Kann richtig viel, kostet eher wenig – und ist trotzdem kein Gebrauchtkauf-Bestseller. Wie kann das sein? Das Auge kauft mit, und da gibt’s über den Sporttourer Suzuki GSX 750 F keine zwei Meinungen: Schön ist anders.
Kann richtig viel, kostet eher wenig – und ist trotzdem kein Gebrauchtkauf-Bestseller. Wie kann das sein? Das Auge kauft mit, und da gibt’s über den Sporttourer Suzuki GSX 750 F keine zwei Meinungen: Schön ist anders.
Anfangs sah sie nur langweilig aus, in ihrem zweiten Leben ging die rundgelutschte und etwas moppelige Verpackung fast schon als peinlich durch. Doch wer die Suzuki GSX 750 F nur nach ihrem Äußeren beurteilt, tut ihr gewaltig unrecht – und lässt sich vor allem ein tolles Schnäppchen entgehen. Denn die als tourensportliche Alternative zur – zumindest anfangs – gleich motorisierten GSX-R 750 gedachte F kann im normalen Straßenverkehr eigentlich alles besser als ihre ältere Supersport-Schwester und kostete immer deutlich weniger.
Doch mit Stahlprofil- statt Alurahmen und ordentlich schützender Touren- statt schicker Tiefflieger-Verkleidung hatte sie gegen die R keine Chance. Trotzdem blieb Suzuki GSX 750 F 17 Jahre lang im Programm und dabei weitgehend unverändert, was dann in Vergleichstests zu so hässlichen Formulierungen wie „in die Jahre gekommen“ führte.
Der Wechsel zum Motor auf Bandit 600-Basis machte die Suzuki GSX 750 F ab 1998 zuverlässiger, die grundlegenden Tugenden blieben: ein komfortables und dabei spurstabiles und zielgenaues Fahrwerk sowie ein auch auf Langstrecken bequemer Arbeitsplatz (zumindest für Fahrer bis 1,85 Meter). Und ein Motor mit 80er-Jahre-Charme, also eher kernigem Lauf und der klassischen Unten-wenig-und-oben-alles-Abstimmung.
Was die Suzuki GSX 750 F für heutige Gebrauchtkäufer interessant macht, ist ihr hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Für ganz wenig Geld gibt’s ganz viel Alltagstauglichkeit. Und das gute Gefühl, dass es gar nicht schlimm ist, wenn sie hin und wieder mit Insektenleichen auf der Verkleidung und Kettenfett auf dem Hinterrad ein paar Wochen nur so herumsteht.
Alle Artikel zur Suzuki GSX 750 F
Die bis 1997 gebaute Erstauflage der Suzuki GSX 750 F (Typ GR78A) hat im fortgeschrittenen Alter mit einigen Wehwehchen zu kämpfen: Nockenwellenschäden, defekte Ventilschaftdichtungen und erhöhter Kolbenverschleiß sind ab einer Laufleistung von 40.000 Kilometern gar nicht so selten. Die schwarzen Auspuffkrümmer gammeln gern, und auch dem Lenkkopflager kann Korrosion zu schaffen machen. Leichte Kaltstartschwierigkeiten und eine diffizile Warmlaufphase (Stichwort Choke-Dosierung!) gelten fast schon als normal.
Die rundgelutschte Suzuki GSX 750 F (ab 1998, Typ AK bzw. WVAK) ist deutlich pflegeleichter, typische (Motor-)Macken sind ihr eigentlich fremd. Scheuerstellen am Kabelbaum machen dem Elektrolurch gegebenenfalls die Arbeit leicht, und defekte Lenkkopflager gibt’s ebenfalls ab und an. Noch typischer: klassische Standschäden, also versiffte Vergaser-Innereien und überalterte Reifen sowie ein Wartungsstau, weil der Verkleidungsabbau gescheut wurde.
