Neuer 900er-Boxer: Alte BMW-Technik neu gebaut

Alles über die Zweiventilboxer von damals und heute
22 Jahre Rückgrat bei BMW, heute Kopie aus China

Veröffentlicht am 16.04.2025
Probleme, Tipps, Reparieren BMW R-Modelle

Fällt im Kontext BMW das Wort Zweiventiler dreht das Gespräch meist um Modelle mit dem 247-Motor im Rahmen. Vor allem seit der großen Custom-Welle ab 2015 erlebte dieser Motor eine umfassende Renaissance, da er äußerst einfach gebaut und robust ist. Vielleicht ein Grund, wieso CBNMotor aus China einen anscheinend zumindest äußerlich exakten Nachbau der späteren Versionen des Typ 247 mit den eckigen Ventildeckeln auf einer Messe zeigte – und schemenhaft sogar ein neues Motorrad dazu.

Der Boxer-Motor Typ 247 von BMW

Die Geschichte des 247 von BMW braucht ein wenig Geduld, denn dieser Motor war nicht klar einer Baureihe zugeordnet. So begann er die auslaufende /6-Reihe ab 1974 und die/7-Modelle ab 1978 gleichermaßen anzutreiben. Er war der letzte Airhead-Motor von BMW, also wirklich rein luftgekühlt. Spätere Boxer hatten den sogenannten Oil-Head, mit ölgekühlten Zylinderköpfen und 4V-Technik (ab 1993).

Erste Berühmtheit erlangte der Boxer 1973 in der R 90 S mit 67 PS, Kult wurde er später durch die charakteristische Nierenform der Ventildeckel, deren Form heute selbst versucht wird auf moderne Boxer zu übertragen. Wobei es diese Grundform schon an den frühen Motoren der /5- und/6-Reihe ab 1960 gab. Die große Zahl an 247-Motoren ab 1976 hatte die eckigen Ventildeckel. Wobei ein Tausch auf die Runddeckel einfach möglich ist.

Wer sich für eine gebrauchte BMW der Typen 247 dieser Jahre interessiert, findet hier alle wichtigen Informationen vom Boxer-Profi.

Neuer 2V-Boxer von CBNMotor aus China

Mit all diesem Wissen ist das Vorbild des kürzlich in China vorgestellten "neuen" Boxers von CBNMotor klar als Typ 247 ab 1976 zu identifizieren. Durch die eckigen Ventildeckel entlarvt der Kenner dieses Baujahr. Allerdings: CBNMotor, oder wie es ausgeschrieben wohl lautet Crystalburn, gibt einen Hubraum von "nur" 900 Kubik an. Und diese Größe gab es nicht mit eckigen Deckeln.

Der letzte 900er-Boxer mit 2V-Köpfen war der der berühmten R 90 S, allerdings wie geschrieben noch mit den alten Ventildeckeln. Interessant: Trotz dieser Freiheit belässt CBNMotor es beim Plattenluftfilter, zu erkennen am höheren Aufbau mit der kleinen Rampe nach hinten. Gängig im Bereich der Custom-Szene ist, hier das kleinere Rundfiltergehäuse mit dem Gefälle nach hinten zu verbauen, um dem Motor eine rundere, klassischere Form zu geben.

Womöglich ist der Grund, dass CBNMotor plant, den Boxer mit der heute unumgänglichen Einspritzung zu betreiben, anstatt mit den bis 1996 eingesetzten Bing-Vergasern.

Boxer von BMW oder CBN

Da der alte BMW-Boxer bis heute als äußerst zuverlässig gilt, hat der Nachbau von CBNMotor ein schweres Erbe zu tragen, allerdings aus gleichem Grund die besten Voraussetzungen dazu. Und CBNMotor könnte die kleinen Langzeitschwächen des Typ 247 gezielt behoben haben, die sich auf 9 Punkte zusammenfassen lassen:

Probleme beim BMW Boxer

1. Motoröl

  • Synthetisches Öl: Die Verwendung von synthetischem Öl in den frühen Zweiventil-Boxermotoren wird nicht empfohlen. Obwohl synthetisches Öl grundsätzlich für viele moderne Motorräder verwendet wird, ist es für die 2V-Boxer-Motoren nicht geeignet, insbesondere bei Volllast und hohen Temperaturen. Das Öl wird zu dünnflüssig, wodurch es nicht in der Lage ist, die Lagerspiele des Motors auszugleichen. Das führt zu erhöhtem Verschleiß und rauerem Motorlauf.
  • Empfehlung: Nur gutes mineralisches Öl verwenden, auch für Getriebe, Kardan und Achsantrieb. So bleibt der Motor geschmeidig, und die Lebensdauer wird verlängert.

2. Ölverlust

  • Öllecks an Dichtungen: Ein häufiges Problem bei älteren Modellen sind Öllecks, insbesondere an den Dichtungen der Stoßstangen-Tüllrohre (die Gummidichtungen unter den Zylindern). Diese verhärten mit der Zeit, werden brüchig und können zu Undichtigkeiten führen. Auch das Tüllrohr selbst kann sich lösen und Öl austreten lassen.
  • Zylinderfußdichtung: Eine weitere mögliche Quelle für Ölverlust ist die Zylinderfußdichtung, die im Bereich des Zylinderfußes zu leichten Ölspuren führen kann. Ein gelegentliches Abwischen reicht in der Regel aus, solange keine Tropfen auftreten.
  • Kurbelwelle: Die Wellendichtringe der Kurbelwelle (zwischen der Kupplung und der Lichtmaschine) neigen ebenfalls zum Auslaufen, was zu Ölverlust führt. Dies kann die Kupplung und die Zündkontakte beeinträchtigen, wenn Öl in diese Bereiche gelangt.

