Triumph geht bei der neuen Speed Triple aufs Ganze und erhöht den Hubraum nach 16 Jahren von 1.050 auf 1.160 Kubik. Dazu gibt es ein neues Fahrwerk, ein neues Design und das Neueste an Technik.
Triumph geht bei der neuen Speed Triple aufs Ganze und erhöht den Hubraum nach 16 Jahren von 1.050 auf 1.160 Kubik. Dazu gibt es ein neues Fahrwerk, ein neues Design und das Neueste an Technik.
Seit 2005 war der Hubraum der Triumph Speed Triple mit 1.050 Kubik fast schon eine Kulturkonstante. Leistungsmäßig mit zuletzt 150 PS nicht wirklich schwach, aber verglichen mit den Mitfahrern mit zuletzt über 200 PS immer Träger der roten Leistungslaterne. Auch in Sachen Design und Optik war die Geschichte der Speedy immer größer geschrieben als ihre Zukunft. Das ist nun alles vorbei.
Triumph lässt bei der neuen Speed Triple 1200 RS wahrlich keinen Stein auf dem anderen. Der neue Motor hat bis auf die Zylinderzahl und die Zündfolge (1, 2, 3) nichts mit dem bekannten und bewährten 1050er gemeinsam. In Zahlen: 1.160 Kubik aus kurzen 60,8 Millimetern Hub (-10,6 mm) und starken 90 Millimetern Bohrung (+ 11 mm) mit einer hohen Verdichtung von 13,2:1, ergeben 180 PS (+30 PS) bei 10.750/min (+ 250/min) und 125 Nm (+ 8 Nm) bei 9.000/min (+ 1.850/min). Dazu dreht der neue Motor maximal 650 Touren höher als der 1050er, was auch dem neuen Ventilantrieb per Schlepphebeln zu verdanken ist. Die Werte zeigen klar, dass Triumph mit der neuen Speed Triple 1200 RS den Aufstieg in die erste Nackt-Liga zu Aprilia Tuono V4, KTM 1290 Super Duke R, BMW S 1000 R, Ducati Streetfighter V4, MV Agusta Brutale 1000, Yamaha MT-10 und Kawasaki ZH2 nicht nur packt, sondern auch vorne mitspielen will.
Wie bereits vermutet konstruiert Triumph den neuen Motor mit übereinanderliegenden Getriebewellen, was die gesamte Einheit kürzer bauen lässt. Das schafft Platz für eine neue, längere Einarmschwinge. Im so größeren Bauraum zwischen Motor und Schwinge kann das bisher senkrecht stehende Öhlins-TTX-36-Federbein der 1050er-RS gegen ein kürzeres schräg liegendes Modell ersetzt werden. Die so kleiner ausfallende Umlenkung schafft Platz für eine weitere Speed-Volution – die neue Auspuffanlage.
Diese liegt mit Kats und Vorschalldämpfer größtenteils unter dem Motor und ein einzelner klappengesteuerter Endtopf hängt seitlich neben der Felge – was auch die Zubehörindustrie freuen dürfte. Der Vorschalldämpfer und die Krümmer sind von einem schön gezeichneten serienmäßigen Spoiler aus GFK und Alu nahezu komplett umbaut. Die fast schon traditionellen, hochgelegten Doppeltöpfe der 1050er am Heck waren leider auch immer ein Kritikpunkt in Sachen Gewicht und Gewichtsverteilung. Diese neue Zentralisierung der Massen bringt der Speedy 1200 RS wohl eine willkommene Verlagerung des Schwerpunktes nach unten und vorne, was beim ersten Rangieren auch direkt auffällt. Wo die alte RS im Heck immer noch so ein bisschen mitarbeitet und das zusätzliche Gewicht hinten fühlbar mitbewegt werden muss, schwingt das neue leichte Heck der 1200er locker fluffig mit.
Satte 10 Kilogramm leichter ist die neue 1200er geworden und wiegt so fahrfertig 198 Kilogramm. Im Vergleich mit den Mitbewerbern äußerst konkurrenzfähig, die bewegen sich alle – von Yamaha und Kawa abgesehen – fahrfertig um die 200 Kilogramm herum. Sieben Kilo allein spart der neue Motor. Zwar wuchs der im Hubraum um gute 10 Prozent, seine Abmessungen im Rahmen lassen ihn aber kaum größer wirken als den alten 1050er und auch der Wegfall des Ölkühlers spart Gewicht. Einzig auf den ersten Blick auffällig ist der etwas breitere Zylinderkopf. Auch stark zum Gewichtsverlust trägt die neue Lithium-Batterie bei, die nochmal satte 2,3 Kilogramm spart.
