der günstige Panthan Evo 5 bietet einen vergleichsweise guten Wetterschutz in der kalten Jahreszeit, leistet sich unterm Strich beim Tragekomfort kaum gravierende Schwächen und ist deshalb schon seinen überschaubaren Preis wert. Die Passform und vor allem der Unfallschutz lassen jedoch zu wünschen übrig.

MOTORRAD-Urteil: befriedigend

Reusch Nordkap

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Reusch Nordkap.

Anbieter: Polo, Tel. 02165/ 8440300, www.polo-motorrad.de
Preis: 99,95 Euro
Größen: 8,5 bis 10
Obermaterial: Rindsleder
Lederstärke: 0,9-1,1 mm

Plus
Beste Wärmeleistung im Testfeld mit bewährten Kunstfasern (Primaloft); geschmeidiges, vergleichsweise dickes Rindsleder; angenehmes, bequemes Tragegefühl, gutes Innenklima; unkompliziertes An- und Ausziehen, eng einstellbare Stulpe passt sauber unter Jackenärmel; Gore-Tex-Membran-, effizienter Visierwischer am linken Daumen, Reflektoren.

Minus
Größen-Bandbreite eher dürftig; etwas schwammiges Griffgefühl an gepolsterten Handballen; Handgelenk-Klettriegel mit zu kleinem Verstellbereich, Abstreifschutz mäßig, dadurch eingeschränkte Sicherheit.

Fazit
Innerhalb des Testfelds der beste Freund im Winter - er wärmt schlicht und einfach am besten. Der Preis geht für die Ausstattung mit Gore-Tex-Membran auch in Ordnung, zumal gutes Leder und solide Machart keinen Grund zur Kritik geben. Allerdings ist der Unfallschutz nicht auf der Höhe der Zeit.

MOTORRAD-Urteil: gut

Rev'it Bastion GTX

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Rev'it Bastion GTX.

Anbieter: Rev’it, Tel. 0031/412/696740 (Niederlande), www.revit.eu/de
Preis: 149,99 Euro
Größen: S bis XZL
Obermaterial: Ziegenleder und Polyamidgewebe
Lederstärke: 0,8 mm

Plus
Wärmeleistung gut; Passform (eher schlank) mit Vorformung sehr gelungen, knackiges, aber komfortables Griffgefühl, gutes Innenklima; guter Unfallschutz, abriebfeste Materialien, ordentlicher Abstreifschutz; unproblematisches Einpassen der Stulpe unter Jackenärmel durch gute Verstellmöglichkeiten; Gore-Tex-Membran, langer, tauglicher Visierwischer, Reflektoren.

Minus
Deutliche Schwächen im Nässetest, beim Tauchbad starker Wassereintritt an Fingern, beim Befüllen tropfte es teilweise ebenfalls aus den Testmustern; mäßige Verarbeitung, Futterstoff während Test gerissen.

Fazit
Sehr moderne Interpretation des Themas „Winterhandschuh“. Der Holländer tritt sehr sportlich auf und gefällt mit festem Sitz. Gore-Tex-Membran, Superfabric, gutes Leder - alles prima, kann aber nicht über die Patzer im Nässetest hinwegtäuschen. Nachlässige Verarbeitung? Bei dem hohen Preis kaum entschuldbar.

MOTORRAD-Urteil: gut

Rukka Mars

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Rukka Mars.

Anbieter: Rukka, Tel. 040/5511055, www.rukka.com
Preis: 119 Euro
Größen: 7 bis 13
Obermaterial: Rinds- und Ziegenleder
Lederstärke: 0,9-0,95 mm

Plus
Auffällig leichtes Tragegefühl und gute Passform, liegt eng an, bietet dennoch guten Komfort, flauschiges Futter; Stulpe lässt sich ohne Umstände unter -Jackenärmel einpassen; hochwertiges, vergleichsweise dickes Leder, Gore-Tex-Membran.

Minus
Ausstattung für den vergleichsweise hohen Preis spärlich, keine Visierwischer und Reflektoren; beim Befülltest kleinere Undichtigkeiten; etwas störende Wulstbildung an Innenhand, Futter verschiebt sich beim Anbremsen, indirektes Griffgefühl; Abstreifschutz könnte besser sein.

Fazit
Nicht gerade billig und auch nicht gerade top ausgestattet. Aber der sehr tragefreundliche Handschuh mit Gore-Tex-Membran heimst mit passabler Wärmeleistung und guten Allrounderqualitäten Punkte ein. Die kleineren Schwächen beim Nässetest vereiteln einen Platz im vorderen Testfeld.

