Gebrauchtberatung Kawasaki GPZ 900 R

Gebrauchtberatung Kawasaki GPZ 900 R Kontrast-Programm

Gepflegte Perle im Originalzustand oder desolate Bastelkiste – bei der Suche nach einer gebrauchten Kawasaki GPZ 900 R erlebte MOTORRAD die ganze Bandbreite des Secondhand-Marktes.

Kontrast-Programm Holzwarth

Der Dienstag nach Pfingsten ist heiß und unangenehm schwül. Seit fast zwei Stunden verhandeln wir schon mit dem Erstbesitzer einer Kawasaki GPZ 900 R über den Kaufpreis,
ohne auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Der Schweiß rinnt, und der
Körper lechzt nach Erfrischung, als dem
Besitzer der Geduldsfaden reißt: »Ich muss meine Kawasaki nicht unbedingt verkaufen«, beharrt er mit demonstrativ vor der Brust verschränkten Armen auf seiner Preisforderung von 3590 Euro und verweist noch einmal auf den »exzellenten Zustand« seiner Maschine.
Diesem Einwand können wir tatsächlich nicht widersprechen. Abgesehen von zwei kleinen Kratzern an Tank und Seiten-
deckel gibt es an dieser GPZ wirklich nichts zu kritisieren. Es ist ein 1988er-
Modell im absoluten Originalzustand, das
lediglich 9000 Kilometer gelaufen ist. Für die Glaubwürdigkeit des abgelesenen
Tachostandes sprechen nicht nur der erstklassige Erhaltungszustand, sondern auch die lückenlos vorliegenden Inspektionsrechnungen und TÜV-Berichte sowie die Tatsache, dass auf den schmalen
Felgen noch die Erstbereifung aufgezogen ist. Fehlanzeige heißt es weiterhin bei der Suche nach Mängeln an schlecht zugänglichen Stellen wie den Krümmern oder dem korrosionsanfälligen Vorschalldämpfer. Typische Standschäden sind ebenfalls nicht auszumachen, weil der Vorbesitzer bereits die Vergaser komplett überholen ließ und dies mit einer Werkstattrechnung über 450 Euro belegen kann. Somit verbleibt als einziges erwähnenswertes Manko der Austausch der ausgehärteten Reifen, für den der Verkäufer einen Abschlag von 290 Euro
letztlich akzeptieren würde.
Dennoch sind die geforderten 3300 Euro happig für einen überholten Supersportler der 80er Jahre, dem zwar ein
gewisser Kultstatus anhaftet, der sich bislang aber noch nicht in Liebhaberpreisen niedergeschlagen hat. Andererseits dürfte es vermutlich nur ganz wenige Exemplare einer GPZ 900 R der Urversion in ähnlich gutem Originalzustand geben. Kurzum, wir wollen sie haben. Vor der Probefahrt geben wir uns zu
erkennen und signalisieren erneut, maximal 2500 Euro ausgeben zu wollen.
Bei der Rückkehr zwanzig Minuten später wirkt der Kawasaki-Eigner wie ausgewechselt. Zu unserer Überraschung akzeptiert er ohne weitere Diskussionen das Angebot und lädt uns zu einer Tasse Tee ein. Im entspannten Plauderton begründet er seinen Sinneswandel mit der Gewissheit, dass er »seine« 900er-Kawasaki bei den Redakteuren von MOTORRAD in besten Händen wähnt und sie so vor dem Schicksal bewahrt, »von einem Heizer malträtiert« zu werden. Danke für das Vertrauen!

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Modellübersicht - Kawasaki GPZ 900 R

