Die KTM 390 Duke fährt fetzig, sieht genauso aus und verkauft sich bestens. Wie hält die Kawasaki Z 300 dagegen?
Die KTM 390 Duke fährt fetzig, sieht genauso aus und verkauft sich bestens. Wie hält die Kawasaki Z 300 dagegen?
Exakt 5853 neu zugelassene Motorräder – diese Zahl steht auf dem Habenkonto von KTM für die ersten vier Monate dieses Jahres. Zum markeninternen Topseller hat sich die KTM 390 Duke gemausert. 1049 neue Besitzer griffen 2015 bereits zu. Bei Kawasaki sah das mauer aus. Nachdem die Ninja 250 R ab 2008 das Segment quasi wiederbelebt hat, gab’s 2015 bisher nur 340 neue Fans für die Bikes aus Akashi mit 250 bis 499 cm³ Hubraum. Das soll mit der Kawasaki Z 300 anders werden.
Wie die KTM 390 Duke greift sie auf bewährte Optik zurück, nutzt Stilelemente der großen Schwestern Z 800 und Z 1000. Das macht was her. Auch weil die Kawasaki Z 300 mit echten 296 cm³ Hubraum selbst dem kritischen Blick bis ins Detail standhält. 5.195 Euro und deshalb nicht ganz so hübsch verarbeitet? Nicht mit Kawasaki. Einzig bei den Reifen drückt das Spardiktat. Die IRC Roadwinner sehen zwar ganz keck aus, beim Feedback zeigen sie dem Piloten aber die lange Nase.
Den Fehler macht KTM bei der 390er-Duke nicht, die für 4.995 Euro zu haben ist. Bei ihr rotiert Metzelers M5 auf den Felgen. Der gript gut und schenkt viel Vertrauen. Dafür ist die Verarbeitung der Duke nicht ganz so fein. Frei liegende Stecker links hinterm Wasserkühler und eine Schwingenachse aus dem Baumarkt lassen Luft nach oben. Liegt’s an der Fertigung durch Bajaj in Indien? Ohne Tadel sind also beide nicht. Genug geschaut - rauf und los!
Wespentaillenschmal fällt der Knieschluss bei der KTM 390 Duke aus. Viel Platz für die Beine. Hinzu kommt: Die Rasten liegen sportlich weit hinten und nicht zu hoch. Der Kniewinkel bleibt entspannt. Das gilt nicht für den Hintern. Das harte Sitzpolster in 790 Millimeter Höhe kennt den Begriff Komfort nur vom Hörensagen. Das kann die Kawasaki Z 300 aber auch nicht besser. Aufsteigen klappt dagegen noch leichter als auf der 390er-Duke. Der Fahrerplatz liegt nur 780 Millimeter hoch. Da der Tank breiter baut und die Rasten ähnlich, aber weiter vorne positioniert sind, fällt das Arrangement für den Piloten versammelter aus als auf der KTM.
Ein kurzer Druck auf den Starter, und die Kawasaki ist da. Leise säuselnd läuft der Zweizylinder sofort rund. Die KTM 390 Duke benötigt schon mal eine Zündung mehr, bis ihr einzelner Kolben mit der Arbeit beginnt. Dafür punktet der 373 cm³ große Einzylinder mit höherem Anfahrdrehmoment und einer leichtgängigen, präzise dosierbaren Kupplung. Die trennt bei der Z 300 nicht so fein. Ihr Schleifpunkt ist zudem knapp bemessen. Daher lieber beim Anfahren satt Gas geben, damit’s vorwärtsgeht. Das bleibt auch weiter so. Die Kawasaki will Drehzahlen. 7000 Umdrehungen sind auf der Landstraße mindestens gefordert. Ab 9500/min folgt noch ein kleiner Power-Nachschlag. Erst knapp vor 13.000 Umdrehungen beendet der Begrenzer das Treiben sanft. Mindestens ebenso wichtig wie die richtige Drehzahl ist die Wahl der Gangstufe. Kurz unaufmerksam vor der Kurve und nicht runtergeschaltet? Das bestraft die Kawasaki Z 300 beim Herausbeschleunigen ab dem Kurvenscheitel mit sehr gebremstem Vortrieb. Also lieber einen Gang zu viel als zu wenig im präzise rastenden Getriebe nach unten gesteppt. Dann stimmt auch der Speed.
Die KTM 390 Duke lässt sich deutlich ruhiger durch die Lande treiben – zumindest in Sachen Drehzahlen. Sie macht es immer mit 3000 Umdrehungen weniger als die Kawasaki Z 300. Und da ihr Drehmoment ab 5000/min sogar einen kleinen Hügel anhäuft, verzeiht sie auch Nachlässigkeiten bei der Gangwahl eher als die Kawasaki. Trotzdem: Wer flott sein will, muss auch die KTM ordentlich ausquetschen. Zwischen 7500 und 8000/min flackert in den Gängen eins bis fünf der Schaltblitz. Einfach ignorieren. Lieber das Gas bis kurz vorm Begrenzer stehen lassen und dann den nächsten Gang reindrücken. So passt auch das nutzbare Drehzahlband. Im sechsten Gang bittet das Schaltlämpchen im Cockpit übrigens erst kurz vorm Drehzahlende bei 10.000/min um Aufmerksamkeit. Sonst würde der eilige Reiter jeden Versuch zum Erreichen der Topspeed von 160 km/h wohl viel zu früh abbrechen.
