Test: BMW S 1000 RR gegen HP4 und Ducati 1199 Panigale gegen Panigale S

Test: BMW S 1000 RR gegen HP4 und Ducati 1199 Panigale gegen Panigale S
Rennstreckenvergleich: BMW- und Ducati-Supersportler

Zuletzt aktualisiert am 08.11.2012

Wo soll das alles hinführen? Diese Frage wurde leidenschaftlich diskutiert, als BMW sich mit der S 1000 RR daranmachte, die 200-PS-Mauer niederzureißen, und Kawasaki mit der ZX-10R nachzog.

Inzwischen ist klar: nicht in Richtung noch mehr Leistung. Zumindest vorerst nicht. Das Wettrüsten hat sich auf einen anderen Bereich verlagert: die Elektronik. Nach Traktions-, Wheelie- und Start-Kontrollen sind nun die Fahrwerke dran.

In der HP4 wacht erstmals die Elektronik über die Aktivitäten der Federelemente, reagiert auf Fahr- und Fahrbahnzustände und greift bei Bedarf regelnd in die Dämpfung ein. Das erste teilaktive Fahrwerk im Serienbau. Ein Novum.

Ganz so weit geht Ducati mit der Panigale S nicht. Beim Italo-Sportler kann aber immerhin vom Lenker aus über ein Bedien-Menü neben drei vorkonfigurierten Fahrwerksabstimmungen auch ein eigenes Setup gewählt werden. Die Verstellung der Dämpfer erfolgt dann wie bei der BMW über elektromagnetische Ventile.

Das ist zuallererst einmal sehr bequem. Und nicht ganz billig. Im Falle der HP4 (ohne Competition-Paket) beträgt der Aufschlag zur S 1000 RR mit ABS, Traktionskontrolle und Schaltautomat, die bei der HP4 serienmäßig sind, 2800 Euro. Um die Ducati Panigale mit einem "S" zu adeln, müssen gar 5000 Euro mehr über den Tresen wandern.

Aber was bringts im Vergleich zu den deutlich günstigeren Basismodellen mit Standard-Fahrwerk? Das kann nur auf der Rennstrecke ausgetragen werden. Auf der vorletzten Rille, beim Feilen um die letzte Zehntel. Schließlich sieht BMW selbst die Bestimmung der HP4 hauptsächlich auf der Rennstrecke. Und die Heimat der Ducatis war schon immer der Rundkurs.

Ob Edel- oder Basisvariante, BMW oder Ducati: Wer letztlich die Nase vorn hat, wird auf der Stoppuhr entschieden. Ort des Aufeinandertreffens: das spanische Calafat. Motorleistung ist dort nicht so sehr ausschlaggebend. Viel mehr zählt hier präzises Einlenken, messerscharfes Handling, Vertrauen ins Vorderrad, standfeste Bremsen. Und natürlich Traktion.

Für Grip sorgen auf allen vier Maschinen straßenzugelassene Pirelli Supercorsa SP. Auf der Hinterhand der S 1000 RR noch als 190/55. Die übrigen drei rollen bereits auf dem brandneuen 200/55.

Für die ganz schnellen Runden wird Ex-Superbike-IDM-Pilot Christian Kellner sorgen. Wie schnell er wirklich ist und wo welche Maschine Zeit holt oder liegen lässt, darüber wacht das 2D-Data-Recording.

Der erste Tag steht noch ganz im Zeichen der Abstimmungsfahrten. Auch wenn bisweilen heftige Windböen die Suche nach dem passenden Setup ins Schlingern bringen. Doch am Abend sind die Fahrwerke abgestimmt.

Dabei erwies sich die werksseitige Race-Einstellung der HP4 als Volltreffer. Probeweise Änderungen der Dämpfung führten am Ende immer wieder zur Werkseinstellung zurück.

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Und noch etwas zeigen die Abstimmungsrunden schnell: In Sachen Handling hat die S 1000 RR von ihrer High-Performance-Schwester nur wenig Gnade zu erwarten. Deshalb bekam die RR über die variable obere Federbein-Aufnahme das Heck noch etwas angehoben.

