Dem Charme des Rotax-Einzylinders sind viele erst erlegen, als ihn in der F 650 das BMW-Emblem zierte. Mittlerweile 30 000mal Weißblau ist doch ein Argument, oder?
Dem Charme des Rotax-Einzylinders sind viele erst erlegen, als ihn in der F 650 das BMW-Emblem zierte. Mittlerweile 30 000mal Weißblau ist doch ein Argument, oder?
Der Entschluß von BMW, mit einem Einzylinder-Projekt den Fehdehandschuh gegen die fest im Sattel sitzenden japanischen Anbieter aufzunehmen, kam überraschend. Als sich Anfang 1993 dann noch herauskristallisierte, daß die Bayern nach über einem Vierteljahrhundert Abstinenz von diesem Bauprinzip ihre F 650 in Koproduktion mit dem österreichischen Motorenhersteller Rotax und dem italenischen Konfektionär Aprilia fertigen wollten, haben Bewunderer der deutschen Traditionsmarke die Welt nicht mehr verstanden. Gipfel der Irritation aber war, daß dieses BMW-Modell erstmals in der über 70jährigen Firmengeschichte mit simpler Kette angetrieben werden sollte.
Ende 1993 rollte dann der Single von den Aprilia-Bändern. Und bekam beste Zensuren, konnte sich in Vergleichstests selbstbewußt behaupten sowie in kürzester Zeit die Spitzenposition in den Verkaufscharts, Kategorie Einzylinder-Enduros, erklimmen und bis heute locker verteidigen. Weltweit hat BMW bis heute mehr als 30 000 F 650 verkauft, allein in Deutschland rund 11 000 Einheiten.
Dabei war das Rezept dieses Verkaufscoups relativ simpel. BMW modifizierte den in der Aprilia Pegaso installierten Doppelnocken-Motor nur an zwei Stellen. Die Kurbelwelle dreht sich in Gleit- statt in Wälzlagern. Und der Zylinderkopf büßte das dritte Einlaßventil ein. Schließlich konnte das preiswerteste BMW-Modell nicht mehr als die vier Ventile der hochpreisigen bayerischen Boxer- und Reihenvierzylinder-Motoren aufweisen.
Dieses Triebwerk pflanzte BMW in ein relativ konventionelles, stabiles Fahrwerk, verpaßte ihm zwar üppige Federwege, konnte die Sitzhöhe mit rund 80 Zentimetern aber so niedrig halten, daß auch kleingewachsene Fahrer gut mit der F 650 zurechtkommen. Eine knappe Verkleidung, ein Tank mit immerhin 17,5 Liter Fassungsvermögen und eine bequeme Sitzposition hinter einem breiten Lenker prädestinieren BMWs Kleinste schnell zum Alleskönner - als Alltagsfahrzeug genauso geeignet wie für die Urlaubstour, allein oder zu zweit.
Und da BMW neben der offenen Variante mit 48 PS auch eine 34-PS-Version anbietet, ist die F 650 Vorallem auch bei Führerscheinneulingen sehr beliebt. Für eine nachträgliche Leistungsreduzierung bedarf es lediglich zwei engerer Ansaugstutzen sowie zweier Verschlußstopfen im Luftfilterkasten im Materialwert von 99 Mark zuzüglich Arbeitszeit und Eintragungskosten.
Seit Mai 1995 sind der Hauptständer und der ungeregelte Katalysator, vorher nur gegen Aufpreis erhältlich, serienmäßig. Das Nachrüsten des Katalysators für den 1994er Jahrgang kommt mit zirka 900 Mark relativ teuer, da die gesamte Edelstahl-Auspuffanlage ausgetauscht werden muß. Ungefähr die Hälfte kostet der von BMW angebotene Tieferlegungssatz, der die F 650 noch einmal von 810 Millimetern Sitzhöhe auf 760 Millimeter absenkt. Der Fahrkomfort bleibt dann allerdings auf der Strecke, da die Hinterpartie hart wird.