So schnell rennt die Kawasaki Z 300 auch, sie packt sogar noch sechs km/h obendrauf. Wie die KTM 390 Duke flitzt sie dabei nicht bombenstabil, aber gut beherrschbar geradeaus. Wenig Kopfzerbrechen bereitet die Kawasaki auch beim flotten Strich über Landstraßen. Zwar ist die Gabel gar nicht und das Federbein – allerdings nur schlecht erreichbar – in der Federbasis zu verstellen, Front und Heck machen ihren Job aber gut. Bügeln das glatt, was glatt zu bügeln ist. Dazu biegt die Z 300 spielerisch ums Eck. Nur gucken, fast nicht lenken, und die Kawa liegt in Schräglage. Richtig gierig – oder fast schon nervös? Die MOTORRAD-Tester waren sich nicht einig. Spaß hatten sie trotzdem.
Den gab’s auch mit der KTM. Die benötigt eine Nuance mehr Kraft für den Einlenkimpuls, gibt sich nicht ganz so handlich wie die Z 300. Dafür liegt sie satter, stabiler. Bis sich die ersten Fahrbahnunebenheiten in den Weg stellen. Die halten die Gabel kräftig auf Trab. Fiese Störimpulse machen sich schnell in der Lenkung breit. Richtig ruhig folgt die Front der KTM 390 Duke eigentlich nie der Straßenoberfläche. Da Einstellmöglichkeiten fehlen, heißt das: dran gewöhnen. Etwas besser agiert das Federbein. Dessen Verstellung der Federbasis klappt zwar leichter als bei der Kawasaki, dafür hat KTM die Umlenkung eingespart. Eine progressive Feder soll es richten. Die gute Mischung aus Komfort und Ansprechverhalten der Kawasaki Z 300 erreicht das KTM-Federbein aber nicht. Vorteil Kawasaki.
Wobei beide trotz der einen oder anderen Schwäche im Kurvendickicht richtig aufblühen. Je kleiner die Straßen werden, desto besser. Dann fällt ihre Leistung nicht so sehr ins Gewicht. Stattdessen drängt sich das flinke Wesen von Kawasaki Z 300 und KTM 390 Duke in den Vordergrund. Das zaubert ein Lächeln ins Gesicht. Das Grinsen bleibt auch beim Blick auf die Kosten erhalten. Unter vier Liter Benzin konsumieren beide im Laufen-lassen-Modus. Bei viel Vollgas ist es ein Liter mehr.
Weit ab von richtig knackigen Glanzleistungen bleiben bei 390 Duke und Z 300 die Bremsen. Ihre ABS-Systeme verhindern wirkungsvoll den Sturz übers Vorderrad oder den Überschlag. Sie regeln aber etwas grob und sind nicht allzu bissig. Oder positiv ausgedrückt: voll anfängertauglich. Da schreckt nichts. Allerdings: Um in den ABS-Bereich vorzudringen, ist kräftiges Ziehen angesagt. Mit der ganzen Hand und nicht mit zwei Fingern. Nach mehreren Vollbremsungen wandert der Druckpunkt zudem spürbar. Die nicht einstellbaren Hebel lassen sich immer mehr zum Lenker ziehen. Zum Stehen kommen trotzdem beide jederzeit sicher.
Bleibt am Ende nur die Frage: Welche darf es sein? Die kantig gestylte KTM, die mehr Motorpunch bietet, aber beim Fahrwerk Federn lassen muss? Oder die Z 300 im Manga-Design, die für Drehzahl pur steht, bei Gabel und Federbein vor der
390 Duke liegt, diesen Vorteil mit der Erstbereifung aber fast wieder verspielt? Eigentlich egal. Wichtig ist: Für beide hätten Motorrad-Newcomer vor 20 Jahren ihre Oma nicht nur angepumpt, sondern glatt verkauft. Ganz sicher. Gute Aussichten für den Nachwuchs.
Kawasaki Z 300
Die Kawasaki Z 300 ist ein drehzahlhungriges Spielmobil. Federleichtes Handling, ausgewogenes Fahrwerk – da ist Freude garantiert. Die ließe sich mit anderen Reifen sogar noch steigern.
KTM 390 Duke
Die kleine KTM 390 Duke ist nicht ohne Grund ein Bestseller im KTM-Programm. Sie bietet viel Motorrad fürs Geld. Verarbeitung und Fahrwerk könnten zwar besser sein – solche Fauxpas leisten sich aber auch teurere Bikes.