Ewig langes Asphaltband, den Blick auf vom Sonnenuntergang rot eingefärbte Felsformationen am Horizont gerichtet, warmer Fahrtwind schmeichelt auf der Haut, unter einem blubbert der V2. Willkommen in Cruiserlandia – träumen sei an dieser Stelle ausdrücklich erlaubt. Ob jetzt von imaginären Landschaften, Touren durch eben diese Traumwelten oder von Wunschmaschinen, mit denen man gerade Beschriebenes gerne erleben möchte. Ideale Voraussetzungen zum gediegenen Cruisen finden sich übrigens überall. Es muss nicht unbedingt das Monument Valley in den USA sein, auch eine gemütliche Tour durchs Münsterland an einem lauen Sommerabend kann ein reizvolles Ambiente bieten.
Und welche Maschine nimmt man am besten, um das persönliche Cruiserglück zu finden? Auch hier die Antwort: Die passende muss nicht immer aus den USA kommen. Unbestritten gebührt amerikanischen Motorradbauern die geschichtliche Anerkennung, mit ihren Maschinen Grundsteine gelegt zu haben für die Art und Weise, Motorrad zu fahren, die wir heutzutage „Cruisen“ nennen. Vorneweg Harley-Davidson, aber auch Traditionshersteller wie Indian oder junge Marken wie Victory haben Cruiser im Programm, mit denen man das Lebensgefühl des entstressten Fahrens herrlich zelebrieren kann.
Niedrigere Preise und zuverlässige Technik
Das geht aber auch ganz hervorragend mit Cruisern aus Japan. In den 1980ern betraten Honda, Kawasaki, Suzuki und Yamaha den deutschen Markt mit Softchoppern, in den 1990ern überschwemmten sie die Motorradwelt regelrecht mit Modellen: vom Mini-Chopper à la Virago bis zu fetten Cruisern wie der Wild Star mit 1600 Kubik. Seither haben sich Dutzende neue japanische Fabrikate etabliert, und der Gebrauchtmarkt in diesem Segment gerät zum Modelldschungel. Ursprünglich verkauften sich die Maschinen über niedrigere Preise und zuverlässige Technik, hatten jedoch lange Zeit den Nimbus, seelenlose Kopien der US-Originale zu sein.
Nach wie vor ist die Harley-Gemeinde fest eingeschworen, aber dem einen oder der anderen ist das schon wieder zu viel des Guten. Auch Japan-Cruiseristen haben ein reges Fanleben, organisieren sich im Internet, und bei Treffen geht es oft sehr familiär her. Der Erwerb einer Maschine ist preislich und was die Vielfalt des Angebots angeht oftmals attraktiver. Für Genreanhänger sprechen also genügend Gründe dafür, auf einem Japan-Cruiser aufzusatteln. Bestseller wie Kawasaki VN 800/900 oder Suzuki VL 1500 Intruder bedürfen keiner weiteren Erklärung.
Andere Nippon-Modelle werden hingegen als unscheinbare Schwestern respektive aufgrund sehr kurzer Bauzeit gerne mal übersehen. Oder das Konzept mancher Maschinen war seinerzeit zu wagemutig und wurde deshalb von Neufahrzeugkäufern nicht angenommen. Weiterer Grund: Man hatte sie schlichtweg zu teuer angeboten. Doch Sehgewohnheiten ändern sich, und aus zweiter Hand bestimmt die Nachfrage das Angebot und somit die Preise. Gebrauchtkäufer finden auf jeden Fall erstklassige Offerten in jeder Hubraum- und Preisklasse innerhalb einer enorm großen Auswahl an Japan-Cruisern.
Honda VT 750 S

