Sie stellen sich selten auf die Bühne, um kräftig ins Horn zu blasen. Nein, die VFR-Gemeinde fährt lieber Motorrad, anstatt darüber zu philosophieren. Und sie fährt viel und gern. Laufleistungen von 200.000 Kilometern pro Modell sind keine Seltenheit. Da kommt ganz schön was zusammen. Rund 75.000 VFR-Modelle aller Baujahre tummeln sich derzeit noch auf Europas Straßen. Durch die Einführung der neuen Honda VFR 800 F dürfte sich diese Zahl weiter erhöhen.
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Honda VFR 800 F im Top-Test
Laufwunder neu aufgelegt
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Noch immer ist die kleine VFR für eingefleischte Fans eine Art Ikone und der Stein der Weisen: ein Objekt, das Wasser in Wein und Stahl in Gold verwandelt, die Universalmedizin für alle Krankheiten. Wie kaum eine andere Maschine vereint das Motorrad Tugenden wie Alltagstauglichkeit, Verlässlichkeit, Wertigkeit und Langlebigkeit. Egal, ob man nur zum Nachbarn hinüberfährt oder bis zum Nordkap – mit der VFR ist man stets gut bedient. Denn die Maschine ist ein Zwitter, ein Sporttourer, der sich bei uneingeschränkter Tourentauglichkeit sehr sportlich fahren lässt. Mit der brandneuen Honda VFR 800 F, werksinterne Bezeichnung RC79, steht nun die mittlerweile sechste Generation in den Schaufenstern.
RC79 bereits die sechste Generation
Händler stehen vor der schwierigen Aufgabe, alteingesessenen VFR-Fahrern die Vorteile der Honda VFR 800 F gegenüber alten Modellen schmackhaft zu machen. Oder Neukunden den Mehrwert gegenüber Konkurrenzmodellen zu erklären. Denn mit einem Preis von 11.990 Euro ist sie gegenüber der Vorgängerin zwar 350 Euro günstiger, aber noch weit von einem Schnäppchen entfernt.
Nicht weiter tragisch, denn in diesem Marktsegment ist die Konkurrenz geschrumpft: Triumph hat seinen Sporttourer Sprint GT aus dem Programm genommen, und aus Japan hält nur noch die Kawasaki Z 1000 SX (12.795 Euro) dagegen. Die Alternative zur Honda VFR 800 F kommt von BMW, die mit der F 800 GT (11.265 Euro in vergleichbarer Ausstattung zur VFR) ebenfalls noch ein Angebot parat halten.
Sitzbank gegenüber dem Vorgängermodell zweigeteilt
Genug der grauen Theorie. Unter strahlend blauem Himmel steht die neue Honda VFR 800 F in Rot zur Testfahrt bereit. Warum der deutsche Importeur entschieden hat, das Modell hierzulande nur in Rot und Schwarz anzubieten, ist eine gute Frage. Schließlich sieht die im europäischen Ausland ebenfalls in Weiß erhältliche VFR richtig edel aus. Der erste Sitzkontakt ist freundlich. Gegenüber dem Vorgängermodell ist die Sitzbank jetzt zweigeteilt. Der Fahrersitz lässt sich nunmehr in zwei Positionen schrauben: niedrig (790 mm Sitzhöhe) und hoch (810 mm). Das ist umständlich, doch man macht das ja in der Regel nur einmal. Oder haben Sie von Menschen gehört, die ständig wachsen oder schrumpfen? Ebenfalls neu: das Staufach.
Wer die mitgelieferte Soziusbank samt Haltegriff nicht montiert, kann den Platz unter der Abdeckung als Stauraum nutzen. Fluch und Segen gleichzeitig: Die Zeiten, in denen der Solofahrer ganz einfach die Abdeckung über den Soziusplatz schob, sind endgültig vorbei. Heutzutage muss für Supersport-Optik geschraubt werden. Beim Kaltstart dreht der V4 mit 2500/min recht hoch, hängt aber ab dem ersten Fahrmeter sogleich super am Gas, und beim Reinklicken des ersten Gangs scheppert es trotz hoher Drehzahlen nicht. Die hydraulisch betätigte Kupplung der Honda VFR 800 F ist perfekt dosierbar und über alle Zweifel erhaben.
