Ob offener Brief vom BVDM, Stellungnahme vom Industrieverband (IVM), ADAC, Biker Union und dem Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk – wir fassen die Positionen für euch zusammen.
Ob offener Brief vom BVDM, Stellungnahme vom Industrieverband (IVM), ADAC, Biker Union und dem Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk – wir fassen die Positionen für euch zusammen.
Offener Brief vom BVDM
Das Thema Fahrverbote aufgrund von zu lauten Motorrädern bestimmt weiterhin die Schlagzeilen in der Motorradbranche. Anfang Juni hat sich auch der Bundesverband der Motorradfahrer e.V. (BVDM) zu Wort gemeldet und fordert die Motorradindustrie in einem offenen Brief dazu auf, freiwillig Motorräder zu produzieren, die im realen Fahrbetrieb sozialverträglich leise sind. Der BVDM fordert die Hersteller unter anderem dazu auf, auch leisere und bezahlbare Nachrüstlösungen für die meistverkauften Modelle zu entwickeln und zu verkaufen. An den Industrieverband Motorrad (IVM e.V.) appelliert der BVDM, seinen Einfluss geltend zu machen, um die Hersteller zur Produktion von leiseren Fahrzeugen zu bewegen. Nachfolgend stellen wir euch das vollständige Dokument des BVDM zur Verfügung:
Hersteller sehen Verantwortung bei Motorradfahrern
Der Industrieverband Motorrad (IVM) als Vertretungsorgan der Motorradhersteller in Deutschland hält sich bislang mit einer offiziellen Stellungnahme zurück. In einem Interview mit der "taz" meldete sich Verbandsprecher Achim Marten dann doch zu Wort: "Fangt doch erstmal an, die Maschinen leiser zu fahren", appellierte Marten an die Biker-Community. "Wir sehen die Hauptverantwortung bei den Fahrern selber."
In Sachen Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen sind sich die meisten Brancheninsider dagegen weitgehend einig. Vor allem der Bundesverband der Motorradfahrer in Person von Michael Lenzen äußerte sich zu diesem Thema gegenüber der Kollegen vom Spiegel deutlich und bezeichnet ein solches Fahrverbot gar als Diskriminierung: "Wer nicht über Sportwagen und Quads redet, gleichzeitig aber Motorradfahrer an Wochenenden und Feiertagen auf bestimmten Strecken aussperren will, diskriminiert vier Millionen Menschen. Bevor man neue Gesetze erlässt, sollten die vorhandenen Möglichkeiten erst einmal ausgeschöpft werden. Der Ärger der Anwohner ist zwar absolut nachvollziehbar, wir sollten dieses Problem aber gemeinsam lösen, ohne anständige Motorradfahrer pauschal auszusperren."
ADAC
Der ADAC bezeichnet Kollektivstrafen gegen Motorradfahrer als nicht angemessen und fordert stattdessen andere Lösungen, beispielsweise Lärmdisplays und verstärkte Polizeikontrollen.
Biker Union
Auch die Biker Union als Interessenvertretung der Biker, Rocker und Motorradfahrer hat zur Bundesrats-Initiative Stellung bezogen. "Natürlich wissen wir, daß es in einigen landschaftlich reizvollen Gegenden Probleme mit unzulässig lauten Motorrädern gibt", so Rolf Frieling, Vorsitzender der Biker Union e.V. "Deswegen arbeiten wir seit Jahren zusammen mit verschiedenen Gemeinden und Landkreisen an der Lösung des Problems. Denn fehlende Rücksichtnahme auf die Anwohner an stark befahrenen Motorradstrecken ist auch aus unserer Sicht kein Kavaliersdelikt. Dabei stellen wir jedoch immer wieder fest, daß auch getunte PKW und andere Geräuschquellen zu unzumutbaren Lärmbelästigungen der Anwohner führen. Wir wollen zwar nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Da der Bundesrat in seiner Entschließung aber ausschließlich Motorräder ins Visier nimmt, geht es offensichtlich nicht um die Sache. Stattdessen wird zur Hexenjagd auf Motorradfahrer geblasen."