MOTORRAD-Urteil: gut

Scott Distinct 2 GT

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Scott Distinct 2 GT.

Anbieter: Scott Sports, Tel. 0041/264601616 (Schweiz), www.scott-sports.com
Preis: 119 Euro
Größen: S bis 3XL
Obermaterial: Rinds- und Ziegenleder sowie Polyester- und Polyurethangewebe
Lederstärke: 0,6-0,75 mm

Plus
Gutes sportliches Griffgefühl, angenehmes Innenklima; kurze Stulpe mit guter Verstellung lässt sich problemlos unter Jackenärmel verstauen; Gore-Tex-Membran, Reflektoren.

Minus
Kühlt an den Fingern schon bei zehn Grad und Landstraßentempo merklich aus, Wärmeleistung im Vergleich eher niedrig; dünnes Leder, Sturzschutz an Handkante zu gering, Abstreifschutz verbesserungswürdig; sehr enge Passform, sperriges Tragegefühl; kein Visierwischer.

Fazit
Weniger geeignet für den Winter auf dem Bike, sondern eher auf Skiern. Auf dem Motorrad reicht die Wärmeleistung bis rund zehn Grad plus gut aus, darunter wird es haarig. Die Ausstattung und Verarbeitung sind zwar nicht schlecht, aber bei dieser forschen Preisansage dürfte man eigentlich mehr erwarten.

MOTORRAD-Urteil: befriedigend

Thermoboy Alaska

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Thermoboy Alaska.

Anbieter: Polo, Tel. 02165/8440300, www.polo-motorrad.de
Preis: 49,95 Euro
Größen: 8,5 bis 10
Obermaterial: Polyestergewebe und Ziegenleder
Lederstärke: 0,6 mm

Plus
Flauschiges Futter; Wärmeleistung und Wetterschutz ordentlich; Verstellung für Stulpenbündchen auch mit Handschuhen gut bedienbar; Reflektoren.

Minus
Unfallschutz mangelhaft, Abstreifschutz durch viel zu elastischen Handgelenkriegel sehr schlecht, an Sturzzonen nicht ausreichend gepolstert und verstärkt; sehr indirektes, entkoppeltes Griffgefühl, Finger zu dick gefüttert, dadurch geringe Sensibilität für Schalterbedienung, schwitziges Innenklima, Daumennaht drückt unangenehm; Stulpe schwer einpassbar unter Jackenärmel, kein Visierwischer.

Fazit
Polo haut den Alaska als spezielles Winterangebot für kleine 50 Euro raus. Gelegenheitsfahrer, die keine langen Touren planen und nur Notfallhandschuhe für kalte Tage suchen, sind angesichts des ganz passablen Wetterschutzes auch gut bedient - solange sie nicht stürzen. Denn der Unfallschutz ist miserabel.

MOTORRAD-Urteil: ausreichend

Vanucci Winter

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Vanucci Winter.

Anbieter: Louis, Tel. 040/73419360, www.louis.de
Preis: 119,95 Euro
Größen: XS bis 3XL
Obermaterial: Rindsleder
Lederstärke: 0,95-1,0 mm

Plus
Prima Ausstattung mit effizient wärmedämmenden Kunstfasern (Primaloft), sehr passable Wärmeleistung, wasserdicht; robustes, vergleichsweise dickes Rindsleder und abriebfestes Material an Sturzzonen (Superfabric) bieten guten Schutz, Abstreifschutz ordentlich; direktes Griffgefühl; große Reflektoren.

Minus
Im Fingerbereich etwas wulstig, beim Bedienen von Schaltern wird -dadurch die Feinfühligkeit eingeschränkt; voluminöse Stulpe ohne großflächige Verstellung lässt sich nur sehr fummelig unter Jackenärmel einpassen; kein Visierwischer; Innenklima schnell schwitzig.

Fazit
120 Euro, damit bewegt sich der Vanucci auf dem Preisniveau von Premiumprodukten - und erfüllt diesen Anspruch. Die Verarbeitung mit partieller Verklebung von Obermaterial, Futter und Membran ist gelungen, der Mix aus hochwertigen Materialien passt auch, nur die billige Klimamembran fällt dagegen ab.

MOTORRAD-Urteil: sehr gut

Fazit

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Die Endwertung.

