So fährt die neue KTM 990 Duke: Erster Fahrtest

KTM 990 Duke im Fahrtest
So fährt die neue KTM 990 Duke (2024)

Veröffentlicht am 13.02.2024

Das Motorrad und das Kurvenparadies, in dem es sich bewegte, sind wie füreinander geschaffen. Der im Hubraum auf 947 cm³ vergrößerte Motor ermöglichte in den Kurvenscheiteln einerseits geschmeidige Lastwechsel, drückte satt aus den engen Kehren und drehte mit Vehemenz dem Drehzahlbegrenzer entgegen, der kurz jenseits der 10.000/min einsetzt. Andererseits erledigte er die Geduldsübung, langsam durch kleine Dörfer zu rollen, dank mehr Schwungmasse und neuer Abstimmung gelassener als sein 890er-Vorgänger.

Neuer Motor von KTM

Der neue Reihenzweizylinder der 990 Duke hat die für KTM typischen 75 Grad Hubzapfenversatz übernommen, aber zusätzlich zum Hubraumzuwachs "aggressivere Nockenprofile" und eine größere Airbox erhalten. Alles zusammen steigert seine Spitzenleistung auf 123 PS. Die sind allzeit bereit und mit einem kleinen Dreh am Gasgriff zu aktivieren. Dieser Satz liest sich für manchen vielleicht wie eine Binsenweisheit – "das kann ja jeder ordentliche Motorradmotor" –, doch die KTM-Reihenzweizylinder und somit dieser besitzen in dieser Hinsicht besondere Qualitäten. Es sind nur wenige Situationen vorstellbar, in denen man diesen quirlig-spritzigen Motor ausreizt und sich dabei mehr Leistung wünscht.

Das Getriebe der 990 Duke

Diese stets gegenwärtige Leistungsbereitschaft der KTM 990 Duke wird aufs Beste unterstützt durch ein leichtgängig und präzise zu schaltendes Getriebe. Dank des Schaltassistenten lassen sich die Gänge aufwärts mit einer raschen Fußbewegung einschnippen, das Herunterschalten mit Blipperfunktion vollzieht sich deutlich rustikaler. Wenn die Zeit bis zur nächsten Kurve reicht, empfiehlt es sich, die leicht zu betätigende Kupplung einzusetzen.

Das Fahrwerk der 990 Duke

Mit dem Fahrwerk der 990 Duke haben die KTM-Entwickler um Projektleiter Johannes Bacher noch mehr Aufwand getrieben, als mit der Weiterentwicklung des Motors. Haupt- und Heckrahmen sind komplett neu, ebenso die Schwinge und die Federelemente. Mit dem Ziel, das Motorrad fahrstabiler zu machen, wurde vor allem die Steifigkeit einzelner Rahmensegmente und der Schwinge neu abgestimmt. Die Schwingenlagerung wird jetzt außen von den Rahmenrohren umfasst. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Hauptrahmen bei geringerem Gewicht steifer wurde, als bei der 890er-Duke, die Schwinge hingegen flexibler und ebenfalls leichter.

So fährt die neuen 990 Duke

Sollten diese Änderungen Einbußen bei der Agilität der KTM 990 Duke mit sich bringen, so sind diese wohl nur im direkten Vergleich spürbar und letztlich unbedeutend – so viel lässt sich nach tausenden, schwungvoll durchzirkelter Kurven feststellen. Daran haben die neuen Bremsscheiben ihren Anteil, die laut Aussage von KTM insgesamt ein Kilogramm an rotierender und ungefederter Masse einsparen. Nicht zu vergessen, die bekanntermaßen handlingfördernden Serienreifen vom Typ Bridgestone S22. Schon in den ersten Kurven gewinnt man Vertrauen in die Vorderradführung, kann im halb Bewussten spüren, wie es dem Vorderreifen gerade geht und merkt, dass man präzise die Linien trifft, die man anvisiert. Diese Fahreindrücke bestätigt die KTM auch in fahrtechnisch anspruchsvollen Situationen, zum Beispiel in engen, bergab führenden Kehren.

Sportlich-straff gedämpft

Nickbewegungen beim scharfen Bremsen und Beschleunigen treffen auf entschiedenen Widerstand straffer Dämpfung der WP-Gabel in der KTM 990 Duke und des direkt angelenkten Federbeins. Das kommt der Lenkpräzision zugute. Sänftengleicher Federungskomfort gehört sicherlich nicht zu den Haupttugenden der 990 Duke, doch auch auf holprigen Abschnitten gewann man nicht den Eindruck übertriebener Härte oder unwilligen Ansprechens der Federelemente. Bei Bedarf kann die Gabel in Druck- und Zugstufe, das Federbein in der Zugstufe und der Vorspannung eingestellt werden.

Die Elektronik verführt

Die elektronischen Fahrhilfen der 990 Duke basieren auf einer Dreiachsen-IMU. Sie umfassen neben dem obligatorischen ABS und der Traktionskontrolle eine Wheeliekontrolle, letztere in vier Stufen einstellbar. Sie lässt sich auch deaktivieren, und die passionierten Wheeliefahrer unter den Kollegen taten genau das, weil die elektronische Regelung nicht mit der von ihnen gewünschten Konstanz funktionierte. Weitere Funktionen wie ein Startassistent oder ein Tempomat sind optional erhältlich. Als große Verführung ist jede 990 Duke für die ersten 1500 Kilometer mit dem vollen Elektronikpaket – unter anderem mit zwei zusätzlichen Fahrmodi – am Start, damit stolze Neubesitzer ausprobieren können, ob sie später eine der Optionen ziehen wollen.

Von Sportmodus und ABS

Was die Funktion von ABS und Traktionskontrolle der KTM 990 Duke betrifft, so gab es im Kurvenrausch an den beiden serienmäßigen Fahrmodi Street und Sport nichts auszusetze. Den Regenmodus zu bemühen war weder nötig, noch möglich, angesichts des Tempos, das Road-Guide Stefano anschlug. Dieses Tempo war der Grund dafür, dass der Sportmodus nach den ersten 30 Kilometern und für den Rest der Testfahrt im Einsatz blieb. Er gibt früher mehr Drehmoment frei, was sofort spürbar ist.

Zur Arbeit des ABS ist zu ergänzen, dass man auf sehr kurvenreichen Straßen selten bis gar nicht unter voller Verzögerung eine Kurve ansteuert. Es kommt dabei eben nicht aufs Extreme, sondern auf eine möglichst nahtlose Verbindung der aufeinander folgenden Fahrmanöver an. Ob die Abstimmung des Antiblockiersystems also dem von KTM erfahrungsgemäß verfolgten, eher defensiven Ansatz entspricht, muss ein ausführlicher Test mit Bremsmessungen klären. MOTORRAD hat allen Grund, sich darauf zu freuen.