Neue Steuerelektronik und Ride-by-Wire an Bord
Wer das Vorgängermodell RC46 besitzt, registriert auf den ersten Metern gleich zwei Dinge: Die neue Honda VFR 800 F (RC79) hat spürbar geringere Lastwechselreaktionen und hängt auch besser am Gas. Beides hat mit der neuen Steuerelektronik und dem nunmehr zum Einsatz kommenden Ride-by-Wire zu tun. Diese vollelektronische Art des Gaszugs ist übrigens für den weicheren Übergang des VTEC-Systems mitverantwortlich, denn die Hardware des Systems ist gleich geblieben. Für alle Besitzer einer RC46 an dieser Stelle der Hinweis: Nein, die neue Software oder das Ride-by-Wire können nicht nachgerüstet werden. Laut Honda geht das aufgrund von Homologationsbestimmungen nicht. Darüber hinaus stünden der finanzielle sowie der technische Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen.
Nutzen. Gutes Stichwort. Der Top-Test ist nicht die richtige Stelle, das VTEC-System der Honda VFR 800 F generell infrage zu stellen. Doch man könnte. Denn statt der aufwendig zu wartenden Ventiltechnik stand eine Hubraumerhöhung auf 1000 Kubik auf dem Wunschzettel vieler Fans. Honda entschied daraufhin, der 800er eine 1200er-Schwester zu Seite zu stellen, allerdings ohne das VTEC. Für alle, die noch nie von diesem System gehört haben: Das VTEC (Variable Valve Timing and Lift Electronic Control) soll die Vorteile der Zweiventiltechnik mit denen der Vierventiltechnik verbinden.
VTEC muss alle 25.000 Kilometer überprüft werden
Bis rund 7000/min arbeiten bei der Honda VFR 800 F nur zwei Ventile pro Zylinder. Dies soll die Strömungsgeschwindigkeit erhöhen und dadurch den Füllungsgrad der Zylinder positiv beeinflussen. Oberhalb von 7000/min schalten sich über eine öldruckabhängige Verbindung zwei weitere Ventile pro Zylinder dazu. Der für hohe Drehzahlen wichtige große Querschnitt für die Beatmung des Zylinders wird damit realisiert. Da dies über eine separate Nocke geschieht, können unterschiedliche Nockenprofile eingesetzt werden: ein auf Verbrauch und Laufruhe optimiertes Profil für niedrige Umdrehungszahlen sowie ein leistungsoptimiertes Profil für hohe Drehzahlen. Schön und gut. Aber was bringt das alles?
Ein genereller Vorteil gegenüber einem herkömmlichen V4-Motor mit identischem Hubraum, wie er beispielsweise die VFR der Baujahre 1998 bis 2001 antrieb, ist zumindest leistungsspezifisch nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Fraglos ist das VTEC bewährt und robust. Doch es ist wartungsintensiv: Alle 25.000 Kilometer muss es speziell überprüft werden. Hierfür werden 5,5 Werkstattstunden angegeben. Aber lassen wir das. Die Würfel sind gefallen. Und sie liegen im Fall der neuen Honda VFR 800 F besser als beim Vorgängermodell. Der RC79-Motor hängt direkter am Gas, reagiert feinfühliger auf Befehle und verbraucht mit 4,7 Litern auf 100 Kilometer auch rund einen halben Liter weniger als das Vormodell. Da kann man dann auch nicht meckern, weil das Tankvolumen von 22 auf 21,5 Liter reduziert wurde. Die Reichweite ist mit 457 Kilometern immer noch gigantisch.
