Alpen-Duell: BMW S 1000 XR & Suzuki GSX-S 1000 GX

BMW S 1000 XR und Suzuki GSX-S 1000 GX
2 Crossover-Bikes im Alpen-Duell

Veröffentlicht am 04.09.2024

Das Crossover-Segment boomt. Es vereint straßenorientierte 17-Zoll-Bereifung mit der aufrechten Sitzposition einer Reiseenduro. Zuletzt sprang Suzuki auf diesen Zug auf: Aus dem Naked Bike GSX-S 1000 und dem Sport-Tourer GT entstand die Suzuki GSX-S 1000 GX – mit auf 150 Millimeter verlängerten Federwegen. Bereits als starke Crossover-Größe etabliert ist die BMW S 1000 XR .

Crossover-Bikes mit semi-aktivem Fahrwerk

Sie ist Suzukis erstes Bike mit semi-aktiver Dämpfung, die GSX-S 1000 GX. Federwegsensoren messen die Impulse von der Straße und passen die Dämpfung der Upside-down-Gabel und des Federbeins in Sekundenbruchteilen automatisch an. Bei den BMW-Bikes gehört ein semi-aktives Fahrwerk in der Mittel- und Oberklasse seit vielen Jahren zum optionalen Standard. Auch die Test-BMW S 1000 XR für den großen Alpen-Test 2024 hat dieses Feature.

Sitzposition auf S 1000 XR und GSX-S 1000 GX

Bevor’s jetzt zu technisch wird: aufgesattelt, rauf auf die beiden Crossover-Überflieger! Wer den Anspruch 'Reisen' fest im eigenen Lastenheft stehen hat, erhält mit beiden Crossover-Bikes ein klasse Angebot für lange Touren. Für den aktuellen Jahrgang mit jetzt 170 PS Motorschmalz hat BMW S 1000 XR die zuvor oft kritisierte Sitzbank-Ausformung für den Fahrer zart angepasst. Hockte der bei der Vorgängerin in einer tiefen und in der Länge knappen Kuhle, die nur wenig Bewegungs-Spielraum bot, steigt das Platzangebot bei der neuesten XR-Auflage spürbar. Top: wie schmal der Crossover-Dampfhammer im Bereich des Knieschlusses ausfällt. Für einen Vierzylinder baut die BMW S 1000 XR in diesem Bereich vorbildlich kompakt.

Ganz so wespentaillig kommt die Suzuki GSX-S 1000 GX an dieser Stelle nicht daher, ihre Fahrerintegration bleibt ansonsten aber ohne Tadel, verdient sogar Lob: Klasse Spielübersicht, griffgünstig platzierter Lenker und ein komfortabel und groß ausgeformtes Polster betten die Hintern in der ersten und zweiten Reihe langstreckentauglich ideal und bequem.

BMW S 1000 XR folgt jeder Linie

Auf der Testrunde steht die Abfahrt vom Ofenpass an. Weite Bögen, piekfeiner Asphalt, gute Kurvenübersicht – hier darf sich die BMW S 1000 XR im Rahmen des Schweizer Tempolimits austoben. Mit famoser Stabilität wischt sie durch die Bögen und umrundet selbst die paar Kehren auf diesem Streckenabschnitt mit Bravour. Ihre 2 semi-aktiven Dämpfungs-Setups "Road" und"Dynamic" erfüllen zudem per Knopfdruck die Wünsche von Komfort- und Feedback-Fans. Großes Kino für Freunde des schrägen Strichs. Auch, weil die BMW S 1000 XR für ihr Gewicht von immerhin 241 Kilogramm vollgetankt mühelos jeder vorgegebenen Linie folgt.

Suzuki GSX-S1000 GX verlangt bestimmende Hand

An Bord der Suzuki GSX-S 1000 GX klappt das nicht so mühelos. Bereift mit Dunlop Roadsport 2 in Sonderspezifikation "I" vorn und "W" hinten, verlangt sie eine bestimmende Hand, die ihr die Richtung vorgibt, trotzdem liegt sie nicht so satt wie die BMW in Schräglage. Etwas Abhilfe bringt es, ihr vierfach einstellbares Dämpfungs-Grundsetup auf "hard" zu stellen. Dennoch: Die Suzuki huscht nicht von allein durch die Bögen, muss mit viel Druck am Lenker auf den passenden Radius geführt werden.

Andere Szene, anderer Pass, der Umbrail ruft. Seine Kehren: eng. Sein Belag: mustergültig, aber auch von Aufbrüchen gezeichnet. Die BMW S 1000 XR bleibt sich auf diesem Terrain treu, gleitet über alle Unebenheiten stabil hinweg, folgt dem Fahrerwunsch auf ihren Bridgestone T32 wie auf Schienen.

