- Ducati Multistrada V4 S Grand Tour
- Neue Software, neue Hardware
- Tugendhafter V4
- Motor und Fahrwerk passen zusammen
- Neues kaum spürbar
- Weiterhin nicht gut an der Multi V4
- Preise und Ausstattung der neuen Grand Tour
- Fazit
Fahrdynamisch erwartet Kenner der Multistrada V4 S nichts Neues. Der Zusatz "Grand Tour" offenbart keine gravierenden technischen Änderungen, sondern eine optisch leicht modifizierte und mit tourentauglicher Serienausstattung versehene S-Version.
Ducati Multistrada V4 S Grand Tour
Schwinge, Lenker und Klemmböcke sowie die Ausleger der Soziusrasten sind nun schwarz beschichtet, die Lackierung in Anlehnung an die Multistrada 1260 S Grand Tour schwarz-grau mit roten Akzenten. Und natürlich kommt die Grand Tour mit den neuesten Modellpflegemaßnahmen von Ducatis Top-Reiseenduro, die meisten davon wurden zu Saisonbeginn bereits in der Rally-Version präsentiert. Als da wären: verbesserter Hitzeschutz zur Abschirmung der hinteren Zylinderbank, zusätzlich durch die Zylinderabschaltung während der Fahrt, "verschließbare" Winglets (rechts) und ein neuer Soziussitz.
Neue Software, neue Hardware
Das nun belüftete Smartphone-Fach auf dem Tank und die Entfernung der Schwingungsdämpfer an der Lenkerklemmung (laut Ducati nicht mehr nötig) komplettieren die Hardware-Updates. Außerdem legte Ducati elektronisch mit der sogenannten Minimum-Preload-Option nach. Bedeutet, dass das Motorrad nun im Stand zur besseren Rangierbarkeit per Knopfdruck abgesenkt werden kann. Allesamt Maßnahmen, die unter Feintuning zu verbuchen sind und ab 2024 auch an und in der Multistrada V4 S zu finden sein werden. Das elektronische Update lässt sich zudem, wie bei Ducati üblich, auf ältere V4-Multis mit entsprechender Hardware nachträglich übertragen.
Tugendhafter V4
Bei der Ausfahrt auf den wunderschön eng gewundenen Landstraßen rund um die Ducati-Zentrale in Bologna fasziniert die Grand Tour Multi dementsprechend mit ihren bekannten Tugenden. Der 1158-Kubik-V4 mit Twin-Pulse-Zündrhythmus spricht wunderbar an, zeigt keine Lastwechselreaktionen und drückt mit seinem satten Drehmoment aus der unteren Mitte auf Wunsch gewaltig vorwärts. Ja, dieser Motor ist und bleibt ein Sahnestück, das einen großen Anteil am zweifachen Alpen-Masters-Sieg der Multistrada V4 S hat.
Kombiniert mit einem leichtgängigen und präzisen Getriebe und der Premiumelektronik. Neben verschiedenen Motormappings sowie schräglagensensiblen und fein regelnden Fahrassistenten findet man semi-aktiv dämpfende Showa-Federelemente und ein radargestützter Abstandsregeltempomat mit Totwinkel-Assistenten. So wird jeder Dreh am Gasgriff zum Genuss, selbst wenn die vollen 170 Pferdestärken des Motors nur in absoluten Ausnahmefällen mal ausgereizt werden können.
Motor und Fahrwerk passen zusammen
Das motorische Gefühl der Überlegenheit ergänzt die Grand Tour erwartungsgemäß mit neutralem, geschmeidigem Handling und nur minimalem Aufstellmoment der Pirelli Scorpion Trail 2 beim Verzögern. Die Brembo-Anker in Superbike-Dimensionen haben leichtes Spiel mit der Multi. Bremsen, Abwinkeln, Beschleunigen – ein Spiel, das man mit diesem Motorrad unabhängig von Kurvenradius und Untergrundbeschaffenheit gerne stundenlang spielt. Bis der durstige V4 die 22 Liter aus dem Tank gesogen hat – über sieben Liter Durchschnittsverbrauch zeigt der Bordcomputer nach der Fahrt an.
Neues kaum spürbar
So weit, so bekannt. Neu ist seit der Einführung des Rally-Modells in diesem Jahr die Möglichkeit, den Luftstrom der seitlichen Winglets per Drehmechanismus zu unterbrechen. Die Folge dieser Maßnahme ist spürbar weniger Druck, dafür mehr Wärme im Bereich der Schienbeine – besonders für den Wintereinsatz sicher nützlich, bei rund 25 Grad Außentemperatur bleiben die Klappen lieber offen. Der Hitzeschutz unterhalb des Sitzes beweist sich im Stop-and-go-Verkehr zudem als sehr wirksam. Welchen Anteil die neue Abdeckung im Bereich des Federbeins daran hat, muss der direkte Vergleich klären. Wie auch die Auswirkung der bei der Grand Tour "fehlenden" Gummilagerung des Lenkers. Sie ist ohne diesen direkten Vergleich nicht spürbar, unangenehme Vibrationen fallen auf der ersten Fahrt nicht auf.
Weiterhin nicht gut an der Multi V4
Dass ein durchschnittliches Smartphone (iPhone 11) mit Schutzhülle nach wie vor nur schwer Fach auf dem Tank flutscht und noch schwerer wieder heraus, hat sich nicht geändert. Ebenso die Tatsache, dass zur Spiegelung der Navigation per Ducati-App ins Cockpit das Smartphone dauerhaft entsperrt bleiben muss. Letzteres ist laut Ducati eine Anforderung der Sygic-Software und soll schnellstmöglich und rückwärtskompatibel behoben werden.
Preise und Ausstattung der neuen Grand Tour
Fehlt noch die Ausstattung. Für 26.990 Euro bekommt man in der Multistrada V4 S Grand Tour neben den erwähnten farblichen Modifikationen das sonst optionale Touring-Paket mit Seitenkoffer, Hauptständer, Griffheizung. Weiterhin den Hands-free Tankverschluss, seitliche Zusatzscheinwerfer, das elektronische Reifendruckkontrollsystem, Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer sowie das Bosch-Radarsystem mit Abstandsregeltempomat und Totwinkel-Assistent. Da eine vergleichbar ausgestattete Multistrada V4 S ebenso "nur" knapp über 27 000 Euro kostet, heißt es am Ende für Interessenten: Schwarz oder nicht schwarz, das ist hier die Frage.
Fazit
In der Multistrada V4 S Grand Tour überträgt Ducati die im Rally-Modell präsentierten Modellpflegemaßnahmen auf eine S-Version. Feintuning, das den bekannten Charakter der Top-Multi nicht beeinflusst, den Komfort aber nochmals leicht verbessert. Ab 2024 unterscheidet sich die Grand Tour nur farblich von einer gleichwertig ausgestatteten S-Version. Wer’s gern dunkel mag, ist bei der Grand Tour richtig.