Produkttest Enduro-Stiefel
Neun Motocross-Stiefel im Test

Kilometerfresserei auf der Autobahn, Kurvenspaß auf staubigen Landstraßen, In-den-Rasten-Stehen auf losem Untergrund - und dann endlich am Ziel! Die Stiefel, die das alles mitmachen können, gehören zur Kategorie Crossover. Neun Kandidaten im Test.

Neun Motocross-Stiefel im Test
Foto: Biebricher

Wenn sich ein Stiefelproduzent ausschließlich auf die Käufer einer BMW R 1100 GS, R 1150 GS und R 1200 GS konzentrieren würde, hätte er allein in Deutschland über 88000 potenzielle Kunden. Zählt man die ebenfalls zur Kategorie Alleskönner gehörenden V-Strom, Varadero und Multistrada dazu, kommt man auf eine flotte sechsstellige Zahl an Motorradfahrern, die - zumindest theoretisch - einen Stiefel benötigen, der die Bequemlichkeit eines Tourenstiefels mit der Robustheit kerniger Endurotreter vereint.

Den Bedarf haben die einschlägigen Stiefelanbieter natürlich längst erkannt und führen Modelle im Programm, die sich unter dem herrlich zeitgeistigen Begriff Crossover zusammenfassen lassen. Dabei werden bei der Konstruktion der „Quer-drüber-Stiefel“ durchaus unterschiedliche Ansätze verfolgt. Die einen nähern sich dem Thema von der Hardcore-Seite, und heraus kommt ein harter Hund wie der Gaerne G-Force. Der bietet zwar jede Menge Grundstabilität und auch ordentliches Schutzpotenzial, ist dabei aber leider so klobig geraten, dass die Alltagstauglichkeit etwas auf der Strecke bleibt. Völlig unverständlich: die fehlende Wasserdichtigkeit. Andere Anbieter gehen das Thema von der Tourenstiefelseite an. Doch mit der Montage von ein paar Schnellspann-Schnallen und dem etwas unmotivierten Verteilen einer Schutzbeplankung ist es nicht getan. Der Streetfighter und auch der IXS sind Beispiele für solch etwas halbherzige Lösungen. Dass eine softere Lösung durchaus Bestseller-Potenzial hat, beweist der BMW-Stiefel, dem zwar die Grundstabilität echter Endurostiefel abgeht, der aber so viel Gefühl fürs Motorrad durchkommen lässt, dass nur selten in hartem Gelände fahrende GS-Piloten bestens bedient werden. Kombiniert mit hohem Komfort und guter Verarbeitungsqualität ist das Urteil „sehr gut“ die logische Konsequenz.

Das Crossover-Konzept am konsequentesten umgesetzt haben aber Alpinestars und vor allem Sidi. Die beiden teuersten Stiefel bieten auch am meisten, nämlich das Beste aus beiden Welten. Wer mit diesen Alleskönnern auf große Tour geht, wird am Ende des Tages ein Loblied auf die Schuhmacherkunst anstimmen können.

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Fazit
Die teuersten Stiefel stehen in der Endabrechnung ganz oben, die günstigeren in der unteren Hälfte - die Erkenntnis, dass gutes Schuhwerk einfach gutes Geld kostet, bestätigt einmal mehr dieser Stiefeltest. Mit dem Sidi gewinnt ein Stiefel, der mächtig nah am Crossover-Ideal ist. Aber auch mit den drei anderen ebenfalls mit „sehr gut“ bewerteten Testteilnehmern können zum Beispiel Reise-enduro-Fahrer nicht viel verkehrt machen.  Bei den übrigen Kandidaten gilt es, mehr oder weniger große Kompromisse zu machen.


Alpinestars Durban Gore-Tex

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Alpinestars Durban Gore-Tex.

Auf den ersten Blick etwas martialisch anmutender, in der Geh- und Fahrpraxis aber erstaunlich bequemer Stiefel mit ordentlicher Verarbeitung und befriedigender Sicherheitsausstattung. Seine große Stärke ist die Atmungsaktivität - das ideale, leider teure Schuhwerk für ausgedehnte Reisen in heißere Gefilde.

