Nach dem Debüt 1997 hat sich Honda mit der  VTR 1000 F  schnell den Spitzenplatz innerhalb der großen V2-Liga erobern können. Und das trotz der gleichzeitig auf den Markt drängenden Suzuki TL 1000 S, deren desaströser Start mit Fahr- und Triebwerksproblemen innerhalb des ersten Jahrs freilich den angestrebten Verkaufserfolg von Honda wesentlich erleichterte.
 Für die Probefahrt stand MOTORRAD eine VTR der Schwabengarage Stuttgart zur Verfügung, Erstzulassung März 1998 mit knapp 11000 Kilometern, die für 15400 Mark angeboten wird. In Privatanzeigen werden gebrauchte Firestorm meist etwas günstiger gehandelt, große Parallelimporteure bieten für den Preis fabrikneue VTR, Jahrgang 1999, an.
 Schon beim Anlassen fällt auf, wie zivil und leise der 1000 cm³ große V2 seine Lebensäußerungen abgibt. Ab 1500/min nimmt der Motor, dessen Choke noch direkt an der linken unteren Rahmenstrebe sitzt, ruckfrei im ersten Gang das Gas an. Beim Stop-and-go-Verkehr lernt der Fahrer schnell, beim Anfahren nicht zu übermütig am Gasgriff zu drehen. Denn die Kupplung an diesem Exemplar kommt spät und setzt, wenn die Drehzahl über 3500/min steigt, leicht rupfend mit einem überraschenden Vorwärtsschub ein.
 Ansonsten ist die VTR 1000 F problemlos zu fahren. Honda-typisch liegen alle Armaturen bequem zur Hand, Kupplung und Bremse lassen sich leicht bedienen. Wobei die Vorderradbremse trotz genügend großer Doppelscheiben und Vierkolbenzangen bewusst nicht zur Generation der Zweifingerbremsen wie bei den CBR 600 oder 900 aus dem gleichen Haus gehört.
 Ergonomisch nicht besonders gut gelungen ist lediglich die Position des zweiteiligen Lenkers, die Handgelenke schmerzen schnell. Die beiden Stummel, eigentlich in bequemer Höhe über der Gabelbrücke angeflanscht, sind zu weit nach außen und zu stark nach unten gekröpft. Kritik auch an der Verkleidung: Bereits ab Tempo 120, also erst knapp der Hälfte der VTR-Höchstgeschwindigkeit, schützt sie auch bei kleingewachsenen Fahrern den Oberkörper kaum vorm Fahrtwind.
 Das Fahrwerk ist für einen sportlichen Tourer sehr komfortabel gefedert, auf großer Urlaubstour sicher eine Wohltat, aber fürs sportliche Fahren oder den Zweipersonenbetrieb könnte speziell die Gabel vorn straffer ausgelegt sein. Apropos Ferienfahrt zu zweit: Vor allem bei etwas größeren Mitfahrern wird auf dem spartanischen Soziusplätzchen wenig Spaß aufkommen.
 Äußerst überzeugend ist die recht unspektakuläre Art der Leistungsentfaltung. Zwischen 6000 und 8500/min mobilisiert der Motor ohne störende Vibrationen seine Kraftreserven, schiebt nachdrücklich und souverän voran. Um im Gegensatz zur donnernden Konkurrenz aus Bologna oder zum Suzuki-Pendant ruckfreies Ansprechen schon bei niedrigen Drehzahlen zu ermöglichen, arbeiten die Honda-Konstrukteure mit unterschiedlich langen Ansaugtrichtern für die beiden üppig dimensionierten 48-Millimeter-Keihin-Vergaser und verwenden unterschiedliche Steuerzeiten für den vorderen und hinteren Zylinder.
 Beim Langstreckentest von MOTORRAD gab es nach 50000 Kilometern am raffinierten Innenleben des Motors nichts zu beanstanden. Der 90-Grad-V-Twin hinterließ den Eindruck, als könne er ohne Revision mindestens noch einmal die gleiche Distanz überstehen. Geändert hat Honda an der Firestorm seit ihrem Erscheinen wenig: Ab 1998 wanderte ein ungeregelter Katalysator in die Auspuffanlage, ab dem Jahrgang 2000 wurden die vorderen Bremsscheiben geringfügig leichter.
 VTR-Fahrer finden im Internet unter www.vtr1000.de auf der Homepage jede Menge praktische Tipps. Sowohl Sport- als auch Tourenfahrer setzen häufig auf eine ergonomisch günstigere Lenkerposition, der Zubehörhandel bietet ab 350 Mark aufwärts angenehmer gekröpfte Teile. Der Windschutz lässt sich bis zirka 160 km/h mittels einer Sportscheibe mit kurzer Spoilerkante von MRA-Klement, Telefon 07663/93 89 0, verbessern, Kostenpunkt 149 Mark.
 Ein Ärgernis ab Modelljahr 1998 ist der Tankeinfüllstutzen, der so verengt wurde, dass nur noch die Zapfpistole mit kleinerem Durchmesser für Bleifrei-Kraftstoff passt. Da obendrein eine durch eine Feder selbsttätig schließende Klappe eingebaut wurde, funktioniert die Tankentlüftung nicht mehr, der Tankvorgang wird ein paar Liter zu früh beendet. Und das bei der ohnehin schon recht geringen Reichweite der VTR. Abhilfe schafft, den Deckel nach innen zu biegen, um die Restmenge problemlos nachfüllen zu können.
 Offiziell wird die Firestorm in Deutschland nur mit 98 PS angeboten. Bei der beliebten Entdrosselung auf 110 PS werden meistens nur die Blenden in den Ansaugstutzen entfernt, eigentlich ist auch eine andere Bedüsung für Volllast auf der Autobahn oder Rennstrecke und ein Zusatz-Steuergerät für 366 Mark fällig: Was in den offiziellen Vorgaben allerdings nicht erwähnt wird, sind andere Schiebernadeln, die den Verbrauch deutlich senken sollen.
 Ein wirkliches Angebot von Honda für einen größeren Aktionsradius wäre zweifellos ein größerer Tank. Und mit Einspritzung, die zudem einen geregelter Kat ermöglichte, würde die VTR vielleicht weniger Sprit konsumieren. Damit wären drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, die den Leisetreter noch weiter nach vorn brächten.
Technische Daten - Honda VTR 1000 F
VTR 1000 F
 
