Buells der XB-Reihe wirken im Vergleich zu denen der Rohrrahmen-Generation schon sehr ausgereift, wenngleich immer noch weit entfernt von japanischer Präzision. Erfinder und Namensgeber Erik Buell verfolgt ein radikales Konzept: Konzentration der Massen zur Verbesserung von Handling und Fahrbarkeit. Was in eigenwilligen Lösungen wie dem Rahmen als Benzin- und der Schwinge als Öltank mündet.
So ganz funktioniert das Konzept nicht, die Kombination von kurzem Radstand, steilem Lenkkopf und riesiger, innen umfassender Bremsscheibe sorgt je nach aufgezogener Bereifung für kippeliges Fahrverhalten und teilweise enormes Aufstellmoment beim Bremsen. Ausgerechnet die anfangs verwendete Erstbereifung Dunlop D 207 harmoniert überhaupt nicht mit den Buell-Modellen.

Die beiden Motoren mit 985 und 1202 cm3 Hubraum stammen ursprünglich aus der Harley Sportster und wurden für den Einsatz in den XB heftig umgekrempelt. Der kleinere ist recht drehfreudig, doch insgesamt passt der bulligere Drehmomentverlauf des großen besser zum Charakter des Amibikes. Bei engagierter Betätigung von Gas und Bremse verliert eines der Räder gerne mal den Bodenkontakt. Letztlich ist und bleibt eine Buell ein Bike für den lustvollen Sonntagstrip über die Hausstrecke, wie auch die oft geringe Laufleistung der Angebote belegt.
Technische Daten

Lightning XB12 S, Bj. 2004
Motor
luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-45-Grad-V-Motor, Kurbelwelle quer liegend, vier unten liegende, zahnradgetriebene Nockenwellen, zwei Ventile pro Zylinder, Hydrostößel, Stoßstangen, Kipphebel, Saugrohreinspritzung, ø 49 mm, keine Abgasreinigung, Lichtmaschine 520 Watt, Batterie 12 V/12 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Zahnriemen.
Bohrung x Hub 88,9 x 96,8 mm
Hubraum 1202 cm3
Verdichtungsverhältnis 10,0:1
Nennleistung 74,6 kW (101 PS) bei 6600/min
Max. Drehmoment
110 Nm bei 6000/min
Fahrwerk
Brückenrahmen aus Alu-Profilen, Upside-down-Gabel, ø 43 mm, voll einstellbar, AluminiumSchwinge, Zentralfederbein, direkt an-gelenkt, voll einstellbar, innenumfas-sende Scheibenbremse vorn, ø 375 mm, Scheibenbremse hinten, ø 240 mm.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Maße und Gewichte
Radstand 1320 mm, Lenkkopfwinkel 69 Grad, Nachlauf 83 mm, Federweg v/h 119/127 mm, Sitzhöhe 810 mm, Gewicht vollgetankt 209 kg, Zuladung 176 kg, Tankinhalt 14 Liter.
Messungen
MOTORRAD 22/2004
Fahrleistung
Höchstgeschwindigkeit*217 km/h
Beschleunigung
0100 km/h 3,9 sek
Durchzug
60100 km/h 4,0 sek
Verbrauch 3,8 bis 5,4 l/100 km, Super Plus
*Herstellerangabe
Modellpflege
2002 Einführung Firebolt XB9R, Preis 11439 Euro
2003 Einführung Lightning XB9 S, Preis 11439 Euro
2004 Einführung Firebolt/Lightning XB12R/S, Preis 11499 Euro, Preissenkung XB9R/S auf 10439 Euro, Erhöhung der Serviceintervalle von 4000 auf 8000 Kilometer, breiterer Sekundärzahnriemen, neue Riemenabdeckung, Schalthebel, Seiten-ständer, Rückspiegel
2005 Einführung Lightning CityX XB9SX (9279 Euro), XB9R/S entfallen. XB12R/S erhalten Dunlop D 208 statt D 207, Upside-down-Gabel mit 43er-Standrohren, überarbeiteter Ansaugtrakt
2006 Einführung Ulysses XB12X (11499 Euro) und Lightning Long XB12Ss (11249 Euro) mit längerer Schwinge. Alle Modelle erhalten ein neu konstruiertes Getriebe plus Kupplung sowie eine neue Schwinge. Feinschliff an vielen Details, unter anderem Zahnriemen und Airbox
2007 Einführung Lightning Low XB12Scg (ab 10525 Euro) mit niedriger Sitzhöhe und XB12STT Lightning Super TT (10999 Euro) in Supermoto-Optik. Erstbereifung Pirelli statt Dunlop. Straffere Fahrwerksabstimmung bei der Ulysses. Alle Buells erhalten eine neue Ölpumpe. Modifikationen von Ansaugtrakt, Motormanagement, Primär-gehäuse, Motordichtungen, Bremsscheiben-halterung, Auspuffbeschichtung und Sitzbank
Rückrufe
2002 Überprüfung des Seitenständers der XB9R wegen möglicher Bruchgefahr
2003 Überprüfung und Verlegung des Hupenkabels bei XB9/12S wegen Gefahr von Kurzschlüssen
2005 Überprüfung des Seitenständer-Gelenk-zapfens bei XB12R/S sowie XB9SX wegen möglichen Nichteinklappens im Fahrbetrieb
2007 Austausch des Neigungswinkelsensors bei XB12X wegen möglicher Fehlauslösung und Ausschalten der Zündung
Freiwillige Updates
Die 2003er-XB9R erhält neuen Seitenständer mit erhöhter Stabilität auf unebenem Untergrund
Einige Chargen der 2003er-Modelle von XB9R/S erhalten neue, verbesserte Radlager
Besichtigung