Ansonsten erhält die erste BMW aus fremdem Haus viel Anerkennung in Sachen leichter Manövrierbarkeit, präzisem Einlenkverhalten und stabilem Geradeauslauf. Allerdings wird auch Kritik laut: mangelnder Rundlauf des Motors unter 3000/min - das Resultat kleiner Schwungmassen und der Wahl der Steuerzeiten, um dem Triebwerk 48 PS anzuerziehen. Außerdem malträtiert diese Charakteristik die O-Ring-Kette ungemein, die deshalb besonderer Aufmerksamkeit bedarf, um zu verhindern, daß sie gar zu schnell schlappmacht. BMW empfiehlt einen Wechsel schon nach 15 000 Kilometern. Den Bayern hätte es im übrigen gut angestanden, einen gegen den vom Hinterradreifen aufgewirbelten Schmutz effektiveren Kettenschutz zu kreieren. Da hätten sie sich weniger die japanische Konkurrenz als vielmehr MZ selig zum Vorbild nehmen sollen. Deren völlig gekapselter Fett-Kettenkasten setzte leider heute schon fast wieder in Vergessenheit geratene Maßstäbe.
In Sachen Solidität und Langlebigkeit des Motors bekam die F 650 für eine Einzylinder-Konstruktion im 50 000-Kilometer-Langstreckentest (MOTORRAD 22/1995) ausgesprochen gute Noten.
Ein Schwachpunkt sind höchstens die Kupplungsfedern, die schon mal nach 30 000 Kilometern ausgelutscht sind. Es kommt auch vor, daß die artspezifischen Vibrationen des Einzylinder den Nähten des Auspuffkrümmers zusetzen. Da hilft nur schweißen, wenn BMW sich nach Ablauf der nur einjährigen Garantie nicht kulant zeigt. Auch das Lager des Lenkkopfs zeigt bei Gebrauchtmaschinen häufiger mal Einlaufspuren, hakt und muß ersetzt werden. Bei der ersten Serie werden außerdem die Ansaugstutzen schnell porös.
Praktisch und kostengünstig dagegen, daß der Luftfilter auswaschbar ist und die Service-Intervalle nur alle 10 000 Kilometer fällig sind. Weniger Geldbeutel-schonend ist die Tatsache, daß das hochverdichtete Triebwerk teures Superbenzin braucht. Das automatische Einklappen des Seitenständers, bei dem die Maschine schnell mal im Stand umfliegt, hat BMW ab diesem Jahr abgestellt. Die Kritik an der zu kleinen Reservemenge von zwei Litern und der Unmöglichkeit, jedweden großen Rucksack auf den Tank zu schnallen, bleibt. Leute, die mit Gepäck und Sozius verreisen, monieren die mickrige Zuladung von 175 Kilogramm.
Das ändert aber nichts an der Beliebtheit der F 650. Erst dreieinhalb Jahre auf dem Markt, ist sie logischerweise noch nicht als Schnäppchen zu ergattern. Nur die ersten Modelle mit hohen Kilometerleistungen wechseln unter 6500 Mark den Besitzer. Neuere Exemplare mit Hauptständer und Katalysator sind kaum unter 10 000 Mark zu haben. Mit dem weißblauen Emblem am Tank liegt der Wiederverkaufswert trotz ausländischer Beteiligung auf BMW-üblichem Niveau.
Wo BMW draufsteht, sollte auch ein Kardan dran sein, davon sind fast alle F 650-Besitzer überzeugt. Ansonsten aber herrscht nach Überstehen der Kinderkrankheiten fast einstimmig Zufriedenheit.
