Gebrauchtberatung Yamaha RD 250
Einstellungssache

Wenn die Einstellung des Fahrers zu Zweitaktern und die Einstellung der Ölpumpe zur Fördermenge stimmt, sind die luftgekühlten RDs preiswerte Spaßgeräte. Aber wirklich nur dann.

Die Pressestelle von Yamaha Deutschland zeigte sich bei der Anfrage zu den Eratzteilpreisen der luftgekühlten RD 250 leicht befremdet: »Was, über dieses alte Motorrad wollt ihr doch wohl keinen Gebrauchtkauf machen?« Oh doch, das wollten wir. Stimmt zwar schon, daß seit der Markteinführung 1973 dieses Einstiegmotorrads vieler heutiger Mittvierziger bereits ein paar Tage vergangen sind. Aber die bis 1979 gebaute RD 250 erfreut sie sich aus zwei Gründen immer noch einiger Beliebtheit: Erstens ist sie ein Zweitakter und hat damit wegen ihrer ebenso spritzigen wie spitzen Motorcharakteristik eine feste Fangemeinde. Allein vom Typ 1A2, gebaut von 1976 bis 1979, gibt es noch rund 2000 beim Kraftfahrt-Bundesamt gemeldete Exemplare, von den älteren Modellen mit dem rundlichen Tank dürften noch zirka 500 Stück im Umlauf sein.
Zweitens ist die RD sehr preisgünstig. Das Niveau bewegt sich zwischen einigen hundert Mark für vergammelte Zweitakt-Grotten und 3000 Mark für topgepflegte Exemplare. Meist sind in diesem Preis sogar noch ein Haufen Ersatzteile oder ein vollständiges Ersatzmotorrad enthalten - RD-Fahrer beugen wohl aus alter Gewohnheit vor.
Müssen sie das? Der Tenor der befragten Werkstätten und Händler lautete einhellig: »An der RD geht eigentlich nichts kaputt.« Die Betonung liegt aber auf eigentlich, denn in der Tat können tiptop eingestellte RD bis zu 70 000 Kilometer zurücklegen - mit einem einzigen Paar Kolben, versteht sich. Doch mit der optimalen Einstellung ist das so eine diffizile Sache. Nicht nur mit dem unsachgemäßen Herumspielen mit der Vergaserbedüsung, dem Wärmewert der Zündkerze oder der Einstellung der Ölpumpe kann man den Motor in die ewigen Zweitakt-Jagdgründe befördern, sondern es kann schon genügen, eine Zeit lang mit falscher Einstellung der beiden Unterbrecherkontakte herumzufahren. Zündzeitpunkt und Kontaktabstand müssen also stets exakt eingestellt sein. Eine elektronische und damit wartungsfreie Zündung gab’s erst ab Modelljahr 1978.
Auch die beiden Vergaser müssen synchron und sauber arbeiten. Sauber ist hier wörtlich zu verstehen, denn Dreck in der Schwimmerkammer zum Beispiel kann durch eine Verengung des Hauptdüsen-Querschnitts für eine Abmagerung des Gemischs und damit zu einer Überhitzung des Motors führen - eine Folge davon ist unter Umständen das berühmt-berüchtigte Loch im Kolben, und das geht sehr schnell. Aufgepaßt also bei Scheunenfunden mit ewig langer Standzeit: Die erste Maßnahme vor Wieder-Inbetriebnahme sollte eine gründliche Reinigung der Vergaser, des Benzinhahns und gegebenfalls des Tank-Innenraums sein. Und als Präventivmaßnahme für alle RD-Fahrer empfiehlt es sich, zirka alle 6000 Kilometer die Ablaßschrauben der Schwimmerkammern zu öffnen, damit eventueller Dreck herausgeschwemmt wird.