Die Ende 1983 präsentierte Kawasaki GPZ 900 R setzte Maßstäbe unter den damaligen Big Bikes. In zahlreichen Vergleichstests konnte das von Grund auf neu konstruierte Bike mit seiner sportlichen Motorcharakteristik, dem steifen Fahrwerk sowie den hervorragenden Bremsen der hubraumstärkeren Konkurrenz in fahrdynamischer Hinsicht das kantige Heck zeigen. Kritik gab es lediglich für die straffen Federelemente sowie für die gestreckte und damit besonders für kleinere Piloten etwas unkomfortable Sitzposition. Demgegenüber heimste der wassergekühlte Vierzylinder fast nur Lob ein. Das kultivierte Triebwerk überzeugte nicht nur mit famosen Fahrleistungen, sondern auch mit einer beispielhaften Zuverlässigkeit bei zurückhaltendem Spritverbrauch. Diese positiven Eigenschaften stellte die GPZ 900 R beim MOTORRAD-Langstreckentest über 100000 Kilometer eindrücklich unter Beweis. Nach dieser überwiegend zügig absolvierten Mammut-Distanz genügten ein Satz Übermaßkolben und das Aufbohren der Zylinder, um den Motor wieder topfit zu machen. Nicht zuletzt deswegen wurde die GPZ 900 R während der 80er Jahre zu einer festen Größe, die sogar die potenziellen Nachfolge-Modelle GPZ 1000 RX und ZX 10 überlebte. Erst 1990 erfuhr die aus Sportlersicht mittlerweile ins zweite Glied abgerutschte 900er eine gründliche Überarbeitung des Fahrwerks (siehe rechts), die jedoch an den rückläufigen Verkaufszahlen nichts mehr ändern konnte. Ende 1993 stellte Kawasaki Deutschland den Import ein. Wer aber für wenig Geld ein ausgereiftes Big Bike erstehen möchte, macht auch heutzutage mit einer gepflegten und regelmäßig gewarteten GPZ 900 R nichts falsch.MarktsituationZwischen 1984 und 1993 verkaufte der offizielle Importeur von der GPZ 900 R insgesamt 11600 Stück. Hinzu kommen noch etliche Einheiten, die über graue Kanäle nach Deutschland gelangten. Deshalb lässt sich der aktuelle Bestand nicht exakt bestimmen, es dürften jedoch noch immer gut und gerne 8000 Exemplare sein, die irgendwann auf dem Gebrauchtmarkt landen. Für GPZ 900 R der Modelljahre bis 1992 gibt es keine Orientierungshilfen bei der Preisfindung, da beispielsweise Schwacke nur Motorräder ab 1993 bewertet. Zudem spielt die 900er bei Händlern keine Rolle mehr, weil die aufgrund der Gewährleistungspflicht ungern Motorräder in Zahlung nehmen, die älter als sieben Jahre sind. So wechselt eine GPZ 900 fast nur noch von privat an privat den Besitzer, wobei unverbastelte Exemplare der letzten Baureihe im gepflegten Originalzustand mit viel Glück schon mal 3500 Euro bringen können (Tachostand unter 20000 Kilometer), während sich das Gros des Angebots wegen der zumeist hohen Laufleistungen zwischen 500 und 1500 Euro bewegt. Die große Verbreitung ist vermutlich auch der Grund, weshalb die GPZ 900 R – im Gegensatz zu vielen älteren, luftgekühlten Kawasakis – derzeit keinen Liebhaberstatus genießt. Doch was nicht ist, kann ja noch werden. Wer schon immer mal mit einer Kawasaki GPZ 900 R geliebäugelt hat, darf deshalb bei einem »serienmäßigen« Exemplar im Bestzustand getrost zugreifen, solange die Gelegenheit so günstig ist.BesichtigungBei der Suche nach einer GPZ 900 R sollte man sich auf Exemplare ab Modelljahr 1987 beschränken, die als überaus robust gelten. Zuvor gab es häufiger Probleme mit dem Steuerkettenspanner und sich verdrehenden Vergasermembranen, die sich in Startschwierigkeiten, unrundem Motorlauf und Leistungsmangel äußern. Ab 1986 kamen zudem härtere Einlassventile zum Einsatz, außerdem wurde die Ölzuführung zu den Nockenwellen verbessert. Des Weiteren empfiehlt sich die Kontrolle des Seitenständer-Killschalters, der häufiger Ärger bereitet. Bei der Probefahrt sollte man zudem auf rubbelnde Bremsscheiben achten. Ansonsten sind keine weiteren modellspezifischen Schwachpunkte bekannt, so dass man seine Aufmerksamkeit bei der Besichtigung auf die üblichen Checkpunkte und Standschäden lenken kann.OptimierungWie die meisten Motorräder der 80er Jahre profitiert die GPZ 900 R vom Fortschritt der Reifentechnologie. Nach den Erfahrungen, die MOTORRAD mit den Bridgestone BT 45 auf verschie-denen Bikes gesammelt hat, dürften diese für das ältere Modell mit 16-Zoll-Vorderrad freigegebenen Pneus der Kawasaki ebenfalls zu einem verbesserten Fahrverhalten verhelfen. Bei der Optimierung einer GPZ 900 R ab Modelljahr 1990 mit 17-Zoll-Vorderrad (MOTORRAD 18/1999) erwies sich der Metzeler ME 1 in CompK-Mischung als der ausgeglichenste Reifen. Sehr empfehlenswert sind darüber hinaus progressive Gabelfedern und hochwertige Federbeine aus dem Zubehör, beispielsweise von White Power, Wirth oder Wilbers. Letzterer lieferte bei den Fahrversuchen im Rahmen der Optimierung das beste Set-up für die Modelle ab 1990. Während die Bremsen der GPZ 900 R bis 1989 auch heute noch überzeugen können, fällt die Wirkung der ab 1990 verbauten Vierkolbenzangen relativ stumpf aus. Wesentlich mehr Biss zeigten im Test die Sintermetall-Bremsbeläge von Lucas und Carbone Lorraine, welche die Bremsleistung auf das Niveau aktueller Sporttourer hieven. Wer die GPZ auf nominell 115 PS entdrosseln will, benötigt vier Vergaserdeckel ohne Schieberanschlag, die Alpha Technik, Telefon 08036/ 300720, für 169 Euro (einschließlich TÜV-Gutachten) vertreibt.Testsin MOTORRAD*5/1984 (T); 9/1984 (VT); 10/1984 (VT); 14/1985 (VT); 25/1985 (T); 7/1986 (T); 11/1986 (LT 100000 km); 15/1986 (VT); 16/1986 (VT); 21/1986 (VT); 11/1988 (MR); 6/1990 (T); 1/ 1992 (GK); 4/1992 (VT)Internet www.900r.de

