BMW R 1100 S gegen BMW R 1150 GS

BMW R 1100 S gegen BMW R 1150 GS Zwei Boxer am Ring

Ginge es nach BMW, wäre die Sache klar: Die R 1100 S ist ein Sportler, die R 1150 GS eine Enduro. Basta. Die Trotzköpfe jenseits des Weißwurstäquators weigern sich aber beharrlich, dieser Diktion zu folgen. BMW könnte der R 1100 S noch 135 S anhängen, sie ginge trotzdem nur als Sporttourer durch. Und die GS? Da wird die Sache kitzelig. Denn für die stolzen Besitzer und für jene, die von einer GS schon mal schwindelig gefahren wurden, müsste die 1150er eigentlich GSS heißen, Kürzel für »Ganz schön schnell«. Wenn man die BMW-Typologie nun mit den empirischen Erkenntnissen der GS-Treiber verbindet, ist klar: Dieses Duell muss ausgefahren werden. Sportler hin, Sporttourer her.
Damit die S ihren sportlichen Ansprüchen genügt, hat MOTORRAD bei BMW das Sondermodell geordert. 5,5-Zoll-Felge hinten, 180er-Bridgestone BT 56, längere Federbeine für mehr Bodenfreiheit, Lenkungsdämpfer, dafür kein ABS. Gewicht sparen. So ausgerüstet stürzt sich der Sportboxer ins Kurvengeschlängel des Hatzenbachs und fährt der GS gleich mal ein paar Meter davon. Nicht, weil es der Dicken mit 84 PS gegenüber den 98 PS des Sportboxers an Leistung mangeln würde – die spielt in diesem Streckenabschnitt keine große Rolle. Und auch nicht, weil sie mit vollgetankt 254 Kilogramm zu schwer wäre. Im Gegenteil, die GS brilliert durch federleichtes Handling. Es verunsichert vielmehr, dass es trotz maximal vorgespannter Federn an Bodenfreiheit mangelt. Auch, wenn auf der Nordschleife nicht so erbarmungslos umgelegt wird wie auf einer reinrassigen Rennstrecke: Diese Schräglagen gehen einfach über das Landstraßenübliche hinaus.
Ganz anders die S: Selbst bei der beherzten Fahrweise eines Bertrand Sebileau haben die Angstnippel selten Asphaltkontakt. Außerdem zeichnet sich schon im Hatzenbach ein weiterer Vorteil der 1100er ab, der in den folgenden, schnellen Streckenabschnitten Flugplatz und Schwedenkreuz noch deutlicher wird: die insgesamt straffere Abstimmung der S. Während die komfort-orientierte GS in diesen Passagen schaukelt und schlingert wie ein Kutter kurz vor der Havarie, bleibt die sportliche Schwester stramm auf Kurs. Für Irritation sorgt hier allenfalls der hohe Bremsnickausgleich des Telelevers, durch den die Frontpartie beim Bremsen kaum eintaucht. Zudem tendiert das Vorderrad auf kurz aufeinander folgenden Bodenwellen zum Springen. Und ein Rad, das in der Luft ist, baut keinen Grip auf. Das gilt für S und GS gleichermaßen. Bei der GS kommt ein zweites Manko hinzu: ihre an touristischen Ansprüchen ausgerichtete hohe Scheibe. Während große Fahrer wie Testchef Lindner über ständige Verwirbelungen klagen, fehlt kleineren Testern wie Corsetti und Casas der Durchblick.
Das ist insofern schade, als das die Enduro einen Teil ihrer Qualitäten durchaus auch auf dem Eifelkurs ausspielen kann. Ihr ausgezeichnetes Handling zum Beispiel. Gerade für Neulinge auf der unbekannten Strecke ein echtes Plus gegenüber der sportlichen Schwester. Ein echtes Minus hingegen ist die Leistungsfähigkeit des GS-Boxers. 84 PS sind im Verbund mit 254 Kilo Gewicht im Alltag immer genug, hier fast immer zu wenig, auch wenn Ansprechverhalten und Leistungsentfaltung überzeugen können. Speziell die ganz schnellen Passagen wie der lange Anstieg zwischen Bergwerk und Klostertal oder die Döttinger Höhe lassen die GS erbarmungslos ins Hintertreffen geraten, auch wenn sich hier der Pilot auf der deutlich stärkeren und leichteren 1100 S ebenfalls ein paar zusätzliche Pferde wünscht.
Was bleibt unterm Strich? Die mit vielen Vorschusslorbeeren gestartete GS hat gegen ihre sportliche Schwester keine Chance. Und es sind weniger die Rennfahrer – die können mit Unzulänglichkeiten von Fahrwerken umgehen –, sondern vielmehr die Landstraßenfahrer, die von der GS verunsichert werden. Letztere klagen auch am lautesten über das GS-Getriebe, weil sie sich in der Hektik häufig zwischen den Gängen wiederfinden. Diesbezüglich schneidet die S ebenfalls besser, aber keineswegs gut ab. Trotzdem: Die Ringwertung geht nach Punkten an den Sportboxer. Seine versammelte Sitzposition vermittelt in Kombination mit dem strafferen Fahrwerk mehr Gefühl, der Motor schiebt nachhaltiger vorwärts, die Schräglagenfreiheit ist größer. Und die GS besinnt sich darauf, wofür sie gebaut wurde. Reisen ist ihre Passion, nicht Rasen. Auch wenn ihr manchmal die Gäule durchgehen.

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