Anbieter: Alpinestars, Telefon 0039/0423/5286 (Italien), www.alpinestars.com;
Preis: 319,95 Euro;
Farben: Schwarz, Champagner/Schwarz;
Größen : US 5 bis 13 (38 bis 48);
Material: Rindleder;
Ausstattung: Gore-Tex-Membran, drei Alu-Schnallen;
Messwerte*: SH 39 cm, 2990 g;
Herstellungsland: Kroatien

Plus
Sehr bequemer Einstieg; guter bis sehr guter Tragekomfort; hervor-ragende Atmungsaktivität, keinerlei „Schwitzigkeit“; guter Rastenhalt, gute Beweglichkeit; sehr gut zu bedienende und gesicherte Schnallen; gute Grundstabilität; gute Verarbeitung; absolut wasserdicht

Minus
Passform am Knöchel nicht optimal (etwas zu weit); untere Schnalle kaum zu verstellen und dabei nur mühsam zu bedienen; Preis

MOTORRAD-Urteil: sehr gut


BMW Santiago

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BMW Santiago.

Wie gemacht für den R 1200 GS-Fahrer, der nur sehr selten oder gar nicht offroad unterwegs ist, denn die hohe Flexibilität ist beim engagierten Landstraßen-Surfen ein Segen, beim Stehen in den Rasten aber eher ein Nachteil. Die top verarbeiteten
Treter sind auch für Markenfremde eine Kaufüberlegung wert.

Anbieter: BMW Motorrad, Telefon 0180/5001972, www.bmw-motorrad.de;
Preis: 295 Euro;
Farbe: Schwarz;
Größen: 38 bis 47;
Material: Rindleder;
Ausstattung: Gore-Tex-Membran, zwei Alu-Schnallen;
Messwerte*: SH 37 cm, 2474 g;
Herstellungsland: Slowenien

Plus
Sehr bequemer Einstieg; sehr guter Tragekomfort, viel Platz, aber trotzdem kein Faltenwurf; hervorragender Kontakt zu Rasten und Hebeln, hohe Beweglichkeit; sehr robuste, gut zu bedienende und gesicherte Schnallen; sehr gute Verarbeitung; absolut wassserdicht

Minus
Eher mäßige Grundstabilität, besonders der Schaft könnte etwas
stabiler sein; Sicherheitsausstattung nur durchschnittlich; sehr eingeschränkte Offroad-Tauglichkeit

MOTORRAD-Urteil: sehr gut

Dainese Visoke D-Wp

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Dainese Visoke D-Wp.

Etwas klobig - italienischer Chic sieht eigentlich anders aus -, doch u. a. dadurch für den gemischten On-/Offroadbetrieb sehr gut geeignet. Wer mit nicht normgerechten Senk-, Spreiz- und Plattfüßen geschlagen ist, bekommt mit dem Visoke einen komfortablen, individuell gut anzupassenden Stiefel für alle Touren.

Anbieter: Dainese, Telefon 089/35396766, www.dainese.com;
Preis: 249 Euro;
Farbe: Schwarz;
Größen : 40 bis 47;
Material: Rindleder;
Ausstattung: wasserdichte Innenbeschichtung „D-Wp“, zwei Alu-Schnallen;
Messwerte*: SH 40 cm, 2695 g;
Herstellungsland: Rumänien

Plus
Sehr bequemer Einstieg; hervorragender Tragekomfort; sehr gute Passform und Fixierung, robuste Schnallen; befriedigende Sicherheitsausstattung; gute Grundstabilität; ordentliche Verarbeitung; absolut wasserdicht

Minus
Schnallen-Bedienung etwas fummelig; Rastenhalt bei Nässe nicht -op-timal; Fuß und Sohle bauen sehr breit, dadurch ggf. leichte Platz-probleme auf kurzen Rasten

MOTORRAD-Urteil: sehr gut

Gaerne G-Force

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Gaerne G-Force.

