Honda CBR 650 R und Suzuki GSX-8R im Alpen-Test

Honda CBR 650 R und Suzuki GSX-8R
Ausgiebiger Vergleichstest in den Alpen

Veröffentlicht am 21.08.2024

Sport und Alltag – diesen Spagat meistern Honda CBR 650 R und Suzuki GSX-8 R. Was vor allem daran liegt, dass sie das Thema Sport nicht ausreizen. Ein Beispiel dafür ist die Anbringung ihrer Lenkerstummel. Die CBR trägt sie auf Höhe der oberen Gabelbrücke, die Suzuki sehr weit darüber. Während die Honda ihren Piloten so noch merklich über den 15,4 Liter großen Tank zieht, lebt es sich auf dem 8er-Sportler von Suzuki entspannter.

Ein Vorteil, der im Alltag den Umgang mit der Suzuki GSX-8R auf ein spielerisches Niveau hebt und der ihr im engen Hin und Her rund ums Stilfser Joch richtig guttut. Keine Kehre fällt zu eng aus, kein Bogen zu geschwungen, dank entspanntem Rücken und ebensolchem Nacken gelingt die Blickführung problemlos ohne schmerzliche Stiche. Gerade hier, wo eine Kurve auf die nächste folgt, wo die Straßen oft sehr schmal ausfallen, zählt der vorausschauende Blick. Und der klappt auf der Suzuki GSX-8R unverkrampft, der Fahrspaß profitiert.

Suzuki GSX-8R lässig leicht in Schräglage

Den gibt’s auch auf der Honda CBR 650 R, allerdings muss der Fahrer hier viel bewusster in die Ecken hineinlinsen, mit dem ganzen Körper mitarbeiten, um den perfekten Radius zu treffen. Interessant dabei: Sowohl die Honda als auch die Suzuki stehen auf Dunlops Roadsport 2, jeweils in Sonderspezifikationen. Während die Suzuki GSX-8R auf ihren "X"-Versionen lässig-leicht in Schräglage abtaucht, willig dem Fahrerwunsch nach enger oder weiter Linie folgt und mit verlässlicher Stabilität punktet, braucht’s fürs gleiche Tempo und den gleichen Schwung auf der Honda CBR 650 R mehr Aufmerksamkeit. Ihre "N"-Dunlops rennen lieber geradeaus, als federleicht abzuwinkeln.

Nur ein fester Stummel-Griff und ein klarer Lenkimpuls bringen die Honda vom aufrechten Weg ab. Schade. Mit ihren gerade einmal 212 Kilogramm bringt sie auch in den Alpen perfekte Anlangen als Kurven-Spielmobil mit. Allein Fahrwerk und vor allem die Reifen wollen da nicht so ganz mitspielen. So zieht die 205 Kilogramm leichte Suzuki GSX-8R locker an ihr vorbei.

Neben ausgewogener Fahrwerksbalance und den besseren Reifen profitiert die Suzuki GSX-8R beim Kehrenswing maßgeblich von ihrem Motor: Ihr 776 Kubik großer Reihenzweier schiebt einfach immer und überall mit passend abrufbarem Schub voran. Selbst wenn die Suzuki im Stand wenden muss und die Drehzahl nur noch knapp überm Standgas liegt – ein kurzer Dreh rechts am Gasgriff und das Tempo nimmt lastwechselfrei zu. Der Suzuki-Zweizylinder mit seinen 83 PS ist ein Motor für alle Gelegenheiten, auch für die Alpen.

