Welche Rechte haben Verbraucher beim Motorradkauf?

Verbraucherrechte Neu- und Gebrauchtkauf von Motorrädern
Welche Rechte haben Verbraucher beim Motorradkauf?

Veröffentlicht am 20.01.2024

Über die Hälfte der Kunden lesen die AGB nicht oder nur selten. Ein Umstand, der sich durch das seit dem 1. Januar 2022 reformierte Kaufrecht kaum geändert haben dürfte. Seit der Reform ist es für Verkäufer aber schwieriger, Negatives im Kleingedruckten unterzubringen. Auslöser der Reform waren europäische Richtlinien, die Hauptintention war es, den Verbraucherschutz weiter zu stärken. Ganz wichtig: Zusätzlich wurde alles Digitale gesondert adressiert, also digitale Produkte, aber auch Produkte mit digitalen Komponenten. Dieses breite Spektrum reicht von Smartphones und PCs über Saugroboter bis hin zu E-Bikes und Autos. Folgerichtig umfasst es auch Motorräder.

Händler müssen über Software-Updates informieren

Im Gegensatz zu vorher wird mittlerweile unterschieden zwischen analogen Waren, Waren mit digitalen Elementen und digitalen Produkten. Für diese beiden letztgenannten Gruppen sind Händler zu etwaigen Aktualisierungen verpflichtet und dazu, Verbraucher über anstehende Updates zu informieren. Was bei der heutigen Armada an smarten Geräten nachvollziehbar klingt, betrifft auch Motorräder. Selbst bei 20 Jahre alten Motorrädern ohne CAN-Bus, wie etwa der Einzylinder-BMW F 650 GS, können Software-Updates auf der Werkstattrechnung auftauchen. Die Software regelt etwa Steuerzeiten der Einspritzung.

Für Vertragshändler stellte die Gesetzesänderung keine große Umstellung dar. "Wir mussten unsere AGB anpassen, aber Software-Updates machen wir im Rahmen der Inspektionen sowieso", erklärt Florian Knauf, Juniorchef beim Multimarkenhändler M-K-Cycles in Esslingen. Auch bei Gebrauchten sei das daher kein Thema gewesen, allerdings stünden bei M-K-Cycles ohnehin nur wenige und überwiegend junge Gebrauchtmotorräder auf dem Hof.

Software bei Gebrauchten bleibt Randthema

Wenig überraschend: Auch Elektromotorräder sind betroffen. Bei den E-Motorrädern von Zero, die in Esslingen ebenfalls angeboten werden, gebe es sowieso lebenslange Updates, die vom Hersteller bezahlt würden, fügt Knauf hinzu. Zudem können Händler separate Vereinbarungen treffen oder Ausschlüsse von dieser Pflicht vereinbaren. Das Thema Software bleibt bei Gebrauchten also vorerst noch ein Randthema.

Verlängerte Frist für Beweislast (12 Monate)

Deutlich mehr Gewicht hat die Verschärfung der Beweislast. Die Frist dafür wurde nämlich bei der Reform in 2022 von 6 auf 12 Monate verdoppelt. Heißt: Verkäufer müssen so lange beweisen können, dass die Kaufsache mangelfrei war – gut für den Käufer, auch wenn dieser wie bisher erst mal beweisen muss, dass der Mangel beispielsweise nicht auf Verschleiß oder Fahrlässigkeit beruht.

Die Stärkung der Verbraucherrechte macht es aufwendiger und damit teurer für Verkäufer. Das liegt vor allem an der Neudefinition des Mangelbegriffs. Zuvor reichte eine Vereinbarung über die Beschaffenheit der Ware zwischen Verkäufer und Käufer aus. Seit 2022 muss sich die Beschaffenheit immer nach der gewöhnlichen Verwendung richten und so ausfallen, wie es bei "Sachen derselben Art" üblich ist.

Gebrauchsspuren müssen im Kaufvertrag vereinbart werden

Die IHK München und Oberbayern übersetzt das Juristendeutsch beispielsweise so, dass dem Käufer eines Sofas, das vorher ein Ausstellungsstück war, klar sein müsse, dass es Gebrauchsspuren aufweisen könne. Nach der seit 2022 geltenden Regelung reicht es nicht, den Kunden darüber zu informieren, es muss auch dokumentiert werden. Sonst gilt das Sofa als mangelhaft.

Dieser Passus trifft demnach auch alle Arten von Gebrauchtmotorrädern, auch Vorführer. Die Abweichungen (also Gebrauchsspuren) müssen im Kaufvertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Aber was sind Gebrauchsspuren, was optische Mängel, welche festgehalten werden müssen? Christian Hagemeyer, Syndikusrechtsanwalt beim Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk, stellt fest: "Das Thema ist bei jedem angekommen, aber in der Anwendung stellen sich durchaus noch Fragen. Da muss man sich als Händler in den Kunden und die Erwartungshaltung hineinversetzen. Die hängt ja auch davon ab, ob das Motorrad einen Monat oder fünf Jahre alt ist. "

Vereinbarte Verjährungsfrist oder Zusatzgarantien

Besonders trifft das Gebrauchthändler wie Frank Buermann aus Melle in Niedersachsen. Er hat durch das Gesetz viel zu tun, durch die Neuregelung werden beim Verkauf mehr Papierkram und Unterschriften nötig. Die Regelungen selbst seien "viel zu kompliziert, das kannst du keinem Kunden erklären", klagt der Händler, der sich auf Gebrauchtmotorräder aller Art spezialisiert hat. Günstige Secondhand-Bestseller wie Suzuki Bandit und Co. fallen bei ihm künftig aus dem Raster.

Bei Motorcity, einem großen Gebrauchthändler im württembergischen Albershausen, bewertet man das Thema gelassener. "So stark wie erwartet waren die Auswirkungen nicht. Wir können das zum Teil über eine im Kaufvertrag vereinbarte Verjährungsfrist von einem Jahr oder über Zusatzgarantien kompensieren, die wir über Drittanbieter offerieren", erklärt Verkaufsberater Frank Pflanzner. Allerdings, fügt er hinzu, "kommen Motorräder, die älter als 15 Jahre sind, bei uns ohnehin kaum vor, was die Anzahl an Gewährleistungsansprüchen verringert".

Verjährungsfrist

Weitere Punkte betreffen die Verjährungsfrist, für Käufer ist es außerdem einfacher, Nachbesserungen zu verlangen, denn sie müssen dafür seit 2022 keine Frist mehr setzen. Reklamationen müssen selbst bei überschaubaren Mängeln schnell abgearbeitet werden, sonst können Kunden vom Vertrag zurücktreten und den Kaufpreis zurückverlangen.