Mit der 750er wollte Honda im Jahr 2010 auf dem deutschen Markt bei Einsteigern punkten. Netter Versuch, der aber nicht so richtig zündete. Obwohl die leicht angechoppte, nicht allzu schwere Retro-Maschine mit narrensicherem Handling und niedrigem Neupreis um 7000 Euro ziemlich attraktiv daherkam. 2012 verabschiedete sie sich wieder vom Markt, ist als Gebrauchte aber ein guter Tipp. Fahr- und Bremsleistung – nur 44 PS, kein ABS – sind zwar keine Offenbarung, und der Soziuskomfort ist bescheiden.
Auf dicke Hose kann man mit dem zierlichen Bike auch nicht gerade machen. Gerade das mögen viele Cruiser-Fans vielleicht vermissen, aber sie sollten eine Probefahrt wagen. Denn die puristisch-hübsche Honda mit 19 Zoll vorn und 16 hinten sowie leckeren Drahtspeichen lässt sich spielerisch und tiefenentspannt bewegen. Gebürstetes Alu und fein gegossene Metallarmaturen sowie eine äußerst gelungene Ergonomie tragen zur besonderen Coolness dieses Motorrads bei.
Plus: Gut verarbeitet, sehr zuverlässig und technisch absolut ausgereift; antrittsstark bei niedrigen Drehzahlen; geringer Spritkonsum; für Cruiser vergleichsweise niedriges Gewicht, einfaches Handling.
Minus: Pflegeintensiver Ketten-Sekundärantrieb; ab 100 km/h sehr zähe Beschleunigung; geringer Tankinhalt.
Daten (Modelljahr 2010): Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-52-Grad-V-Motor, 745 cm³, 32,2 kW (44 PS) bei 5500/min, Gewicht 234 kg, Tankinhalt 10,7 Liter, Sitzhöhe 755 mm, Höchstgeschwindigkeit 153 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 7,1 sek, Verbrauch 3,8 l/100 km
Preis: ab 4000 Euro
Kawasaki VN 800 Drifter
Retro-Indian – so wurde die Kawasaki bei ihrem Debüt 1999 allseits betitelt. Motorradhistorisch wenig Beleckte konnten mit
diesem Attribut kaum etwas anfangen und wunderten sich in erster Linie über die seltsam tiefgezogenen Schutzbleche (aus Kunststoff), die so gar nicht in das Bild eines Mainstream-Cruisers passen wollten. Sollten diese Reminiszenzen an die 1940er auch nicht, schließlich wollte sich die Drifter von ihrer extrem populären Schwester VN 800 Classic im Aussehen deutlich unterscheiden.
Bis 2003 war das Motorrad im Kawasaki-Programm, hat sich aber nur rund 1500-mal verkauft, dementsprechend selten ist sie als Gebrauchte im Angebot. Rund 4500 Euro sollte man für ein gut gepflegtes Exemplar anlegen. Stolzer Preis für das Alter – dafür beträgt der Wertverfall dann beinahe null.
Plus: Vorbildliche Leistungsentfaltung; straffes, dennoch komfortables Fahrwerk, handlich; guter Sound; Motor extrem zuverlässig, Laufleistungen weit über 50.000 Kilometer bei ordentlicher Wartung kein Problem.
Minus: Bremse vorn relativ schlapp; recht hoher Benzinverbrauch bei forcierter Gangart.
Daten (Modelljahr 2002): Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-55-Grad-V-Motor, 805 cm³, 42 kW (57 PS) bei 7500/min, Gewicht 275 kg, Tankinhalt 15 Liter, Sitzhöhe 770 mm, Höchstgeschwindigkeit 163 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 6,0 sek, Verbrauch 6,0 l/100 km
Preis: ab 3500 Euro
Suzuki VZ 800 Marauder

Schon komisch: In der Bauzeit von 1997 bis 2003 hat dieser Mittelklasse-Cruiser über 10.000 Neukäufer gefunden. Obwohl er durch fast jeden Vergleichstest rasselte, weil man ihm vor allem fahrwerksseitig große Schwächen attestiert hatte. Und so richtig sexy kommen die vielen Plastikteile, die Metalloberflächen vortäuschen, auch nicht rüber.
Nun denn, Erfolg gibt recht. War es die ungewöhnliche Linienführung, der muntere, thermisch kerngesunde Motor oder doch einfach nur der damals günstige Neupreis von umgerechnet gerade mal 6000 Euro? Egal. Auch heute noch zählt die Marauder zu den unkonventionellen Cruisern und spricht Individualisten an. Aus zweiter Hand, sofern top gepflegt und gewartet, ist die solide 800er ein Tipp für Low-Budget-Käufer.
Plus: Sehr gute Leistungsabgabe im unteren Drehzahlbereich, relativ durchzugsstark (60–100 km/h in 6,2 sek); hohe Zuladung (über 200 kg); gutes Gebrauchtangebot.
Minus: Unausgewogene Lenkgeometrie, bescheidene Federelemente, geringe Bodenfreiheit; unbequeme Sitzposition; Bremse hinten mit schlechter Leistung und Dosierung.
Daten (Modelljahr 1999): Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-45-Grad-V-Motor, 805 cm³, 39 kW (53 PS) bei 6500/min, Gewicht 219 kg, Tankinhalt 13 Liter, Sitzhöhe 720 mm, Höchstgeschwindigkeit 163 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 5,4 sek, Verbrauch 4,7 l/100 km
Preis: ab 2500 Euro
Yamaha XVS 1100 Drag Star Classic