Honda mit E-Clutch, Suzuki mit Quickshifter + Blipper

Hier tut sich der 649er-Vierzylinder der Honda CBR 650 R schwerer: Mit 95 PS in der Spitze steht er zwar besser im Futter, allerdings geht bei ihm ohne Drehzahl nichts. Erst bei 12.000/min serviert die Honda die volle Powerkelle, ganz unten nur ein bescheidenes Lüftchen. Klettert die Drehzahl in den mittleren Bereich, beginnt die Wohlfühlzone der CBR 650 R. Auf gut ausgebauten Bergbiegungen mit weiter geschwungenen Radien eine taugliche Leistungs-Charakteristik, je enger die straßenbaulichen Haken aber ausfallen, desto mehr gerät diese Abstimmung zum Nachteil. Da hilft selbst die E-Clutch nicht weiter, weil die Suzuki GSX-8R mit ihrem Quickshifter mit Blipper-Funktion ebenso souverän die Gänge wechselt.

Hervorragende Bremsen an der CBR 650 R

Doch die Sternstunde der Honda CBR 650 R kommt noch. Wer ständig berghoch fährt, muss irgendwann auch wieder runter. Was die Honda dabei beim Bremsen aus ihrer Zweischeibenanlage vorn und ihrem ABS herausholt, verdient Lob und Applaus. Ihre vordergründig unscheinbare Hardware mit 310er-Scheiben und dem ABS ohne Setup-Optionen liefert bergab, mit 2 Personen belastet, Bestwerte. Schneller und ohne Hinterhältigkeit meistert kein anderes Motorrad, das wir dieses Jahr im Rahmen des Alpen-Masters getestet haben, diese Prüfung. Eine Bremse auf Top-Niveau, die jeden Kehrenstopp zum puren Vergnügen macht.

An diese herausragende Anhalte-Performance reichen die ABS-Regelelektronik und die Hardware der Suzuki GSX-8R mit ebenfalls zwei 310er-Scheiben vorn nicht ganz heran. Im Schnitt erreicht sie knapp 2,5 Meter später auf der mit Bodenwellen gespickten Gefällestrecke beim All-in-Bremsen von 75 km/h Tempo 25. Immer noch ein guter Wert.

Gefühlt tausend Haarnadel-Kurven später rollen Honda CBR 650 R und Suzuki GSX-8R zur Tankstelle. Rüssel rein, Lächeln raus: Mit bescheidenen 4,9 Litern auf 100 km Passstraßen-Fun überzeugt die Honda CBR 650 R, die Suzuki GSX-8R verbraucht sogar noch einmal 0,2 Liter weniger auf der gleichen Distanz. Damit huschen die 2 locker rund 300 Kilometer am Stück durchs Gebirge. Allemal genug, um einen tollen, kurvenreichen Tag auf Alpenpässen ohne permanente Nachtank-Sorgen zu verbringen.

Dass beide Mittelklasse-Sportmotorräder die Melange aus Hoch und Runter, Eng und Weit meistern, stand außer Frage. Dass die Suzuki GSX-8R sich auf diesem Terrain wohler fühlt, bleibt am Ende eines Testtages als Resümee stehen. Mit der GSX-8R und ihrem feinen Motor macht man auch in den Alpen nichts verkehrt, während sich die Honda CBR 650 R eher in flowigen Bögen wohlfühlt, beim Bergsteigen in engen Knicken eine gewisse Kurzatmigkeit nicht verhehlen kann. Damit geht der Testsieg im Alpen-Duell 2024 an die Suzuki, die mit ihrer fast schon tourensportlichen Auslegung unterstreicht: Sportmotorrad und Alpen – it’s a match.

Honda CBR 650 R

 E-Clutch als Fest für Kupplungsmuffel
 Beste Bremsperformance bergab mit Sozius
 Gute Reichweite
 Laufruhe des Motors
 Viel Platz unter den Rasten
 Top-ABS

 Wenig Druck untenheraus
 Dürfte ruhig zackiger ums Eck wedeln
 Ansprechverhalten Motor

Suzuki GSX-8R

 Motor für die Hubraumklasse ein Durchzugs-Star
 Narrensicheres, lässiges Fahrverhalten
 Toller Sitzkomfort
 Zuladung
 Leistungsentfaltung
 Feine Gasannahme

 Kupplungs-Handkraft
 Gepäck? Bitte nicht, da fehlen Verzurroptionen
 ABS regelt etwas grob