Huaying setzt mit ihrer R6 dem Thema Design-Klau die Krone auf. Die Chinesen nehmen sogar die Aufkleber von Yamaha.
Huaying setzt mit ihrer R6 dem Thema Design-Klau die Krone auf. Die Chinesen nehmen sogar die Aufkleber von Yamaha.
Hinter dem Wort "Dreistigkeit" steht im Lexikon ab sofort: Huaying R6. Womöglich auch hinter "Fake". Beides würde dieser "R6" gut stehen, vor dem Hintergrund China dürfte ein dreistes Plagiat sicher sein. Die Huaying R6 gleicht der aktuellen Yamaha R6 bis auf das Haar. Selbst die Details und die Aufkleber sind exakt kopiert, wenn sie nicht sogar eine Yamaha-Ersatzteilnummer haben.
Die aktuelle R6 von Yamaha ist in Europa nur als Rennstreckenversion erhältlich. Angetrieben von einem Reihenvierer mit 599 Kubik, der bei 14.500 Touren 118 PS produziert. 62 Nm stehen bei 10.500/min parat. Derartige Parameter sind von der Huaying nicht zu erwarten. Die China-R6 hat wohl ein Reihen-Twin mit 500 Kubik als Motor, der um die 50 PS leisten soll. Die Verkleidung wirkt hochwertig und entspricht in der Formgebung nahezu komplett der Yamaha R6, selbst die versteckten Scheinwerfer in der Front sind präzise platziert und der Lack wirkt sauber verarbeitet. Das entlockt einem fast ein Kompliment. Übrigens: Wer genau hinschaut, der entdeckt unter der Verkleidung die Xinshiji Finja 500, den China-Klon der Kawasaki ZX-10 R.
Bilder von einer unverkleideten Huaying R6 gibt es nicht, es sind aber einige Fahrwerkskomponenten zu erkennen: Die Gabel mit ihren Ausgleichsbehältern markiert Performance, doch ein Blick auf die Gabelbrücke zeigt nur rudimentäre Einstellmöglichkeiten und läßt zweifeln, ob der Ausgleichsbehälter am Gabelfuß überhaupt eine Funktion hat. Im gleichen Atemzug fallen die üppigen Bremsscheiben mit ABS und die überfrästen Bremssättel auf. Deren radialer Sitz an der Gabel verspricht jedoch mehr, als der einzelne Kolben am Ende halten wird. Passend dazu wirkt die Bremsarmatur am Lenkerstummel ziemlich grob. Gleiches gilt für die Wahl der Reifen, die auf unbekanntem Gummi die Profilbilder aktueller Hypersportreifen á la Metzeler M9 RR tragen.
In den letzten Jahren sind Qualität und Haptik chinesischer Motorräder deutlich gestiegen. Die Spitzenmodelle fühlen sich mittlerweile gut an und mechanisch sind die China-Bikes robust. Weder das eine noch das andere passt auf die Huaying: Die Gabelbrücke und Armaturen wirken grob geformt, die Spuren der Feile sind deutlich zu sehen, mit viel mattem Lack versuchen die Chinesen zu kaschieren. In Kombination mit den fragwürdigen Brems- und Fahrwerkskomponenten wirkt die Huaying diffus. Ein völlig anderes Bild zeichnen der Brückenrahmen aus Aluminium mit dem geschraubten Heck und die Käfigschwinge mit diversen Zügen. Sie wirken gut verarbeitet und bilden einen Kontrast zu den übrigen Teilen.
Mit der offensichtlichen Verehrung der Yamaha R6 beschränkt sich Huaying komplett auf den chinesischen Markt. Außerhalb des Reichs der Mitte dürften die Leidtragenden der Kopie sofort Armeen von Anwälten in Marsch versetzen. Der Kuchen des chinesischen Motorradmarktes ist aber groß genug, da dürften selbst Krümel satt machen.
Erneut erfreuen uns die chinesischen Hommage-Designer mit ihrer Kunst und in diesem Falle mit dem Mut sich von der Yamaha R6 nicht nur inspirieren zu lassen, sondern 1:1 zu kopieren. Das ringt Respekt ab, das muss man sich mal trauen. Technisch wirkt die Huaying R6 billig, die Komponenten sind zusammengewürfelt und um grobe Individuallösungen ergänzt. Einzig der Rahmen sieht wertig aus, immerhin.