Und im Hause Ducati alles in Butter? Wie man‘s nimmt. Der harten Hinterhand der Panigale S rücken die Tester einstimmig mit weniger Druckstufe zu Leibe. An der Gabel dagegen darf es für die harten Bremsecken davon etwas mehr sein. Vor allem aber zeichnet sich ab, dass sich die Standard-Panigale nicht so einfach mit dem Dasein im zweiten Glied zufriedengeben wird.

Vielleicht nicht ganz so knackig, aber angenehm, etwas weicher und fast harmonischer als die "S", notieren die Tester in der Rubrik "Fahrwerk" nach dem ersten Tag. Na das kann ja spannend werden morgen.

Vorher allerdings gibt es noch mal einen neuen Satz Gummis. Die Tester tauschen Gasgriff gegen Montierhebel und Drehmomentschlüssel. Mit dem Sonnenuntergang rollen alle vier Maschinen frisch bereift und betankt in die Box. Feierabend.

Die Bedingungen am nächsten Tag sind perfekt. Kein Wind, die spanische Herbstsonne wärmt nach Leibeskräften, und die Heizdecken bullern seit einer Stunde. Ein letzter Check des Luftdrucks, dann kann es losgehen. Der Anfang gehört den BMWs. Christian schnappt sich die S 1000 RR und rollt hinaus. Eine Runde die Reifen durchkneten, dann gibt‘s Feuer.

Die Power des Vierzylinders ist gigantisch, sein Drehvermögen ungeheuerlich. Für weite Teile der Strecke reichen zweiter und dritter Gang. Nur die Zielgerade bietet die Gelegenheit, den Vierten, kurz gar den Fünften reinzuticken, ehe es bei 261 km/h in die Eisen und mit voller Schräglage über eine kleine Kuppe hinab zum Anbremsen einer engen Rechtskehre geht.

Danach ist eine wirkungsvolle Traktionskontrolle gefragt, denn es geht volle Brause in Rechtsschräglage hinaus auf die folgende kurze Gerade.

Aber auch das Einbiegen auf die Zielgerade hat es in sich. Zweiter Gang, Drosselklappen auf Anschlag, wird die Fuhre von rechts nach links herumgeworfen, in den dritten Gang hochgeschaltet und voll durchgeladen. Just an der Stelle, wo eine Senke im Asphalt lauert. Die S 1000 RR pumpt zwar etwas mit der Hinterhand, meistert die Passage aber ohne erhöhtes Herzklopfen beim Fahrer.

Die Gangwechsel sitzen bombensicher und sind dank des feinen Schaltautomaten ein Genuss. Allerdings: Der Druckpunkt der Bremse geht nach vier, fünf Runden mächtig in die Knie und wandert deutlich gen Lenker. Trotzdem vermeldet die Stoppuhr 1:32,00 min. Eine Top-Zeit, und das mit Straßenreifen. Was die wert ist, wird sich aber gleich zeigen. Die Heizdecken werden von der HP4 abgerollt. Jetzt wird es spannend.

Kelle lässt sich nicht lange bitten. Nach vier Runden ist das Ergebnis im Kasten. Verblüffte Augen starren auf die Stoppuhren. Die HP4 hat keine Gefangenen gemacht. 1:30,9 min. Kelle rollt ins Fahrerlager zurück und grinst. Natürlich drückt die HP4 dank etwas kräftigerem Drehmoment nachdrücklicher aus den engen Ecken vorwärts. Aber in der Spitzenleistung schenken sie sich nichts.

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Wo sie dann über eine Sekunde gutmacht? "Ein Riesen-Unterschied zur RR", schnauft Christian. "Das Halten der Linie am Kurvenausgang ist viel einfacher." Dazu ist das Fahrwerk deutlich straffer und ruhiger, direkter. Jene Welle zu Beginn der Zielgeraden meistert sie deutlich gelassener. Das schnelle Umlegen in den Schikanen bringt keine Unruhe ins Fahrwerk. Egal was kommt, das teilaktive Fahrwerk scheint auf dem anspruchsvollen Kurs stets die passende Antwort parat zu haben.