Alternativangebot

Als preisgünstige Alternative besichtigen wir eine GPZ 900 R von 1987 im identischen Lackkleid, die 46600 Kilometer gelaufen ist und für 1100 Euro zum Verkauf steht. Im Vergleich zum zuvor beschriebenen Modell bietet diese Kawasaki aus dritter Hand jedoch ein erbärmliches Bild. Während sich das Äußere mit einer Beule im Tank sowie dem mehrfach gerissenen Sitzbezug in der Relation zum Preis noch in einem halbwegs tolerierbaren Zustand befindet, ergibt die nähere Untersuchung drastische Mängel bei der Technik. Am Motor, der nach Aussagen des Verkäufers »noch nie eine Werkstatt gesehen hat«, zeugen nicht nur die dilettantisch zugekleisterten Dichtflächen von diesem bedauernswerten Versäumnis, sondern auch Ölverlust an der Unterseite, die schlechte Gasannahme sowie ein metallisches, nicht definierbares Klappergeräusch. Als weitere Mängel entdecken wir defekte Gabeldichtringe, austretende Bremsflüssigkeit am linken Bremssattel, abgefahrene Reifen sowie eine verschlissene Kette samt Ritzel und Kettenrad. Krönung des Ganzen ist der fehlende Seitenständer, den der Besitzer wegen des defekten Unterbrecherschalters kurzerhand abmontiert hat. Trotz des miserablen Zustands will er nur 100 Euro nachlassen. Da heißt es selbst für begabte Schrauber: Finger weg!

MOTORRAD-Checkpoint - Modelle ZX 900 A1 bis A6

MotorWassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier über Gabelschlepphebel betätigte Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, vier Keihin-Gleichdruckvergaser, Ø 34 mm, kontaktlose Transistorzündung, keine Abgasreinigung, E-Starter, Drehstromlichtmaschine 300 Watt, Batterie 12 V/14 Ah.Bohrung x Hub 72,5 x 55 mm Hubraum 901 cm³Verdichtungsverhältnis 11:1Nennleistung 74 kW (100 PS) bei 9500/minMax. Drehmoment 85 Nm (8,7 kpm) bei 8500/minKraftübertragungPrimärantrieb über Zahnräder, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.FahrwerkRückgrat-Rohrrahmen aus Stahl mit geschraubtem Aluheck, luftunter-stützte Telegabel mit hydraulisch ge-steuertem Anti Dive, Standrohrdurch-messer 38 mm, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, über Hebelsystem angelenktes, luftunterstütztes Zentral-federbein mit vierfach einstellbarer Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 280 mm, Einkolben-Schwimmsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 270 mm, Reifengröße vorn 120/80 V16, hinten 130/80 V18.Maße und GewichteRadstand 1495 mm, Lenkkopfwinkel 61 Grad, Nachlauf 114 mm, Federweg v/h 140/115 mm, Sitzhöhe 780 mm, Tankinhalt 22 Liter, Gewicht vollgetankt 257 kg, zulässiges Gesamtgewicht 430 kg.Messwerte (MOTORRAD 5/1984)Höchstgeschwindigkeitsolo (mit Sozius) 241 (217) km/hBeschleunigung solo (mit Sozius)0–100 km/h 3,6 (4,3) sekDurchzug solo (mit Sozius)60–140 km/h 11,6 (14,5) sekVerbrauch 4,9 bis 10,4 l/100 km, Normalbenzin

Modellpflege

1984 Markteinführung mit 16-Zoll-Vorderrad (oben) zum Preis von 11690 Mark1986 modifizierte Vergasermembranen; härtere Einlassventile; verbesserte Ölzuführung zu den Nockenwellen1987 geänderter Steuerkettenspanner1988 Bremsscheiben mit geändertem Lochbild1990 gründliche Überarbeitung: Telegabel mit 41 Millimeter starken Standrohren ohne Verstellmöglichkeiten; 3,00 x 17-Zoll-Vorderrad mit Bereifung 120/70 V17; 3,50 x 18-Zoll-Hinterrad mit Bereifung 150/70 V18; schwimmend gelagerte Bremsscheiben mit 300 Millimeter Durchmesser und Vierkolben-Bremszangen (unten Mitte); Bremse hinten mit Doppelkolben-Schwimmsattel (oben rechts); einstellbare Handhebel; geänderte Auspuffanlage und modifizierte Sekundärübersetzung; neuer Preis 14140 Mark1993 letztes offizielles Modelljahr in Deutschland, Preis: 15215 Mark

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