Diese Tour, wen wundert’s, trägt den Namen "Wald4tler Kurvengaudi". Aber nun im Detail: Die Straßenbauer in Niederösterreich müssen Motorradfahrer sein. Statt einer direkten Verbindung von A nach B führen die Straßen oft in endlosen Schwüngen die grünen Hügel hinauf und wieder runter. Doppelter Weg, vierfacher Genuss. Oftmals keine Leitplanken und manchmal nicht mal Leitpfosten. Einfach nur Wiesen, Wälder und Kurven. Streift der Blick gen Süden, kann man zuweilen auch die Wildalpen in der Steiermark ausmachen. Nach etwa 15 Kilometern machen wir einen Schlenker nach Norden und nach weiteren 20 Kilometern wiederum gen Süden und erreichen das Nordufer der Donau. Nach dem Abbiegen folgt ein Kurvenswing vom Allerfeinsten, wieder rund 20 Kilometer auf großartigem Asphalt, kaum eine Gerade. Ein Traum!
Eine große Tafel mit der Aufschrift "Bitte leise!" bremst meine Freude. Hier scheint ein sogenannter Hotspot zu sein. Bei 70 km/h knipse ich den Tempomaten rein. Reicht noch locker zum Stiefelspitzenkratzen und freut hoffentlich die Anwohner, die verständlicherweise nicht durch hochdrehende Motoren belästigt werden wollen. Und sicherlich auch die selbst hier in der einsamen Gegend oft gegenwärtigen Schutzmänner. In Königswiesen bewegen wir uns nach Nordosten, um kurz vor Rappottenstein wieder nach Süden abzudrehen, eine Dreiviertelstunde später erreichen wir schließlich wieder den Marktplatz im schnuckeligen Yspertal, den Startpunkt dieser überraschend beschwingten ersten Tour durchs Waldviertel.
Bezaubernde Wachau, romantische Donau
Und dann ist da ja noch die bezaubernde Wachau. Nachdem es gestern ordentlich zur Sache ging, lassen wir es heute sehr gemütlich angehen. Wir cruisen morgens um sieben mit gaaaaanz viel Ruhe über die malerischen Hügelchen und durch nebelverhangene Täler. Das macht glücklich!
Nach 30 Kilometern überqueren wir bei Hofamt die romantische Donau und staunen über das riesige Benediktinerkloster Stift Melk, einen Barockbau aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, UNESCO-Welterbe und Wahrzeichen der Region Wachau. Flussabwärts gleiten wir weiter am rechten Donauufer; die Sportlichen dürfen die 15 Minuten Fußweg zur Burgruine Aggstein auf Schusters Rappen nehmen, alternativ kann man auch das Auto nehmen, nur Motorräder müssen leider draußen bleiben. Kurz vor Krems geht’s rechts zum Stift Göttweig, wieder so ein beeindruckendes Benediktinerkloster. Aufgrund der sommerlichen Hitze fahren wir aber lieber ans andere Donauufer – ausgerechnet den Gewitterwolken entgegen. Am "Radltreff" in Dürnstein erreichen uns die erfrischenden Tropfen. Passt prima: Pause bei Schafskäs mit Kernöl. Lecker.
Großglockner oder Waldviertel?
Nach dem heftigen Gewitter trocknet es aber blitzschnell wieder ab, und wir biegen in Weißenkirchen rechts ab, flitzen das Donauufer hinauf und surfen 40 Kilometer durch die Berge der Wachau. Immer wieder mit sensationellen Ausblicken auf die schöne blaue Donau. Hinter Klein-Pöchlarn und einem Schlenker steht, weithin sichtbar auf einer Anhöhe in 233 Metern Höhe, die imposante Wallfahrtskirche "Pfarrkirche zur Schmerzhaften Muttergottes" in Maria Taferl. Bevor uns jedoch eine klerikale Überdosis droht, kehren wir in Marbach der Donau den Rücken und fiebern bei dieser Affenhitze lieber einer Erfrischung entgegen: Auf dem Marktplatz in Yspertal nehmen wir Platz am Beckenrand des Springbrunnens, Füße ins Wasser und ein kaltes Bier. Großartig!
Klar, der Großglockner ist auch großartig. Aber am Ende der gesamten Reise bleiben mir die beiden Touren durchs mir bis dahin unbekannte Waldviertel fast besser im Gedächtnis. Andi, Hotelwirt und Kenner der Region, hat mit seiner Motorradpassion sicherlich auch dazu beigetragen. Ich jedenfalls kann jeden "Umweg" in diese schöne Gegend nur dringend empfehlen.