In der neuen, längeren Einarmschwinge (+ 74 mm auf 595 mm) arbeitet weiterhin ein TTX-36-Federbein von Öhlins, jetzt allerdings mit 120 Millimetern Federweg (- 10 mm). Vorn verwendet Triumph weiterhin eine Öhlins-Gabel mit den NIX-30-Dämpferkartuschen mit getrennten Dämpfungen für Druck- und Zugstufe und jeweils einer einstellbaren Federvorspannung pro Gabelholm mit 120 Millimetern Federweg. Bremsleistung kommt erneut von Brembo, vorn mit den aktuellen Stylema-Sätteln, die von der im Ansprechverhalten einstellbaren MCS-Pumpe von Brembo zum Biss in die 320er-Scheiben animiert werden. Hinten senkt Triumph den Durchmesser der Bremsscheibe signifikant von 255 auf 220 Millimeter. Fahrwerksdaten: gleichbleibender Radstand von 1.445 Zentimeter und zeitgleicher Verlängerung des Nachlaufs auf stabile 104,7 Millimeter (+ 13,4 mm) versprechen eine hohe Stabilität beim Beschleunigen aus der Schräglage heraus und beim Bremsen in selbige hinein. Der Lenkkopfwinkel ist zur Einhaltung des Radstandes um einen auf 23,9 Grad steiler gestellt worden und das Heck leicht höher gesetzt, was den Zuwachs der Sitzhöhe um fünf auf 830 Millimeter erklären könnte. Das wird von der ersten Sitzprobe fast belegt, da das bekannte leicht hecklastige Gefühl der 1050er-RS bereits im Stand auf der 1200er nicht mehr vorhanden ist. Auf ein semiaktives Fahrwerk wird aus Gewichtsgründen bewusst verzichtet und auch die dem Modell zugrunde liegenden Kundenbefragungen sagten wohl aus, dass der typische Speed-Triple-Kunde darauf keinen Wert lege.
Auch in Sachen Reifenwahl sagt Triumph aus, was sie von der neuen Speed Triple 1200 RS erwarten. Mit den serienmäßigen Semi-Slicks Metzeler Racetec RR in der K3-Mischung auf den neuen leichteren Alu-Guss-Felgen sind Fahrten zu und auf Trackdays willkommen, Urlaubsreisen mit unstetem Wetter können mit derart scharfen Schlappen aber ungewollt erlebnisreich werden. Dimensionen: 120/70 ZR 17 vorn und 190/55 ZR 17 hinten. Optional können auch nicht minder scharfe Pirelli Diablo Supercorsa SC02 montiert werden. Triumph hat beide Typen homologiert. Rein rechtlich können aber auch alle anderen Reifenmodelle der Bauart Radial in den genannten Dimensionen montiert werden. Dem Fahrwerk und den elektronischen Helfern ist das im Grunde gleich. Ein Reifendruckkontrollsystem kann optional geordert werden.
Die bereits seit 2010 immer gefälliger und aggressiver wirkenden Doppelscheinwerfer sind in der neuen Speed Triple 1200 RS endgültig zu messerscharfen LED-Augen mit dominanten Tagfahrlichtern geworden. Der neue ebenfalls leichtere Rahmen (-17%), Motor, der neue schmalere Heckrahmen aus Aluguss mit sehr schlankem Höcker bedingen auch eine neue Tankform, die nun zum Sitz hin etwas länger und schlanker ausläuft. Die starke Taillierung der alten RS fällt also gänzlich weg, die Zeiten des "Pummelhecks" sind vorbei. Die Sitzprobe mit 1,87 Metern Körpergröße erbringt eine sportlich-komfortable Sitzhaltung mit noch gutem Knieschluss und gleichmäßigem Kontakt zum Motorrad. Im Allgemeinen zielt das deutlich aggressive Design klar aus dem Country Club auf die Rennstrecke, es ist zwar immer noch klar eine Speed Triple, aber der Gentlemen hat das Tweet-Sakko gegen die Rennkombi getauscht. Im krassen Gegensatz dazu das Design des Motors.
Richtig gelesen: Triumph mischt die Teams der Motoreningenieure mit den Designern und so kommen da Motoren heraus, bei denen keine Kabel, Schläuche, Anschlüsse oder sonstige Konstruktionen den Blick verwirren. Beim neuen 1200er wirkt alles enorm durchgestylt, clean und elegant. Passend dazu ein neues TFT-Display mit zwei verschiedenen Anzeigen, Laptimer, fünf Fahrmodi davon einer frei konfigurierbar. An diese Modi in ihrer Regelschwelle angepasst ist das volle Programm an fahraktiven, schräglagenabhängigen Sicherheitssystemen. Das neue MIB Evo-System von Continental umfasst ein Kurven-ABS, schräglagensensible Traktionskontrolle, Wheelie-Control und eine den Mappings angepasste gesteuerte Motorbremse. Weiterhin ist serienmäßig ein Quickshifter mit Blipper an Bord. Und auch das My-Triumph-Connectivity-System ist schon ab Werk verbaut. Über das kann mittels App das Smartphone gekoppelt werden und das Krad als Bluetooth-Hub für Kommunikationssysteme oder als geklonte Anzeige für das Navi genutzt werden.
Triumph bietet die neuen Speed Triple 1200 RS in den Farben Sapphire Black und Matt Silver Ice in Deutschland für 17.500 Euro zuzüglich Nebenkosten an. Eine Spar-Version mit einem R oder S wird es nicht geben. Händler nehmen bereits Bestellungen an, verfügbar soll die Neue ab Mitte März sein.
Triumph spielt (endlich) das lange verneinte "Game of Power" mit. 180 PS, 198 Kilo Gewicht und top Komponenten zu einem echt starken Preis sind eine Ansage. Gerade in Sachen Fahrwerk und Bremsen kommt da derzeit in Sachen Preis-Leistung keiner ran und der neue Motor schreit geradezu nach neuen Modellen mit klingenden Namen wie Sprint RS als echten Sporttourer oder Tiger RS als heftigen Crossover-Prügel.