Alpen-Geheimtipp: Das Würzjoch in Südtirol

Alpen-Geheimtipp Würzjoch in den Dolomiten
Einer der schönsten Alpen-Pässe in Südtirol

ArtikeldatumVeröffentlicht am 21.12.2025
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Die Straße über das Würzjoch ist eine alte und noch heute die einzige Verbindung zwischen dem Eisack- und dem Gadertal. Sie beginnt am Eingang des Villnößtals und schlängelt sich nach wenigen Metern kurvig und spannend durch eine Schlucht. Ein kurzer Einschnitt in den Fels, der vom Rauschen des Villnößer Baches erfüllt ist und über dem ein imposantes Bauwerk wacht: Schloss Summersberg.

Von Sankt Peter über das Villnößertal

Eine griffige Fahrbahn, von roten Porphyrmauern begrenzt und gestützt, windet sich durch eine herrlich ländliche Gegend. Nach rund zehn Kilometern findet sich in Sankt Peter der unauffällige Wegweiser zum Würzjoch. Die Anfahrt durch den Ort endet gefühlt auf der Terrasse des Hotel Kabis, der Weg zum Würzjoch biegt jedoch kurz zuvor scharf rechts ab und führt durch zwei eng stehende Häuser.

Steil und meist nur einspurig geht es den Berghang entlang, vorbei an prächtigen und liebevoll herausgeputzten, aber sich selbst überlassenen und verwitterten Bauernhöfen. Sie drängen sich auf den besten Panoramaplätzen – denn gegenüber rufen die beeindruckenden Geislerspitzen nach Aufmerksamkeit. Diese sollte allerdings der Straße gehören: Kleine Buchten, die Hunderte Fahrzeuge beim Ausweichen in den Berg gefahren haben, erleichtern das Vorankommen bei Gegenverkehr nur wenig. Eher flache, übersichtliche Abschnitte wechseln sich mit imposanten Steigungen, die irgendwo im Nichts enden, ab. Mit bis zu 16 Prozent Steigung verläuft die Coller Straße hoch über dem Villnößertal.

Am Peitlerkofel-Massiv entlang

Eine Handvoll Kilometer später schwenkt die Straße nordwärts, erlaubt einen letzten Blick hinab in den Talschluss, auf den Ort Sankt Magdalena und auf ein beliebtes Südtiroler Fotomotiv – eine frei im Gelände stehende Kirche: Sankt Johann in Ranui. Almwiesen reichen bis an den Straßenrand, ohne Leitplanken oder Zäune. Kurve folgt auf Kurve und immer wieder drängt sich das mächtige Peitlerkofel-Massiv in den Blick.

Mit zunehmender Höhe tritt der Weg in einen von dichtem Moos überwuchertem Wald ein. Die kurvenreiche Strecke ist unwiderstehlich einnehmend. Das Gefühl, sich durch einen besonderen Landstrich zu bewegen, lässt sich nicht unterdrücken. Damit ist man nicht allein – unzählige Wanderwege führen von den wenigen, verlässlich vollgeparkten Parkplätzen in alle Richtungen in die Bergwelt. Die Passagen im Wald werden eng und unübersichtlich, der Zustand der Straße ist bedauernswert. Die Witterung nagt hart an der Fahrbahn, fügt ihr Ausbrüche und Schlaglöcher zu. Senkungen zerreißen den Asphalt, provisorisches Flickwerk nutzt da wenig. So kann die Fahrt anstrengend, aber auch eine gute Übung in Sachen Liniensuche und Blickführung werden – besonders bei viel Verkehr.

Zahlreiche Kurven auf der LS 29

Den Engstellen folgen immer wieder weitläufige Wiesen mit kitschig schönen Almhütten. Lange Zeit verläuft der Weg nahezu flach, linker Hand von den kahlen Ausläufern der Plose, dem Brixner Hausberg, begleitet. Dieser Anblick ist der maximale Gegensatz zu den schroffen, steil aufragenden Nordwänden des Peitlerkofels. Ihnen entreißt die Erosion weißes Gestein, wirft es in gigantische Schutthalden und in die Bachbetten. Ein surrealer Anblick. Hinzu kommt: Die LS 29 fällt wieder ab, legt sich in zahllose, schlecht einsehbare Kurven. Das ist kein Vergnügen für Supersportler, die mit sämtlichen Herausforderungen eines im Grunde nur auf die Schnelle asphaltierten Saumpfades fertigwerden müssen. Wohl dem, der mit breitem, hohem Lenker und langen Federwegen unterwegs ist.

Einzigartige Bergwelt des Würzjochs

Im Sommer macht das Würzjoch seinem Namen alle Ehre: Im Wald riecht es nach feuchtem Moos und verrottender Erde, über den Lichtungen liegt der Duft von frisch gemähtem Gras oder schon staubtrockenem Heu. Aus den Küchen der Almhütten duftet es nach Kaiserschmarrn und deftig Gebratenem. Nicht zuletzt geben die Folgen des offenen Weidegangs dem Ganzen eine eigene (Duft-)Note.

Die Passhöhe, knapp oberhalb der Baumgrenze, ist nach einer längeren Geraden erreicht und in fester Hand von Autos, Campern und Bussen, die auf den kostenpflichtigen Parkplatz unterhalb des Alpenhotels "Ütia de Börz" drängen. Wildes Parken am Straßenrand wird durch tiefe bergseitige Gräben verhindert. Dennoch lohnt ein Innehalten und eine kurze Wanderung über einen der vielen Pfade – denn der Blick in die umgebende Bergwelt ist einzigartig.

Talfahrt über Untermoi und Schloss Thurn

Die Fahrbahn der Ostrampe ist spürbar breiter angelegt. Das macht die Talfahrt um einiges entspannter und erlaubt es, den Pass auch im Winter zu erreichen – zumindest von der ladinischen Seite aus. Der Fahrbahnzustand ist auf den ersten fünf Kilometern unverändert schlecht. Dann aber wird der Reisende für jedes Schlagloch und jede Bodenwelle entschädigt.

Ab Untermoi schwingt sich eine Traumstraße in ständigem Auf und Ab bis nach St. Martin in Thurn im Gadertal. Sie führt an der Kante eines tiefen Abhangs entlang, windet sich in gleichmäßige Radien und herrlich fahrbare Serpentinen, lässt dabei die zahlreichen auf der Westrampe erlittenen Pulssprünge vergessen.Das Erlebnis Würzjoch endet mit dem Umrunden der imposanten Burganlage Schloss Thurn, dem Wahrzeichen Ladiniens.

Fazit