Doch das alleine ist es nicht. Der Gewichtsvorteil und vor allem die leichteren Räder - sie allein sparen 2,1 Kilo ungefederte Masse - verhelfen der HP4 zu einem deutlich leichtfüßigeren Handling. Besonders im hinteren, mit Schikanen gespickten Streckenteil muss die S 1000 RR Federn lassen. Präziser die HP4 beim Einlenken, sie hält konsequenter die enge Linie. Dazu bremst die Traktionskontrolle der RR den Vorwärtsdrang am Kurvenausgang für gnadenloses Feilen an den Zehnteln eine Spur stärker ein als jene der HP4. Bei der kann im Slick-Modus der gewünschte Schlupf per Schalter vom Lenker aus feinjustiert werden. Bis man mit sachten Slides und maximalem Vortrieb aus den Kurven spurtet. Vorteil HP4. Oder in Zahlen: Am Bremspunkt Ende der Zielgeraden liegen 266 km/h an.

Und dann ist da noch die Bremse. Die Brembo-Monoblöcke der HP4 sind nicht kleinzubekommen, packen Runde um Runde mit monumentaler Wucht zu. Dass der Druckpunkt vielleicht etwas knackiger ausfallen dürfte - geschenkt. Dafür ist ihr Race-ABS erstklassig scharf abgestimmt, sein Eingreifen kaum merklich. Wer da behauptet, es behindere ihn bei der Zeitenjagd, der sollte sich schleunigst um Melandris Platz bewerben. Doch dürfen elektronische Helfer und die beeindruckende Rundenzeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eine mächtig anstrengende Angelegenheit ist, mit dieser Rakete, mit ihrer schieren Gewalt, hier gegen die Uhr zu fahren. Zeit zum Verschnaufen gibt es nicht, die Kurven kommen nur so angeflogen. Volle Konzentration ist in jeder Sekunde gefragt. Das gilt für beide. Die familieninterne Hierarchie jedenfalls ist eindeutig klargestellt.

Und wer gibt im Hause Ducati den Ton an? Eisern bellend läuft die Panigale warm. Wahnsinn, dieses Twin-Röhren, als Christian Kellner mit ihr zum ersten Mal auf die Zielgerade einbiegt.

Wie zieht sie sich im Vergleich zur edleren Schwester S aus der Affäre? Und fast noch brennender: Was kann sie gegen die BMWs ausrichten? Auch wenn gegenüber dem sirenenartigen Heulen des hochdrehenden BMW-Vierzylinders das tieffrequente Röhren der Ducati fast klingt, als ob Christian mit gebremstem Schaum über die Zielgerade brenne. Doch so, wie er die Panigale in die erste Ecke fliegen lässt, bestehen keine Zweifel: Es gilt.

Die Sitzposition auf der Duc ist im Vergleich zur BMW deutlich rennmäßiger. Dichter am Lenker, inniger Kontakt zum Vorderrad, schmaler Tank. Strafferes Sitzpolster. Und die weiter ausgestellten Lenkerstummel passen ebenso besser wie der offenere Kniewinkel. Eine Sitzposition wie gemacht, um aggressiv in die Kurven hineinzustechen.

Klasse, wie der Twin aus den Ecken voranpowert. Über 8000/min packt er dann so vehement zu, dass die Ducati ruck, zuck auf dem Hinterrad steht. Wo bei der HP4 die Wheelie-Kontrolle sanft das Vorderrad wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt, ist bei der Ducati stärker die Gashand gefordert. Oder der Schaltfuß. In dem Moment, in dem das Vorderrad steigt, einfach das Gas stehen lassen, per Schaltautomat den nächsten Gang hineindrücken und die fulminante Drehfreude des Twins erledigt auf dem Weg zur nächsten Kurve den Rest.

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Dass die Panigale mit ihren kürzer übersetzten Gängen etwas mehr Schaltarbeit erfordert, ist zumindest hier kein Handicap. Im Gegenteil. Weil die Duc, anders als die BMW, oft einen Gang höher und damit nicht mit voller Drehzahl und der damit verbundenen Leistungsexplosion in die Bremszonen rauscht.

Nur am Ende der Zielgeraden muss sie sich in Sachen Topspeed mit 257 km/h den BMWs beugen. Aber wie schon zu Beginn gesagt, Leistung ist in Calafat nicht alles, dem Fahrwerk kommt eine bedeutende Rolle zu.

