Eine Motorradkette ist ein wichtiges Bauteil der Maschine, deren Pflege und Wartung man nicht vernachlässigen sollte. Andernfalls drohen nicht nur schneller Verschleiß und damit teurer Ersatz, sondern auch ein Leistungsverlust sowie stärkere Lastwechselreaktionen, die Unruhe ins Fahrwerk bringen können. Zudem birgt eine verschlissene oder falsch gespannte Kette auch ein Sicherheitsrisiko, weil sie ab-, überspringen oder sogar reißen kann.
Funktion der Motorradkette
Bei Motorrädern gehört die Kette zu den häufigsten Arten der Kraftübertragung zwischen Motor und Hinterrad. Im Gegensatz zu den ebenfalls im Motorradbau verwendeten Alternativen Kardan oder Zahnriemen ist sie leichter und günstiger in der Produktion. Vor allem aber hat sie den besten Wirkungsgrad, sodass der Leistungsverlust bei der Kraftübertragung geringer ausfällt. Allerdings gilt das nur für eine korrekt gespannte und geschmierte Kette. Außerdem lässt sich das Übersetzungsverhältnis durch Verwendung anderer Kettenräder relativ einfach verändern.

Der größte Nachteil der Kette ist klar: ihre Pflege- und Wartungsintensität. Es hat immer wieder Versuche gegeben, eine vernünftige und vor allem saubere Lösung zu finden. Die Münch Mammut und Yamahas TR1 hatten sogar einen geschlossenen, mit Fett gefüllten Kettenkasten. Ein vernünftiger Kettenschutz, der die Kette zumindest zum Reifen hin abdeckt (wie z. B. beim Honda X-ADV-Roller), ist heutzutage selbst bei Tourenmotorrädern leider selten. Im Regelfall läuft die Kette mehr oder weniger ungeschützt. Deshalb muss sie regelmäßig (alle 300 bis 500 km) nachgeschmiert sowie gegebenenfalls gereinigt werden – eigentlich ein Witz im 21. Jahrhundert.
Aufbau der Motorradkette
Motorradketten sind Präzisionsprodukte. Die Toleranzen bei der Fertigung liegen auf sehr hohem Niveau, und die verwendeten Materialien sind von bester Qualität. Die mittlerweile fast ausschließlich verwendeten sogenannten O-Ring-Ketten, die es seit Mitte der 70er-Jahre gibt, sorgen dank Dichtringen hinter der Kettenlasche für eine ausreichende Lebensdauerschmierung von Hülse und Kettenbolzen – allerdings nur im Innern der Kette. Der ungeschützte äußere Teil (Rollen, Ritzel und Kettenrad) benötigt ausreichende Schmierung, für die der Fahrer zuständig ist.
Motorradkette richtig schmieren
Die Fliehkraft – verbunden mit Regen und Straßendreck – sorgt dafür, dass eine Kette im Laufe der Zeit "blank" wird und dann in kürzester Zeit verschleißt. Während eine gut geschmierte Kette bis zu 40.000 km halten kann, sind ungepflegte Exemplare oft schon nach weniger als 10.000 km am Ende ihrer Lebensdauer. Eine regelmäßige (Sicht-)Kontrolle ist daher unverzichtbar. Ist die Kette blank oder weist gar Rostspuren auf, greift man zum Kettenspray, das die Kette nicht nur vor Korrosion schützt, sondern auch die Reibung erheblich reduziert. Damit es gut haften kann, muss die Kette allerdings sauber und trocken sein. Zur besseren Verteilung des stark haftenden Schmiermittels haben die Hersteller ein Treibmittel beigemengt, das sich nach kurzer Zeit verflüchtigt. Versierte Tourenfahrer schmieren deshalb am Ende einer Tour sofort die dann noch warme Kette und können so am nächsten Morgen direkt starten. Wer dagegen unmittelbar nach dem Schmieren losfährt, verteilt den Schmierstoff wunderbar auf Felge, Bremsscheibe und Reifen.
- Motorrad auf Haupt- oder Montageständer stellen.
- Reifen und Felge am besten mit Pappe etc. abdecken.
- Kettenspray auf die Innenseite der Kette am unteren Kettenstrang sprühen. Das Rad dabei von Hand durchdrehen.
- Pappe wegwerfen und fertig.
Wichtig: Nicht die Menge macht’s – lieber öfter nachschmieren! Praktisch für unterwegs ist ein Spritzschutz (z. B. S100 Saubersepp) sowie bei Motorrädern ohne Hauptständer ein sogenannter Liftstick, mit dem das Hinterrad angehoben werden kann, wenn das Bike auf dem Seitenständer steht.
Eine Alternative zum Spray sind Permanent-Schmiersysteme z. B. der Scottoiler. Diese allerdings nicht gerade günstigen Kettenöler werden per Zündstrom oder Unterdruck aktiviert, und ein dünnflüssiges Öl tropft während der Fahrt direkt auf das Kettenrad. Je nach Bedingungen (Regen/Staub) und Strecke muss aber nachjustiert werden.
Motorradkette richtig reinigen
Verbinden sich Schmutz und Staubpartikel mit dem Kettenfett, wird die Schmierwirkung reduziert. Verschmutzte Ketten sollten daher gereinigt werden. Leichte Verschmutzungen lassen sich ganz gut mit einer Kunststoffbürste entfernen.