Zu wenig Sprit oder zu viel Luft - verschiedene Ursachen, gleiche Wirkung: Das Gemisch ist zu mager. Da der Kunststoff-Luftfilterkasten die fatale Eigenschaft hat, im Lauf der Jahre zu verhärten, sollte der Interessent schon bei der Besichtigung darauf achten, daß die Flansche weit genug und dicht auf den Vergasern sitzen. Zweitakter nehmen Falschluft nun mal eben krumm, siehe oben.
Bei der Besichtigung einer RD 250 gehört neben der obligatorsichen Probefahrt eine Hörprobe mit dazu. Erfahrene Zweitaktfans können nämlich allein aus den Lebensäußerungen des Triebwerks spitzkriegen, ob zum Beispiel die Kolben schon ausgelutscht in den Zylindern klappern oder die Kurbelwellenlager nach Erneuerung verlangen. RD-Neulinge werden mit dieser Form der Diagnose eher ihre Schwierigkeiten haben, da der Motor auch im gesunden Zustand mechanisch schon sehr laut ist. Dafür können diejenigen, die nicht mit solch sensiblen Mechaniker-Ohren gesegnet sind, wenigstens die ordnungsgemäße Funktion der Lichtmaschine prüfen, denn hin und wieder, besonders bei den älteren Modellen, gibt der Rotor ohne Vorankündigung seinen Geist auf. Ganz einfach festzustellen, ob die Lichtmaschine kaputt ist: Wenn das Scheinwerferlicht während der Probefahrt immer dunkler wird, ist die Lichtmaschine hinüber. Eine sich im Blinkertakt verdunkelnde Leerlauf-Kontrolleuchte ist für diesen Schaden dagegen keine sichere Diagnose, denn Lichtmaschine und Batterie sind für heutige Verhältnisse recht schwach dimensioniert - die Kontrolleuchten lassen sich nur bei proppenvoller Batterie nicht beeinflussen.
Trost im Unglück, wenn’s doch mal zu Schäden kommt: Der Motor ist sehr schrauberfreundlich aufgebaut. Zylinder und Deckel lassen sich ohne Ausbau des Triebwerks demontieren, und das Motorgehäuse ist horizontal geteilt. Apropos geteiltes Gehäuse: Bei den Modellen bis einschließlich Jahrgang 1974 war der sechste Gang zwar zahnradmäßig vorhanden, durch eine eingeschraubte Sperre auf der Schaltwalze aber nicht einzulegen. Dieses halbmondförmige Blech läßt sich nach Öffnung des Motorgehäuses sehr leicht entfernen, so daß heute wohl kaum noch eine RD 250 mit Fünfganggetriebe unterwegs sein wird.
Dafür sind etliche RD noch im Originalzustand zu finden, denn die Oberflächenqualität dieses betagten Zweitakters ist erstaunlich gut. Die Auspuffanlage ist erfreulich rostresistent, die lackierten Teile überstehen die Zeit ebenfalls recht lässig. Das ist auch gut so, denn während die Ersatzteilversorgung bei den mechanischen Teilen noch gut funktioniert, wird’s bei den lackierten wie Tank und Seitendeckel langsam ziemlich eng. Wer dringend RD-Lackteile braucht: Die Firma Collet (Telefon 0 68 71/29 07) hat einiges auf Lager.
Die RD 250 ist zwar günstig in der Anschaffung, verhält sich im Alltagsbetrieb aber ganz sicher nicht als Sparmobil. Bei Vollgasfahrten rauschen schon mal neun Liter Sprit auf hundert Kilometer durch die Vergaser. Damit muß man bei der RD 250 leben - reine Einstellungssache eben.

