- Das ist Anton Wass
- Ein Start-Up gründen
- 5.000 Vorbestellungen
- Keine Stark für die Straße?
- Die Welt der Varg
- Elektro und Technik
- Wo tritt die Varg an
- Fazit
Die Varg wird die Verbrenner auf der Strecke schlagen. Anton Wass, Mitgründer und CEO von Stark Future, ist sich sicher. Die elektrische Motocross-Maschine schlägt auf dem Papier die konkurrierenden 450er-Viertakter bereits locker: Über 80 PS stellt der E-Motor bereit. Auf der Strecke sind es um die 60 PS. Also genau auf Niveau der gejagten 450er. Bei dieser Leistung soll der Akku ein Motocross-Rennen durchhalten, also 30 Minuten plus zwei Runden. Dabei ist die Varg mit 110 Kilo nicht wesentlich schwerer als die Verbrenner und fast genauso wichtig: Mit 11.900 Euro nicht wesentlich teurer. Die Varg ist in aller Munde.
Wie schafft man es mit dem Debut derart viel Staub aufwirbeln, bereits 5.000 Vorbestellungen zu haben und trotzdem glaubwürdig sagen zu können ab September 2022 auszuliefern? MOTORRAD hat mit Anton Wass gesprochen.
Das ist Anton Wass
Wer mit Anton spricht spürt die Mischung aus gelerntem Mechaniker, erfolgreichem Geschäftsmann, Motorradfahrer und – auch wenn dieser Begriff sehr inflationär verwendet wird – Visionär. Als Mechaniker arbeitet er nicht lange, tut sich mit zwei Freunden zusammen und zieht über 11 Jahre die enorm erfolgreichen Online-Shops 24MX und XLMoto auf. Nebenbei macht er noch einen Master. Doch das Thema Elektromobilität gerade in einem politisch und sozial schwierigem Umfeld des Motocross begleitet ihn und eine ganze Branche, denn: Über 20 Prozent aller Cross-Strecken sind in den letzten 10 Jahren wegen zu hoher Lärmbelastung geschlossen worden. Für Wass ist Elektro die Lösung: "Es ist die einzige Chance den Motocross-Sport zu retten, er muss leiser werden. Und da ist der Elektroantrieb der einzige Weg, denn die Technik ist sehr weit fortgeschritten. Es nutzen sie nur zu wenige."
Ein Start-Up gründen
2019 folgt der Ausstieg aus dem E-Commerce. Die Online-Shops überlässt er seinen Geschäftspartnern, Wass selbst gründet Stark Future. Über den Prozess ein Motorrad-Start-Up zu gründen, sagt er: "Es ist sehr schwer die besten Leute und Zulieferer für die einzelnen Bereiche zu finden und zusammenzubringen. Und dir muss vollkommen klar sein, was du erreichen willst. Die Spezifikationen müssen stimmen, bevor du anfängst." Für ihn und seine Mitgründer in der Nähe von Barcelona ist klar: Wir treten nicht an, um in einer Parallelwelt elektrisch Motocross zu fahren, sondern gegen die dominierenden 250er- und 450er-Verbrenner. Dazu sammeln Wass und Mitgründer Paul Soucy Spezialisten für die Entwicklung und vor allem die industrielle Fertigung von Motorrädern in Europa um sich. Und das aus gutem Grund.
5.000 Vorbestellungen
Spätestens mit den in die Höhe schnellenden Vorbestellungen von 5.000 Varg Anfang Februar 2022, wird das Fertigen der Motorräder eine Herausforderung. Angesprochen auf die akuten Lieferprobleme auf der ganzen Welt ist sich Wass sicher: "Für die ersten 1.000 Motorräder haben wir alle wichtigen Teile, für weitere 4.000 haben wir feste Verträge. Wir fangen ab September an zu fertigen und auszuliefern." Wer sich erst im Februar 2022 entscheidet zu bestellen, muss bis März 2023 warten. So die Prognose von Stark Future.
Keine Stark für die Straße?
"Ich würde sehr gerne ein elektrisches Straßenmotorrad bauen. Doch es scheint als wüsste noch keiner so richtig was das wirklich bedeutet." Er blickt dabei auf deutsche Autohersteller, die sich für ihn klar für batterie-elektrisch entschieden haben. Und er sieht sich die japanischen Hersteller an: "Japan denkt gerade viel in Richtung Wasserstoff." Und es wirkt als referiert er dabei still über die Stark-Doktrin: Fang erst an, wenn du genau weißt, was du willst. Auf die Frage der kritischen Ladeinfrastruktur meint er gelassen: "Wir tanken Motorräder immer dort, wo wir auch Autos tanken. Das wird beim Elektromotorrad nicht anders sein."