Superbe Verarbeitung, satter Sound und sicheres Fahrgefühl
Abseits jeglicher Technik stellt sich auf der neuen Honda VFR 800 F schon nach wenigen Metern dieses besondere, typische VFR-Feeling ein. Wenn es je ein Motorrad geschafft hat, Wertigkeit, Beständigkeit und Urvertrauen zu transportieren, dann die VFR. Das beginnt mit der superben Verarbeitung, die man im Stand bewundert, geht weiter über den grummelnden, Kraft verströmenden Sound und endet mit dem satten, sicheren Fahrgefühl. In allen Fahrsituationen vermitteln die Federelemente ein perfektes Feedback, sind quasi mit den Nerven im Körper gekoppelt. Nichts bringt die Maschine aus der Ruhe. Harmonie ist das Zauberwort.
In den Kurven liegt sie satt und lenkt sich zielgenau. Die Honda VFR 800 F ist quasi ein ICE, dem man über Schenkel und Lenker die Schienen vorgibt. Aufgrund geänderter Gewichtsverteilung soll sich die Neue etwas handlicher fahren. Machen wir es kurz: Statt des mächtigen, hoch verlegten Doppelauspuffs fauchen die Abgase nun aus einem Einzelschalldämpfer ins Freie, der konventionell hinten rechts unten angeschraubt ist. Und der Heckrahmen ist nunmehr aus Aluminium statt aus Stahl gefertigt. Doch all diese sich positiv aufs Handling auswirkenden Maßnahmen erfährt man nicht auf der Straße, sondern höchstens im schnellen Slalom des Top-Tests. Allerdings ist das spezielle VFR-Feeling nicht nur ans Chassis geknüpft.
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Präzise, linientreu, alltagstauglich, robust, hochwertig: Die Stärken der VFR wurden weiterentwickelt - ein Begleiter fürs Leben.
Auch der Motor der Honda VFR 800 F passt famos: Beim Durchmogeln durch den Stau stachelt kein nervöser Reihenvierzylinder und schreit nach Speed und mahnt eventuellen Zeitverlust an. Nein, der einzigartige V4 vermittelt fast die Ruhe eines luftgekühlten Harley-V2 und überträgt diese Lässigkeit auch auf den Fahrer. Auf der anderen Seite kann der V4 allerdings auch schnell und brennt oberhalb von 7000/min sein Fegefeuer ab. Spätestens an dieser Stelle hört man die Fahrer PS-starker Naked Bikes loslachen oder sich heftig räuspern.
Stimmt, Jungs! 106 PS bei 10.250/min und 75 Nm bei 8500/min erzeugen höchstens Gelächter, wenn man die Hosen runterlässt. Doch bleiben wir auf dem Boden der Tatsachen. Die Leistung der Honda VFR 800 F ist völlig ausreichend, nicht nur im Hinblick auf die 782 Kubik. Mit Werten wie von null auf 100 km/h in 3,6 Sekunden und 242 km/h Höchstgeschwindigkeit ist man für alle Eventualitäten gut aufgestellt. Wer bitte braucht denn mehr?
Kraftzuwachs beim Vorgängermodell stärker spürbar
Die Nervigkeiten des VTEC-Systems der der ersten RC46 sind der Neuen gottlob fremd. Während das System beim Umschalten von Zwei- auf Vierventilbetrieb vor rund zehn Jahren mit Unschlüssigkeit nervte, bei 7000/min oft hin- und herschaltete und dann sprunghaft mehr Leistung servierte, arbeitet es in der Honda VFR 800 F unauffällig. Außer einem hochfrequenteren Schnarr-Geräusch, mit dem plötzlich mehr Zug an der Kette einhergeht, ist nichts zu spüren. Anders gesagt: Der Kraftzuwachs war beim Vorgängermodell stärker spürbar, was auf dem Leistungsdiagramm auch gut ersichtlich ist. Bleibt die Frage, ob das alles hat sein müssen. Vor allem deshalb, weil die Neue drei PS und fünf Nm weniger Bums hat als ihre Vorgängerin.
