Erste Fahreindrücke der neuen Triumph Speed Triple 1200 RS: Ein satt geerdeter, permanenter Kraftausbruch auf zwei Rädern, der seine Manieren nie vergisst.
Erste Fahreindrücke der neuen Triumph Speed Triple 1200 RS: Ein satt geerdeter, permanenter Kraftausbruch auf zwei Rädern, der seine Manieren nie vergisst.
Sie ist bei uns gelandet, die neue Speed Triple 1200 RS. Früher als bei vielen anderen, welch Glück. Im MOTORRAD Top-Test musste sich die neue Chef-Triumph beweisen. Der allumfassende Top-Test erscheint in MOTORRAD 11/2021 (ab 15.5. im Handel) mit umfangreicher Prosa und nicht weniger kompletter Faktenlage zur neuen Speedy.
1.200 ist schon ein gutes Stichwort. Bei echten 1.160 cm³ Hubraum zwar großzügig aufgerundet, nichtsdestotrotz sind 110 extra Kubik ein Wort. Genau wie 30 extra PS und acht extra Newtonmeter. Führt man sich dann noch die zehn Kilogramm Schwarte, die im Vergleich zum Vorgänger abgeschabt wurde vor Augen, bekommt man eine grobe Vorstellung davon, in welche Richtung die neue Ober-Triumph ausschlägt.
Doch wer jetzt eine nervöse, getriebene Drehorgel erwartet, ist schief gewickelt. Zum Glück. Auch die mit Abstand stärkste und leichteste Speedy von allen bleibt im Kern immer noch das, was sie seit jeher war: Ein satt geerdeter, permanenter Kraftausbruch auf zwei Rädern, der bei aller möglichen Gewalt aber nie seine gute Kinderstube vergisst. Bis etwa 6.000 Touren genießt man den gewohnt saftigen Triple-Schub, danach zündet die zweite Raketenstufe und eskaliert bis fast 11.000 Umdrehungen auf eine Weise, die bisherigen Speedy-Treibern verwehrt blieb. Flammender Tanz im Drehzahlolymp? Jetzt auch beim großen Triple aus Hinckley.
Auch das Handling fördert über Jahrzehnte liebgewonnene Qualitäten zu Tage. Wie bisher schmatzt auch die neueste Inkarnation wie auf Schienen über den Asphalt und lässt sich locker-souverän im "Stierhorngriff" von einer Seite auf die andere werfen. Was ist neu? Nun, früher stand da eher Wuchten statt Werfen. Die kleine Diät und die kompakte Ergonomie mit breiterem Lenker, schmalerem Tankschluß und mehr Vorderradorientierung bleiben nicht ohne Folgen, fügen der ehernen Stabilität eine gut schmackbare Prise Agilität hinzu, ohne auch nur ansatzweise in die Rufweite von Attributen wie "Nervosität" zu kommen.
Dazu gibt es ein fein abgestimmtes Paket aus heftig verzögernder Bremshardware von Brembo, neu abgestimmter Elektronik und einem High-End-Fahrwerk von Öhlins. Ersteres ist über jeden Zweifel erhaben, Zweiteres macht sich vor allem beim viel smootheren ABS-Regelverhalten bemerkbar und letzteres hat schier unendliche, ziemlich elegante Dämpfungsreserven, könnte vorne aber etwas weniger straff agieren.
Nix zu meckern? Naja, ein bisschen. Legt man den Gasgriff an, ruckt es spürbar durchs System, und zwar unabhängig vom gewählten Mapping. Zwei Inbusschlüssel als Bordwerkzeug wirken – nun ja – "cheap" wie der Brite sagt. Und 17.500 Euro sind nach dem Aufstieg in die Hyper-Naked-Oberliga zwar angemessen, aber leider auch alternativlos. Eine weniger angespitzte, aber erfahrungsgemäß kaum spaßärmere Basis-Variante ist zukünftig nicht mehr geplant.
"Speedy übrigens Höllengeil" ruft es aus dem Büro des Testers auf die Frage nach der ersten Meinung in drei Worten. Alles anderes wäre auch überraschend, hat Triumph doch bald ein Jahrzehnt zu geschaut, wie andernorts aus Naked-Bikes Hyper-Nakeds wurden. Doch tritt Triumph nicht in die Falle zu überziehen, sondern platziert die neue Speed Triple 1200 RS wohl positioniert im oberen Leistungsdrittel der Klasse.