Trittbretter, kleines 16-Zoll-Vorderrad mit fettem 130er-Pneu und heruntergezogene Kotflügel – die Yamaha serviert das, was die meisten Cruiser-Fans wünschen. Zur Jahrtausendwende kam die Classic als große Schwester des sehr erfolgreichen Mittelklasse-Modells XVS 650 und blieb bis 2007 im Programm. Eine sehr gefällige Maschine, die heutzutage mit ihren 1100 Kubik aber wohl kaum noch als „echt fett“ bezeichnet würde. Damit verlässt sie das Radar vieler Gebrauchtinteressenten, die eher nach Hubraumriesen jenseits von eineinhalb Litern suchen. Genau deswegen sollte man ein Auge auf die extrem zuverlässige XVS 1100 werfen.
Der V2 strahlt mit seinen respektierlichen 61 PS eine angenehme Lässigkeit beim Flanieren aus, zieht ab Standgas bullig durch und nimmt klaglos auch hohe Drehzahlen hin. Der Fahrer sitzt äußerst kommod, hat freien Blick auf das verchromte Scheinwerfergehäuse, der Lenker zieht sich in einem weiten Bogen von Hand zu Hand. Unterm Strich: Cruisen ohne Nebenwirkungen zu fairen Preisen.
Plus: Robuster Motor, gut für sechsstellige Laufleistungen; sehr wirksame Bremsen; ordentliches Fahrwerk; wartungsarmer Kardanantrieb; große Auswahl an vernünftigen Secondhand-Offerten.
Minus: Bescheidener Soziuskomfort, Polster auf Dauer zu hart; Sound eher mäßig.
Daten (Modelljahr 2001): Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-75-Grad-V-Motor, 1063 cm³, 45 kW (61 PS) bei 5800/min, Gewicht 277 kg, Tankinhalt 17 Liter, Sitzhöhe 680 mm, Höchstgeschwindigkeit 170 km/h, Beschleunigung, 0–100 km/h 6,1 sek, Verbrauch 6,3 l/100 km
Preis: ab 3500 Euro
Honda VTX 1300 S

Drehmoment – ein Wert, den Cruiserfahrer gerne erwähnen. Je größer die Kraft an der Kurbelwelle, desto breiter das Grinsen. Honda stellte 2001 mit der 100 PS starken VTX 1800 den Chef im Ring. Über 160 Newtonmeter, aber auch über 16000 Euro. Ein Jahr später brachte der größte japanische Hersteller für preisbewusste Kunden deshalb die hier empfohlene VTX 1300 S für manierliche 11.390 Euro. Die sollte vom Glamour der großen Schwester profitieren und mit ebenfalls fetten 123 Newtonmetern (anliegend bei 3000/min) und ordentlichen 75 PS Käufer werben.
Außer durch den bärigen Motor mit zwei Ausgleichswellen überzeugt die 1300er noch durch ihren klassischen Look, sehr ansehnliche Lackqualität, feine Verarbeitung, satten Chromauftrag und groovigen Sound. Für eine vorbildlich gepflegte VTX 1300 S mit nur einem Vorbesitzer und weniger als 20.000 Kilometern auf der Uhr sollte man rund 6500 Euro einplanen.
Plus: Starker und sehr zuverlässiger Motor, langhubig, dennoch drehfreudig; gute Reichweite von beinahe 350 Kilometern; überraschend handlich; klasse Verarbeitung.
Minus: Unterdämpfte Gabel und Federbeine, geringe Spurstabilität; Einscheibenbremse vorn schnell überfordert
Daten (Modelljahr 2003): Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-52-Grad-V-Motor, 1312 cm³, 55 kW (75 PS) bei 5000/min, Gewicht 324 kg, Tankinhalt 18 Liter, Sitzhöhe 700 mm, Höchstgeschwindigkeit 178 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 5,5 sek, Verbrauch 5,2 l/100 km
Preis: ab 5000 Euro
Honda VT 1300 CX