"Die Sperrung von Straßen nur für Motorräder aufgrund von Lärmbelästigungen wäre ein klarer Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und die Einführung der Sippenhaftung für die Masse der motorisierten Zweiradfahrer, die rücksichtsvoll fahren und sich an die Regeln halten. Das wäre völlig unverhältnismäßig", so Frieling. "Eine Halterhaftung hat das Bundesverfassungsgericht zudem bereits im Jahr 1989 als verfassungswidrig erachtet."
Manfred Bach, Vorstandsmitglied der BU, ergänzt: "Der Forderungskatalog des Bundesrats läßt darauf schließen, daß Sachkompetenz bei dessen Formulierung Mangelware war. Ein absolutes Geräuschlimit von 80 dB(A) in allen Fahrzuständen würde das Ende des Verbrennungsmotors bei Motorrädern bedeuten. Denn im Gegensatz zum PKW sind die Möglichkeiten zur Geräuschvermeidung bei motorisierten Zweirädern bauartbedingt begrenzt. Selbst bei modernen Maschinen, die im Regelfall ausgesprochen leise sind, kann es Betriebszustände geben, die im realen Straßenverkehr zwar extrem selten vorkommen, in denen das Limit aber geringfügig überschritten würde. Selbst wenn ein solcher Grenzwert eingeführt würde: der würde nur für Neufahrzeuge gelten. Bei einem Fahrzeugbestand von derzeit ca. 4,4 Mio. zugelassenen Motorrädern würde es mindestens 10 bis 15 Jahre dauern, bis sich der auf den Straßen bemerkbar machen würde."
Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk
Aus dem Positionspapier des Bundesinnungsverbands Zweirad-Handwerk (Vereinigung des Fahrrad-und Kraftrad-Gewerbes) vom Juni 2020: Nicht jeder Motorrad- oder Sportwagenfahrer darf pauschal für das Problem "Verkehrslärm" verantwortlich gemacht werden.Diskussionen und Maßnahmen müssen wieder sachlich geführt werden: die Hauptursache von durch Motorräder verursachtemLärm sinddie unangepasste Fahrweisesowie das unzulässige"Herumschrauben"am Fahrzeug. Streckensperrungen und Geschwindigkeitsbegrenzungen für eine einzelne Verkehrsgruppe würden vielmehr zu mehr Provokationen einzelner Verkehrsteilnehmer führen. Und zwar genau durch die, die auch jetzt schon maßgeblich für den Konflikt verantwortlich sind.Das Aufstellen von Feindbildern und die Diskreditierung einer einzelnenVerkehrsteilnehmergruppe stelltzudem eine Ungleichbehandlung und einen Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit dar. Es dürfen nicht alle Motorräder und deren Fahrer über einen Kamm geschoren werden.
Viel Lärm um laut. Aus Sicht vieler Anwohner zurecht. Wenn kein schönes Wetter mehr im Garten genossen werden kann, weil gefühlt jede fünfte Maschine röhrt und tönt. Und zwar nicht nur im Vorbeifahren, sondern – je nach Lage – auch noch kilometerweit nach dem Ortsschild. Trotzdem können und sollen nicht pauschal alle Motorradfahrer büßen. Vor allem, weil bei Weitem nicht alle lauten Verkehrsteilnehmer gleichermaßen eingeschränkt werden. Hier wird mit mindestens dreierlei Maß gemessen, weshalb die Legitimität der aktuellen Forderung nach Fahrverboten fraglich ist. Trotzdem sind alle gefragt: Die Politik soll endlich für praktikable und realistisch abbildbare Grenzwerte und Messverfahren sorgen, die Hersteller für guten Sound, der "laut" gar nicht nötig hat und die Motorradfahrer und -fahrerinnen für eine angepasste Fahrweise, die hohe Drehzahlen vermeidet.