Gebrauchtberatung MuZ Skorpion
Einfach laufen lassen

Diese Devise trifft zwar für die Besitzer einer Skorpion Tour oder Sport zu. Doch trotz der Kombination von famosem Fahrwerk und gestandenem Yamaha-Motor hat MuZ im Wettstreit mit der Konkurrenz das Nachsehen.

Die beiden Modelle Skorpion Tour und Sport des Motorradwerks MuZ im sächsischen Zschopau-Hohndorf sind ausgereifte Konstruktionen. Ihr schlicht klassisches Design hat in Verbindung mit der inzwischen erreichten Fertigungsqualität überzeugte Anhänger gefunden. Dennoch läßt der Erfolg auch heute, fünf Jahre nach dem Start 1994, zu wünschen übrig. Gerade mal rund 1100 Maschinen der beiden Modelle - die Flensburger Statisitk macht keinen Unterschied - bevölkern die Straßen der größer gewordenen Republik.
Warum hat die Trumpfkarte Skorpion bisher nie so gestochen, wie die Macher von MuZ um den alten und neuen Vorsitzenden Petr-Karel Korous in Aussicht gestellt hatten? Die Frage, ob das 1992 neugegründete Motorrad- und Zweiradwerk (MuZ) wirklich gut beraten war, nach dem Rotax-Flop mit einer weiteren Einzylinder-Konstruktion ausschließlich für Straßenbetrieb fortzufahren, ist heute natürlich überflüssig. Tatsache ist, daß in den letzten zehn Jahren auch die beiden Giganten Honda und Yamaha mit puren Straßen- Singles wie XBR 500 und SRX 600 nicht die erwarteten Stückzahlen erreichten. Selbst die erst seit 1995 im italienischen Zweigwerk Belgarda produzierte, sportlich designte Yamaha SZR 660 fliegt mangels Nachfrage 1999 in Deutschland aus dem Programm.
Deren Motor, ursprünglich für Yamahas-Reise-Enduro XTZ 660 konzipiert, treibt auch die Skorpion an. Die Tour unterscheidet sich von der Sport im wesentlichen nur durch die kleine Halbverkleidung mit einem integrierten DE-Scheinwerfer und durch einen spartanisch gepolsterteren Sitz sowie einen höher gelegten Schalldämpfer bei der Sport. Das solide Triebwerk atmet über drei Einlaß- und zwei Auslaßventile, das Benzin/Luft-Gemisch erhält es über einen Teikei-Register-Vergaser, eine schwingungsdämpfender Ausgleichswelle mildert die derbsten Vibrationen. Der Yamaha-Zögling weiß sich neben der jüngeren Konkurrenz des Rotax-Single in der Aprilia Pegaso und BMW F 650 durchaus zu behaupten. Lediglich sein Punch obenraus fällt etwas zäh aus.
Kritisiert wird von den MuZ-Treibern der unter 3000/min unrunde Motorlauf und das etwas knochige Getriebe, das nachdrückliche Schaltarbeit verlangt. Fängt der fünfte Gang nach etwa 30000 Kilometer an zu heulen, ist Handeln angesagt, weil Pitting beginnt, das letzte Gangradpaar in Mitleidenschaft zu ziehen. Die Metallpartikel im Ölstrom können auf Dauer die Lager ruinieren.
Während es beim Triebwerk nie ersnthafte Probleme gab, klagten Kunden und Händlerschaft in den ersten beiden Jahren über schlampige Fertigung. Das begann mit ominösen Elektrikausfällen durch mangelhafte Steckverbindungen im Kabelbaum und setzte sich mit defekten Bremssätteln, losen Skalen und nicht genügend gedämpften Zeigern in den Instrumenten bis zu nicht solide befestigten Lenkerarmaturen fort. Die MuZler unternahmen zwar einiges, um mit peniblerer Fertigungskontrolle, einem völlig neuen Kabelbaum, modifizierten Grimeca-Bremsen und -Belägen und einer sensibler abgestimmten Paioli-Telegabel ab April 1995 das in Mitleidenschaft gezogene Image der Skorpion-Reihe aufzupolieren. Aber mittlerweile hatte der weit hinter den Erwartungen herhinkende Absatz die neue Firma bereits ins finanzielle Desaster getrieben. Zur Jahresmitte 1996 drohte der Konkurs. Erst mit der Übernahme durch einen malayischen Konzern kam das dringend benötigte Geld zum Weitermachen.
Damit wurde das Skorpion-Angebot noch um die Traveller, eine vollverkleidete Reisemaschine, und um die Skorpion Replica, ein SoS-Renner mit Upside-down-Gabel sowie üppigerer Bereifung erweitert. Beide Modelle finden nur äußerst wenig Käufer. Zum gemütlichen Touren taugt der Yamaha-Single bei der Traveller nicht, weil auf Grund seiner geringen Elastizität häufiges Schalten angesagt ist. Und die Replica mit dem Einstandspreis von über 15000 Mark hat für sportliche Landstreicher trotz veritabler 50 PS einfach nicht genügend Biß, um gegen die gleich teure zwei- und vierzylindrige Konkurrenz einen Stich zu machen.
Im Gegensatz zu den beiden anderen Modellen: Mit dem hervorragenden Fahrwerk, das den schwierigen Spagat von spielerischer Handlichkeit und goßer Kurstabiltät meistert, der mittlerweile sensibler ansprechenden Telegabel und dem passablen Bilstein-Federbein sind die Skorpion in der Einzylinderwelt eine gute Wahl. Einiger Aufmerksamkeit bedarf allerdings die Kette, die den ruppigen Äußerungen des Singles nur bedingt standhält. Längeres Leben verspricht der Scottoiler für 200 Mark (Telefon 05245/858956) oder Spezialangebote aus dem Zubehörhandel.
Auch bei der Bereifung kann bei den Skorpion schnell Ersatz fällig sein: Wer aus dem großen Angebot die weichen Pneus für die Ideallinie wählt, muß hinten schlimmstenfalls schon nach 3000 Kilometern nachfassen. Metzeler bietet mittlerweile neben der kurzlebigen Racing-Mischung den ME Z1 an, Pirelli neben dem Corsa den MTR 01/02. Beide Reifenpaarungen genügen für den tourensportlichen Aspekt durchaus und warten mit der zwei- bis dreifachen Laufleistung auf.
Wessen Herz für das reizvolle Design der Skorpion schlägt - und das bedeutet eben auch für die einzylindrige Fortbewegungsart, der sollte sich nicht nur auf dem Gebrauchtmarkt umsehen. Denn der Verkauf neuer Maschinen geht laut MuZ-Händlerschaft nur über den Preis, da ist so manches Sonderangebot drin. Demzufolge sind auch die Gebrauchtpreise - zumindestens in der Relation zum offiziellen Neupreis von 10700 Mark für die Tour und deren 11700 für die Sport - niedrig.






