Bis vor knapp zwei Jahren wirkten neue chinesische Motorräder oft wie Kopien westlicher oder japanischer Premium-Modelle. Doch das änderte sich rasch. Motoren, Technik und Design wurden eigenständig. Das dreiste Plagiat von Sukuli der BMW S 1000 RR hat deshalb fast etwas Nostalgisches. Die Frage bleibt aber: Warum dürfen chinesische Hersteller das? Warum lassen etablierte Hersteller das zu? Und wer kopiert wen?
Motoren kann man nicht (mehr) patentieren
Ein bekanntes Beispiel für einen kopierten Motor ist der 500er-Reihenzweizylinder von Honda aus der CB-Familie. Honda führte den Gegenläufer mit 180-Grad-Kurbelwelle 2013 ein, erkennbar an seinem charakteristischen Äußeren. Gehäuse sowie Form des Kupplungs- und Kurbelwellendeckels entlarven den Motor in vielen chinesischen Modellen wie Voge oder Brixton als Kopie. Je nach Hersteller variieren die Leistungsdaten oder Hubräume.
Stichwort: Re-Engineering. Die Grundkonstruktion ähnelt der von Honda stark, und Loncin gilt meist als Produzent. In Verbrauchstests von MOTORRAD zeigen die Honda-Kopien bis zu 20 Prozent Mehrverbrauch bei gleicher Leistung.
Wie kann es sein, dass Hondas erfolgreichster Motor über 125 Kubik einfach kopiert wird? Hat Honda das erlaubt? Oder profitiert Honda sogar davon?
Laut den Spezialisten des Deutschen Patent- und Markenamts gilt: Ein Hubkolbenmotor als Prinzip ist nicht mehr patentierbar. Auch ein spezifisches Bohrung-Hub-Verhältnis ist nicht schützbar. Nur eine spezielle, neue technische Lösung kann patentiert werden, wie die Shift-Cam-Technik von BMW. Eine erfinderische Leistung muss der technischen Lösung vorausgehen. Zufallsentdeckungen sind nicht patentierbar.
Und: Nach 20 Jahren erlischt der Patentschutz, dann kann jeder die Erfindung nutzen. Honda steht den Motor-Kopien hilflos gegenüber.
Designschutz ist kompliziert
Chinesische Modelle übernehmen oft deutlich Teile des Designs oder kopieren markante Formen von Premium-Modellen. Ziel ist, das eigene Produkt mit dem Flair der großen Modelle zu schmücken. Die eigentliche Design-Leistung sowie die Urheberschaft liegen jedoch woanders. Was können Hersteller am Design eines Motorrads schützen?
Die Spezialisten des Deutschen Patent- und Markenamts sagen: Ein neues Motorraddesign kann grundsätzlich geschützt werden, darf aber nicht bereits bestehen. Es muss Eigenart und ein Alleinstellungsmerkmal haben, so wie beim Porsche 911 oder der Vespa. Das Design muss sich im Gesamteindruck von bestehenden Designs unterscheiden. Die Abgrenzung, wann ein neues Design ein bereits geschütztes Design verletzt, ist schwierig und langwierig, wie der Fall Piaggio vs. Kumpan zeigt. Der maximale Schutz für ein Design beträgt 25 Jahre. Porsche 911 und Piaggio Vespa kann das egal sein, denn bei beiden Fahrzeugen handelt es sich um anerkannte Kunstwerke, weshalb hier das Urheberrecht greift.
Markenschutz greift hart durch
Wie steht es mit Markenlogos wie den Audi-Ringen, dem Mercedes-Stern oder dem BMW-Propeller? Marken, Symbole und Modellnamen fallen unter den Markenschutz und sind klar abgrenzbar. Ein dem BMW-Propeller ähnliches Logo kann von BMW angeklagt werden. Eine Marke genießt 10 Jahre Schutz und kann beliebig verlängert werden. Wird eine Marke zum Synonym für eine Produktgruppe, kann der Markenschutz fallen, wie bei Tesa, Tempo oder Walkman.
Die Sukuli als Plagiat der BMW S 1000 RR, mit ihrem Logo in Suzuki-Schrift auf dem Tank, ist auf vielen Ebenen dreist. Denn sie kopiert optisch nicht nur die S 1000 RR von BMW, sondern bedient auch noch an der Suzuki-Schriftart sowie dem dem abgeänderten Mareknnamen "Sukuli".