Supercool sieht sie aus. Wie ein individuelles Showbike. Ist die VT 1300 CX , Beiname: Fury, aber nicht, sondern ein normales Motorrad von der Stange. Normal? Sieht anders aus. Radstand: enorme 1805 Millimeter, Lenkkopfwinkel: flache 58 Grad. Ansonsten hält sich die Andersartigkeit in Grenzen.
Der „nur“ 58 PS starke V2 (107 Nm Drehmoment) mit drei Ventilen pro Zylinder, Einspritzung und G-Kat gibt sich als völlig unkomplizierter Kumpel. Fahren auf diesem etwas skurrilen Cruiser/Chopper macht vor allem eins: Spaß. Die von 2010 bis 2012 in Deutschland als Neufahrzeug für 14.000 Euro angebotene 1300er ist als Gebrauchte eine Rarität mit Potenzial für Sammler.
Plus: Vibrationsarmer und kultivierter Motor; Teilintegral-Bremssystem mit ABS; ausgewogene Fahrwerksabstimmung; geringe Sitzhöhe, optimal für kurzbeinige Fahrer.
Minus: Enormer Wendekreis von über sieben Metern; sehr geringe Zuladung (nur 158 kg); für Soziusbetrieb eher ungeeignet.
Daten (Modelljahr 2010): Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-52-Grad-V-Motor, 1312 cm³, 42,5 kW (58 PS) bei 4250/min, Gewicht 311 kg, Tankinhalt 12,8 Liter, Sitzhöhe 678 mm, Höchstgeschwindigkeit 165 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 6,8 sek, Verbrauch 5,1 l/100 km
Preis: ab 8000 Euro
Yamaha XVS 1300 A

Die Nachfolgerin der XVS 1100 heißt Midnight Star und ist seit 2007 im Programm. Seit 2014 außerdem noch als choppereske Custom-Variante mit schmalem 21-Zoll-Vorderrad und fettem 210er-Schluffen hinten. Das ist zwar trendig, aber wem klassischer Cruiser-Look mit 16-Zöllern und Reifenbreiten von 130 vorn sowie 170 hinten besser gefällt, kann gut auf Gebrauchtware zurückgreifen. Kein Problem, denn der kräftige Kurzhuber-V2 mit 73 PS dieses sehr handzahmen und agilen Bikes gilt technisch als stressfrei.
Ordentliche Händlerofferten mit Gewährleistung und weniger als 10.000 Kilometern auf der Uhr finden sich bereits um 6500 Euro. Der reisetaugliche Cruiser bietet guten Gegenwert.
Plus: Wartungsarmer Zahnriemen-Endantrieb; für die Hubraumklasse beeindruckendes Drehmoment von 106 Newtonmetern; seidenweich agierender Motor; Fahrwerk mit gutem Komfort; Mitfahrer sitzen bequem .
Minus: Bremsleistung nur mittelmäßig; Trittbretter setzen sehr früh auf.
Daten (Modelljahr 2005): Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-60-Grad-V-Motor, 1304 cm³, 53,5 kW (73 PS) bei 5500/min, Gewicht 307 kg, Tankinhalt 18,5 Liter, Sitzhöhe 720 mm, Höchstgeschwindigkeit 174 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 5,0 sek, Verbrauch 4,6 l/100 km
Preis: ab 5500 Euro
Suzuki Intruder M 1500

Weniger Hubraum, weniger Show? Nein. Logisch, die fette Schwester M 1800 mit satten 125 PS ist ein Star in der Szene, aber auch die 1500er mit 80 PS macht gut was her. Die kleinere „M“ (Bauzeit: 2009/2010) sieht mit ihrer unkonventionellen Cockpitverkleidung der 1800er ähnlich, unterscheidet sich aber technisch in vielen Punkten: eine statt zwei Nockenwellen pro Zylinderkopf, lang- statt kurzhubig, 200er-Hinterreifen statt 240er-Heckwalze, Stahl-Dreiecksschwinge statt Alu-Zweiarmschwinge, kleinerer Tank, einfacher gestrickte Upside-down-Gabel.
Insbesondere die Doppelkolbenbremse verzeiht eher Fehler – bei der 1800er mit radial verschraubten Vierkolbenstoppern ist Überbremsen ein häufig moniertes Problem, das gerade für nicht ganz so erprobte Piloten sogar eine Gefahr darstellt. Die M 1500 ist aufgrund des besseren Fahrverhaltens also eine gute Wahl.
Plus: Angenehm neutrales Fahrverhalten; bassiger Sound; kräftige Leistungsentfaltung im mittleren Drehzahlband,
großzügiges Drehmoment von 126 Newtonmetern bei 2700/min; sauberer Kardan.
Minus: Hohes Gewicht, im Stand schwierig zu handhaben; recht begrenzte Schräglagenfreiheit; Endübersetzung zu lang.
Daten (Modelljahr 2005): Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-54-Grad-V-Motor, 1462 cm³, 59 kW (80 PS) bei 4800/min, Gewicht 330 kg, Tankinhalt 18 Liter, Sitzhöhe 716 mm, Höchstgeschwindigkeit 190 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 4,6 sek, Verbrauch 5,5 l/100 km
Preis: ab 6500 Euro
Kawasaki VN 1600 Mean Streak