Bei grober Verschmutzung sollte man weder Dampfstrahler noch Bremsenreiniger (greift die O-Ringe an) verwenden, sondern einen speziellen Kettenreiniger benutzen.
Um die logischerweise dabei entstehende Sauerei in Grenzen zu halten, hat sich der Kettenmax (Polo, ab ca. 20 Euro) bewährt. Er reinigt die Kette mithilfe von kleinen Bürsten und einer Reinigungsflüssigkeit von allen Seiten, vor allem aber wird der Dreck über einen Schlauch in einen Auffangbehälter geleitet.
Spannen der Motorradkette
Eine Kette dehnt sich im Laufe ihres mehr oder weniger langen Lebens kontinuierlich. Grund ist der Verschleiß an den Reibflächen der Bolzen. Deshalb muss die Spannung auch regelmäßig geprüft werden. Schon der Begriff "Kette spannen" ist irreführend, denn es geht dabei um die Einstellung des sogenannten Durchhangs, d. h. des Spiels, das die Kette haben muss. Dieses Spiel ist notwendig, damit die Schwinge sich beim Ein- und Ausfedern bewegen kann, während eine schräg gestellte Schwinge die Distanz zwischen Ritzel und Kettenrad verkürzt. Erst wenn Getriebeausgangswelle, Schwingendrehpunkt und Radachse auf einer Achse liegen, erreicht der Kettentrieb seine maximale Länge. Ist die Kette zu stramm gespannt, wird die Federung beeinträchtigt und die Kette übermäßig gedehnt.

Die Folge sind ein extrem hoher Verschleiß und erhöhter Druck auf das Getriebeausgangslager, das dadurch vorzeitig seinen Geist aufgeben kann. Im schlimmsten Fall kann die Kette sogar reißen. Eine zu locker gespannte Kette peitscht und schlägt beim Gaswegnehmen, verschleißt dadurch schneller und kann im Extremfall ab- oder überspringen – also ist auch hier Vorsicht geboten. Zur Prüfung des korrekten Durchhangs wird die Maschine wieder aufgebockt, damit das Hinterrad gedreht werden kann. Da ältere Ketten oft ungleichmäßig gelängt sind, prüft man den Durchhang in der Mitte des unteren Kettenstrangs durch Anheben der Kette mit den Fingern. Dann wird das Rad immer ein Stück weitergedreht und die Prozedur so lange wiederholt, bis die strammste Stelle gefunden ist. Die ist maßgeblich für die Spannung.
Wenn die Kette komplett ungleichmäßig gelängt ist, dann kann sie nur noch getauscht werden, da eine vernünftige Spannung nicht mehr möglich ist. Der Durchhang der Kette ist theoretisch in Ordnung, wenn er bei aufgebockter Maschine ca. 3 bis 5 cm beträgt. Exakte Angaben stehen im Fahrerhandbuch oder sind bei manchen Typen auch auf der Schwinge aufgeklebt. Aber Vorsicht: Spiel muss die Kette auch im voll belasteten Zustand noch haben. Je nach Bauart der Maschine ändert sich das Spiel mit oder ohne Beladung mehr oder weniger stark. Da hilft nur ausprobieren. Aber wer auf der Maschine sitzt, kann ohne akrobatische Verrenkungen ganz schlecht den Durchhang prüfen – man braucht eine zweite Person. Wichtig: Für Urlaubsfahrten mit Gepäck muss der Durchhang unbedingt bei beladener Maschine geprüft und gegebenenfalls korrigiert werden.
Nachspannen der Motorradkette
Zum Nachspannen Motorrad aufbocken und Gang einlegen. Zuerst muss die Hinterachse an der Seite der Achsmutter gelöst werden. Sie ist oft sehr fest angezogen (meist 100 Nm und mehr!). Gegebenenfalls vorher Splint etc. entfernen. Zum Spannen der Kette muss das Hinterrad nach hinten gezogen werden (das passiert automatisch durch die Kettenspanner), zum Lockern nach vorne gedrückt werden (dazu muss man nach dem Lockern der Kettenspanner kräftig gegen das Rad drücken/schlagen). Bei den Kettenspannern gibt es verschiedene, qualitativ leider sehr unterschiedliche Bauarten, die aber meist nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren. Der Kettenspanner hat in der Regel eine durch eine Kontermutter gesicherte Einstellschraube. Durch gleichmäßiges Drehen der Schrauben auf beiden Seiten spannt/lockert man die Kette.