Thema verfehlt - der G-Force ist ein reiner Offroad-Stiefel, ein erstaunlich bequemer zwar, aber für den gemischten Betrieb völlig überdimensioniert. Größte Schwäche ist die fehlende Wasserdichtigkeit. Wer Asphalt nur als notwendiges Anreise-übel für den Wüsten-Trip sieht, wird aber vielleicht glücklich.

Anbieter: Büse, Telefon 02471/12690, www.buese.com;
Preis: 179,95 Euro;
Farben: Schwarz, Weiß;
Größen: 41 bis 48;
Material: Rindleder;
Ausstattung: vier Metall-Schnallen;
Mess-werte*: SH 41 cm, 3065 g;
Herstellungsland: Italien

Plus
Bequemer Einstieg; knackiger Sitz, sehr gute Fixiermöglichkeit; sehr robuste und einfach zu bedienende Schnallen; sehr hohe Grundstabi-
lität; ordentliche Verarbeitung; gute Sicherheitsausstattung; günstig

Minus
Sehr schwer; sehr klobig (ggf. Platzprobleme unterm Schalthebel); nur minimale Flexibilität, bieten wenig Gefühl für Schalt- und Bremshebel; Schnallen-Verstellbereich mit wenig Reserve; ungeeignet für den „Fußgängerbetrieb“; kein Nässeschutz

MOTORRAD-Urteil:ausreichend

IXS Road II

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IXS Road II.

Ein konventioneller Tourenstiefel im leichten Enduro-Look und mit nur sehr geringen Offroad-Qualitäten. Kann weder bei der Handhabung noch im Fahrbetrieb oder in Sachen Verarbeitung wirklich überzeugen, ist aber immerhin absolut wasserdicht. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist nicht ganz stimmig.

Anbieter: IXS, Telefon 07631/18040, www.ixs.de;
Preis: 199,90 Euro;
Farbe: Schwarz; Größen: 39 bis 50;
Material: Rindleder;
Ausstattung: hydrophobiertes Leder, zwei Alu-Schnallen;
Messwerte*: SH 41 cm, 2300 g;
Herstellungsland: China

Plus
Gute Fixierung; gutes Gefühl fürs Schalten und Bremsen; befriedigende Sicherheitsausstattung, guter Schienbein- und Knöchelschutz; absolut wasserdicht

Minus
Enger Einstieg, erschwerter Ausstieg; umständliche Schnürung des Innenteils; Schnallen schwer zu greifen; unbefriedigender Tragekomfort, untere Schnalle drückt nach kurzer Zeit; starke Faltenbildung bei etwas sportlicherer Sitzposition; durchwachsene Verarbeitungsqualität

MOTORRAD-Urteil: befriedigend

Pharao Enduro Tourenstiefel

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Pharao Enduro Tourenstiefel.

Ein komfortabler, robuster und ordentlich verarbeiteter Stiefel, der aber nur wenig Kontakt zum Motorrad vermittelt und auch bei der Handhabung nicht wirklich überzeugt - selbst bei diesem günstigen Listenpreis. Sollte es den Pharao aber mal zum Aktionspreis geben, ist er durchaus eine Überlegung wert.

Anbieter: Polo, Telefon 0180/5225785, www.polo-motorrad.de;
Preis: 169,95 Euro;
Farbe: Schwarz/Braun;
Größen: 40 bis 47;
Material: Rindleder;
Ausstattung: Polo-Tex-Membran, eine Kunststoff-Schnalle;
Messwerte*: SH 40 cm, 2424 g;
Herstellungsland: Italien

Plus
Befriedigender bis guter Tragekomfort; gut zu bedienende Schnalle; weit überlappender Klettverschluss; guter Knöchelschutz;
befriedigende Verarbeitung absolut wasserdicht

Minus
Etwas umständliches An- und Ausziehen; fummelige Schnürung
des Innenteils; Fußbett praktisch nicht vorhanden, u. a. dadurch sehr indirektes Gefühl für Rasten und Hebel

MOTORRAD-Urteil: befriedigend

Sidi Adventure Gore-Tex

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Sidi Adventure Gore-Tex.