Meine F 650 kaufte ich 1993 neu. Der Single litt an zahlreichen Kinderkrankheiten. Bis zum Kilometerstand 13 000 mußte der Bock wegen eines undichten Öleinfüllstutzens, einer gelängten Steuerkette und einer undichten Wasserpumpe in die Werkstatt. Bei 17 700 Kilometern war dann endgültig Feierabend - der Motor streikte nun vollends. Ursache: verschlissene Auslaßventile. Die Reparaturkosten wurden von BMW zum größten Teil auf Kulanz übernommen. Nach der Kur war die Maschine nicht wiederzuerkennen. Sie sprang willig an und der vorher so zähe und lustlose Eintopf war nun spritzig, stark und scharf auf Drehzahlen. Bis heute sind 54 400 Kilometer ohne weitere Schäden abgespult. Allerdings ist in absehbarer Zeit eine neue Kupplung fällig, sie rutscht im fünften Gang beim Beschleunigen durch. Vor etwa 20 000 Kilometern erhielt der Motor einen Regina-Gold-Kettenkit und einen Scottoiler verpaßt. Er wurde neben dem Seitenkofferträger innen montiert. Nicht optimal, da ich ihn zum Schutz vor Spritzwasser in Folie verpacken mußte. Die Wirkung jedoch ist enorm. Die Maschine kommt mit einer Tankfüllung mehr als 30 Kilometer weiter, und das Kettenpeitschen im unteren Drehzahlbereich ist spürbar zurückgegangen. Die Kette ist immer sauber und zeigt samt Ritzel nach fast 20 000 Kilometern fast keinen Verschleiß. Ich frage mich, wieso BMW keinen ordentlichen Kettenschutz oder einen Zahnriemen verwendet. Sascha Flecken, ZülpichVon wegen italienisch. Meine F 650 ist prima. Ich habe sie 1996 mit 5300 Kilometern gekauft. Die 34 PS sind für mich als Anfängerin spritzig genug, und während der 8000 Kilometer hat mich die F 650 noch nie im Stich gelassen. Viel kleiner als 1,75 Meter sollte allerdings die Fahrerin der Serienversion nicht sein. Die einzige Reparatur bisher: ein defekter Hauptbremszylinder hinten. Laut Werkstatt übrigens kein Einzelfall.Tanja Tiedemann, MünchenNeukauf im März 1994 aufgrund der guten Testergebnisse und der allgemeinen Akzeptanz als BMW. Auf mehr als 44 000 Kilometern zwei Ausfälle durch Batteriedefekt und einen Kettenriß. Auf Garantie gab es einen Spiegel, eine Bremsscheibe vorn, den Bremslichtschalter und eine Zylinderkopf-Dichtung. Weiterer Verschleiß: Bremsbeläge hinten zwei-, vorne einmal, Auspuffdichtung, zweiter Kettensatz, Lenkkopflager, Kühlwasserschlauch, Tacho- und Drehzahlmesserwelle. Seit etwa 5000 Kilometern haben Drehzahlmesser und Öltemperaturanzeige volle Autonomie in der Beleuchtungsfrage und schalten sich unabhängig voneinander zu und ab. Besser als die japanische Kon kurrenz ist die BMW auch nicht.Ralph Schönfelder, DitzingenMit der F 650, die ich mir im März 1994 zulegte, habe ich das gesuchte Gebrauchsmotorrad gefunden. Die anfangs montierten Pirellis waren zwar bei Nässe gutmütiger als die Michelin T 66, hatten aber nur etwa die Hälfte der Lebensdauer. Außer einer undichten Zylinderkopfdichtung bei 8000 Kilometern auf Garantie hatte ich bis heute (23 000 Kilometer) noch keine außergewöhnlichen Reparaturen. Ein Ärgernis ist das nervige Rucken bis 3000/min. Weil bei Regenfahrten und schmutziger Fahrbahn viel Spritzwasser nach oben auf den Öl- und Benzintank geschleudert wird, ist es sinnvoll, das Schutzblech am Vorderrad mit einem zugeschnittenen Pkw-Spritzschutz zu verlängern. .Peter Höflich, GroßostheimMeine F 650 fahre ich seit Oktober 1995, Probleme hatte ich bis dato keine. Mittlerweile sind es 10 000 Kilometer, hauptsächlich bei Urlaubsfahrten nach Korsika, Sardinien, Holland gesammelt. Folgendes habe ich ergänzt: Sturzbügel von Hepco & Becker, Handprotektoren von Acerbis, sehr nützlich bei Regen für nahezu trockene Hände. Ferner eine hohe Scheibe von Five Stars. Bei meiner