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LESERERFAHRUNGEN

Etwas sensibel ist sie schon, die RD, aber welcher Zweitakter ist das nicht? Dafür ist der Preis für eine Gebrauchte meist sensationell niedrig und der Fahrspaß, glaubt man den Besitzern, immens hoch.

Meine RD 250 mit 30 PS habe ich 1975 für 3500 Mark und 25 Mark für das Freilegen des sechsten Gangs gekauft. Die Yamaha wurde in den nächsten beiden Jahren bei einigen Zuvi-Veranstaltungen eingesetzt. An solchen Wochenenden kamen locker 1000 Kilometer zusammen - und das ohne Probleme. Im letzten Jahr mit der RD hatte ich zwei Motorschäden zu beklagen, beidesmal war die Ölpumpe schuld: Einmal riß der Bowdenzug, das andere Mal verabschiedete sich ein Arretierungsstift. 1979 verkaufte ich die 250er mit Kilometerstand 48 000 für 1000 Mark.Alfons Strieker, VerlIch kaufte meine RD 250 1975 neu zum Friedenspreis von 3875 Mark - einen neuen Helm gab’s gratis dazu. Natürlich hat die RD in diesen 22 Jahren einige Änderungen erfahren, hier nur die wichtigsten: Cockpitverkleidung, Höckersitzbank, M-Lenker, zurückverlegte Fußrasten, Bronze-Schwingenlager, Kegelrollenlager im Lenkkopf und Federbeine der RD 400. Von der Ölpumpe habe ich stets die Finger gelassen und lediglich die Einstellung überprüft, auf bisher 60 000 Kilometern benötigte ich so nur einen einzigen neuen Kolben. Einige Schwachpunkte gibt’s allerdings schon: So verlangt zum Beispiel die Elektrik mit ihren lustig baumelnden Sicherungen nach Nachbesserung. Mit der Verarbeitungsqualität kann man ansonsten aber zufrieden sein. Auch die Verbräuche sind okay: Benzin zwischen 4,5 und 6,5 Liter, ein Liter Öl reicht, je nach Fahrweise, für 400 bis 1000 Kilometer.Gerd Freitag, BerlinDas Los hat entschieden: Die 100 Mark erhält Gerd Freitag aus BerlinAuf der Veterama 1995 habe ich mir eine 1977er RD 250, Typ 1A2, in gutem äußerlichen Zustand für 600 Mark zugelegt. Nach der ersten Probefahrt traten dann etliche Mängel auf: Tank gerissen, Kapitalschaden der Lichtmaschine und hintere Scheibenbremse blockiert. Nach dem Beheben dieser Mängel wurde die Maschine für den Weg zur Arbeit sowie für Wochenend- und Urlaubsfahrten genutzt. Nachteile auf längeren Strecken sind der hohe Spritkonsum (rund sechs Liter) und die knüppelharte Hinterradfederung. Dafür springt die RD stets gut an und ist sehr zuverlässig. Dieser Zufallskauf hat mir schon viel Freude bereitet.Jèrome Kummer, L-SchweichMeine RD 250, Typ 352, schob ich 1984 für 100 Mark aus einem Schuppen. Nachdem ich Neuteile für zirka 700 Mark verbaut hatte, war sie fast wieder in makellosem Originalzustand. Die RD ist ein robustes und zuverlässiges Motorrad - der Motor ist bei richtiger Behandlung praktisch nicht totzukriegen. Man sollte jedoch lange Autobahnfahrten vermeiden, da hier gern schon mal ein Loch im Kolben entsteht. Wichtig ist die regelmäßige Kontrolle der Zündung und besonders der Ölpumpe, da sich der Führungsbolzen für die Verstellung verabschieden kann. Die Gummiringe zwischen den Mitnehmerscheiben der Kupplung kann man getrost entfernen, dann rutscht die Kupplung nicht mehr an Steigungen unter Vollast. Leider befindet sich meine RD seit Sommer 1995 mit einem Loch im Kolben im vorläufigen Ruhestand - nächstes Jahr werde ich sie voraussichtlich als 350er wieder aufbauen.Lutz Ketelsen, HandewittIm Frühjahr 1993 kaufte ich eine RD 250, Baujahr 1974, mit zirka 20 000 Kilometern. Heute liegt der Kilometerstand bei rund 40 000 - große Probleme gab es zwischendurch keine. Damit lange Freude an dem etwas sensiblen Motor besteht, sollten Zündung, Ölpumpe und Vergasersynchronisation häufig kontrolliert werden. Um sich wenigstens die Kontrolle der Zündung zu sparen, hilft der Einbau einer kontaktlosen Zündung von Piranha. Ersatzteile für die RD sind immer noch erhältlich, aber leider nur zu unverschämt hohen Preisen.Jens Rohloff, TrittauMeine Frau kaufte sich 1992 als ihr erstes Motorrad eine billige RD 250, Baujahr 1977. Nach diversen Motorschäden (Kolbenfresser, Pleuelabriß) habe ich die Ölpumpe entfernt und die Vergaseranschlüsse sorgfältig verschlossen. Der Motor bekommt das Bel-Ray-Öl MC-3 im Verhältnis 1 zu 70 und ist nun zuverlässig und vollgasfest - und das bei einem Verbrauch von sechs Litern. Generell ist die Elektrik recht anfällig, aber bei zwanzig Jahre alten Motorrädern geht eben öfter etwas kaputt, zum Beispiel die Federbeine, die Lichtmaschine oder die Radlager. Ist aber egal, die wehmütigen Erinnerungen heute 40jähriger und der Fahrspaß mit der spritzigen RD machen’s wett. So hat sich ein richtiger RD-Virus entwickelt, und ich kaufte mir 1995 ebenfalls eine RD - die 400er.Christian Rolfs, Emden

Technische Daten - Yamaha RD 250/350 (GK)