Wie die Ducati, unterstützt durch die kompakte, vorderradorientierte Sitzposition, in die Kurven sticht und durch Schikanen hindurchflitzt, ist eine Wucht. Dass die Panigale im Kurvenscheitel beim Lösen der Bremse ein wenig nach innen klappt, ist zwar spürbar, aber nicht wirklich störend. Kelle kommt das sogar entgegen. Und dass sie beim schnellen Umlegen das Prädikat "Liegt wie hinbetoniert" nur knapp verpasst, ist ebenso kein Drama.

Dass etwas Bewegung im Fahrwerk ist, tut der ansonsten tollen Stabilität keinen Abbruch. Denn die Panigale wirkt gut ausbalanciert. Und nicht nur strammes Abbiegen ist mit ihr eine Wonne, sondern auch am Kurvenausgang den Hahn zu spannen. Weil die Traktionskontrolle souverän über das Hinterrad wacht. Mit einer Einschränkung allerdings. Über eine ausgefressene Stelle in der Asphaltdecke ausgangs der ersten Rechtskurve hinweg beschleunigt, reduziert die Schlupfregelung der Ducati die Leistung spürbar länger als jene der BMW, die sofort danach wieder die volle Leistung zur Verfügung stellt. Und doch unterbietet sie mit 1:31,5 min die Zeit der S 1000 RR. Ist sie letztlich gar auch die schnellere Panigale? Die Latte hängt damit für die Panigale S jedenfalls ziemlich hoch. Andererseits kann die Schmiederäder und elektronisch einstellbare Öhlins-Federelemente in die Waagschale werfen. Die übrige Elektronik von ABS bis Traktionskontrolle ist jedoch identisch.

Was also kann die "S" reißen? Kelle dreht Runde um Runde, knechtet die Duc durch die Schikanen, presst sie auf der Zielgeraden aus. Der Topspeed am Bremspunkt ist identisch mit dem der Panigale, an die BMW kommen beide nicht heran. Oh je, kann das noch was werden? Die Blicke sind gebannt auf die Stoppuhr gerichtet. Die bleibt schließlich bei 1:31,0 min stehen. Der Hammer. Nicht nur die familieninterne Hackordnung wäre wiederhergestellt. Sie zieht damit auch bis auf ein Zehntel gleich mit der HP4. Doch erreichen beide ihre Zeiten auf gänzlich unterschiedliche Weise. Während die HP4 ihre Zeit vornehmlich auf den Power-Abschnitten gutmacht und beim Topspeed ganz klar vorne rangiert, schlägt die Ducati in den kurvigen Sektionen zu. Wie die BMW HP4 schlägt die Panigale S aus ihren leichteren Rädern Profit. Wie sie durch die Schikanen schmettert, ist eine Wucht.

Ihre Schmiederäder sind mit 3,1 kg (vorne) und 3,7 kg für Serienräder geradezu sensationell leicht. Gegenüber den Guss-Pendants der Panigale sparen sie glatt 2,8 kg. Doch ist der Unterschied im Handling längst nicht so groß wie zwischen den BMWs. Das deutlich straffere Fahrwerk verleiht der Panigale S etwas mehr knackige Direktheit. Bei mittlerem Tempo wirkt es noch hart und steif. Doch je höher die Geschwindigkeit, desto besser funktioniert es. Während im Gegensatz dazu die BMW HP4 mit ihrem teilaktiven Fahrwerk bei jedem Speed gleich stabil lag.

Bemerkenswert: Das Pumpen an der Ducati-Hinterhand, beim großen Sportler-Vergleich in Alcarras (MOTORRAD 10/2012) noch bemängelt, trat bei keiner der Ducs auf, und auch der Reifenverschleiß blieb im Rahmen.Letztlich behalten in beiden Fällen die Edel-Varianten mit ihren Hightech-Fahrwerken die Nase vor ihren schlichter ausgestatteten Basismodellen. Mal mehr (BMW), mal weniger (Ducati) deutlich. Die Aufpreise dafür allerdings sind ebenfalls mal mehr (Ducati), mal weniger (BMW) saftig.

Bliebe am Ende nur eine Frage offen: Wo bleiben die Japaner?