Dabei abwechselnd in Vierteldrehungen vorgehen, bis die Kette den korrekten Durchhang erreicht. Auf der Schwinge und den Kettenspannern sind (mehr oder weniger exakte) Markierungen angebracht. Wichtig ist, dass die Markierungen auf beiden Seiten der Schwinge in der gleichen Position stehen, sonst läuft das Rad schief und beeinträchtigt das Fahrverhalten. Wer den oft etwas ungenauen Markierungen nicht traut, kann zwecks Kontrolle der Flucht auch zu einem Kettenlaser (bei Polo ca. 40 Euro) greifen. Ein Laserstrahl auf den Kettenlaschen macht eine fehlerhafte Einstellung sichtbar. Nach dem Festziehen der Achsmutter (Drehmoment beachten) unbedingt noch einmal die Kettenspannung kontrollieren. Nicht verzagen, falls es auf Anhieb nicht klappt, das Spannen hat viel mit Erfahrung und Geduld zu tun – Übung macht den Meister!
Das Ganze sollte aber nicht nur in der heimischen Garage, sondern auch auf einer Tour funktionieren. Um das mit dem Bordwerkzeug zu bewerkstelligen, muss man auch den Trick kennen. Die Hinterradachsmutter lässt sich nämlich nur lösen, wenn man das unterdimensionierte (Bord-)Werkzeug, das man beizeiten durch vernünftiges Werkzeug (passende Nuss/Knebel) ersetzen sollte, mit dem Fuß kräftig runterdrückt.
Verschleißprüfung an der Motorradkette
Eine Kette ist verschlissen, wenn sie sich ungleichmäßig oder zu stark gelängt hat. Manche Motorräder verfügen über einen praktischen Verschleißanzeiger. Wenn die Markierung im roten Bereich angekommen ist, muss die Kette gewechselt werden. Alternativ kann man prüfen, ob man die korrekt gespannte Kette im Stand mit einem Schraubenzieher am Ende des Kettenrads mehr als drei Millimeter vom Kettenrad abheben kann.

Auch die Zähne des Kettenrads werden durch Abrieb im Laufe der Zeit immer dünner, es entstehen sogenannte Haifischzähne. Die können dann den enormen Kräften nicht mehr standhalten und verbiegen sich, sodass die Kette im Extremfall über das Kettenrad rutscht. Aber nicht immer zeigt sich der Verschleiß so deutlich.
Seitliches Spiel, verdrehte Bolzen, defekte Rollen sowie auffällig schwer- oder leichtgängige Kettenglieder oder defekte Dichtringe erfordern ebenfalls eine sorgfältige Sichtprüfung. In allen Fällen muss der komplette Kettensatz (also Kette, Ritzel und Kettenrad) getauscht werden.
Das braucht ihr für die Kettenpflege
- Kettenspray
- Abdeckschutz
- Kettenreiniger
- Bürste/Kettenmax
- Werkzeug für das Lockern der Hinterachse/Kettenspanner
- Liftstick/Heber
- Handschuhe
- Reparaturanleitung
Material-/Anschaffungskosten:
Ein gutes Marken-Kettenspray ist im Zubehörhandel (z.B. bei den großen Shopketten) ab rund zehn Euro zu bekommen und bietet reichlich Vorrat für etliche Pflegearbeiten an der Kette. Ein sinnvolles Investment ist die Anschaffung kleiner Helferlein, die die eigene Schrauberausstattung wirklich rundmachen: Kettenmax-Reinigungsbox (20 Euro), Spritzschutz Saubersepp (ab 5 Euro), Laser zum Fluchten (40 Euro).