"Gemein, fies“ – die Übersetzung des englischen Wortes „mean“ trifft auf den Kawa-Cruiser nicht wirklich zu. Die Hot-Rod-Modellvariante des Oberklasse-Bestsellers VN 1600 Classic ist nämlich eine ganz Liebe. Beim Ampelduell mit über 100 PS starken, wirklich gemeinen Powercruisern vom Schlage einer Harley-Davidson V-Rod oder einer Suzuki M 1800 zieht die Mean Streak jedenfalls den Kürzeren. Obwohl Leistung nicht alles ist, haben viele Macho-Biker die stilistisch gelungene 1600er (Bauzeit: 2004 bis 2008) wohl deshalb oft nicht auf dem Schirm.
Dabei glänzt nicht nur viel Chrom an diesem Motorrad, sondern die Kawasaki besitzt auch brillante Fahreigenschaften: Superbe Sechskolbenstopper haben die für einen fetten Cruiser überschaubaren 317 Kilo gut im Griff, die sehr verwindungssteife Schwinge und die Upside-down-Gabel sorgen für eine stabile Straßenlage, und mit 128 Newtonmetern Drehmoment bei 2800/min lässt es sich ultracool über den Boulevard bollern. Gemein ist allerdings, dass das Gebrauchtangebot sehr eingeschränkt ist. Bei einem Bestand von nur rund 400 Stück benötigt man Geduld, um eine gute, preiswerte Maschine zu finden.
Plus: Straffe Federelemente, sehr stabiles und ausgewogenes Fahrwerk; extrem robuster, kurzhubiger Motor (vier Ventile pro Zylinder) mit breitbandiger Leistungsabgabe; super Bremsen; relativ geringes Gewicht.
Minus: Geringes Gebrauchtangebot, häufig überhöhte Preise; kaum tourentauglich.
Daten (Modelljahr 2004): Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-50-Grad-V-Motor, 1553 cm³, 54 kW (73 PS) bei 5300/min, Gewicht 317 kg, Tankinhalt 20 Liter, Sitzhöhe 700 mm, Höchstgeschwindigkeit 185 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h k.A., Verbrauch 6,4 l/100 km (Wert von VN 1600 Classic)
Preis: ab 5500 Euro
Kawasaki VN 1700 Voyager Custom

Wie so häufig kommen die aktuellsten Cruiser-Trends aus den USA. Genauer: von Harley-Davidson. So auch der sogenannte Bagger Style. Leicht gechoppte Fulldresser mit niedrigem Windschild und flach abfallendem Heck mit Seitenkoffern, aber ohne Topcase, sind schwer angesagt. Die Harley Street Glide (Neupreis: rund 23.000 Euro) ist ein Paradebeispiel. Kawasaki sprang 2012 auf den Zug auf und brachte die VN 1700 Voyager Custom für gut 18.000 Euro auf den Markt. Immer noch eine Menge Holz, und hierzulande wollte die Cruiserszene nicht so recht anbeißen.
Kurzum: Die Custom verkauft sich nur in homöopathischen Dosen – und selten zum Listenpreis. Das sollte clevere Secondhandjäger auf den Plan rufen, denn das technisch absolut tolle Motorrad ist bei intensiver Suche günstig zu schießen. Drehmomentstarker Motor und stabiles Fahrwerk, bester Langstreckenkomfort auf breitem und ultrabequem gepolstertem Fahrersitz, üppige Instrumentierung samt Audioanlage – ja, Cruisen auf der stylishen Custom ist ein echter Genuss. Und bezahlbar.
Plus: Wirkungsvolle Verbundbremse; schöner, blubberiger Sound; sehr fahrstabil; fein ansprechende Gabel; guter Reisekomfort.
Minus: Für einen Reisecruiser nahezu lächerliche Zuladung von nur 177 kg; etwas unterdämpfte Federbeine; geringes Angebot an Secondhand-Offerten.
Daten (Modelljahr 2012): Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-55-Grad-V-Motor, 1700 cm³, 54 kW (73 PS) bei 5000/min, Gewicht 386 kg, Tankinhalt 20 Liter, Sitzhöhe 730 mm, Höchstgeschwindigkeit k. A., Beschleunigung 0–100 km/h k.A., Verbrauch k.A.
Preis: ab 9900 Euro