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Ducati 1199 Panigale /S

Die Panigale S ist die schnellere der beiden Roten, den entscheidenden Tick stabiler und wendiger, allerdings auch satte 5000 Euro teurer. Dass äußerlich so gut wie nichts auf die edle Variante hinweist, läuft unter Understatement. Ein Fall für Liebhaber des Besonderen. Denn sehr groß ist der Abstand zur Basis-Panigale nicht. Sie ist eine echte Überraschung in diesem spannenden Vergleich, gefällt durch Ausgewogenheit und ist nur wenig langsamer als ihre noble Schwester. Wer auf golden glänzende Federelemente verzichten und mit dem Griff zum Inbusschlüssel für Setup-Änderungen leben kann, ist mit ihr bestens bedient. Und für das gesparte Geld kann man sich einige Renntrainings leisten - und vielleicht noch einen Satz leichte Räder.


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BMW HP4/S 1000 RR

Die S 1000 RR hat nicht von ungefähr bislang dieser Klasse ihren Stempel aufgedrückt. Sie ist ein starkes Stück. Ihr Motor nach wie vor eine Wucht. Doch die HP4 ist die klar Bessere. Im Handling überlegen, beim Bremsen souveräner. Sie ist präziser, durchzugsstärker. Und das teilaktive Fahrwerk überzeugt. Ebenso wie die überarbeiteten elektronischen Helfer. Ein mächtiges Kaliber nicht nur auf der Rennstrecke. Dort ist der Abstand zur S 1000 RR deutlich und auch viel klarer, als er es zwischen den beiden Ducatis ist. BMW hat mit der HP4 erneut einen großen Wurf gelandet, an dem die Konkurrenz zu knabbern haben dürfte. Keine Frage, ihren Zuschlag gegenüber einer S 1000 RR ist sie in jedem Fall wert.

Technik: Fahrwerke

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Die Möglichkeiten der Elektronik scheinen unbegrenzt. Jetzt hat sie auch in die Fahrwerke Einzug gehalten.

Hat man bislang von elektronischen Fahrwerken gesprochen und damit elektronisch verstellbare Federelemente gemeint, muss dieser Begriff jetzt präzisiert werden. Denn die HP4 bietet viel mehr als das, nämlich ein teilaktives, also elektronisch geregeltes Fahrwerk. Wie der Name Dynamic Damping Control (DDC) schon andeutet, reagiert das Fahrwerk auf unterschiedliche Fahrbahn- und Fahrzustände. Dazu bietet es drei voreingestellte Dämpfungs-Modi (Road, Dynamic, Track), die aber in der Dämpfung noch individuell verändert werden können. Die elektronischen Dämpferventile können dabei innerhalb einer Hundertstelsekunde die Dämpfung verändern. Ein Sensor an der Schwinge erkennt Ein- und Ausfederbewegung und -geschwindigkeit. In Verbindung mit weiteren Parametern wie Drehzahl, Gasgriffstellung, Schräglage, Bremsdruck, Traktionskontrolle und Beschleunigung errechnet das Steuergerät, inwieweit Zug- oder Druckstufe am Federbein verändert werden müssen. Parallel dazu wird in der Gabel, die ohne Federwegsensor auskommt, die Dämpfung angepasst.

Rundenzeiten und Setup

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Was die Stoppuhr festhält, ist das eine. Viel interessanter jedoch ist es, wie diese Zeit zustande kommt.

Volle 14 PS mehr, 8 km/h am Ende der Zielgeraden schneller und die Nase nur um ein Zehntel vorne? HP4 und Panigale S vertreten nicht nur völlig unterschiedliche Konzepte, sie holen ihre Zeit auch auf völlig unterschiedliche Weise, wie das 2D-Data-Recording zeigt. Die Zeitverlustkurve beweist, dass die HP4 ab Eingang Zielgerade Zeit gewinnt und diesen Vorsprung vor allem auf den Geraden bis zum Messpunkt von Vmax2 ausbaut.

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Dann aber folgt der kurvige Teil (grau), und die Panigale S holt sich mit grandioser Handlichkeit und Stabilität Zehntel um Zehntel in den Kurven zurück. Mehr Speed am Kurveneingang und im Kurvenscheitel, bis am Zielstrich praktisch wieder Gleichstand herrscht. Im Vergleich zur S 1000 RR kann die HP4 vor allem im grau unterlegten kurvigen Streckenteil ihre deutlich bessere Handlichkeit und das stabilere, präzisere Fahrwerk in einen Vorsprung ummünzen. Die feiner regelnde Traktionskontrolle sorgt zudem für höheren Topspeed.


