Nach der KTM Freeride 350 schicken die Mattighofener nun Klettermax Nummer zwei auf Kraxeltour. Die KTM Freeride 250 R mit Zweitaktmotor im MOTORRAD-Fahrbericht.
Nach der KTM Freeride 350 schicken die Mattighofener nun Klettermax Nummer zwei auf Kraxeltour. Die KTM Freeride 250 R mit Zweitaktmotor im MOTORRAD-Fahrbericht.
Däng, däng, däng – mit typischem Zweitakt-Gebrabbel schlängelt sich die KTM Freeride 250 R den steil abschüssigen und mit groben Felsbrocken übersäten Pfad zu Tal. Man spürt förmlich, wie sich die weichen Reifen wie Krakenarme um die Steine schmiegen, die Maschine, wie von Geisterhand gesteuert, sich ihren Weg sucht und den Fahrer beinahe in die Rolle des mitreisenden Beobachters drängt. Selten hat die flapsige Floskel so gut gepasst: Alles in der Spur.
Seit gut 18 Monaten setzt KTM auf die Leichtigkeit des Seins im Gelände, ja pfropfte mit der im März 2012 in den Verkauf gegangenen Freeride 350 dem Modellstammbaum einen völlig neuen Ast auf. Weniger Lärm und weniger Spuren, so lautet die Botschaft des Wandertrial-Bikes – die gern gehört wurde. 4000 Freerides brachten die Österreicher weltweit unters offroad-affine Volk, davon 600 allein in Deutschland.
Und jetzt? Die Zweitakt-Freeride KTM Freeride 250 R. Statt eines moderat grummelnden, mit 23 PS praxisgerecht homologierten Viertaktmotors ein blechern klingender 250er-Zweitakter. Offen mit 25 PS Spitzenleistung, aber mit nur 7 PS in der zulassungsfähigen Version. Straffere Federung und statt eng bestollter Trialpneus gröber konturierte Zwitterreifen – Dinge, die das Freeride-Konzept geradewegs vom erst jüngst befahrenen Pfad der Tugend abbiegen lassen könnten.
Doch gemach. Der neue, nicht mit Auslasssteuerung ausgestattete Zylinder, ein 28-mm-Vergaser (250 EXC: 36 mm) und das kürzer übersetzte Getriebe sollen den aus der Sportenduro 250 EXC übernommenen Zweitakter befrieden, das magere
Mischungsverhältnis von 1:80 soll blaue Abgasfahnen bei der KTM Freeride 250 R verhindern, der 7-Liter-Tank (Freeride 350: 5,5 Liter) den Ausflugsradius vergrößern und der serienmäßige Elektrostarter das erste Beschnuppern erleichtern.
Überhaupt stehen die guten Manieren bei der KTM Freeride 250 R – trotz aller Befürchtungen – auch schon vor besagter Steilabfahrt immer noch hoch im Kurs. Lässig brachte der Anlasser den Langhuber zum Schnarren, gewohnt kinderleicht sind die Handkräfte an Bremse sowie Kupplung, und die gertenschlanke Taille sichert trotz 91 Zentimetern Sitzhöhe Otto Normalendurist den Bodenkontakt. Wenn nicht, senkt ein Suspension Kit (158 Euro) den Hochsitz um 35 Millimeter ab. Eine flache Sitzbank (104 Euro) bringt den Freireiter dem Untergrund um weitere 15 Millimeter näher.
Obendrein zeigt sich die (ungedrosselte) Freeride auch in Fahrt als handzahm. Einem Trialmotor gleich, schiebt der Treibsatz schon in allertiefsten Touren an und gibt sich über das gesamte Drehzahlband völlig unaufgeregt, souverän und fein dosierbar. Keine Spur vom bissigen, durch den Leistungsknick nach dem Öffnen der Auslassteuerung schwierig zu beherrschenden Zweitakter. Im Gegenteil. Im direkten Vergleich mit der Viertakt-Freeride spricht die KTM Freeride 250 R sogar feinfühliger an und belastet das Fahrwerk mit noch weniger Motorreaktionen als die ohnehin schon kultivierte 350er. Respekt. Zumal die straffere Federungsabstimmung auf kleinen Unebenheiten kaum ins Gewicht fällt. Kleine Brocken werden von den relativ weichen Maxxis-Reifen weggeschluckt, härtere Absätze oder hohe Stufen stecken die Federelemente von WP Suspension nun mit etwas mehr Durchschlagsreserven weg.
Doch weil die KTM Freeride 250 R mit knapp 93 Kilogramm Gesamtgewicht (Werksangabe) die von MOTORRAD mit 101 Kilo gewogene Freeride 350 (Heft 7/2012) zudem um acht Kilogramm Gewicht unterbietet, lässt sich die kleine Schwester noch einen Tick flinker über Eselspfade oder Karrenwege bugsieren. Dass sie in diesem Terrain obendrein durch ihre obenliegende Auspuffbirne von einer immerhin 55 Millimeter größeren Bodenfreiheit profitieren kann, macht die Grundsatzdiskussion nicht einfacher.
Denn eins ist klar: Die 350er ist leiser, weniger aggressiv im Sound und entspricht mit ihrem Viertaktmotor passgenau der Kernkompetenz des Freeride-Konzepts, dem unaufdringlichen Motorradwandern. Was dennoch nichts daran ändert, dass die Zweitakt-Freeride der immer noch jungen Viertakt-Schwester fahrdynamisch eine Nasenlänge voraus ist. Stellt sich nur die Frage, ob dieses Argument auf einsamen Eselspfaden von Bedeutung ist.