Honda erklärt diesen Rückschritt mit der Anpassung auf strengere Abgas- und Geräuschvorschriften im Hinblick auf die bevorstehende Einführung von Euro4 und Euro5. Hierfür haben die Techniker bei der Honda VFR 800 F ziemlichen Aufwand getrieben: Elektronik, Ride-by-Wire, Steuerzeiten, Airbox, Auspuff wurden geändert, das Kühlsystem ist sogar ganz neu. Der Kühler sitzt nunmehr quer zur Fahrtrichtung. Dadurch konnte eine schmalere Verkleidung realisiert werden, die leider aber auch etwas schlechter vor Fahrtwind und Regen schützt. Ebenfalls neu sind die radial verschraubten Vierkolben-Festsättel vorn, die mit der 245 Kilogramm schweren Fuhre in wirklich keiner Situation ein Problem haben. Die Bremsanlage ist perfekt auf ihren Einsatz abgestimmt. So lassen sich die Stopper super dosieren, und auch die Bremsverzögerung ist mit 9,5 m/s² sehr gut. Das serienmäßig verbaute ABS ist neu abgestimmt und regelt feinfühlig.
System absolut auf Sicherheit ausgelegt
Gänzlich abgewandt hat Honda sich vom Integralbremssystem CBS. Dafür hat man der Honda VFR 800 F erstmals eine Traktionskontrolle spendiert. Das System berechnet über einen Raddrehzahlabgleich den Schlupf am Hinterrad. Falls das durchdreht, werden sofort Zündung und Einspritzung zurückgenommen, was allerdings nicht sehr feinfühlig geschieht, denn der Vorwärtsdrang des Motors wird hierbei zwei, drei Sekunden lang stark gehemmt. Das System ist absolut auf Sicherheit ausgelegt und lässt sich über einen Knopf am Lenker auch deaktivieren. Absolut top gelungen ist die automatische Blinkerrückstellung. Das System funktioniert unabhängig von der Geschwindigkeit oder der Größe des Radius und ist das derzeit beste auf dem Markt.
Bleibt die Kernfrage: Da der Gebrauchtmarkt riesig ist und alle VFR letztlich unkaputtbar sind, was spricht dann dafür, die neue Honda VFR 800 F zu kaufen? Erstbesitzer-Stolz, Garantie und natürlich auch die Gewissheit, auf den kommenden 25 000 Kilometern kein Geld in Verschleißteile investieren zu müssen – man ist eben auf der sicheren Seite. Allen VFR-Unerfahrenen kann man nur eine Probefahrt empfehlen, die länger ist, als nur kurz um den Block. Denn oftmals ist es nicht gleich Liebe auf den ersten Blick. Diese Vau fürs Leben beispielsweise schleicht sich leise, aber beständig ins Herz. Man muss ihr dafür nur etwas Zeit geben.
Technische Daten
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Hart am Limit: Im Top-Test-Parcours muss die Honda VFR 800 F zeigen, was sie drauf hat.
Honda VFR 800 F
MOTORRAD-Messungen
Henniges
Getriebe-Messungen der Honda VFR 800 F.
Fahrleistung
Höchstgeschwindigkeit (Herstellerangabe): 242 km/h
Beschleunigung
0–100 km/h: 3,6 sek
0–140 km/h: 6,0 sek
0–200 km/h: 14,2 sek
Durchzug
60–100 km/h: 5,2 sek
100–140 km/h: 6,2 sek
140–180 km/h: 8,6 sek
Tachometerabweichung
Effektiv (Anzeige 50/100): 49/98 km/h
Drehzahlmesserabweichung
Anzeige roter Bereich: 12.500/min
Effektiv: 12.000/min
Verbrauch
Landstraße: 4,7 l/100 km
Bei 130 km/h: 5,1 l/100 km
Theor. Reichweite Landstraße: 457 km
Kraftstoffart: Super
Maße + Gewichte
L/B/H: 2170/890/1200 mm
Sitzhöhe: 780–800 mm
Lenkerhöhe: 945 mm
Wendekreis: 6300 mm
Gewicht vollgetankt: 245 kg
Zuladung: 187 kg
Radlastverteilung v/h: 49,7/50,3 %
Henniges
Motor-Messungen der Honda VFR 800 F.