Unsere Highlights

Lesererfahrungen - MuZ Skorpion

Skorpion-Fahrer der ersten Generation kann nichts mehr erschüttern. Aber mit kontinuierlicher Verbesserung der Fertigung ab 1995 wurden die MuZ-Maschinen solider.

Neukauf meiner Skorpion Tour 1994. Die einzige größere Reparatur: Ein defektes Getrieberad sorgte bei zirka 40000 Kilometern für einen immer wieder herausspringenden fünften Gang. Die Reparatur erfolgte auf Kulanz. Bei 54000 Kilometern benötigte die Gabel neue Dichtringe. Bei 61000 Kilometern war ein neuer Drehzahlmesser fällig. Ziemlich erschreckend war zunächst der Verschleiß an Kettenkits, die nur 8000 Kilometer hielten. Erst die Umrüstung auf einen Kit mit Alu-Kettenrad der Firma Wieres in Bonn zeitigte Erfreuliches. Die garantierten 20000 Kilometer habe ich schon erreicht und die Kette erst einmal nachspannen müssen. Es ist allerdings zu empfehlen, das Originalritzel zu verwenden, weil es mit einer speziellen Beschichtung ruhiger läuft.Wolfgang Schmidt, KönigswinterIm Januar 1995 habe ich eine Tour gekauft und war überrascht, daß sich das Gerät sportlicher bewegen ließ, als ich vermutet hatte. Nachdem ich die Vorspannhülsen der in der ersten Serie doch sehr harten Gabel gekürzt habe, läßt es sich komfortabler über kurvige Straßen jagen. Empfehlenswert ist es auch für frühe Skorpione, Schalthebel und Seitenständer der späteren Baujahre zu montieren, da die Verarbeitung ersterer an Heimwerker-Versuche erinnerte. Mit der durchaus gelungenen und sehr vielseitigen Skorpion bin ich nach mehr als 20000 Kilometern mehr als zufrieden, mit dem Service ab Werk und der Ersatzteilversorgung leider nicht. Ich finde es toll, was für eine Maschine die MuZler aus dem Nichts gezaubert haben. Aber gute Motorräder bauen alleine reicht nicht.Bernhard Jansen, Mönchengladbach Kilometerstand meiner MuZ Skorpion-Traveller: 51600. Schäden wie brechende Seitenverkleidungsteile, undichte Simmerringe an der Telegabel, schlappe Batterien und andere Mängel konnten mir den Spaß an dem konzeptionell sehr guten Motorrad nicht nehmen. Ärgerlicher war die oft zu Zwischnestopps zwingende anfällige Elektrik. Defekte am vorderen und hinteren Bremszylinder kamen dazu. Alle in der Garantiezeit aufgetretenen Mängel, deren Häufigkeit zum Teil daraus resultiert, daß es sich um eine der ersten, aus einem Tour-Modell umgebaute Traveller handelt, wurden immer schnell und mit viel Einsatz von meinem Händler behoben.Thomas Dietrich, Berlin Die Skorpion-Sport habe ich Ende 1994 neu gekauft. Inzwischen hat sie 28000 Kilometer und einige Nürburgring-Nordschleifen-Runden hinter sich. Der größte Defekt war bis jetzt eine kaputte Zündbox, deren Ersatz schlappe 900 Mark gekostet hat. Einige Kinderkrankheiten: Gammel an Schrauben und Anbauteilen, sich verabschiedende Kunststoffbeschichtung an Hinterradschwinge und Bremssattelhalter. Auch der kostspielige DE-Scheinwerfer war schnell kaputt. Der einzelne Aprilia-Rundscheinwerfer bietet mehr Streulicht, kostet mit zirka 250 Mark nur rund ein Drittel des irreparabel Originals. Einbau eines Dyno-Jet-Kits mit K&N-Filter, Entfernung des Ansaugschnorchels, Bearbeitung des Zylinderkopfs für mehr Kompression. Mit dem Anheben des Drehzahlbegrenzers auf 8000/min und einer Verkürzung der Übersetzung läuft meine Sport jetzt so, wie sie es schon ab Werk hätte tun sollen.Matthias Müller, Castrop-Rauxel