Die Welt der Varg
Doch wie lädt man ein Elektro-Crossmotorrad an der Rennstrecke? Plant Stark Ladeparks an den Motocross-Strecken dieser Welt mit Stark-Superchargern? "Das ist eine schöne Idee und ist logisch", beginnt Wass "Die Realität ist jedoch, dass unser Akku ein Rennen oder große Teile des Trainings hält und einfach in den Pausen geladen werden kann. Normale Stromleitungen liegen an den Strecken, das ist kein grundsätzliches Problem. Ein Verbrenner-Cross-Bike tankst du auch nicht ständig nach." Zwar könne man einen zweiten Akku mitnehmen, doch da der den größten Teil des Preises an einem E-Motorrad ausmacht, dürfte das nur für die wenigsten wirklich Sinn ergeben. Zum Vergleich: Pionier Energica gibt 40 Prozent der Kosten für seine Premium-Stromer nur für den Akku an.
Elektro und Technik
"Einfach eine 450er nehmen und da einen Elektromotor einbauen, funktioniert nicht.", sagt Anton zum Thema Chassis der Varg. Wir sprechen offen über die technischen Lösungen von Stark in der Varg. Der nur 32 Kilo schwere Akku speichert sechs Kilowattstunden Strom: "Wir nutzen Rundzellen im Format 21700. Zwar sieht man beim Auto immer öfter prismatische Zellen, doch die sind nicht passend für einen Motorradakku", erklärt Wass den Stromspeicher der Varg. "Mit den Rundzellen können wir besser packen und die Kühlung ist etwas einfacher. Das Batteriegehäuse selbst ist halbmittragend im Chassis verschraubt. Der Motor ist ein "Stressed Member", das heißt ein mittragendes Antriebsteil. Bei der Varg sind der Inverter und der Motor in einem schmalen Träger aus Alu beheimatet, in dem auch die Schwinge gelagert ist und der zum Lenkkopf hin am Hauptrahmen hängt. "Es war eine Herausforderung das Chassis leicht, steif und mit dem nötigen Flex zu bauen." Die Hausaufgaben scheint Stark gemacht zu haben: Während normaler Einstellungsfahrten für das Fahrwerk stellen die Testfahrer Josh Hill und Sebastien Tortelli schon mal neue Rundenrekorde auf.





Wo tritt die Varg an
"Ich denke die neue E-xplorer-Serie der FIM ist ein tolles Konzept, sehr interessant. Doch wir wollen gegen Verbrenner antreten", erteilt Wass reinen Elektroveranstaltungen indirekt eine Absage. An anderer Stelle sagte Wass die Varg solle in der MXGP antreten. Dazu müssten die Regularien von den Ausrichtern noch angepasst werden. "Aber sowohl der MXGP-Promoter als auch die FIM sind äußerst positiv gestimmt. Und es wird bereits daran gearbeitet, einen klaren Fahrplan für die Elektrotechnologie zu definieren, um mit Verbrennungsmotoren konkurrieren zu können."
Fazit
Anton Wass trägt mit seinem Hintergrund eine Dekade lang sehr erfolgreich in der Motocross-Szene als Händler agiert zu haben nicht nur eine große Chance in seinen Händen, sondern auch große Verantwortung für eine ganze Szene: Motocross durch weniger Lärm weiter und wieder zu ermöglichen. Bestätigt aber, dass die Varg nur der Anfang ist, eine komplette Linie von On- und Off-Road-Bikes ist in der Pipeline.
Bei Stark Future scheinen die Vorzeichen für die Zukunft zu stimmen. Die Varg als Elektro-Crosser trifft den Zeitgeist und bietet für ein ganz bestimmtes Problem eine ganz bestimmte Lösung. Das klingt im Kontext elektrifiziertes Zweirad erschreckend logisch.
Auf dem Papier spricht alles für Stark und 5.000 Vorbestellungen der Varg sprechen für sich. Geliefert werden soll ab September 2022. Die Produktion wurde als gesichert erklärt. MOTORRAD ist sehr gespannt was uns da erwartet.