Chris Cosentino aus Jersey City ist Ingenieur für Maschinenbau und Biomechanik. Und er ist Leichtbau-Extremist. Deshalb hat er sich ein besonders leichtes Motorrad mitsamt Einzylindermotor gebaut: die Hypermono.
Chris Cosentino aus Jersey City ist Ingenieur für Maschinenbau und Biomechanik. Und er ist Leichtbau-Extremist. Deshalb hat er sich ein besonders leichtes Motorrad mitsamt Einzylindermotor gebaut: die Hypermono.
Seit Anfang der 1990er-Jahre ist Chris Cosentino aktiv. Als professioneller Techniker und als Hobby-Tüftler. Dass damals die Supermono von Ducati erschien, das hat ihn offenbar nachhaltig geprägt, denn diese Ducati hatte er als Vorbild für sein Eigenbau-Projekt, mit dem er sich seit damals in fast jeder freien Stunde beschäftigt.
Mit seiner Firma Cosentino Engineering, einem Ingenieurbüro, entwickelt Chris Speziallösungen. Auch für viele namhafte Auftraggeber, sogar für die NASA. Privat ist Chris vor allem an Motorrädern interessiert. An sportlichen und möglichst leichten. Konsequenterweise fährt er bevorzugt Einzylinder-Maschinen. Früher waren das Zweitakter, zuletzt Viertakter auf Rotax-Basis, die mit Ducati-Teilen aufgerüstet wurden, um das von den Zweitaktern gewohnte Drehzahlniveau zu halten.
Das Jahr 2022 markiert für Chris Cosentino den großen Durchbruch. Er präsentierte die neueste, inzwischen dritte Version seines Langzeitprojekts: die Hypermono. Hyper, das ist selbstbewusst, noch eine Stufe über Super. Denn so sehr Chris die Ducati Supermono verehrt, sie ist eben doch 30 Jahre alt und somit nicht mehr auf dem neuesten Stand. Massimo Bordi und Claudio Domenicali, der heutige Ducati-Chef, hatten damals für Ducati die Technik entwickelt, Pierre Terblanche das Design. Dabei war die Supermono ein reines Rennsport-Projekt für die damalige gleichnamige Rennserie. Eine Serienversion mit Straßenzulassung folgte nie.
Pragmatischer Ansatz der Ducati-Entwickler war die Abspaltung des Einzylinder-Triebwerks vom L-Twin des damaligen Superbikes 888. Anstelle des stehenden Zylinders blieb ein schwingungsreduzierendes Ausgleichspleuel übrig. Aus weniger als 600 Kubik holte der wassergekühlte Vierventiler mit desmodromischer Ventilsteuerung und Benzineinspritzung damals erstaunliche 75 PS bei 10.000/min. Doch vor allem punktete die Einzylinder-Ducati mit ihrem äußerst geringen Gewicht: unter 140 Kilogramm. Hierfür kamen Leichtbauteile aus Magnesium und Carbon zum Einsatz.
Chris Cosentinos Hypermono ist ein Evolutionsschritt und zugleich eine Neuinterpretation der Ducati Supermono. Mit selbst entwickelten und selbst angefertigten Teilen aus Chrom-Molybdän-Stahl, Aluminium und Magnesium sowie mit Carbonrädern von BST wiegt die Hypermono laut Chris 125 Kilogramm (275 lbs) – und das sogar mit Öl und mit knapp zehn Litern Sprit im Tank. Dabei besteht die von Nick Graveley bei Clay Moto – in Deutschland – virtuell gestaltete und 3D-gedruckte Verkleidung bisher noch aus Kunststoff. Mit Carbonverkleidung und Hinterradschwinge aus Magnesium statt aus Aluminium hofft Chris auf ein Gewicht um 120 Kilogramm (unter 270 lbs).
Die Chassis-Geometrie ist bereits jahrelang optimiert worden. Neu ist jedoch die Vorderradführung aus gefrästen Aluminiumteilen, aufgebaut nach dem Hossack-Prinzip, also ohne Telegabel, dafür mit zwei kurzen Längslenkern und zentralem Federbein. Vorn und hinten ist jeweils ein voll einstellbares TTX-Federbein von Öhlins montiert, an der einteiligen Hinterradschwinge ebenfalls mit gefrästem Hebelsystem. Dazu passen die Bremskomponenten von Brembo.
Herzstück der Hypermono ist indes der Eigenbau-Einzylinder. Zwar hat Chris hierfür auf den seiner Ansicht nach kaum noch optimierbaren Desmo-Zylinderkopf sowie auf Kolben und Getriebewellen vom Ducati-Typ 1199 Panigale zurückgegriffen, doch alles andere drumherum hat er selbst konstruiert und angefertigt. Die gegenläufig rotierende Kurbelwelle mitsamt konventioneller Ausgleichswelle sowie das Kurbelgehäuse bestehen aus gefrästem Aluminium. Motorgehäusedeckel sowie Ölwanne hat Chris selbst gegossen – aus Magnesium. Bohrung mal Hub: 112 mal 60,8 Millimeter, Hubraum: 599 Kubik.
Mit modernster elektronischer Benzineinspritzung von Marelli und Eigenbau-Abgasanlage soll dieser Single auf über 90 PS bei 12.000/min kommen. Erst bei 13.000/min ist das Drehzahllimit vorgesehen. An der linken Verkleidungsseite soll ein kleiner Wasserkühler positioniert werden, rechts ein zusätzlicher kleiner Ölkühler. Die Wasserpumpe wird elektrisch angetrieben und elektronisch gesteuert. Und ein Elektrostarter ist direkt am Motor vorhanden, dieser Renner muss also nicht fremdgestartet werden.
Für Herbst 2022 hat Chris Cosentino die finale Abstimmung auf dem Prüfstand geplant. Und nachdem seine Hypermono so viel Aufsehen erregt hat, erwägt er sogar eine Kleinserie. Dafür hat er inzwischen die Cosentino Motor Company gegründet. Und Chris denkt bereits über die Version 4.0 nach. Die kann er sich sogar mit elektrischem Antrieb vorstellen.
Chris Cosentinos Hypermono ist ein Highlight in vielerlei Hinsicht. Extrem leicht, mit extrem großen Eigenbau-Anteilen bis hin zum Einzylinder-Motor, und obendrein gespickt mit vielen speziellen Details. Vielleicht wird aus diesem persönlichen Langzeitprojekt sogar eine Kleinserie.