Der Übergang auf Vierventilbetrieb geschieht bei der Honda VFR 800 F wesentlich harmonischer als bei der Vorgängerin RC46. Die Kurven zeigen gut, was man im Fahrbetrieb spürt: Bei der alten VFR ist der plötzliche Leistungsschub durch die vier Ventile deutlicher spürbar.
Aber zu vernachlässigen: Denn in Alltagssituationen ist die Mehrleistung zwischen 3000 und 5500/min der deutlich bessere Bonus. Die Getriebeübersetzung ist mit der der RC46 identisch.
Fahrdynamik
Handling-Parcours I (schneller Slalom)
Rundenzeit: 20,8 sek
Referenz Kawasaki Z 1000 SX: 19,9 sek
Vmax am Messpunkt: 103,8 km/h
Referenz Kawasaki Z 1000 SX: 108,1 km/h
Die Honda VFR 800 F möchte mit Nachdruck durch den schnellen Slalom geführt werden. Sie bleibt dabei stabil und lenkpräzise. Jedoch ist das hohe Gewicht spürbar.
Handling-Parcours II (langsamer Slalom)
Rundenzeit: 29,2 sek
Referenz Kawasaki Z 1000 SX: 29,0 sek
vmax am Messpunkt: 53,1 km/h
Referenz Kawasaki Z 1000 SX: 53,4 km/h
Im langsamen Slalom zirkelt die Honda VFR 800 F präzise um die Pylonen. Die Schräglagenfreiheit ist ausreichend und lässt daher
gute Zeiten und Geschwindigkeit zu.
Kreisbahn (Ø 46 Meter)
Rundenzeit: 10,9 sek
Referenz Kawasaki Z 1000 SX: 10,8 sek
vmax am Messpunkt: 49,2 km/h
Referenz Kawasaki Z 1000 SX: 52,5 km/h
In der Kreisbahn liegt die Honda VFR 800 F satt, lediglich an der Trennfuge muss die Geschwindigkeit reduziert werden, da das Vorderrad sonst den Grip verliert.
Henniges
Brems-Messungen der Honda VFR 800 F.
Zwar taucht die Gabel beim harten Bremsen sehr tief ein, doch die Honda VFR 800 F bleibt trotzdem stabil auf Kurs, und das Hinterrad hält stets Bodenkontakt. Die Verzögerungsleistung von 9,5 m/s² ist für Honda-Verhältnisse recht hoch.
Andere Modelle des Herstellers kommen nur leicht über den Wert von 9,0 m/s². ABS und Fahrwerks-Setup harmonieren hervorragend. Fading ist ein Fremdwort.
Vergleich RC46 VTEC mit der RC79
Henniges
Die Honda VFR 800 F wirkt zierlicher und ist gegenüber der Vorgängerin etwas leichter. Macht sich das im Fahrbetrieb wirklich bemerkbar?
Unter dem Plastikkleid blieb kein Stein auf dem anderen. Die ehemals seitlich platzierten Kühler sind nun wieder mittig vorn, der Heckrahmen wurde neu gestaltet und auch die beiden ehemals hoch verlegten, wuchtig wirkenden Endschalldämpfer wichen einem seitlich montierten Einzeltopf. Die Honda VFR 800 F ist sieben Kilo leichter als ihre Vorgängerin. Darüber hinaus hat Honda den Übergang vom Zwei- auf Vierventilbetrieb des VTEC geglättet. Um es kurz zu machen: Das Rad haben sie damit nicht neu erfunden. Spürbar sind diese Maßnahmen dennoch. Die Hardware des VTEC ist weitestgehend identisch.