Bodenwellen, gerade in Längsrichtung, nutzt sie darüber hinaus als willkommene Anregung, um die eingeschlagene Linie wieder zu verlassen, der Griff zur etwas stumpf zupackenden Bremse provoziert zudem ein spürbares Aufstellmoment. Ob andere Reifen der Suzuki auf die Sprünge helfen würden? Gut möglich, doch beim Alpen-Test zählt wie bei jedem anderen MOTORRAD-Test das Serien-Equipment. So muss sich die neue Suzuki GSX-S 1000 GX bei der Fahrwerksperformance hinter der BMW S 1000 XR einsortieren, obwohl sie vordergründig beste Anlagen fürs Kurvenwedeln mitbringt.

Motor-Power der Crossover-Bikes

Kurvenende in Sicht, jetzt mal gucken, wie der als Drehmoment-Monument verehrte Vierzylinder-Motor in der Suzuki GSX-S 1000 GX nach vorn drückt. In seinen Grundfesten stammt er von der K5er-GSX-R-1000 ab, die bis heute als die beste Nm- und Landstraßen-"Gixxer" gilt. Enge Kehre, tiefe Drehzahl, drück mich vorwärts, GX! Und sie macht es wirklich, allerdings erst, wenn die Drehzahl die 5.000er-Marke passiert. Darunter fehlt das erwartete Schubfeuer. Das heißt nicht, dass die GX leistungsmäßig enttäuscht. Die erwartete Vehemenz bleibt rund 2.000 Meter über dem Meeresspiegel aber aus.

Und machen wir es kurz: Die BMW S 1000 XR erledigt diesen Job zwar besser, ihre 170 PS quälen den Hinterreifen aber auch erst bei Alpen-irrelevanten Drehzahlen. Oder anders gesagt: Eine KTM 990 Duke mit ihren 123 PS drückt besser aus den Gebirgskurven heraus. Im Kehrengeschlängel rund um das Stilfser Joch fehlt es einfach an Gelegenheiten, das motorische Potenzial der zwei Crossover-Bikes zu nutzen.

Bremsen-Performance in den Alpen

Gut: Im Extremfall beim Stopp am Limit bringen beide mit ihren Bremsanlagen Fahrzeug und Passagiere sicher zum Stehen. Für Bestwerte reicht es zwar nicht ganz, dafür bleiben die hinteren Pneus fest am Boden. In Sachen Handkraft genügt bei der BMW S 1000 XR der zarte Zug von 2 Fingern, während die Suzuki bei längeren Bergabfahrten ein zupackenderes Wesen vom Fahrer fürs Halten fordert, ihre Beläge die Scheiben nicht mit der BMW-Vehemenz in die Zange nehmen.

Verbrauch: 5,3 zu 5,6 Liter pro 100 Kilometer

Die Tageskilometerzähler der Crossover-Bikes zeigen in den TFT-Displays mehr als 300 Kilometer an. Zeit fürs Spritfassen. Mit 5,3 zu 5,6 Litern für 100 Bergkilometer geht das Duell an der Zapfsäule leicht zugunsten der BMW S 1000 XR aus. Richtig sparsam sind beide nicht. Spaß hat man mit beiden Crossover-Bikes umso mehr, weil sich die geschmeidigen Vierzylinder mit hoher Laufruhe nie in den Vordergrund drängen, im besten Sinn unauffällig und lastwechselarm agieren. Nur die Sache mit dem Druck, die müssen wir nochmals diskutieren. Vielleicht bei einem Alpen-Test 2025?

Suzuki GSX-S 1000 GX

 Tolle Touringplätze für Fahrer und Sozius
 Vibrationsfreier Motorlauf bei jeder Drehzahl
 Viel Platz für Gepäck
 Präzise arbeitender Quickshifter
 Kurze Bremswege
 Viel Schräglagenfreiheit

 Stellt sich beim Bremsen auf
 Fahrwerk und Reifen vereiteln präzises Fahrverhalten
 Kein Durchzugspunch

BMW S 1000 XR

 Begeistert mit satter Stabilität in Kurven
 Motor geht supersmooth ans Gas, null Lastwechsel
 Top Ausstattung
 Kann Komfort und Feedback
 Kein Brems-Aufstellmoment
 Enorme Schräglagenfreiheit

 Mächtiges Trumm
 Übersetzung nicht ganz ideal für alpines Terrain
 Bodenfreiheit mittelmäßig