Nach fünf Jahren Laufzeit endete im Januar 2021 in Frankreich ein Experiment zur Erlaubnis der Staudurchfahrungen für Motorräder. Was zur Unterstützung einer Gesetzesänderung geplant war, resultierte wohl im Gegenteil: Es gab mehr Unfälle als zuvor.
Nach fünf Jahren Laufzeit endete im Januar 2021 in Frankreich ein Experiment zur Erlaubnis der Staudurchfahrungen für Motorräder. Was zur Unterstützung einer Gesetzesänderung geplant war, resultierte wohl im Gegenteil: Es gab mehr Unfälle als zuvor.
Seit 2016 wurde in elf französischen Départments das sogenannte "Lane-Splitting", also die Staudurchfahrung, toleriert. Dabei war es testweise möglich, bei langsamem Verkehr (unter 50 km/h) oder Stau, zwischen der vorletzten und letzten Fahrspur eine weitere für Einspurfahrzeuge zu öffnen, die es Motorrädern möglich machte zwischen den langsamen oder stehenden Auto hindurch zu fahren. Erlaubt war für Zweiräder dann eine Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde bei ausreichendem Abstand zu den stehenden oder langsamen Autos.
Als Ergebnis müssen für diese Zeit aber leider 12 Prozent mehr Unfälle auf den freigegebenen Straße notiert werden, als auf den Straßen wo das Experiment nicht durchgeführt wurde. Hier sank die Zahl der Unfälle gar um zehn Prozent. Jedoch zeigt die abschließende Studie verglichen mit Unfalldaten vergangener Jahre, dass sich 90 Prozent dieser 1.650 Unfälle zwar auf der vorgeschriebenen geteilten Fahrspur ereigneten, aber auch immer unter Beteiligung eines unerwarteten Spurwechsels eines Autos. Die restlichen Unfälle kamen laut der Studie durch unangemessene Geschwindigkeit der Zweiräder zustande. Unterm Strich also alles Situationen in denen sich nicht an die Vorschriften gehalten wurde. Einen Fehlschlag des Experiments wollen die Studienmacher also nicht sehen.
Gerade im Großraum Paris, wo das Experiment auch durchgeführt wurde, stieg der Anteil an Zweiradunfällen während des Lane Splitting von 13 in 2015 auf 57 in 2018. So gesehen eine Steigerung von 300% in vier Jahren. Zeitgleich stieg die Zahl aller anderen Unfälle mit Zweirädern von 310 auf 480, also um gut 54% und spiegelt auch den starken Anstieg des Verkehrs in diesem Zeitraum – im Großraum Paris.
In Deutschland gilt das Durchfahren eines Staus rechts der äußersten Spur weiterhin als unzulässiges Überholen, weiterhin sind zu geringe Seitenabstände, in der meist von den Autofahrern nicht gebildeten Rettungsgasse an der Tagesordnung. Trotz vieler Petitionen ist hier keine Änderung in Sicht. Bleibt beim Verstoß nur die Hoffnung, entweder nicht erwischt zu werden oder wenn, ohne Bußgeld nochmal davon zu kommen.
Mit richtig engem Blick könnte das Ergebnis aus Frankreich jeder Chance auf Lockerung auch in Deutschland den Garaus machen. Doch ob krasse Spitzenwerte wie in der Verkehrshölle Paris wirklich entscheidungsbringend sein sollten, steht auf einem anderen Blatt. Und die Zahlen zeigen auch: Wenn ein Unfall passierte, war meist das Vierrad schuld. Also in Sachen "Motorradfahrer übersehen" bleibt also alles beim Alten. Schade.