Grundlegende Änderungen finden sich in der Steuerelektronik, zudem kommt nun ein Ride-by-Wire-System zum Einsatz. Im direkten Vergleich ist die Mehrleistung bei Übergang auf Vierventilbetrieb nicht so unangenehm spürbar wie bei der RC46. Die Leistungsabgabe geschieht harmonischer als beim alten System. Die Lastwechselreaktionen sind geringer und der V4 hängt deutlich direkter am Gas. Das Testexemplar war seiner Vorgängerin ebenfalls in puncto Laufruhe überlegen. Auch sonst zeigen die kleinen Änderungen wie beispielsweise das überarbeitete Fahrwerks-Setup, die steifere Schwinge oder die leicht geänderte Sitzposition Wirkung: Die Honda VFR 800 F fährt sich eine Nuance präziser, lenkt noch einen Hauch neutraler und vermittelt dem Fahrer unterm Strich ein besseres und sicheres Gefühl für das Motorrad und alles, was er damit tut. Die neuen, radial verschraubten Bremssättel verzögern auch ohne CBS mindestens ebenbürtig. Lediglich beim Licht haben die Japaner einen Rückschritt gemacht, denn die Ausleuchtung der RC46-Scheinwerfer war deutlich besser.
Konkurrenz
Bilski
Neben der BMW F 800 GT ist die Kawasaki Z 1000 SX die Hauptkonkurrentin der Honda VFR 800 F.
BMW F 800 GT
Zweizylinder-Reihenmotor, 89,8 PS, Gewicht 221 kg, 0-100 km/h 3,9 sek, Vmax 224 km/h, Verbauch 3,9 Liter, Preis inkl. Nebenkosten 10.790 Euro.
Kawasaki Z 1000 SX
Vierzylinder-Reihenmotor, 142,1 PS, Gewicht 235 kg, 0-100 km/h 3,3 sek, Vmax 249 km/h, Verbrauch 5,6 Liter, Preis inkl. Nebenkosten 12.975 Euro.
MOTORRAD-Punktewertung
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Ein schöner Rücken kann auch entzücken: Das Heck der Honda VFR 800 F ist gelungen, die Blinker sind prima integriert.
Motor
| Maximale Punktzahl | Honda VFR 800 F |
Durchzug | 40 | 18 |
Beschleunigung | 40 | 26 |
Topspeed | 30 | 21 |
Motorcharakteristik | 30 | 16 |
Ansprechverhalten | 20 | 14 |
Lastwechsel | 20 | 13 |
Laufruhe | 20 | 13 |
Kupplung | 10 | 8 |
Schaltung | 20 | 14 |
Getriebeabstufung | 10 | 7 |
Starten | 10 | 6 |
Summe | 250 | 156 |
Wunderwerte in puncto Durchzug oder Beschleunigung darf man angesichts von 106 PS und 245 kg nicht erwarten. Dafür läuft der Motor der Honda VFR 800 F geschmeidig, vibriert kaum und hängt gut am Gas. Der V4 gibt seine Leistung linear wieder, wirkt im mittleren Bereich kräftig, und auch oben heraus geht ihm die Puste nicht aus. Die hydraulisch betätigte Kupplung ist perfekt dosierbar, die Bedienkräfte könnten allerdings noch eine Spur geringer ausfallen. Nervig: Nach dem Kaltstart dreht der V4 rund 2500/min hoch. Die Schaltung ist präzise und leichtgängig.
Fahrwerk
| Maximale Punktzahl | Honda VFR 800 F |
Handlichkeit | 40 | 26 |
Stabilität in Kurven | 40 | 29 |
Lenkverhalten | 40 | 29 |
Rückmeldung | 10 | 8 |
Schräglage | 20 | 17 |
Geradeauslaufstabilität | 20 | 18 |
Fahrwerksabstimmung vorn | 20 | 15 |
Fahrwerksabstimmung hinten | 20 | 15 |
Einstellmöglichkeiten Fahrwerk | 10 | 6 |
Federungskomfort | 10 | 7 |
Fahrverhalten mit Sozius | 20 | 13 |
Summe | 250 | 183 |
Das ICE-Symptom ist immer noch vorhanden: Die Honda VFR 800 F liegt topstabil, fährt beinahe wie auf Schienen und lenkt sich sehr zielgenau. Lenkkorrekturen sind in jeglicher Situation möglich, doch besonders handlich ist die 800er nicht. Auch das Gewicht macht sich bemerkbar. Die neue Fahrwerksabstimmung ist rundherum gelungen, sie vermittelt dem Fahrer ein gutes Feedback zur Straße und trifft den optimalen Kompromiss zwischen sportlich straff und Komfort. Das gilt auch für Fahrten zu zweit. Im Gegensatz zur Vorgängerin besitzt die Gabel jetzt auch Zugstufenverstellung.