Körpergröße von 1,66 Meter sehr nützlich und auch die ansehnlichste im ganzen Sortiment. Ab Modell 1997 ist sie ja serienmäßig dran. Tieferlegung vom BMW-Händler um zirka vier Zentimeter; der Fahrkomfort bleibt erhalten, allerdings setzt der serienmäßige Hauptständer speziell bei Paßfahrten am Boden auf. Als ärgerlich erweist sich, daß der Seitenständer automatisch wegklappt. Deshalb fällt es mir schwer, mit dicker Gepäckrolle hintendrauf vom Bike abzusteigen. BMW hat für das Modell 1997 auf das automatische Wegklappen verzichtet - also Manko behoben.Anja Speth, Langenargen
BMW F 650Technische DatenMotorWassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor mit Ausgleichswelle, zwei obenliegende kettengetriebene Nockenwellen, vier über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, gleitgelagerte Kurbelwelle, Trockensumpfschmierung, kontaktlose Doppelzündanlage mit elektronischer Zündverstellung, zwei Mikuni-Gleichdruckvergaser, 0 33 mm, Drehstromlichtmaschine 280 Watt, Batterie 12V/12Ah, E-Starter.Bohrung x Hub 100 x 83 mmHubraum 652 cm3Verdichtungsverhältnis 9,7 : 1Nennleistung 48 PS (35 kW) bei 6500/minMax. Drehmoment 5,8 kpm (57 Nm) bei 5200/minKraftübertragungPrimärantrieb über Zahnräder, Mehrscheibenkupplung im Ölbad, klauengeschaltetes Fünfganggetriebe, Sekundärantrieb über O-Ring-Kette.FahrwerkEinschleifenrahmen aus Stahlprofilen mit geschraubten Unterzügen, Telegabel, Steuerkopf kegelrollengelagert, Standrohrdurchmesser 41 mm, Hinterradschwinge nadelgelagert,Zentralfederbein hinten, Federbasis und Zufstufendampfung verstellbar, Scheibenbremse mit Doppelkolbensattel vorn, 300 mm, Scheibenbremse hinten mit Einkolbensattel 240 mm, Speichenräder.Federweg vorn/hinten 170/165 mmFelgengrößevorn 2.15 x 19hinten 3.00 x 17 Reifengrößevorn 100/90 S 19hinten 130/80 S 17Maße und GewichteLenkkopfwinkel 62 GradNachlauf 110 mmLänge 2130 mmRadstand 1480 mmSitzhöhe 820 mmLenkerbreite 870 mmTankinhalt/Reserve 17,5/2 LiterGewicht vollgetankt 195 kgZul. Gesamtgewicht 371 kgService DatenService-Intervalle alle 10 000 kmÖlwechsel mit Filter alle 10 000 kmMotoröl SAE 20 W 40Füllmengemit Filter 2,1/ LiterZündkerzen NGK D8 EATelegabelöl BMWFüllmenge je Holm 600 cm3Ventilspiel kalt Einlaß 0,10 bis 0,15 mm Auslaß 0,10 bis 0,15 mm TestwerteHöchstgeschwindigkeit solo/mit Sozius 166/153 km/hBeschleunigung 0-100 km/h solo/mit Sozius 5,8/6,9 sekVerbrauch zirka 5 LiterKraftstoff Super Ersatzteil-PreiseSturzteileKupplungs-Armatur 73 MarkHandbrems-Aramatur 207 MarkLenker 89 MarkRückspiegel 49 MarkBlinker vorn und hinten 37 MarkTachometer 189 MarkDrehzahlmesser 150 MarkGabelstandrohr 309 MarkSchutzblech vorn 104 MarkScheinwerfer komplett 109 Mark Vorderrad 593 MarkSchalldämpfer 898 MarkTank, lackiert 265 MarkRahmen komplett 1981 MarkVerkleidung: 557 MarkVerschleißteileKettenkit 262 MarkBremsbeläge vorn und hinten 166 MarkKupplungsbeläge, ein Satz 192 MarkBremsscheibe vorn 285 MarkLuftfilter 11 MarkÖlfilter 17 Mark Stärken und SchwächenStärkenRobuste, tourentaugliche Maschine Agiler Motor mit KatBequeme Sitzposition, auch für SoziusSchwächenMotor ruckt unter 3 000/minMangelnder KettenschutzNur ein Jahr Garantie Test in MOTORRAD1Test 23/1993Vergleichstest 3/1994Vergleichstest 9/1994Vergleichstest 11/1994Vergleichstest 19/1994Vergleichstest 13/1995Langstreckentest 22/1995Vergleichstest 8/1996Test 24/1996Vergeleichstest 6/1997 Reifenfreigaben Typ E 169 vorn hinten110/90 -19 57 S 130/80-17 65 SPirelli MT 60 Pirelli MT 60Metzeler Enduro 4 Enduro 4110/90 -1957 H 130/80 - 17 65 SMichelin T 66 T 66 XBridgestone TW 101 TW 152Fußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.
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