Auch wenn viele es für überflüssig halten: Wenigstens einmal im Leben mit fast 300 km/h auf einem Motorrad zu hocken, ist ein Erlebnis. Dem einen geht da die Düse, die andere juchzt begeistert auf. Wenn schon, dann aber bitte mit einem Motorrad, das diese Disziplin souverän beherrscht. Die Kawasaki ZZR 1400 kann es. Und wie. Seit Markteinführung 2006 läuft sie selbst bei solchen verrückten Geschwindigkeiten phänomenal stabil und sauber geradeaus. Anfänglich mit 190 nominellen (und 180 gemessenen) PS, allerdings mit mauem Durchzug unterhalb von 5000/min und einer spürbaren Schwäche bei 3000/min. Sofern man das bei dieser Brachialleistung überhaupt sagen darf.
Aber mit der Modellpflege 2008 sollte es besser laufen. Unter 3000/min tut es das auch, zehn Newtonmeter mehr Drehmoment. Allerdings drücken im mittleren Drehzahlbereich bei gut 6000/min fünf Newtonmeter weniger als zuvor. Trotzdem ist der mit G-Kat ausgestattete Typ D die bessere Wahl, auch wenn die Kawasaki ZZR 1400 schon zuvor mit formidablen ABS-Bremsen und klasse Fahrwerk glänzen konnte. Der Leistungsschub in höheren Drehzahlregionen war bereits bei der ersten Serie unschlagbar. 2012 kam eine Traktionskontrolle hinzu, und die Kawasaki knackte die 200-PS-Grenze. Das Wettrüsten – vor allem mit Suzukis Hayabusa – bedeutet aber auch, dass die „schwächeren“ Vorgängerinnen relativ günstig verschleudert werden. Bitte beachten: Spitzenleistung ist ein Kriterium, Haltbarkeit und Tourentauglichkeit sind aber die vielleicht wichtigeren, die den Top-Gegenwert ausmachen.
Besichtigung
Ein lückenhaftes Serviceheft ist dann verkraftbar, wenn nur der Sicherheitscheck (Kupplung, Bremsen) alle 6000 Kilometer fehlt, denn alle 12.000 steht ohnehin eine Inspektion mit Ölwechsel et cetera an. Dass angesichts oft hoher Belastungen Profis regelmäßig außerdem Räder und Kette überprüfen, ist dennoch sinnvoll. Alle 42.000 Kilometer (Ventile einstellen) entstehen mitunter Inspektionskosten weit über 600 Euro. Fallen zeitgleich noch neue Reifen an (ca. alle 3000 Kilometer Hinterreifen, ab 150 Euro), nehmen dies viele zum Anlass, die Kawasaki ZZR 1400 zu verkaufen. Also: Folgekosten vorher prüfen! Insgesamt schlagen außer Wartungsarbeiten aber kaum teure Reparaturen zu Buche. Bei Speedfreaks populär, aber illegal: ein spezielles Dynajet-Kit, um dem Motormanagement vorzugaukeln, es befände sich im fünften Gang (nur dort volle Leistung). Bei der Probefahrt erkennt man das übrigens gleich daran, dass im Cockpit-Display dauerhaft Gang fünf angezeigt wird.
Marktsituation
Vereinzelte Kawasaki ZZR 1400 werden schon um 4500 Euro angeboten. Allerdings teilweise ohne ABS (meistens gebrauchte EU-Importe und Fahrzeuge des ersten Baujahrs 2006). Um 5000 Euro kann man aber schon recht verlässlich ein Schnäppchen machen. Laufleistungen von über 50.000 Kilometern sollten bei nur einem oder zwei Vorbesitzern und insgesamt gutem Zustand nicht abschreckend wirken, denn der Gegenwert passt immer noch. Die technisch etwas aufgefrischten Modelle ab 2008 liegen bei Laufleistungen um 25.000 Kilometern bei rund 6500 Euro aufwärts. Sie machen sich auf dem Markt allerdings relativ rar, weil der Bestand sehr klein ist. Das 2010er-Modell etwa wurde neu nur 38-mal(!) verkauft. Für einen modernen, aber gebrauchten Typ F (ab 2012) investieren Interessenten wohl kaum mehr als 10.000 Euro, weil neue EU-Importe und Vorjahres-Vorführer schon um 12.500 Euro feilgeboten werden und Tageszulassungen mit Tachostand null ab 13.500 Euro erhältlich sind.
Verfügbarkeit am Markt: mittelhoch
Preisniveau in Euro | Baujahr | km-Stand |
Niedrig 4500–5900 | 2006–2007 | 25.000–70.000 |
Mittel 6000–8400 | 2006–2010 | 10.000–50.000 |
Hoch 8500–10 500 | 2008–2012 | 5000–25.000 |
Typ | im Programm | Verkäufe* |
ZX1400B | 2006–2007 | 1533 |
ZX1400D | 2008–2011 | 780 |
ZX1400F | 2012 bis heute | 406 |
* Stand Mai 2014
Modellpflege
2006 Markteinführung Typ ZX1400B mit 190 PS (98-PS-Drosselvariante erst ab 2007) und 260 kg Gewicht. Zwei ungeregelte Katalysatoren. Preis: 13995 Euro.
2008 Neuer Typ ZX1400D mit Anpassungen nach Euro 3-Norm. Zusätzlicher geregelter Katalysator, neue Einspritzdüsen und Motorsteuergerät. Leistung: 193 PS. Gewicht: 264 kg. Preis: 13795 Euro.
2012 Typ ZX1400F mit modifiziertem Motor (1441 cm³, 200 PS) und verstärktem Rahmen. Neue Schalldämpfer, längere Schwinge, leichtere Räder, neue Anti-Hopping-Kupplung. Dreistufige Traktionskontrolle, geändertes ABS. Gewicht: 268 kg. Preis: 15595 Euro.
Technische Daten Kawasaki ZZR 1400

(Typ ZX1400D, Modelljahr 2008)
Motor: Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, geregelter Kat mit Sekundärluftsystem, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub: 84,0 x 61,0 mm
Hubraum: 1352 cm³
Nennleistung: 142 kW (193 PS) bei 9500/min
Max. Drehmoment: 154 Nm bei 7500/min
Fahrwerk: Monocoque aus Aluminium, Upside-down-Gabel, verstellbare Federbasis, Druck- und Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Alu, Zentralfederbein, mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Druck- und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, ABS.
Alu-Gussräder: 3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17
Maße + Gewicht: Radstand 1460 mm, Lenkkopfwinkel 67,0 Grad, Nachlauf 94 mm, Federweg v/h 117/122 mm, Sitzhöhe* 795 mm, Gewicht vollgetankt* 264 kg, Tankinhalt/Reserve 22,0/2,0 Liter.
Messungen
Höchstgeschwindigkeit**: 298 km/h
Beschleunigung 0–100 km/h: 2,9 sek
Durchzug 60–100 km/h: 4,2 sek
Verbrauch: 5,7 l/100 km (Landstraße)
*MOTORRAD-Messungen, **Herstellerangaben
Kawasaki ZZR 1400 Bj. 2006: