Triumphs neuer Mittelklasse-Roadster stellt einen wunderbaren Kontrapunkt zu einer von Superlativen geprägten zurückliegenden Saison dar. Von teuren Superlativen nimmt die mit einiger Spannung erwartete Triumph Trident 660 Abstand, um stattdessen einen Union Jack zwischen Yamaha MT 07, Suzuki SV 650, Kawasaki Z 650 und Honda CB 650 R zu platzieren. Most refreshing, indeed. Damit hat Triumph ein neues Einstiegsmodell in einem äußerst wichtigen Segment, und selbiges seinen ersten Dreizylinder.
Verarbeitung überzeugt
Triumph
Eckdaten? Genannt werden 81 PS, 64 Newtonmeter, 189 Kilo fahrfertig sowie 7.343 Euro. Klammern wir die vierzylindrige Honda als etwas teureren, etwas stärkeren Sonderfall aus, sind das also Werte eng bei oder leicht über der Twin-Konkurrenz. Zielgruppe? Bekanntlich sprechen Motorräder der "unteren Mittelklasse" (der Begriff war selten unpassender) ein junges Publikum an, Einsteiger (A2-Version verfügbar), Wiedereinsteiger und Leute, die was Unkompliziertes für alle Tage suchen. Dazu, und zu dem trotz Stahlrohrrahmen erfreulich geringen Gewicht, passt die niedrige Sitzhöhe von 805 Millimetern genau wie die insgesamt sehr kompakte Erscheinung der Trident. Freundlich lehnt sie auf dem Seitenständer, wirkt nahbar. Und wertig, beinahe edel. Bereits im Stand vermittelt die Trident eine Qualität, die der Konkurrenz Sorge bereiten muss. Diese beherrscht zwar ebenfalls saubere Verarbeitung, aber eine so klare Formensprache, ein derart erwachsener, sortierter, ja, würdevoller Auftritt ist etwas Neues in der Klasse. Glanzpunkte und Features: Showa-Upside-Down-Gabel, schickes TFT-Rundinstrument, klassischer Rundscheinwerfer (LED-Licht rundum), ein konifizierter Lenker, der bekannte Tankdeckel mit dem Triumph-Logo ist auch da. Einiges, gemessen am Kaufpreis. Wer sucht, findet natürlich Ecken, an denen sich Kostendruck festmachen lässt (Tipp: bei Schalt- und Fußbremshebel anfangen), doch der Auftritt der Trident kann sich wirklich sehen lassen. Dass sie in Thailand gebaut wird ist höchstens dahingehend erwähnenswert, dass die Thailand-Triumphs in Sachen Verarbeitung dem hohen Standard der Hinckley-Maschinen bislang ganz entsprechen.
Sitzposition passt für viele Größen
Triumph
Vom Auftritt zum Ausritt. Klassenüblich eher aufrecht-kommod platziert die Trident. Wir fühlen uns mit 1,72 Meter perfekt integriert und wagen die Prognose, dass es den meisten zwischen 1,60 und 1,80 Meter ganz ähnlich gehen wird. Die Sitzbank wirkt hochwertig gepolstert, der Knieschluss angenehm, alles liegt da, wo es liegen sollte. Zündung – bei Triumphs vergeht ein Moment Wartezeit – dann knurrt der 660er Triple. Dessen Wurzeln liegen im Übrigen nicht bei der Street Triple, sondern bei der Daytona. Wegen einer langhubigeren Auslegung, anderer Kurbelwelle, neuen Innereien überhaupt, kann man jedoch getrost von einer Neuentwicklung sprechen. Auch dieser Dreizylinder Triple verfügt über die typische rauchige Note, klingt präsent, aber unaufdringlich. Als Standgeräusch sind 94 dB eingetragen.