Obwohl eine Buell nicht an jeder Ecke herumsteht, wird sie oftmals weiter individualisiert. Besonders dem Klang wird gerne auf die Sprünge geholfen. TÜV hin oder her. Deshalb darauf achten, ob etwaige Veränderungen eingetragen sind. Ein vollständiges Serviceheft ist ebenfalls von Vorteil, da Buell im Rahmen von Inspek-tionen Verbesserungen und Updates vornimmt. Der ausladende Rahmen ist schon bei harmlosen Umfallern extrem kratzer- und beulengefährdet, deshalb Obacht bei großflächigen Abdeckungen.
Die Modelle der ersten Baujahre waren einem handgeschnitzten Prototyp stets näher als einem Serienfahrzeug, wie auch die vielen Rückrufe zeigen. Sofern regelmäßig beim Händler gewartet (Scheckheft), sollte das entsprechende Modell dem gegenwärtigen Stand der Technik entsprechen. Buells sind sehr eigenwillige Motorräder, im Zweifel gilt: »Its not a bug, its a feature!« Eine ausgiebige Probefahrt hilft herauszufinden, ob man dem eigenwilligen Charakter einer Buell auf Dauer gewachsen ist.
Buel S1/S3/M2/ X1

Erik Buell, Gründer und Namensgeber der Marke, war in den 1980er Jahren Ingenieur bei Harley-Davidson und in seiner Freizeit Rennfahrer aus Passion. Zudem ist er Patriot und träumte von einem amerikanischen Sportmotorrad. Nach einigen sehr eigenwilligen Kreationen für die Rennstrecke begann Anfang der neunziger Jahre die Fertigung von Straßenmotorrädern in Kleinstserien ausschließlich für die USA.
Erst 1997 schien mit der S1 die Zeit reif für den europäischen Markt. Leider waren die amerikanischen Donnerbolzen dem European way of riding nicht immer gewachsen, was zahlreiche Nachbesserungen an Motor und Fahrwerk zur Folge hatte. Neben den unten rechts aufgeführten Rückrufen wurden im Rahmen der regulären Inspektionen Verbesserungen durchgeführt, »updates« genannt. Ein vollständig gestempeltes Serviceheft ist deshalb von Vorteil. Ungeachtet der Bemühungen seitens Buell darf nicht vergessen werden, dass man es mit einem äußerst eigenwilligen Motorradkonzept zu tun hat, das sich nur schwer in gängige Schablonen pressen lässt. Die Kombination aus extremer Fahrwerksgeometrie, archaischem Antrieb sowie Detaillösungen, die sich weniger der Funktion als vielmehr dem Anderssein verpflichtet fühlen, ist zweifellos sehr reizvoll, im Alltag mitunter allerdings zermürbend. Die Rohrrahmen-Modelle sind noch vielmehr als die XBs wunderbare Motorräder für ungefiltertes Biken. Wer das akzeptiert, wird glücklich werden.
Technische Daten M2 Cyclone, Bj 1999

