Höhenrekord 2023 in den Anden mit Yamaha Ténéré 700

Rekordfahrt in den Anden 2023
Mit Yamaha Ténéré 700 auf 6.501 Meter

Veröffentlicht am 15.04.2023

Wir Normalos erklimmen mit dem Motorrad knapp 3.000 Meter hohe Pässe wie Stilfser Joch oder Col de l’Iseran. Schon da ringt manches Bike um Luft. Wie ergeht es dann wohl Maschine und Mensch auf doppelt so hohem Terrain? Der Schweizer Jiri Zak weiß es: Er schaffte auf einer Yamaha Ténéré 700 in den chilenischen Anden einen neuen Höhenrekord für Zweizylinder – 6.501 Meter!

Zwar speckte die Yamaha für das Abenteuer in der Atacama-Wüste kräftig ab. "Aber schon auf etwa 5.500 Metern Höhe steht praktisch nur noch die Hälfte des auf Meereshöhe vorhandenen Sauerstoffs zur Verfügung", sagt Jiri. "Mensch und Motorrad verlieren an Leistung, doch das Gewicht des Fahrzeugs bleibt dasselbe. Schlimmer noch, es fühlt sich dreimal so schwer an!" Ein enormer Unterschied zum Einzylinder, mit dem Jiri schon bisher Höhenrekorde aufstellte (MOTORRAD 17/2022, hier als E-Paper runterladen): "Es gab in der unberechenbaren Landschaft Abschnitte, die wäre ich mit einer Sportenduro auf Anhieb gefahren; doch die Ténéré stellt man vor einem Eisfeld lieber ab und testet erst mal zu Fuß, ob die Schneebrücken über die Gletscherspalten auch halten." Riesenkompliment an den Enduristen, der von großen Höhen noch längst nicht genug hat – Fortsetzung folgt bestimmt.

Interview mit Jiri Zak

MOTORRAD: Du hast schon mehrere Höhenrekorde geholt, jetzt aber zum ersten Mal mit einem Zweizylinder. Wie wirken sich die Unterschiede zum Einzylinder in dieser Höhe aus?

Der wesentliche Unterschied besteht sowohl in tiefen Lagen als auch in der Höhe im Gewicht des Zweizylindermotorrads. Nicht zuletzt deshalb war ich in dieser menschenleeren, trostlosen und teils unberechenbaren Landschaft sehr froh um meinen langjährigen, zuverlässigen Enduropartner Tobias Döring. Er begleitete mich während all der Ausflüge zum Vulkan auf einer leichten Enduro KTM 450 EXC-F. Die hatte ich kurz vor meiner Expedition im Jahre 2021 in Chile gekauft und damit im Dezember 2021 den damaligen Höhenrekord (6646m) in der Kategorie Motorrad aufgestellt. Generell war für mich nicht vorhersehbar, wie die Sensoren der Elektronik der Ténéré 700 mit dem tiefen Sauerstoffgehalt ab 6000 Metern über Meer klarkommen würden. Man bedenke, dass dem Motorrad – und auch mir – bereits auf ca. 5500 Metern Höhe praktisch nur noch die Hälfte des sonst auf Meereshöhe eingeatmeten Sauerstoffs zur Verfügung steht. Und je höher man kommt, desto weiter sinkt dieser Anteil. Das Problem dabei: Der Mensch und auch das Motorrad verlieren Leistung, doch das Gewicht des Fahrzeugs bleibt dasselbe. Schlimmer noch – es fühlt sich dreimal so schwer an!

Was sind die Folgen für das Fahrverhalten und vor allem für Dich?