3. Ventiltrieb und Zylinderkopf

  • Ventilführungen: Der Ventiltrieb kann mit der Zeit verschleißen, besonders nach längeren Fahrstrecken. Das Ventilspiel in den Ventilführungen sollte regelmäßig überprüft werden, insbesondere bei Laufleistungen von über 50.000 km. Wenn das Spiel zu groß wird, führt dies zu einem unruhigen Motorlauf und kann die Kompression beeinträchtigen.
  • Blaurauch beim Kaltstart: Ein typisches Zeichen für verschlissene Ventilführungen ist Blaurauch beim Kaltstart, zusammen mit öligen Enden der Schalldämpfer. Dies kann aber auch durch einen defekten Ölabstreifring oder eine fehlerhafte Motorentlüftung verursacht werden.
  • Ölverlust am Zylinderfuß: Auch leichte Ölnebel am Zylinderfuß sind ein Indikator für verschlissene Dichtungen oder eine beginnende Undichtigkeit.

4. Vergaser und Luftfilter

  • Vergasermembranen: Die Vergasermembranen der Bing-Gleichdruckvergaser neigen dazu, mit der Zeit zu reißen. Das führt zu Leistungsverlust und unruhigem Motorlauf. Ein regelmäßiger Wechsel der Membranen (alle drei Jahre oder bei Bedarf) ist notwendig, um Leistungseinbrüche zu vermeiden.
  • Drosselklappenwellen: Die Drosselklappenwellen können sich mit der Zeit abnutzen und Spiel entwickeln, was zu schlechtem Standgas und unregelmäßigem Motorlauf führen kann. Ein schneller Test auf ausgeschlagene Wellen ist durch das Abflanschen des Vergasers und das Prüfen der Welle möglich.
  • Gummiflansch zwischen Vergaser und Zylinderkopf: Der Gummiflansch kann Risse bekommen, was ebenfalls zu schlechtem Standgas und unregelmäßigem Lauf führt, da Luft in den Motor eindringen kann. Ein regelmäßiger Austausch ist empfohlen.

5. Getriebeprobleme

  • Wasser im Getriebe: Wenn Wasser ins Getriebe gelangt (meist durch eine beschädigte Gummitülle des Tachowellenantriebs), kann das Öl im Getriebe trüb und undurchsichtig werden. Das Wasser beeinträchtigt die Schmierung und kann zu Rost und Lagerproblemen führen. Eine einfache Kontrolle des Getriebeöls kann helfen, dieses Problem frühzeitig zu erkennen.
  • Schaltprobleme: Bei älteren Fahrzeugen können auch Schaltprobleme auftreten, die durch defekte Ruckdämpfer, ausgeschlagene Lager oder Pitting-Schäden im Getriebe verursacht werden. Diese Defekte sind allerdings weniger verbreitet und treten häufig nur nach extremen Belastungen auf, oder wenn das Getriebe nicht regelmäßig gewartet wurde.

6. Kardanwelle und Achsantrieb

  • Spiel in der Kardanwelle: Übermäßiges Spiel in der Radaufnahmeverzahnung des Kardans ist ein weiteres häufiges Problem. Durch ein wenig Spiel zwischen Kardanwelle und Achse kann es zu ungleichmäßigen Drehbewegungen kommen. Dieser Defekt erfordert eine Fachwerkstatt zur Reparatur, da die Teile meist verschweißt oder gepresst werden müssen.
  • Kreuzgelenk: Das Kreuzgelenk zwischen Kardanwelle und Hinterrad sollte regelmäßig auf Rost und Spiel überprüft werden. Ein defektes Kreuzgelenk führt zu Ruckeln und auffälligen Geräuschen.
  • Kardan-Gummibalg: Ein defekter Kardan-Gummibalg kann dazu führen, dass Wasser in den Kardantunnel eindringt und Schäden verursacht. Wenn der Balg undicht oder rissig ist, muss er ersetzt werden.

7. Elektrikprobleme

  • Korrosion an Kontakten: Die Elektrik der Modelle der Baureihe 247 kann durch Korrosion an den Kontakten im Lampentopf oder an der Lichtmaschine leiden. Dies führt zu Problemen mit der Stromversorgung und der Zündung.
  • Lichtmaschine: Die Bosch-Lichtmaschine ist anfällig für Ausfälle aufgrund von Vibrationen. Ein defekter Läufer führt dazu, dass die Generatorkontrollleuchte dauerhaft leuchtet. Ein Austausch des Läufers ist relativ kostspielig, und in manchen Fällen kann es notwendig sein, die Lichtmaschine vollständig zu ersetzen.
  • Starterprobleme: Ältere Starter von Valeo können zu Problemen führen, bei denen sich die Magnete im Gehäuse lösen. Dies kann zu einem verzögerten oder ausbleibenden Starten führen.