Alltag
| Maximale Punktzahl | Honda VFR 800 F |
Ergonomie Fahrer | 40 | 27 |
ErgonomieSozius | 20 | 13 |
Windschutz | 20 | 12 |
Sicht | 20 | 12 |
Licht | 20 | 11 |
Ausstattung | 30 | 27 |
Handhabung/Wartung | 30 | 16 |
Gepäckunterbringung | 10 | 2 |
Zuladung | 10 | 5 |
Reichweite | 30 | 30 |
Verarbeitung | 20 | 15 |
Summe | 250 | 170 |
Wer schlank ist, hat nicht immer Vorteile. Die neue Verkleidung beispielsweise ist schlanker geraten als die der Vorgängerin und offeriert daher einen geringfügig schlechteren Windschutz. Auch der neue LED-Scheinwerfer ist gleißend hell. Übersehen wird man damit garantiert nicht. Allerdings leuchtet er nur flächig aus, das Licht der Vorgängerin war deutlich besser, da es die Fahrbahn besser ausleuchtete. Ebenso sah man in den Spiegeln der Vorgängerin mehr. Dafür punktet die Honda VFR 800 F bei der Ausstattung: Heizgriffe, Traktionskontrolle, automatische Blinkerrückstellung – alles serienmäßig.
Sicherheit
| Maximale Punktzahl | Honda VFR 800 F |
Bremswirkung | 40 | 31 |
Bremsdosierung | 30 | 24 |
Bremsen mit Sozius/Fading | 20 | 14 |
Aufstellmoment beim Bremsen | 10 | 7 |
ABS-Funktion | 20 | 14 |
Lenkerschlagen | 20 | 17 |
Bodenfreiheit | 10 | 8 |
Summe | 150 | 115 |
Adieu Verbundbremssystem – trotzdem bremst die Honda VFR 800 F besser. Das Regelverhalten des ABS ist gegenüber der des in der Vorgängerin verbauten noch feiner und effektiver. Darüber hinaus hat die neue Bremsanlage einen kristallklaren Druckpunkt und arbeitet nahezu fadingfrei. Das neue Setup der Gabel vermindert Impulse zum Lenkerschlagen.
Kosten
| Maximale Punktezahl | Honda VFR 800 F |
Garantie | 30 | 15 |
Verbrauch (Landstraße) | 30 | 21 |
Inspektionskosten | 20 | 18 |
Unterhaltskosten | 20 | 9 |
Summe | 100 | 63 |
Erweitert: Die Honda VFR 800 F verbraucht nicht nur weniger, sie muss im Gegensatz zur Vorgängerin (alle 6000 km) auch nur alle 12.000 km zur Inspektion. Die teuren Wartungsarbeiten am VTEC-System bleiben allerdings.
Gesamtwertung
| Maximale Punktzahl | Honda VFR 800 F |
Gesamtwertung | 1000 | 687 |
Preis-Leistungs-Note | 1,0 | 1,6 |
Respekt! Die Punkte bestätigen es: Die Honda VFR 800 F ist ein gutes Motorrad, dessen Preis bei einer Preis-Leistungs-Note von 1,6 völlig gerechtfertigt ist.
Fazit Honda VFR 800 F
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Die Honda VFR 800 F fährt im Vergleich zur Vorgängerin noch weicher und präziser.
Gegenüber der Vorgängerin ist die Honda VFR 800 F harmonischer geworden. Sie fährt weicher und noch präziser, liegt stabiler und ist ein bisschen handlicher. Features wie Traktionskontrolle, ein superbes ABS oder auch die neue automatische Blinkerrückstellung machen die VFR sicherer und alltagstauglicher. Die Verarbeitung liegt nach wie vor auf Top-Niveau. Was vor 25 Jahren galt, gilt auch heute noch: Die VFR ist eine Vau fürs Leben.