 Technische Daten
 
 Motor
 
 Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, je zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, Keihin-Gleichdruckvergaser, 0 48 mm, kontaktlose Transistorzündung, Hubraum 996 cm³, Nennleistung 72 kW (98 PS) bei 8500/min, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, E-Starter.
 
 Fahrwerk
 
 Brückenrahmen aus Aluprofilen, Motor mittragend, Telegabel, Standrohrdurchmesser 41 mm, mit verstellbarer Federbasis und Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein mit Hebelsystem, mit verstellbarer Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Vierkolbensättel, schwimmend gelagerte Bremsscheiben, 0 296 mm, Scheibenbremse hinten, 0 220 mm, Leichtmetall-Gussäder, Federweg vorn/hinten 109/124 mm
 
 Maße und Gewichte
 
 Sitzhöhe 790 mm
 
 Tankinhalt/Reserve 16/2,5 Liter
 
 Gewicht vollgetankt 216 kg
 
 Service-Intervalle alle 6000 km
 Testwerte
 
 Höchstgeschwindigkeit 239 km/h
 
 Beschleunigung 0-100 km/h 3,2 sek
 
 Verbrauch 6,8 Liter
 
 Kraftstoff Normal
 Ersatzteil-Preise
 
 Sturzteile
 Kupplungsarmatur 366 Mark
 Handbremsarmatur 258 Mark
 Lenkerhälfte 187Mark
 ein Rückspiegel 113 Mark
 Blinker vorn 109 Mark
 Tachometer 452 Mark
 Drehzahlmesser 374 Mark
 Gabelstandrohr 251 Mark
 Schutzblech vorn 117 Mark
 Vorderrad 826 Mark
 ein Schalldämpfer 828 Mark
 Tank, lackiert 916 Mark
 Rahmen komplett 2589 Mark
 Verkleidung:
 Oberschale 234 Mark
 Je Seitenverkleidung 530 Mark
 Scheibe 294 Mark
 
 Verschleißteile
 Kettenkit 352 Mark
 Bremsbeläge vorn, komplett 110 Mark
 Kupplungsbeläge, ein Satz 244 Mark
 Bremsscheiben vorn 1067 Mark
 Luftfilter 76 Mark
 Ölfilter 15 Mark
 Steuergerät (bei Entdrosselung) 947 Mark
 Stärken und Schwächen
 
 Stärken
 
 Kultiviertes, elastisches Triebwerk
 
 Spurstabiles, wendiges Fahrwerk
 
 Bedient Sport- und Tourenfahrer
 
 
 Schwächen
 
 Zu kleiner Aktionsradius
 
 Spärlicher Windschutz 
 
 Weiche VorderradgabelTest in MOTORRAD1
 
 Test 6/1997
 
 Vergleichstest 7/1997
 
 Vergleichstest 12/1997
 
 Ausprobiert 4/199
 
 Vergleichstest 11/1998
 
 Langstreckentest 17/1998
 
 Vergleichstest 23/1999
 Reifenfreigaben Typ ____
 
 vorn hinten
 120/70 ZR 17 180/55 ZR 17
 Dunlop D 204 FK/K
 Michelin Macadam 90 X/XG
 Bridgestone BT 56 F/R
 Bridgestone BT 57 F/G/R
 Metzeler ME Z1 Front/ME Z1
 Pirelli MTR 01/02
 