Eine hervorragend gelungene Kombination aus flexiblem Touren- und robustem Offroad-Stiefel. Sidi beweist, dass hohe Grundstabilität sowie üppige Sicherheitsausstattung durchaus einen innigen Kontakt zur Maschine zulassen können.Der Preis ist heftig, aber der klare Testsieger ist das Geld wert.

Anbieter: Sidi, über Louis, Telefon 040/73419360, www.louis.de;
Preis: 319,95 Euro;
Farbe: Schwarz;
Größen: 41 bis 47;
Material: Rindleder;
Ausstattung: Gore-Tex-Membran, zwei Kunststoff-Schnallen;
Messwerte*: SH 39 cm, 2810 g;
Herstellungsland: Italien

Plus
Bequemer Einstieg; gute Passform, knackiger Sitz, sehr gut zu fixieren; sehr robuste und leicht zu bedienende Schnallen; sehr guter Tragekomfort; hervorragender Kontakt zu Rasten und Hebeln, extrem griffige Sohle; sehr gute Sicherheitsausstattung; in nahezu allen Details sehr praxisgerechte Lösungen; top verarbeitet; absolut wasserdicht

Minus
Preis

MOTORRAD-Urteil: sehr gut

Streetfighter Transformer

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Streetfighter Transformer.

Der günstigste Stiefel im Test ist nicht preiswert, er ist einfach nur billig. Bereits nach kurzer Tragezeit sehnten die Tester das Ausziehen herbei. Die Wasserdichtigkeit ist einer der wenigen Pluspunkte, der aber nicht über die weitgehende Abwesenheit von Passform und Tragekomfort hinwegtrösten kann.

Anbieter: Louis, Telefon 040/73419360, www.louis.de;
Preis: 139,95 Euro;
Farbe: Schwarz;
Größen: 41 bis 47;
Material: Rindleder;
Ausstattung: Drygate-Membran, zwei Alu-Schnallen;
Messwerte*: SH 37 cm, 2404 g;
Herstellungsland: China/Vietnam

Plus
Bequemer Einstieg; gut zu bedienende Schnallen; guter Rastenkontakt; guter Schienbeinschutz; sehr breiter Klett am Schaft; absolut wasserdicht

Minus
Unbefriedigende Passform sorgt für viele Druckstellen; mäßiger Fahrkomfort (Schienbeinschutz schneidet schon bei leichter Beugung ein); Schaltverstärkung viel zu weit vorn, Schalthebel drückt dahinter ein; teilweise schlechte Verarbeitung (Nieten von Zierblende abgefallen)

MOTORRAD-Urteil: ausreichend

Vanucci VTB5

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Vanucci VTB5.

Diese Stiefel wirken bereits im Neuzustand wie ausgelatscht - schuld ist der zu weite Schnitt. Damit lässt sich kein inniger Kontakt zur Maschine herstellen. Schade, denn Handhabung, Verarbeitung und Wasserdichtigkeit sind durchaus gelungen. Für „Breitfüßler“ dank Aktionspreis trotzdem interessant.

Anbieter: Louis, Telefon 040/73419360, www.louis.de;
Preis: 199,95 Eur;
Farbe: Schwarz; Größen: 41 bis 47;
Material: Rindleder; Ausstattung: Sympatex-Membran, zwei Kunststoff-Schnallen; Messwerte*: SH 39 cm, 2220 g;
Herstellungsland: Rumänien

Plus
Sehr bequemer Einstieg; guter Tragekomfort; sehr einfach zu bedienende Schnallen; ordentliche Verarbeitung; absolut wasserdicht

Minus
Mäßige Passform, besonders im vorderen Bereich viel zu weit geschnitten; geringe Grundstabilität, besonders der Schaft ist zu flexibel; bietet nur wenig Halt und wenig Rückmeldung; Sicherheitsausstattung nur durchschnittlich

MOTORRAD-Urteil: befriedigend

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023