Die Preisunterschiede sind enorm, einmal Rev’it kostet so viel wie dreimal Thermoboy. Ist ein Vergleich da überhaupt gestattet? Ja, denn Sparen ist okay, sofern man nur wenige Male während der kalten Jahreszeit aufs Motorrad steigt. Dann geht sogar der Testverlierer in Ordnung, schließlich wärmt auch der ganz ordentlich. Für Ganzjahresfahrer lohnt aber eine Geldausgabe von 100 Euro und mehr, denn bei der Sicherheit tun sich ähnlich große Unterschiede wie bei den Preisen auf, obwohl teurer nicht gleich sicherer bedeutet. Es schmerzt zunächst im Geldbeutel - aber immer noch besser als schmerzende Finger.

So testet MOTORRAD: Erprobung und Kaltstart

Klingt nach Luxusproblem: zu schönes, warmes Wetter. Aber Fahrtests bei Sommertemperaturen im Oktober sind kaum sinnvoll. Eine Laborprobe, um der Wärmeleistung der Winterhandschuhe auf den Zahn zu fühlen, schon eher. Die Kandidaten wurden mit einem wasserdichten Gummi-Inlet versehen, in das auf 60 °C erwärmtes Wasser gefüllt wurde. Das Inlet strahlt Wärme ab, die hauptsächlich vom isolierenden Kunstfasermaterial im Handschuhfutter gedämmt wird.

In festen Zeitabständen wurde eine Messreihe durchgeführt. Je stärker die aus den einzelnen Werten ermittelte Verlaufskurve abfällt, desto geringer die Wärmeleistung (außer den Winterhandschuhen wurde zum Vergleich auch ein normaler Tourenhandschuh gemessen). Weiterer wichtiger Aspekt beim Wetter- und Kälteschutz (max. 40 Punkte): der Nässetest. Jeweils zwei Testmuster pro Modell kamen ins Tauchbad, weitere zwei Muster wurden mit Wasser befüllt, um etwaige Undichtigkeiten zu offenbaren. Welche Sicherheit (max. 25 Punkte) der Handschuh bietet, ergab eine penible Untersuchung von allen relevanten, beim Sturz gefährdeten Zonen. Was für Materialien (reiß- und abriebfeste Gewebe, Lederqualität, Doppelungen, Verstärkungen, Polster, Protektoren) wurden verwendet, wie viel Halt und Verwindungssteifigkeit bietet der Kandidat, wie fest verschließt der Handgelenkriegel? Beim Kriterium Verarbeitung/Ausstattung (max. 10 Punkte) überprüften die Tester ebenfalls die Materialqualität und goutierten sinnvolle Gimmicks wie Visierwischer oder Reflektoren. Zu guter Letzt war zum Glück doch noch ein Kaltstart möglich: Bei knapp über 10 °C auf einer verregneten Bergstrecke drehten die Testfahrer ihre Runden mit vielen Brems- und Kuppelvorgängen, um Tragekomfort und Passform (max. 25 Punkte) intensiv zu erproben.

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Digitalmessung: Heißes Wasser kühlt in den unterschiedlich wärmedämmenden Handschuhen über einen definierten Zeitraum ab - je langsamer, desto besser die Isolierleistung.

Aufgefallen bei Fahrtests: Draußen erfahren

Es sind die kleinen Details, die einem oftmals erst nach dem Kauf auffallen. Etwa ein gut funktionierender Visierwischer, der naturgemäß seine Wirkung erst bei der ersten Regenfahrt unter Beweis stellt. Oder ob sich die Stulpen unter den Jackenärmeln der Kombi unterbringen lassen, um optimalen Regenschutz zu erhalten. So geriet bei den Fahrtests das Einstecken wegen bauschiger, teils sehr lang geschnittener Stulpen mit nur unzureichenden Verstellmöglichkeiten mitunter zur Fummelei, zum Beispiel bei Thermoboy oder Vanucci. Vorbildliche Einpassung hingegen etwa beim Rev’it. Mit „kurz mal reinschlüpfen“ ist es also leider nicht getan. Tipp: im Laden fragen, ob eine Probefahrt möglich ist.

Reusch: gut konturierte Gummi-Wischlippe mit hohem Praxiswert bei Regen.
Rev’it: Klett- und Reißverschluss-Verstellung, um die Stulpe flexibel zu fixieren.
Held: solider Handprotektor mit prima Passform erhöht Steifigkeit und Sicherheit.
Hein Gericke: Der Handgelenk-Klettriegel ist zu lang und schließt mangelhaft.
Difi: seltsam proportioniert - die Finger bekommen zu viel Luft zugesprochen.
Thermoboy: Gummiband als Handgelenkriegel? Abstreifschutz äußerst bescheiden!


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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023