 \Fußnoten:\1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.
Gebrauchtkauf: Honda VTR 1000 F
Nachdem Honda gleich beim Debüt 1997 die mit Fahrwerksschwächen und Motormacken behaftete Mitkonkurrentin Suzuki TL 1000 S locker distanzieren konnte, sind die Preise für gebrauchte Firestorm auf hohem Niveau entsprechend stabil. Die Schwacke-Liste notiert: Baujahr 1997 (27 500 Kilomter) 10 600 Mark; 1998 (19 100 Kilometer) 12 100 Mark; 1999 (10 700 Kilometer) 10 600 Mark. In den dreieinhalb Jahren Marktdasein wurden bisher rund xxxx Stück verkauft. Unmittelbare Konkurrentin bleibt freilich die TL 1000 S, deren anfängliche Schwächen seit 1998 als behoben gelten können. Ein anderer Widersacher kommt aus Italien: Ducatis ST 4. Ob das Vierventil-Triebwerk der 916 im Sporttourertrimm seine Faszination auch mit Zuverlässigkeit und Bequemlichkeit paart, klärt gerade ein MOTORRAD-Langstreckentest.
Lesererfahrungen - Honda VTR 1000 F
Optik und Fahrverhalten meiner 1997 gekauften VTR haben mich von Anfang an begeistert. Die Original-Auspuffanlage habe ich gleich gegen eine Bos mit ABE getauscht. Jetzt stellt mich auch der Sound zufrieden. Nach der ersten Inspektion ist der Motor durch Entfernen der Reduzierringe im Ansaugtrakt entdrosselt worden. In Kurzform: eine sehr zuverlässige Maschine, für 1,72 Meter gute Sitzposition, ein durchzugsstarker Motor mit kernigem V2-Sound, gute Bremsen, wenig Aufstellneigung, Verbrauch (zwischen 6,5 und 7 Litern/100 km) akzeptabel, Serienbereifung Dunlop D 205 problemlos.
 Thomas Blohm, Winsen
 
 Zu bemängeln sind die Kombination kleiner Tank/hoher Verbrauch, die ungünstig gekröpften Lenkerstummel und die zu weiche Telegabel. Verbrauchssenkend (vorher 7,5 Liter) hat sich bei mir das Entdrosseln ausgewirkt, der Umbau auf die Lenkerstummel der VFR schont die Handgelenke, und ein korrekter Ölstand in der Gabel, eventuell in Verbindung mit Technoflex-Federn, verbessern das Ansprechverhalten. Weitere sinnvolle Veränderungen sind die Umrüstung auf Stahlflex-Bremsleitungen, ein 43er-Kettenrad und eine Heckhöherlegung mit einer Unterlegscheibe an der oberen Federbeinaufnahme. Ich würde die VTR jederzeit wieder kaufen (vielleicht nächstes Jahr mit Einspritzung und Dreiwege-Kat?).
 Carsten Doil, Stuttgart
 
 Letztes Jahr im Februar konnte ich eine VTR, Baujahr 1998, mit 14 00 Kilometern für 11 000 Mark erstehen. Nach weiteren 10 000 Kilometern hat sie sich als zuverlässige Maschine erwiesen, deren kräftiger V2 mich immer wieder beeindruckt. Meine Reifenwahl fiel auf den Michelin Macadam, der zwar nicht so auf der Straße klebt wie der Metzeler Z1, dafür aber doppelt bis dreimal so lange hält. Die VTR ist allerdings soziusuntauglich, weil der Sitz hinten verdammt unbequem ist und das Vorderrad im Zweipersonenbetrieb den Kontakt zur Straße noch schneller verliert.
 Michael Baumann, Rosenfeld
 
 Handling und Fahrkomfort gehen absolut in Ordnung. Die Durchzugskraft des V2-Motors ist vollkommen ausreichend, sein Sound allerdings mit Karbon-Schalldämpfern von Bos um einiges zu verbessern. Außer einem klappernden linken Rückspiegel konnte ich auf15 000 Kilometern bis jetzt keine Mängel feststellen. Den Seitenständer habe ich etwas abgeschrägt, die Maschine steht dann sicherer. Mit größerem Tank würden ausgedehntere Touren noch mehr Spaß machen.
 Udo. G. Molino, Bensheim