Motor
luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-45-Grad V-Motor, Kurbelwelle quer liegend, vier unten liegende, zahnradgetriebene Nockenwellen, zwei Ven-tile pro Zylinder, Hydrostößel, Stoß-stangen, Kipphebel, Trockensumpf-schmierung, Gleichdruckvergaser, Ø 49 mm, keine Abgasreinigung, Lichtmaschine 297 Watt, Batterie 12 V/18 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Zahnriemen.
Bohrung x Hub 88,8 x 96,8 mm
Hubraum 1199 cm3
Verdichtungsverhältnis 10,0:1
Nennleistung 65 kW (88 PS) bei 6100/min
Max. Drehmoment107 Nm bei 5400/min
Fahrwerk
Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor elastisch gelagert, Telegabel, Ø 43 mm, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge, Federbein direkt angelenkt, komplett einstellbar, Scheibenbremse vorn, Ø 340 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 230 mm.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.00 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 170/60 ZR 17
Maße und Gewichte
Radstand 1410 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad, Nachlauf 99 mm, Federweg v/h 119/ 125 mm, Sitzhöhe 820 mm, Gewicht vollgetankt 222 kg, Zuladung 180 kg, Tankinhalt* 19 Liter.
Messungen
MOTORRAD 6/1999
Fahrleistung
Höchstgeschwindigkeit*206 km/h
Beschleunigung
0100 km/h3,6 sek
Durchzug
100140 km/h10,0 sek
Verbrauch 4,9 bis 7,7 l/100 km, Super Plus
*Herstellerangabe
Marktsituation Buell S1/S3/M2/ X1

Über den Daumen gepeilt fahren zirka 2500 Buells der Rohrrahmen-Generation in Deutschland herum. Das heißt, sie stehen mehr, denn Jahresfahrleistungen von gerade mal 2000 Kilometern sind keine Selten-heit. Trotz des Alters von mittlerweile bis zu zehn Jahren liegt das Preisniveau hoch, Angebote für unfallfreie und fahrbereite Buell unter 5000 Euro sind selten. Die meisten Besitzer haben, ob freiwillig oder nicht, viel Zeit und Geld in die amerikanischen Pretiosen gesteckt, um sie am Leben zu erhalten. Kaum eine Buell blieb im Originalzustand, die Krone der Exotik bildet der extrem seltene Tourer S3.
Marktsituation Buell XB-Modelle

Insgesamt sind in Deutschland rund 7500 Buells zugelassen, von denen etwa zwei Drittel auf die XB-Modelle entfallen. Richtig billig sind unfallfreie und gut erhaltene Exemplare nie, unter 5000 Euro geht gar nichts. Für diese Summe gibt es dann 9er-XBs mit Verkleidung. Die deutlich bulligeren 12er-Modelle beginnen bei rund 7500 Euro, wobei auch hier die R-Versionen günstiger sind. Die ernsthaft als Reiseenduro titulierte Ulysses ist der Exot unter den Amibikes und sehr selten zu finden. Die City-Reihe gilt als Einsteiger-Buell und hat als einziges aktuelles Modell noch den »kleinen« 1000er-Motor.
Modellpflege

1997 Einführung S1 Lightning, M2 Cyclone, S3 Thunderbolt, Preise ab 9200 Euro
1999 Einführung X1 Lightning, Preis 10220 Euro, M2 und S3 erhalten umfangreiche Retuschen an Motor und Fahrwerk, S1 läuft aus
2000 S3 läuft aus, X1 und M2 erhalten neben vielen kleinen Änderungen wie der modifizierten Bremsscheibenhalterung neue Motoren mit stark überarbeitetem Kurbeltrieb, Hydrostößeln und Ölversorgung sowie ein Getriebe mit geänderten Übersetzungen. X1 zusätzlich mit Einspritzung, Preise ab 9200 Euro
2001 Kunststoffteile sind nicht mehr lackiert, sondern durchgefärbt. Modifikationen an Ventiltrieb, Ölversorgung und Schaltgestänge. Kabelbaum, Federbein und Schwinge geändert. Neue Schalldämpfer- und Schwingenlagerung. Rückspiegel mit längeren Auslegern. Preise ab 9480 Euro
2002 Markteinführung der komplett neu konstruierten XB9R. X1 und M2 laufen aus und erfahren letzte Änderungen an Auspuff, Hydrostößel und Federbein. Preise ab 9806 Euro
Rückrufe
1997 Bremsscheibenlagerung aller 1997er- und 1998er-Modelle wird überprüft
1998 Austausch Blinkrelais der Modelle 1996 bis 1998, Schwinge der 1999er-Modelle wegen mög-licher Rissbildungen überprüft.
1999 Vordere Motorhalterung, Massekabel, hintere Bremsleitung (X1), Seitenständerschalter, Tank-halterung und -belüftung überprüft, außerdem nochmals Hinterradschwinge sowie Federbein, wobei die Mängel je nach Modell und Baujahr unterschiedlich waren
2000 Überprüfung von hinterer Bremsleitung bei S3, Benzinfilter und Federbein, bei diversen Modellen
Freiwillige Updates
Alle 1997er- bis 2000er-Modelle erhalten ein neues Steuergerät, größere Hauptdüsen bei den Vergasermodellen, geänderte Zündkerzen, Motor-temperatursensoren und modifizierte Schwimmerkammern zum Schutz vor Überhitzung des hinteren Zylinders
Alle 1995er- bis 2000er-Modelle erhalten eine modifizierte Auspuffhalterung