Zweimal war genug. Mochte sie auch noch so schön aussehen. Nach zwei Motorschäden in Folge hatte Emmerich Stenger die Faxen von seiner Ducati 916 dick: Er tauschte sie gegen eine BMW R 1100 R ein. Eigentlich ein prima Motorrad, um gemütlich durch seine Wahlheimat Südfrankreich, wo er unter anderem einen Yachtservice betreibt, zu touren.
Doch dem gelernten Kfz-Meister träumte es nicht nur von einem wartungsarmen, zuverlässigen Zweizylinderantrieb, sondern erstens von einem leichten, sportlichen Motorrad, das zweitens als Basis für eine ganz spezielle Rennserie, den »Cup 40«, dienen soll.
Bei dem Anbau einer Sportfußrastenanlage oder breiterer Laufräder wollte es der ehemalige Straßenrennfahrer nicht belassen. Verkleidung, Kotflügel, Rahmenheck, ein 17-Liter-Tank aus Kunststoff und ein schmaler Einmannhöcker sollten her und eine hochverlegte Auspuffanlage, quasi als Reminiszenz an die verblichene Ducati 916.
Also setzte er sich ans Zeichenbrett und brachte seine Ideen zu Papier. Die Pläne für seine Can-Am R 1100 RR getaufte Kreation in der Tasche, stattete der Wahlfranzose seinem im badischen Oberkirch lebenden Bruder einen Besuch ab, weil der, als Formenbauer, ein feines Händchen im Umgang mit GfK und Kohlefaser hat. Zurück in Frankreich, fertigte Emmerich Stenger in seiner Werkstatt das nach eigenen Angaben um fünf Kilo leichtere Alu-Rahmenheck an. Schließlich, nach monatelanger harter Arbeit, war der Prototyp fertig. Der optisch hält, was die erste Bilder aus dem Herbst 1998 schon vermuten ließen. Nicht ohne Stolz vermeldet der Erbauer, daß bereits elf Bestellungen für seine Can-Am eingegangen seien.
Die von MOTORRAD gefahrenen Cup-Version tat die Diät spürbar gut. Zierlicher und spürbar leichter als die Serien-BMW kommt sie daher, ersteres erlaubt einen sehr guten Knieschluß, zweiteres ein gutes, wenn auch nicht spielerisches Handling des Boxers. Die Sitzpositon erinnert stark an vergangene Zeiten im Sattel einer alten Ducati 900 SS oder einer Moto Guzzi Le Mans II: langgestreckt und entspannt, trotz tief angebrachter Lenkstummel. Ganz anders, als man es von gängigen Sportmotorrädern gewöhnt ist, aber durchaus angenehm. Und so fährt sich die Can-Am auch: nicht hypersportlich, sondern, ganz im Sinne des Erbauers, ein Motorrad für den sportlich ambitionierten Boxerfan, der sich vorwiegend auf Landstraßen bewegt, aber auch mal einen Abstecher auf die Rennstrecke machen möchte.
Die Schräglagenfreiheit reicht für diesen Einsatzzweck immer noch aus. Und die Handlichkeit dürfte sich mit dem serienmäßigen 170er Hinterreifen verbessern der Prototyp stand noch auf einem showträchtigen 190er Pneu. Beim Fahrwerk und der Bremsanlage setzt der umtriebige Badener ebenfalls auf Serienteile, »schon allein wegen der Kosten«, wie er betont. Dem Boxer helfen dagegen Chip-Tuning und die Schüle-Auspuffanlage spürbar auf die Sprünge.
Vor allem im unteren Drehzahlbereich überzeugt der Motor mit kräftigem Antritt und betört mit einem sonoren Grollen das leider der Renn-Version vorbehalten bleiben wird. Nicht, daß der Zweizylinder ungebührlich brüllen würde, aber dennoch tönt er lauter, als es EU-Gesetze erlauben. In der straßenzulassungsfähigen Version der Can-Am R 1100 RR wird deshalb die Serienauspuffanlage von BMW mit G-Kat zum Einsatz kommen.
Die Kleinserie, die in Deutschland gefertigt wird, hat mit ihren hochwertigen Kunststoffteilen und dem Alu-Rahmenheck, für die Serie wird es voraussichtlich der Spezialist Sauer liefern, oder der leichten Rennauspuffanlage natürlich ihren Preis: 29725 Mark soll die Can-Am in der Cup-Version kosten. Stenger hat jedoch eine günstigere Alternative parat: Ab 9825 Mark (Cup-Version) bietet er einen kompletten Can-Am-Teilekit an, mittels dem einer gebrauchten R 1000 R oder einer RS in Eigenregie oder bei einem seiner Vertragshändler ein ungewohnt sportiver zweiter Frühling beschert werden kann. Doppelt schön, weil für 11850 Mark auch eine TÜV-Version dieses Kits erhältlich ist.