Technische Daten - MuZ Skorpion

MuZ Skorpion SportTechnische DatenMotorWassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine Ausgleichswelle, eine obenliegende Nockenwelle, fünf über Kipphebel betätigte Ventile, Trockensumpfschmierung, Zündanlanlage mit elektronischer Zündverstellung, Teikei-Registervergaser, 0 26/35 mm, Drehstromlichtmaschine 340 Watt, E-Starter, Fünfganggetriebe.Hubraum 660 cm3Nennleistung 48 PS (35 kW) bei6250/minFahrwerkBrückenrahmen, Telegabel, Standrohrdurchmesser 41 mm, Zentralfederbein mit verstellbarer Federbasis, Scheibenbremse vorn mit Vierkolbensattel und schwimmend gelagerter Bremsscheibe, 316 mm, Scheibenbremse hinten, 240 mm, Leichtmetall-Gußräder.Federweg vorn/hinten 120/130 mmMaße und GewichteNachlauf 107 mmRadstand 1420 mmSitzhöhe 780 mmLenkerbreite 730 mmTankinhalt/Reserve 18/3 LiterGewicht vollgetankt 189 kgZul. Gesamtgewicht 380 kg TestwerteHöchstgeschwindigkeit solo/mit Sozius 178/163 km/hBeschleunigung 0-100 km/h solo/mit Sozius 5,4/6,5 sekVerbrauch 4,8 Liter Ersatzteil-PreiseSturzteileKupplungs-Armatur 70 MarkHandbremsarmatur 165 MarkLenkerHälfte 28 MarkRückspiegel 70 MarkBlinker vorn 28 MarkTachometer 183 MarkDrehzahlmesser 183 MarkScheinwerfer 792 MarkGabelstandrohr 220 MarkSchutzblech vorn 134 MarkVorderrad 417 MarkSchalldämpfer 549 MarkTank, lackiert 807 MarkRahmen komplett 1297 MarkFrontverkleidung mit Scheibe 274 MarkZeituhr 38 MarkVerschleißteileKettenkit 322 MarkBremsbeläge vorn und hinten 70 MarkKupplungsreibscheiben, ein Satz 165 MarkBremsscheibe vorn 230 MarkLuftfilter 33 MarkÖlfilter 15 MarkKupplungszug 37 MarkBatterie 41 Mark Stärken und SchwächenStärkenSolider Einzylinder-MotorHandliches, spurstabiles FahrwerkNiedrige ErsatzteilpreiseSchwächenVerarbeitungsmängel in der ersten SerieGeringer Lenkeinschlag beim Sport-ModellHoher Reifen- und Kettenverschleiß Test in MOTORRAD1Test (Skorpion Sport) 11/1994Vergleichstest (Skorpion Tour) 13/1994Vergleichstest (Tour) 10/1995Kurztest (Traveller) 12/1996Vergleichstest (Sport) 11/1998 Reifenfreigaben Typ 660vorn hinten110/70 ZR 17 150/60 ZR 17Metzeler ME Z1 Front Racing Metzeler ME Z1 RacingBridgestone Battlax BT 90F Bridgestone BT 90RDunlop D202 Sportmax Dunlop Battlax SportmaxMetzeler ME Z 1 Front Metzeler ME Z 1Michelin TX 15 Michelin TX 25Pirelli MTR 01 Corsa Pirelli MTR 02 CorsaYokohama F006 RR Yokohama F006 RRSchwacke-Gebrauchtpreise1994 (39900 Kilometer) 5650 Mark1995 (31500 Kilometer) 6700 Mark1996 (23100 Kilometer) 7600 Mark1997 (14700 Kilometer) 8600 markDie Preise für die MuZ Skorpion Tour liegen um 1000 Mark niedriger. Fußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.

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Erscheinungsdatum 26.05.2023