Jeder Mensch hat einen Traum. Dan konnte sich seinen erfüllen. Den Traum von einem Motorrad, das seinen Namen trägt: Fischer. So wie Erik Buell, der Harley-Motoren in seine Sportfahrwerke implantierte, wollte auch er Sportmotorräder »made in USA« bauen. Doch mit modernen V-Twins, wie sie etwa eine Aprilia RSV 1000 R antreiben. Der Amerikaner nahm Kontakt mit Rotax auf, was den Italienern allerdings gar nicht gefiel. Sie legten in Österreich ein Veto ein, und Dan Fischer musste sich nach einem anderen Triebwerk umsehen.
Statt also in Konkurrenz zu italienischen Sportmotorrädern zu treten, machte Dan auf dem Absatz seiner Westernstiefel kehrt und ernannte von nun an japanische Großserienprodukte vom Schlag einer Suzuki SV 650 S zu seinen Gegnern. Deshalb schaute sich Fischer in Südkorea nach einem kostengünstigen Antrieb um und fand bei Hyosung das Objekt seiner Begierde: den Motor der GT 650 . Ein 79 PS starker 90-Grad-V2 mit je zwei oben liegenden, kettengetriebenen Nockenwellen und vier Ventilen pro Zylinder, Ölbadkupplung und Sechsganggetriebe. Er gleicht dem SV 650-Motor wie ein Ei dem anderen.
Ups! Ein asiatischer Motor in einem amerikanischen Motorrad? Unmöglich! Das wäre wie ein Hyundai-Vierzylinder unter der Haube einer Corvette. Dan Fischer dagegen blieb unerschrocken, ignorierte alle Bedenken und ging stattdessen aufs Ganze. Bei Gemini Technologies in Wisconsin, die Anfang der 90er Jahre das Fahrwerk der Superbike-Harley VR 1000 konzipiert hatten, ließ er einen geradlinigen, Deltabox-ähnlichen Aluminium-Rahmen konstruieren, der die Zylinder des koreanischen Triebwerks fast vollständig umarmt. Eine massive Aluminium-Hinterradschwinge stützt sich über ein Öhlins-Federbein gegen das schlanke, steil stehende Rahmenheck ab, unter dem sich kaum sichtbar der lang gezogene Micron-Schalldämpfer erstreckt.
Die in Zug- und Druckstufe einstellbare Upside-down-Gabel, das 17-Zoll-Vorderrad mitsamt den Bremsscheiben und das Sechsspeichenrad hinten stammen aus dem Korea-Sportler GT 650 R. Lediglich bei den vorderen Bremszangen sah Dan Fischer Handlungsbedarf und ersetzte sie gegen zwei Vierkolbenzangen aus dem Hause Tokico. Die hintere Zweikolbenzange wurde übernommen.
Als Fischer vor rund fünf Jahren mit der Entwicklung seines Motorrads begann, nahm er gleich den britischen Designer Glynn Kerr mit ins Boot. Die kantigen Formen der MRX, von der Verkleidung mit ihren Doppelscheinwerfern über den bizarren Tank bis hin zum spitzen Heck, tragen unverkennbar Kerrs Handschrift.
Es ist nicht ganz so einfach, sein Bein über den hoch stehenden Heckbürzel zu schwingen. Hat man es geschafft, passt alles prima: die mit 800 Millimetern moderate Sitzhöhe, der enge Knieschluss und die relativ hoch über der Gabelbrücke montierten Lenkerhälften, die für eine gemäßigt sportliche Haltung sorgen. So taugt die Fischer MRX nicht nur zum Kurvenräubern, sondern auch für den Alltagsbetrieb, ohne dass sich schmerzende Handgelenke und Genickstarre einstellen. »Wir werden alle nicht jünger«, meint Dan, der früher selbst Superbike-Rennen fuhr und überzeugt ist, so auch die etwas ältere Generation und Wiedereinsteiger auf ein Sportmotorrad hieven zu können.
Wie es sich für einen Ex-Rennfahrer gehört, stimmte er die Federung sportlich straff ab. Dennoch vermittelt die MRX auf schlechten Straßen durchaus noch etwas Komfort. Sehr handlich ist die knapp 200 Kilogramm schwere asiatisch-amerikanische Coproduktion geraten, besser als eine reine GT 650 R, dazu präziser lenkbar und bei forscher Gangart stabiler und knackiger auf den Punkt zu bremsen.
Ab 2000/min geht der Zweizylinder sauber ans Gas. Von prickelnd bassigem Sound begleitet, dreht er frei bis 10500/min hoch, wo ihn der Drehzahlbegrenzer sanft einbremst. Die füllige Drehmomentkurve ermuntert den vibrationsarmen Twin, sein Bestes zwischen 5000/min und 8500/min zu geben. Folglich ist wenig Schaltarbeit im gut abgestuften, leichtgängigen Sechsganggetriebe zu leisten.
Noch ist die MRX mit Vergasern bestückt. In wenigen Wochen soll die Einspritzung fertig und das Sportbike auf Euro 3 umgestellt sein. Dann will Dan Fischer seine MRX auch in Europa für rund 9000 Euro anbieten. Sein Ziel für 2007: 700 Motorräder zu produzieren. Sein neuer Traum: Später sollen es mal mindestens 2500 jährlich sein.
Technische Daten Fischer MRX - Technische Daten Fischer MRX
Motor: wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, je zwei oben liegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Gleichdruckvergaser, Ø 39 mm,
mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kette.
Bohrung x Hub 81,5 x 62,0 mm
Hubraum 647 cm³
Verdichtungsverhältnis 11,6:1
Nennleistung 58 kW (79 PS) bei 9000/min
Max. Drehmoment 68 Nm bei 7200/min
Fahrwerk: Aluminium-Brückenrahmen, Upside-down-Gabel, Ø 41 mm, verstellbare Zug- und Druckstufendämpfung, Aluminium-Schwinge, Öhlins-Zentralfederbein mit verstellbarer Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 300 mm, Vierkolben-Bremszangen, Scheibenbremse hinten, Ø 260 mm, Zweikolben-Bremszange.
Reifen 120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17
Maße und Gewichte: Radstand 1397 mm, Nachlauf 98 mm, Sitzhöhe 800 mm, Gewicht trocken 181 kg, Tankinhalt 17 Liter.
Hersteller Fischer Motor Company, Pocomoke City,
Maryland, USA; www.fischer1.com