Der Begriff „Bestseller“ ist in Verbindung mit gebrauchten Suzuki GSX 750 F eher fehl am Platze. Kurz gesagt: Das Teil steht meist etwas länger. Im Falle der ersten Generation (GR78A) fast nur noch bei privaten Anbietern, Händler scheuen bei solch älteren Semestern verständlicherweise das Haftungsrisiko – auch und gerade, weil die Ur-GSX nicht ganz ohne potenzielle Macken ist. Die Zweitauflage ist dagegen durchaus bei Gewerbetreibenden zu finden, meist als Inzahlungnahme für wenig Geld. Eine kleine Durchsicht, eine frische Hauptuntersuchung und neue Reifen gehören fast immer zum Wohlfühlprogramm, das Händler der Suzuki mit „Bordmitteln“ angedeihen lassen. Wer die Kosten dafür den vermeintlich günstigeren Privatangeboten realistisch zuschlägt, wird oft feststellen, dass der Kauf von privat unterm Strich nur selten günstiger kommt. Kauftipp daher: Rund 2500 Euro in die Hand nehmen und beim Händler ein gepflegtes Erst- oder Zweithandschätzchen um Baujahr 2002 mit maximal 20.000 Kilometern abgreifen – sehr viel günstiger lässt sich wohl kaum ein problemloser Ganzjahres-Alleskönner finden.
▸ Verfügbarkeit am Markt: hoch
Preisniveau in Euro | Baujahre | km-Stand |
Niedrig 650–1800 | 1989–2000 | 25.000–70.000 |
Mittel 1900–2900 | 1998–2006 | 15.000–35.000 |
Hoch 3000–3900 | 2002–2006 | 5000–20.000 |
Typ | im Programm | Verkäufe |
GR78A | 1989–1997 | 6745 |
AK | 1998–2002 | 4756 |
WVAK | 2003–2006 | 1412* |
*Abverkauf bis 2008
Suzuki GSX 750 F (Typ AK, Modelljahr 1999)
Motor: Luft-/ölgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Vergaser, keine Abgasreinigung, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub: 70,0 x 48,7 mm
Hubraum: 750 cm³
Nennleistung: 68 kW (92 PS) bei 10.500/min
Max. Drehmoment: 67 Nm bei 9500/min
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Telegabel, verstellbare Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Stahl, Zentralfederbein über Hebelsystem angelenkt, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten.
Alu-Gussräder: 3.50 x 17; 4.50 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 150/70 ZR 17
MAßE + Gewicht: Radstand 1465 mm, Lenkkopfwinkel 64,5 Grad, Nachlauf 100 mm, Federweg v./h. 130/142 mm, Sitzhöhe* 800 mm, Gewicht vollgetankt* 235 kg, Tankinhalt 20 Liter.
Messungen (MOTORRAD 6/1999)
Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h
Beschleunigung: 0–100 km/h3,6 sek
Durchzug: 60–100 km/h5,4 sek
Verbrauch: 5,9 l/100 km (Landstraße)
*MOTORRAD-Messungen
1989 Erstes Modelljahr des Typs GR78A mit dem Motor der vier Jahre zuvor präsentierten GSX-R 750, 100 PS bei 10.400/min; 12.280 Mark (6279 Euro).
1994 Leisere Auspuffanlage, 98 PS bei 10.400/min, geänderter Lenker; 13.790 Mark (7051 Euro).
1996 Änderungen: Getrieberäder 2. und 3. Gang, Zündsteuergerät, Vergaser, Luftfilter, Auspuff, Kolbenringe; Verdichtung 10,3 statt 10,7:1; 14.190 Mark (7255 Euro).
1998 Grundlegend überarbeitetes Modell (Typ AK): Motor auf Basis der Bandit 600, größere Bohrung, 36-mm-Vergaser, Vier-in-eins-Auspuff aus Edelstahl, 92 PS; neuer Rahmen, leicht geänderte Fahrwerksgeometrie, breitere Felgen und Reifen (statt v./h. 3.00/3.50 x 17 nun 3,50/4,50 x 17 und 120er statt 110er vorn); komplett neue Verkleidung mit neuem Scheinwerfer und Cockpit; 12290 Mark (6642 Euro).
2003 Typ WVAK, Änderungen: Design Rahmenheck-Verkleidung, Soziusgriff, Rücklicht; neu: Dauer-Fahrlicht, Warnblinkanlage, Sekundärluftsystem (Euro 1); 7260 Euro.
2004 Zusätzlicher U-Kat, neues Zündsteuergerät, geringfügig modifizierte Vergaserabstimmung (Euro 2); Durchmesser Tankeinfüllstutzen für Bleifrei-Pistolen reduziert, Leergewicht um ein Kilo höher.
2006 Klarglasblinker; Preis unverändert; letztes Modelljahr in Deutschland.