Einfach im Umgang, klasse im Handling
Ein Motor, der mit seiner gemäßigten Auslegung im alltäglichen Klein-Klein viel Freude bereiten wird: leichtgängige Kupplung, weiche Gasannahme, ruckfreie Beschleunigung aus tiefster Drehzahl, so zuckeln wir zunächst gen Südwesten der Vulkaninsel Teneriffa von Dorf zu Dorf Richtung Teide. Ganz ausdrücklich: die Trident ist dank ganz linearer Leistungsentfaltung ein sehr einfach zu bedienendes Motorrad. Nun auch beim neuen, recht ordentlich ablesbaren TFT-Display, denn statt des etwas fummeligen Joysticks kommt ein neue Lösung mit 4-Wege-Taster zum Einsatz und die funktioniert zusammen mit einer entschlackten Menüstruktur einwandfrei.
Ganz und gar nicht alltäglich sind hingegen die herrlichen Schwünge, eng und weit, in denen sich der extrem griffige Asphalt auf Teneriffa den Teide hinauf schraubt – und denen die Trident auffällig gelassen und kompetent folgt. Kurz gesagt, Handling und Fahrverhalten des Volks-Triple überzeugen restlos. Das Motorrad wirkt leicht und prächtig ausbalanciert, woraus im Zusammenspiel mit dem breitbandigen Dreizylinder eine große Fahrbarkeit resultiert. Zwei Kurven, und wir sind alte Kumpels. Keine Kapriolen, viel Fahrspaß. Neutral, stabil aber beweglich lenkt die Trident, kennt weder Kippeln noch Pumpen. Gemessen am Preis überrascht vor allem die Güte des Showa-Fahrwerks. Wie im Umfeld üblich ist zwar einzig die Federbasis am Heck einstellbar, Ansprechverhalten und Dämpfung aber sind bar realistischer Kritik. Entsprechend gut fällt auch der Komfort aus. Dickes Lob dafür, sowie für den hochwertigen Michelin Road 5 und die feste Nissin-Doppelscheibenbremse.
Leistung immer ausreichend
Triumph
Zusammengenommen hat die Trident also das Potential, auch Fortgeschrittene Ansprüche zu erfüllen. Dazu passt, was der Motor mit steigender Drehzahl, wenn vielleicht mal das Mütchen brennt, noch so kann. Zwar nehmen nach kraftvollem Einstieg und ebensolcher Mitte im letzten Drehzahldrittel die Vibrationen spürbar zu, aber seine anhaltende Drehfreude, die Ausdauer, gefallen. Klagen über mangelnde Leistung waren jedenfalls selbst unter den leistungsverwöhnten – manche würden sagen -leistungsverdorbenen Pressevertretern keine zu vernehmen. Im Gegenteil hatte man eher den Eindruck, dass alle ziemlichen Spaß dabei hatten, das an Kraft zu gebrauchen, was da ist. Ob die Trident sich damit die Motoren-Krone in ihrem Segment schnappen wird? Nun, an dieser Stelle wird vor allem Yamaha mit der MT-07 Einwände vorbringen. Der Vergleich wird spannend.
Vorsprung in Sachen Ausstattung
Dem gesamten Konkurrenzumfeld, wie es sich derzeit darstellt, hat die Trident allerdings die deutlich umfassendere Ausstattung voraus. Serienmäßig gibt es zwei Fahrmodi sowie eine an diese gekoppelte, abschaltbare Traktionskontrolle – Novum in der Klasse. Im Fahrbetrieb ließ sich die TC unter den vorherrschenden Bedingungen allerdings nicht aus der Reserve locken, im weniger aussagekräftigen Schotter-Versuch aber regelte sie sauber. Schließlich hat Triumph eine umfangreiche Liste mit optionalem Zubehör: Quickshifter mit Blipper etwa, Heizgriffe, Connectivity, auch diese Punkte für die Klasse außergewöhnlich.
Umfrage
... mit 81 PS zum Preis von 7.343 Euro genau was ich erwartet hatte.
... zwar günstig, aber viel zu leistungsschwach.
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Fazit
Die neue Triumph Trident stellt mit ihrer wertigen Machart und dem charaktervollen Dreizylinder eine unbedingte Bereicherung für das bezahlbare Segment dar, Handling und Funktionalität erreichen ein hohes Niveau. Vor allem aber hat sie uns daran erinnert, was man mit 81 PS so alles anstellen kann. Untere Mittelklasse? Streichen Sie "untere" und "Mittel", was bleibt ist das Fazit.