BMW HP4 BMW S 1000 RR Ducati 1199 Panigale S Ducati 1199 Panigale
Rundenzeit (min)* 1:30,9 min 1:32,0 min 1:31,0 min 1:31,5 min
Vmax1 266 261 258 257
Vmax2 205 201 202 201
Gabel*



Druckstufe Track (Slick) Pos. 7 Pos. 7  8 K
Zugstufe Track (Slick) Pos. 6 Pos. 14 7 K
Negativfederweg* 30 mm 35 mm 39 mm 34 mm
Federbein*



Druckstufe Lowspeed Track (Slick) Pos. 9 Pos. 20 11 K
Druckstufe Highspeed Track (Slick) Pos. 5
Zugstufe Pos. 6 Pos. 14 3 K
Negativfederweg* 20 mm 19 mm 25 mm 30 mm

*mit Fahrer (75 kg); U = Umdrehungen; K = Klicks; R = Ringe; Pos. = Position

Technische Daten

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BMW HP4 / S 1000 RR Ducati 1199 Panigale / S
Motor 
Bauart Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor
Einspritzung Ø 48 mm  Ø 68 mm
Bohrung x Hub 80,0 x 49,7 mm 112,0 x 60,8 mm
Hubraum 999 cm3 1198 cm3
Leistung 142,0 kW (193 PS) bei 13000/min 143,0 kW (195 PS) bei 10750/min
Drehmoment 112 Nm bei 9750/min 132 Nm bei 9000/min
Fahrwerk
Rahmen Brückenrahmen aus Aluminium Monocoque aus Aluminium
Gabel Upside-down-Gabel: Ø 46 mm Upside-down-Gabel: Ø 43 mm / Ø 50 mm
Bremsen vorne/hinten Ø 320/220 mm: ABS Ø 330/245 mm: ABS
Räder Alu-Schmiederäder / Alu-Gussräder Alu-Schmiederäder / Alu-Gussräder
Reifen vorne 120/70 ZR 17 120/70 ZR 17
Reifen hinten 200/55 ZR 17 / 190/55 ZR 17 200/55 ZR 17
Bereifung Pirelli Supercorsa SP Pirelli Supercorsa SP
Maße + Gewichte
Radstand 1423 mm 1437 mm 
Lenkkopfwinkel 66,0 Grad 65,5 Grad
Nachlauf 99 mm 100 mm
Gewicht vollgetankt** 201 kg / 209 kg 193 kg / 195 kg
Tankinhalt 17,5 Liter 17,0 Liter
Service-Intervalle 10000 km 12000 km
Preis 20500 Euro/16100 Euro 24490 Euro / 19490 Euro
Preis Testmotorrad 24750 Euro***/17894 Euro**** 24490 Euro / 19490 Euro
Nebenkosten 269 Euro 305 Euro
MOTORRAD-Messwerte
Höchstgeschwindigkeit* 299 km/h 296 km/h
Beschleunigung
0–100 km/h 3,2 sek 3,2 sek
0–200 km/h 7,2 sek 7,6 sek

*Herstellerangabe; **MOTORRAD-Messungen; ***inkl. Competition-Paket (3200 Euro), bestehend aus Fußrastenanlage, Handhebel, Karbon-Kit, Schmiederädern in Fahrzeugfarbe und Sponsor-Sticker-Satz; Soziuspaket (260 Euro), Heizgriffen (200 Euro) und Datenlogger (590 Euro); ****inkl. ABS und DTC (1230 Euro), Schaltautomat (364 Euro) und Heizgriffen (200 Euro)

Archiv

Beide Ducatis malen praktisch identische Leistungskurven auf das Papier. Die BMW HP4 zeigt sich dagegen beim Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich gegenüber der S 1000 RR deutlich gestärkt, ohne dabei an Spitzenleistung einzubüßen. Im Gegenteil, sie stand sogar noch einen Tick besser im Futter. In dem Maß, wie die Ducatis die Werksangabe verfehlen, liegen die BMWs darüber. Spektakulär der Leistungsverlauf der Bayerinnen ab 11 000/min, beeindruckend dagegen das Drehmoment der Ducatis.