RD 250 (Typ 1A2, Modelljahr 1976)Technische DatenMotorLuftgekühlter Zweizylinder-Zweitakt-Reihenmotor, wälzgelagerte Kurbelwelle, Getrenntschmierung, kontaktgesteuerte Batterie-Spulen-Zündung, membrangesteuerter Einlaß, zwei Teikei-Schiebervergaser, 0 20 mm, Drehstromlichtmaschine 135 Watt, Batterie 12V/5,5 Ah, Kickstarter.Bohrung x Hub 54 x 54 mmHubraum 247 cm3Verdichtungsverhältnis 6,7 : 1Nennleistung 27 PS (20 kW) bei 7200/minMax. Drehmoment 2,7 kpm (27 Nm) bei 7100/minKraftübertragungPrimärantrieb über Zahnräder, Mehrscheibenkupplung im Ölbad, klauengeschaltetes Sechsganggetriebe, Sekundärantrieb über Rollenkette.FahrwerkDoppelschleifenrahmen aus rundem Stahlrohr, Telegabel, Steuerkopf kugelgelagert, Standrohrdurchmesser 34 mm, Hinterradschwinge buchsengelagert, zwei Federbeine hinten, Federbasis dreifach verstellbar, Einscheibenbremse mit Zweikolbensattel vorn, O 220 mm, Scheibenbremse hinten, Speichenräder.Federweg vorn/hinten 116/80 mmFelgengrößevorn 1.85 x 19hinten 2.15 x 18Reifengrößevorn 3.00 S 18hinten 3.25 S 18Maße und GewichteLenkkopfwinkel 62 GradNachlauf 106 mmLänge 2030 mmRadstand 1320 mmSitzhöhe 785 mmLenkerbreite 720 mmTankinhalt/Reserve 16/2,5 LiterFassungsvermögen Schmieröltank 1,8 LiterGewicht vollgetankt 158 kgZul. Gesamtgewicht 338 kgService DatenService-Intervalle alle 3000 kmGetriebeöl SAE 10 W 30Füllmenge 1,4 bis 1,5 LiterZündkerzen NGK B-8ESTelegabelöl SAE 10 W 30Füllmenge je Holm 165 cm3Unterbrecher-Kontaktabstand 0,3 bis 0,4 mmTestwerteHöchstgeschwindigkeit 145 km/hBeschleunigung 0-100 km/h 8,0 sekVerbrauch 6 bis 9 LiterKraftstoff Normal bleifreiErsatzteil-PreiseSturzteileKupplungs-Armatur MarkLenker MarkRückspiegel MarkBlinker vorn MarkTachometer MarkGabelstandrohr MarkSchutzblech vorn MarkVorderrad MarkAuspuff MarkTank, lackiert MarkRahmen komplett Markein Schalldämpfer MarkVerschleißteileein Kolben MarkKettenkit MarkBremsbeläge vorn MarkKupplungsbeläge, ein Satz MarkBremsscheibe vorn MarkLuftfilter MarkÖlfilter MarkZündkontakte (ein Paar) MarkGaszug MarkTachowelle MarkBatterie MarkGabeldichtring MarkStärken und SchwächenStärkenSehr niedriges PreisniveauSpritzige MotorcharakteristikGeringes FahrzeuggewichtSchwächenRelativ hoher VerbrauchHohe ErsatzteilpreiseTest in MOTORRAD1Test (RD 250) 6/1973Test (RD 250) 6/1973Test (RD 350) 2/1974Langstreckentest (RD 350) 24/1974Test (RD 250) 11/1975Vergleichstest (RD 250) 16/1975Langstrecken-Vergleichstest (RD 250) 8/1976Vergleichstest (RD 250) 13,14/1977Reifenfreigaben Typ 1A2vorn hinten3.00 S 18 3.25 S 18Alternativbereifung3.25 S 18 3.60 S 18Fußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.

MODELLHISTORIE

Die RD 250 (Typ 352) wurde 1973 als Nachfolgerin der DS 7 eingeführt - Neupreis 3300 Mark. Seit 1975 (Typ 522) war der bis dato gesperrte sechste Gang schaltbar, Yamaha experimentierte zudem mit Änderungen im Design. 1976 (Typ 1A2, im Ausland 1A0) wurde der rundliche Tank durch einen eckigen Behälter abgelöst. Um versicherungsgünstige 27 PS zu erreichen, beatmeten 20er Teikei-Vergaser (vorher 28er Mikunis) den Motor. 1977 ersetzte eine Scheibenbremse die Trommel im Hinterrad, fortan wurden Leichtmetall-Gußräder statt der Speichenräder verbaut. Ab 1978 erleichterte eine kontaktlose Zündung das Schrauberleben. 1979 war das letzte Verkaufsjahr der luftgekühlten RD 250 - Neupreis jetzt 4500 Mark -, die Ablösung erfolgte 1980 durch die wassergekühlte RD 250 LC (Typ 4L1).Die RD 350 (Typ 351) kam ebenfalls 1973 nach Deutschland, wurde aber schon 1976 zugunsten der hubraumstärkeren RD 400 (Typ 1A3, 43 PS) aus dem Programm genommen.

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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023