Durch den allgemein höheren Schwerpunkt eines Zweizylinder-Motorrads ist es bei einem Sturz im steilen, losen Gelände deutlich schwerer wieder aufzustellen als eine leichte Wettbewerbs-Enduro. Ich wollte diese Expedition daher nicht im Alleingang riskieren und war daher, wie gesagt, sehr froh um einen Freund an meiner Seite. Es gab Abschnitte, die wäre ich mit einer Sportenduro einfach auf Anhieb gefahren, doch mit der Ténéré 700 ist man weniger risikofreudig. Vor einem Eisfeld oder Gletscher stellt man das Motorrad lieber ab und läuft die potenzielle Spur zu Fuß ab, um zu testen, ob die Schneebrücken über die Gletscherspalten oder die Sedimentbrücken über Gletscherabflüsse im Tal halten. Ein Einbruch kann katastrophal enden, und selbst im besten Falle ist es immer mit kolossaler Anstrengung verbunden, das Zweizylindermotorrad zu bergen und wieder in eine brauchbare Spur zu setzen.

War die Ténéré serienmäßig?

Nein. Es wurde ein ordentliches Gewichtstuning vorgenommen und die Leistung wurde etwas gesteigert. Das Fahrwerk wurde deutlich modifiziert. In Zusammenarbeit mit Rüegg Motos GmbH in Zürich haben wir so ein Motorrad geschaffen, die sich zwar fahrerisch vom serienmäßigen Modell massiv unterscheidet, jedoch stets optisch unverkennbar eine Yamaha Ténéré 700 bleibt.

Wie lange warst Du unterwegs, wie viele Leute waren beteiligt?

Die gesamte Expedition nahm fünf Wochen in Anspruch, das Unterfangen mit der Ténéré beanspruchte zwei Wochen. Die letzten drei Wochen der Expedition wurden einem anderen Enduro-Projekt in derselben Region gewidmet. Das ist aber eine andere Geschichte … Die Rekordfahrt mit einem Motorrad vom Basislager zum Gipfelbereich des Ojos ist grundsätzlich eine Halbtagesangelegenheit, oder vielleicht auch etwas mehr. Es kommt natürlich immer auf die Verfassung des Fahrers an. Hier war nur mein Kollege Tobias Döring dabei. Aber im Basislager hatten wir die Unterstützung von weiteren Partnern, bei denen wir die Anreise vom Flughafen und das Basislager wie auch die Vollpension gebucht haben. Das Basislager an der Laguna Verde ist so eine Art Campingplatz, wo sich Expeditionen und Bergsteiger den Platz teilen.

Wie weit vom Basislager war der höchste Punkt weg?

Vom Basislager bei der Laguna Verde auf 4350 m über Meer fährt man zuerst 25 Kilometer durch die Wüste, bis man zu einer riesigen, steilen und 150 Meter hohen Düne kommt. Hier fängt das eigentliche Offroad-Abenteuer erst richtig an: Luftdruck reduzieren und dann mit Vollgas die Düne hoch. Von da an gibt es keine Wege mehr. Nur noch Täler, Schluchten, steile Auffahrten, Berggrate und Eisfelder. Das geht so knapp 20 Kilometer, bis zum höchsten Punkt, den ich mit der Ténéré erreicht habe: auf 6.501 Meter über Meer.

Was hat Dich dieser neue Höhenrekord gekostet? Wie finanzierst Du das, hast Du Sponsoren?

Die Vorbereitungen zu Hause, der Flug, die Verschiffung der Ténéré, der anschließende Transport von all dem Equipment von Hafen nach Santiago und dann weitere 1.000 km in die Atacama-Wüste sowie die Kosten für das Basislager beliefen sich für mich auf ca. 12.000 Euro. Nicht mit eingerechnet ist das Motorrad selbst und die Bekleidung. Dafür hatte ich Sponsoren, denen ich vom ganzen Herzen dankbar bin. Die Ténéré 700 wurde mir in erster Linie durch Rüegg Motos GmbH in Zürich zur Verfügung gestellt. Die Motorradbekleidung von Acerbis wurde vom Motorrad-Ersatzteilgeschäft Motoactive GmbH gesponsert, die Sonnenbrille von Mirage Swiss Spirit und die Endurobrille von Powerbike GmbH.